Verdeckte Ausschüttung an Prokuristen; Steuerschuld für ig Erwerbe und ig Dienstleistungen iZm MIAS
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schneider Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, 6845 Hohenems, Nibelungenstraße 19, über die Beschwerde vom gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, gegen die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016 (alle Bescheide vom ), gegen die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2017 und 12/2018 vom jeweils (Umsatzsteuerbescheid 2017 vom und Umsatzsteuerbescheid 2018 vom ), sowie gegen die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017 (Bescheide jeweils vom ), zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2015 und 2016, die Umsatzsteuerbescheide 2015, 2016, 2017 und 2018 wird Folge gegeben. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2015, die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2015, 2017 und 2018 werden abgeändert.
Der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 und gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2014 und Umsatzsteuer 2014 werden abgeändert.
Die Beschwerde gegen die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017 wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017 werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) ist eine GmbH, die im Bereich der Vermögensberatung und als Immobilientreuhänderin tätig ist. Bei der Bf. fand eine die Jahre 2014 bis 2016 und den Nachschauzeitraum 2017 bis 2018 betreffende Betriebsprüfung statt. Im Betriebsprüfungsbericht wurden folgende Feststellungen getroffen (Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom ):
"Tz. 1 "Verrechnungskonto" P.
G. ist alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer der ***Bf1***, sein Vater P. deren Prokurist.
Im hier vorliegenden Fall wurde für den Prokuristen P., wie bei einem Gesellschafter, ein Verrechnungskonto geführt. Es existiert hierzu keine schriftliche Grundlage, auch Eckpunkte einer mündlich geschlossenen Vereinbarung wurden nicht bekannt gegeben. Weiters wurde der Saldo nicht verzinst, auch wurden keine Sicherheiten bestellt. Eine Bonitätsprüfung wurde nicht durchgeführt, jedoch wurden von Herrn P. im Prüfungszeitraum keine nennenswerten Einkünfte erzielt, respektive der Besteuerung zu Grunde gelegt.
Es liegen somit keine fremdüblichen Umstände vor. Die Abgabenbehörde geht für sämtliche, mit dem Verrechnungskonto in Zusammenhang stehenden Feststellungen (die folgenden drei Textziffern 2,3,4) davon aus, dass die Ausschüttungen zunächst an den Gesellschafter-Geschäftsführer und mittelbar an den Prokuristen und Vater des Alleingesellschafters zugewendet wurden.
Tz. 2 Forderung der Abgabepflichtigen an den Prokuristen
Die Abgabepflichtige hat per eine Forderung gegenüber dem Prokuristen P. in Höhe von € 49.412,74.
Nachdem der Prokurist über kein nennenswertes regelmäßiges Einkommen und damit über keine ausreichende Bonität verfügt, ist davon auszugehen, dass mit einer Rückzahlung des offenen Saldos nicht gerechnet werden konnte. Bei lebensnaher Betrachtung wäre einem finanzschwachen Dritten ein Darlehen in dieser Höhe ohne Sicherheiten, ohne Verzinsung nicht gewährt worden.
Die Abgabenbehörde geht daher davon aus, dass der Saldo des "Verrechnungskontos" per als verdeckte Ausschüttung zu behandeln ist. Nach Angaben des steuerlichen Vertreters wird die KESt vom Gesellschafter getragen.
…
Tz. 3 Einlagen Verrechnungskonto
Die Herkunft der Einlagen auf dem Verrechnungskonto wurde nicht nachgewiesen. Behauptete Einkünfte des Prokuristen "in Kroatien und in Riga" wurden nicht glaubhaft gemacht. Die Abgabenbehörde geht daher davon aus, dass die Einlagen von bislang nicht erklärten Einnahmen der Abgabepflichtigen herrühren. Gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH sind nicht erklärte Einnahmen einer GmbH als verdeckte Ausschüttung zu behandeln.
…
Tz. 4 Entnahmen Verrechnungskonto
Die Entnahmen des P. entbehren jeglicher Rechtsgrundlage, wären einem fremden Dritten nicht als Darlehen gewährt worden, und werden deshalb als verdeckte Ausschüttung behandelt.
…
Tz. 5 Vorsteuer 2014
Die Gesellschaft erzielt weit überwiegend gem. § 6 Abs. 1 Z. 8 lit a unecht steuerbefreite Umsätze.
Im Jahre 2014 wurde ein Vorsteuerabzug geltend gemacht. Nachdem dieser Vorsteuer kein entsprechender umsatzsteuerpflichtiger Erlös gegenübersteht, steht der Vorsteuerabzug nicht zu.
…
Tz. 6 ig Erwerbe, ebay-Handel
Die Abgabepflichtige tätigte in allen Prüfungsjahren innergemeinschaftliche Erwerbe, ohne diese der Erwerbsbesteuerung zu unterziehen. Im Laufe der Prüfung stellte sich heraus, dass diese Erwerbe auf ebay weiterveräußert wurden.
Die Erwerbsbesteuerung wird amtswegig mit Vorsteuerabzug durchgeführt. Die Erlöse werden im Schätzungswege mit 10% Aufschlag erfasst und mit dem Normalsteuersatz besteuert.
Im Nachschauzeitraum erfolgt obige Korrektur im Festsetzungswege jeweils im Monat Dezember.
…
Tz. 7 Reverse Charge Leistungen
Im gesamten Prüfungszeitraum wurden Leistungen aus dem EU-Raum eingekauft, ohne diese der RC-Besteuerung zu unterziehen. Dies wird amtswegig im Festsetzungswege nachgeholt.
Nachdem der weit überwiegende Teil der Umsätze unecht steuerbefreit ist, steht kein Vorsteuerabzug zu.
Im Nachschauzeitraum wird die Reverse-Charge-Besteuerung jeweils im Monat Dezember durchgeführt.
Tz. 8 Unecht befreite Umsätze
Unecht befreite Umsätze sind in der Umsatzsteuererklärung in den Kennzahlen 000 und 020 betragsmäßig anzuführen. Dies wurde in den Jahren 2014 und 2015 unterlassen.
…"
1.2. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren die Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015, 2016 (jeweils vom ), die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016 (jeweils vom ), die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer 12/2017 und 12/2018 vom jeweils , sowie die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017 vom jeweils . Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht verwiesen.
2.1. Gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015, 2016 (jeweils vom ), die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016 (jeweils vom ), die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer 12/2017 und 12/2018 vom jeweils , sowie die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 01/2015, 01/2016 und 01/2017 (gemeint wohl: Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017) vom jeweils wurde seitens der steuerlichen Vertretung der Bf. mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde begründend vorgebracht:
"1. Angefochtene Punkte
Die Beschwerde richtet sich gegen die Tzn 1-4, 6 und 7 gem. BP-Bericht.
2. Begründung
2.1. Forderungen gegenüber P.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH und BFG handelt es sich bei Entnahmen von Gesellschaftern welche über Gesellschafterverrechnungskonten gebucht werden, dann um keine verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn die Erfassung auf dem Verrechnungskonto nach Ansicht des Gesellschafters tatsächlich eine Verbindlichkeit von ihm gegenüber der Gesellschaft darstellt und eine Rückzahlung ernsthaft gewollt und auch aufgrund seiner Bonität möglich ist. Im vorliegenden Fall wurden Entnahmen des Gesellschafter-Geschäftsführers G. auf ein Verrechnungskonto mit der Bezeichnung "P." gebucht. Tatsächlich sind diese Entnahmen jedoch G. zuzurechnen, welcher für diese Entnahmen haftet. G. würde als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im Übrigen auch für Entnahmen von P. haften. Somit ist bei der Bonitätsprüfung die Bonität von G. zu berücksichtigen, welche ausgezeichnet ist.
Eine Behandlung des Verrechnungskonto-Anfangsstandes sowie auf das Verrechnungskonto gebuchte Entnahmen als verdeckte Ausschüttungen scheiden somit aus.
Hinzu kommt, dass Entnahmen erfolgsneutral sind und daher eine diesbezügliche Gewinnhinzurechnung nicht in Frage kommt.
2.2. Einlagen Verrechnungskonto
Bei den als Einlagen auf das Verrechnungskonto gebuchten Beträgen handelt es sich nicht um Geldeinlagen, sondern um Fehlbuchungen. Eine Behandlung dieser Buchungen als ungeklärte Einnahmen und in der Folge von verdeckten Ausschüttungen kommt daher nicht in Betracht.
2.3. ig Erwerbe, ebay-Handel, Reverse Charge-Leistungen
Im Prüfungszeitraum wurden von diversen Unternehmern ohne Zutun der Beschwerdeführerin innergemeinschaftliche Lieferungen und grenzüberschreitende Dienstleistungen an die Beschwerdeführerin gemeldet. Diese Meldungen erfolgten allerdings ohne entsprechende Lieferungen bzw. Leistungen an die Beschwerdeführerin.
Die entsprechenden Lieferungen und Leistungen sind daher nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen, sodass auch keine diesbezüglichen Handelsgeschäfte der Beschwerdeführerin unterstellt werden können.
3. Beschwerdeantrag
Es werden somit alles BP-Feststellungen, mit Ausnahme von Tz 5 (Vorsteuerkürzung € 930,39), bekämpft und es wird höflichst um dem Rechnung tragende Bescheidänderungen bzw. -aufhebungen ersucht."
2.2. In der Folge erging seitens des Finanzamtes an die steuerliche Vertreterin der Bf. ein Ergänzungsersuchen vom , mit dem die Bf. um Beantwortung folgender Fragen und um Nachreichung darin angeführter Belege ersucht wurde:
"Ergänzende Fragen:
1. Reichen Sie die einzelnen Belege (Buchungsbelege/Bankbelege) iZm den Buchungsvorfällen (Transaktionen), die zum Entstehen des Saldos "Verrechnungskonto P." in Höhe von 49.412,74 € per geführt haben, nach.
Abgesehen davon haben Sie dem Prüfer des FA gegenüber argumentiert, es existierten keine Vereinbarungen iZm dem Verrechnungskonto "P.". Auf Grund welcher objektiv nachvollziehbaren Überlegungen (Vereinbarungen) ist das in Rede stehende Verrechnungskonto tatsächlich G. zuzurechnen?
Welche konkrete Verwendung hat die einzelne "Geldentnahme" bei G. gefunden?
2. Sie bringen vor, die als "Einlagen" gebuchten Beträge stellten tatsächlich Fehlbuchungen dar.
Wie lauten diesfalls die tatsächlichen Buchungen im Einzelnen? Aus welchen Vorgängen (Quellen) stammen die sodann gebuchten Beträge/Gelder?"
Dieses Ergänzungsersuchen wurde von der Bf. nicht beantwortet.
3.1. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt "die Beschwerde vom … gegen die Bescheide vom betreffend Körperschaftsteuer 2014 bis 2016, Umsatzsteuer 2014 bis 2016, Kapitalertragsteuer 1/2014,12/2014, 1/2015, 1/2016, 1/2017" als unbegründet abgewiesen.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wird unter Hinweis auf den Prüfungsbericht vom in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ausgeführt:
"a) Die Beschwerdeführerin habe gegenüber dem Prokuristen, der der Vater des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers sei, zum eine Forderung in Höhe von 49.412,74 €. Der Prokurist verfüge über kein nennenswertes Einkommen, dessen Bonität sei negativ. Da einem finanzschwachen Dritten ein Darlehen in dieser Höhe ohne Sicherheit und ohne Verzinsung nicht gewährt worden wäre, sei der betreffende Saldo als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln;
b) Die Herkunft der Einlagen über 35.226,61 Euro auf dem Verrechnungskonto sei nicht nachgewiesen worden. Behauptete Einkünfte des Prokuristen in Kroatien oder in Riga seien nicht glaubwürdig. Es lägen ebenfalls verdeckte Gewinnausschüttungen vor;
c) Entnahmen des Prokuristen aus der Gesellschaft (Verrechnungskonto P. über 14.256,59 € [2014] und 14.018,60 € [2015] entbehrten jeglicher Rechtsgrundlage und seien ebenfalls als verdeckte Ausschüttungen zu werten.
d) Die Beschwerdeführerin habe innergemeinschaftlich Waren erworben, ohne diese der Erwerbsbesteuerung zu unterziehen und die Waren auf der Internet-Plattform "Ebay" weiter veräußert."
In rechtlicher Hinsicht führt das Finanzamt begründend aus, eine verdeckte Ausschüttung setze definitionsgemäß die Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung oder gesellschafterähnlicher Stellung (Anteilsinhaber) voraus (uHa z.B. ).
"Ist davon auszugehen, dass auf Grund des zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft bestehenden Naheverhältnisses Zahlungen erfolgten, die an einen Außenstehenden nicht unter den gleichen Bedingungen geleistet worden wären, so bedarf es der Prüfung, worin der dem Gesellschafter dadurch allenfalls zugewendete Vorteil besteht. Ein wesentliches Element dieser Prüfung ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Rückzahlung der auf dem Verrechnungskonto verbuchten Beträge von vornherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten war, womit die buchmäßige Erfassung der vollen Forderung nur zum Schein erfolgt wäre und im Vermögen keine durchsetzbare Forderung an die Stelle der ausbezahlten Beträge getreten wäre (). Ob verdeckte Ausschüttungen anzunehmen sind, hängt somit von der Ernstlichkeit einer Rückzahlungsabsicht hinsichtlich der von der Gesellschaft empfangenen Beträge ab. Es ist zu prüfen, ob aus den Umständen zu schließen ist, dass die Erfassung auf dem Verrechnungskonto nach Ansicht der Gesellschaft einer tatsächlich aufrechten Verbindlichkeit des Gesellschafters entspricht (). Dies hängt vom Gesamtbild der jeweils im Einzelfall gegebenen Verhältnisse ab ().
Dies bedeutet: Holen sich nahe Angehörige mit Billigung der Organe der GmbH Geld/Vermögen aus der GmbH und wird zeitgleich die Forderung der GmbH auf einem Verrechnungskonto verbucht und damit offengelegt, liegt grundsätzlich keine verdeckte Ausschüttung vor. Eine verdeckte Ausschüttung ist jedoch dann gegeben, wenn im Vermögen der GmbH keine durchsetzbare Forderung an die Stelle der ausgezahlten Beträge tritt. Im Hinblick auf die tatsächliche Aufnahme der Forderung in das Rechenwerk der GmbH und auf § 83 Abs. 1 und 4 GmbHG ist dies dann der Fall, wenn der empfangende Gesellschafter (eine diesem nahestehende Person) im Zeitpunkt des Geldflusses keine hinreichende Bonität aufweist und zudem auch keine hinreichende Sicherheit bestellt worden ist (Zorn, Forderung am Verrechnungskonto oder verdeckte Ausschüttung?, SWK 12/2015, 577).
Unbestritten ist, dass das Verrechnungskonto "P." seit geführt wird, keine wie immer gearteten Vereinbarungen über Einräumung und Tilgung der Verbindlichkeit bestehen, P. keine Vermögenswerten Sicherheiten anbieten kann und in den Prüfungsjahren keine Rückzahlungen geleistet hat.
Unter Bonität versteht man die Fähigkeit und Bereitschaft, aufgenommene Schulden zurückzuzahlen. Kriterien für die Feststellung der Bonität eines Kreditsuchenden sind im Allgemeinen seine Einkommensverhältnisse, sein vorhandenes Vermögen und seine finanziellen Verpflichtungen.
…
Zu Tz. 2 Forderung der Abgabepflichtigen an den Prokuristen und zu Tz. 4 Entnahmen Verrechnungskonto
Im Zuge der BP wurden sämtliche Verträge betreffend das Verrechnungskonto "P." vom Prüfungsorgan angefordert. Ebenso (siehe vorläufige Feststellungen) wurde darauf hingewiesen, dass ein Prokurist mangels Einlagen keine Einlagenrückzahlung erhalten kann. Die Beschwerdeführerin, konfrontiert mit dem von dieser selbst geschaffenen Sachlage, erklärte weder schriftlich noch mündlich während des Prüfungsverfahrens, das Verrechnungskonto "P." sei tatsächlich nicht diesem, sondern dem Gesellschafter-Geschäftsführer G. zuzurechnen.
Es wurde lediglich mündlich mitgeteilt, dass es keine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und P. gebe (diese Argumentation wurde bereits in der Vorprüfung eingewendet).
Unbestritten ist, dass P. für die Beschwerdeführerin als "Prokurist" tätig geworden ist. Die in der Begründung zur Beschwerde vorgetragene Version, tatsächlich sei das Verrechnungskonto dem Gesellschafter-Geschäftsführer (G.) zuzurechnen, ist eine im Nachhinein erdachte, im Lichte des Abwägens konstruierte Behauptung, der nach Wahrscheinlichkeitsüberlegungen keine Bedeutung zuzumessen ist. Denn unglaubwürdig ist bereits, dass die Buchungsunterlagen eines einzigen Kunden (der Beschwerdeführerin) anlässlich der Verlegung der Geschäftsräumlichkeiten des Buchhalters in Verlust geraten sein sollen, während die Buchungsunterlagen der anderen Kunden (des Buchhalters) noch vorhanden sind.
Zudem erwirtschaftete G. in einem Vollbeschäftigungsverhältnis bei der C. GmbH in den Streitjahren steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 26.666 € (2014), 28.349 € (2016) und 30.397 €(2016).
P. erzielte bei der D. 11.532 € bzw. bei der Bf.:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
D. | ***Bf1*** | Arbeitsmarktservice | gesamt | Einkommen It. ESt-Bescheid | |
2014 | 11.532 € | 4.200 € | 15.732 € | 15.540,66 € | |
2015 | 5.656 € | 1.407 € | 7.063 € | 5.200,71 € | |
2016 | 5.941 € | 5.941 € | 5.486,10 € |
Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass P. über keine ausreichen Einkünfte, die eine durchschnittliche Lebensführung erfordert, verfügte, sehr wohl aber G.. Gerade dieser Aspekt zeigt auf, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der in der Beschwerde erstmals vorgetragene Einwand, die Entnahmen zum Verrechnungskonto "P." seien G. zuzurechnen, auch deshalb unglaubwürdig ist, weil (trotz diesbezüglicher Anfrage) nicht aufgeklärt worden ist, welche konkrete Verwendung die Gelder bei G. gefunden haben sollten.
Werden die Entnahmen der Jahre 2014 (14.256 €) und 2015 (14.018 €) den erklärten "Einkommen" der betroffenen Jahre des P. hinzugerechnet, verfügte Letzterer über ein jeweiliges Einkommen, das G. bereits durch dessen nichtselbständige Tätigkeit erwirtschaftete.
Unwidersprochen blieb schließlich in der Vorprüfung (2006 bis 2009), dass die zu den vGAen über das Verrechnungskonto "P." beurteilten Vorgänge/Zustände von P. realisiert worden und den jeweiligen Gesellschaftern zuzurechnen waren. Es ist deshalb Unsinn einzuwenden, das besagte Verrechnungskonto sei tatsächlich G. zuzurechnen, wenn nicht einmal der Versuch unternommen wird, diese Behauptung durch entsprechende Nachweisführung glaubhaft zu gestalten. Zumal nur die für die Beschwerdeführerin gesellschaftsrechtlich in Erscheinung tretenden (handelnden) Personen, die wahre Sachlage darzustellen in der Lage sind.
Zu Tz. 3 Einlagen Verrechnungskonto
P. gab am (Schlussbesprechung) an, dass er die "Einlagen" über seine Tätigkeiten in Kroatien und Riga finanziert habe. Ausländische Einkünfte wurden in Österreich jedoch nie offengelegt oder gar erklärt.
Gerade in diesem Zusammenhang wendete P. wiederum nicht ein, das Verrechnungskonto "P." sei nicht ihm selbst, sondern seinem Sohn G. zuzurechnen.
Nicht überzeugend ist, wenn die zu beurteilende Sache mit nicht oder bloß schwer überprüfbaren Behauptungen zwischen der Phase der Schlussbesprechung und der Einreichung der Beschwerde fundamental geändert wird, ohne einschlägige Beweise anzubieten bzw. den behaupteten Ablauf glaubhaft darzustellen - bspw. durch Urkunden udgl.
Zu Tz. 6 ig Erwerbe, Ebay-Handel
MIAS ist ein EDV-gestütztes Informationssystem über innergemeinschaftliche Warenlieferungen und Warenbewegungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Die Daten des MIAS basieren auf den Zusammenfassenden Meldungen, die jeder Unternehmer, der innergemeinschaftliche Lieferungen durchführt, in den EU-Mitgliedstaaten abzugeben hat (vgl. Art. 262 bis 271 MWSt-RL 2006/112/EG). Seit sind auch sonstige Leistungen, für die die Steuerschuld gemäß Art. 196 MWSt-RL 2006/112/EG zwingend auf den Leistungsempfänger übergeht, in die ZM aufzunehmen.
Die Finanzbehörden werden dadurch in die Lage versetzt, die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe und der Umsätze, für die die Steuerschuld übergeht, im Bestimmungsland zu kontrollieren. Die Einzelheiten des MIAS enthält die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer idgF.
Gemäß Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 hat der Unternehmer bis zum Ablauf des auf jeden Kalendermonat (Meldezeitraum) folgenden Kalendermonates, in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen ausgeführt hat, beim Finanzamt eine Zusammenfassende Meldung abzugeben, die als Steuererklärung zu werten ist.
Wendet ein Unternehmer - wie gegenständlich - ein, er sei an Leistungen, die Unternehmer aus anderen EU-Staaten mit dem Inlandsunternehmer (also ihm selbst) aufgenommen hatten, nicht beteiligt gewesen, hat er dies nicht nur zu behaupten, sondern Beweise für sein diesbezügliches Vorbringen anzubieten (). Von einem Beweisanbot kann gegenständlich keine Rede sein.
Haftung Kapitalertragsteuer 1/2014; 12/2014; 01/2015; 01/2016 und 01/2017
Für die Einbehaltung und Abfuhr der KESt haftet dem Bund gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 der Abzugsverpflichtete; Abzugsverpflichteter ist in Fällen von verdeckten Ausschüttungen die ausschüttende Körperschaft.
§ 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (in der für die Streitjahre gültigen Fassung) zählt Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Sonstige Einkünfte in diesem Sinne sind andere geldwerte Vorteile aus der Gesellschafterstellung; dazu zählen insbesondere verdeckte Ausschüttungen (vgl. ).
Gemäß § 93 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Verdeckte Ausschüttungen sind kapitalertragsteuerpflichtige Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit a EStG 1988. Die Höhe der Kapitalertragsteuer beträgt 25%. Hinsichtlich der Einbehaltung normiert § 95 Abs. 2 EStG 1988, dass Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge ist. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 ist der Schuldner der Kapitalerträge bei inländischen Kapitalerträgen zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet und hat diese gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen, wobei die Kapitalerträge nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 als zugeflossen gelten.
Gemäß § 96 Abs. 1 EStG 1988 ist die einbehaltene Kapitalertragsteuer bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 durch den zum Abzug Verpflichteten unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen abzuführen.
…"
3.2. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2018 als unbegründet abgewiesen. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 vom (mit dem Hinweis, dass die gegen den Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheid 12/2017 eingebrachte Beschwerde gemäß 253 BAO auch als gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid vom gerichtet gilt) als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde jeweils auf "die Begründung zur Beschwerdevorentscheidung Umsatz- und Einkommensteuer 2014 bis 2016 vom " verwiesen.
4. Dagegen brachte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015, 2016, Umsatzsteuer 2014, 2015, 2016, Umsatzsteuer 12/2017 und 12/2018, Haftungsbescheid Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 01/2015, 01/2016 und 01/2017 (gemeint wohl: Kapitalertragsteuer 01/2014, 12/2014, 12/2015, 12/2016 und 12/2017) mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein. Angeführt wurde, dass der Beschwerdeantrag vollinhaltlich aufrecht bleibt.
5. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1. Die Bf. ist die ***Bf1*** mit dem Sitz in der politischen Gem.A,, die am im Firmenbuch mit dem Geschäftszweig Immobilientreuhänder, Vermögensberatung neu eingetragen wurde. Alleiniger Geschäftsführer war seit (eingetragen im Firmenbuch am ) und in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2014 bis 2016 G., der auch 100%iger Gesellschafter ist (Stammeinlage 35.000,00 Euro, eingetragen im Firmenbuch am ). Prokurist der Bf. war seit P., Vater des 100%igen Allein-Geschäftsführers G. (Funktion als Prokurist gelöscht mit Eintrag im Firmenbuch vom ). Die Bf. führte für den Prokuristen P. ein Verrechnungskonto, auf dem die vom Prokuristen vorgenommenen Entnahmen vom Vermögen und Einlagen in das Vermögen der Bf. gebucht wurden. Dieses Verrechnungskonto für den Prokuristen bestand seit dem Jahr 2008 und wurde auch in den streitgegenständlichen Prüfungsjahren für den Prokuristen geführt. Die vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung festgestellten Einkunftsverhältnisse des Prokuristen (siehe I. Verfahrensgang Pkt. 3.1.) gelten auch für die gegenständliche Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichts als festgestellt. Die vom Prokuristen in den Jahren 2014 und 2017 vorgenommenen Einlagen auf das Verrechnungskonto des Prokuristen stammen nicht aus eigenen Vermögens- oder Einkunftsquellen des Prokuristen und wurden mit nicht erklärten bzw. nicht verbuchten Betriebseinnahmen der Bf. vorgenommen.
2. Beweiswürdigung
2.1. Nach § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Nach § 167 Abs. 2 BAO hat im übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
2.2. Die Feststellungen zu den Gesellschaftsverhältnissen, zum Geschäftsführer und zum Prokuristen der ***Bf1*** ergeben sich aus den vorliegenden Verfahrensakten und wurden durch Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in das Firmenbuch bestätigt.
2.3. Dass das Verrechnungskonto für den Prokuristen und nicht für den 100%igen Alleingeschäftsführer eingerichtet war bzw. die auf dem Verrechnungskonto gebuchten Entnahmen aus dem Vermögen der Bf. dem Prokuristen zugeflossen sind, ergibt sich zunächst daraus, dass dieses Verrechnungskonto in der Buchhaltung der Bf. als Bestandskonto mit der Bezeichnung "Verrechnungskonto P." angelegt ist. Dass dieses Verrechnungskonto für den Prokuristen bereits seit dem Jahr 2008 bestand, ergibt sich aus der vorangegangen Prüfung bei der Bf. bzw. dem Prüfungsbericht über die Vorprüfung über die Jahre 2006 bis 2009 und Nachschauzeitraum 1/2010 bis 9/2012 vom , wobei im damaligen Prüfungsverfahren die Zurechnung des Verrechnungskontos an den Prokuristen völlig unstrittig war. Auch im Prüfungsverfahren für die streitgegenständlichen Jahre war die Zurechnung des Verrechnungskontos an den Prokuristen völlig unstrittig. Der Prokurist P. gab am bei einer Besprechung zwischen der steuerlichen Vertretung und dem Prüfer selbst an, dass er die "Einlagen" über seine Tätigkeiten bzw. Finanzdienstleistungen in Kroatien und Riga finanziert habe. Gerade in diesem Zusammenhang wendete P. nicht ein, das Verrechnungskonto "P." sei nicht ihm selbst, sondern seinem Sohn G. zuzurechnen. Davon abweichend wurde erstmals in der Beschwerde vorgebracht, im vorliegenden Fall seien Entnahmen des Gesellschafter-Geschäftsführers G. auf ein Verrechnungskonto mit der Bezeichnung "P." gebucht worden. Tatsächlich seien diese Entnahmen jedoch G. zuzurechnen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts handelt es sich bei diesem Beschwerdevorbringen um eine reine Behauptung, die nicht nachgewiesen wurde und auch sonst durch keine Umstände erschließbar wäre. Abgesehen davon, dass der Geschäftsführer G. dem Prüfer gegenüber angegeben hat, es existierten keine Vereinbarungen iZm dem Verrechnungskonto "P." und nicht weitergehend angab, das Verrechnungskonto sei ihm selbst zuzurechnen, blieb auch das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes, mit dem um nähere Auskünfte bzw. Nachweise zur behaupteten Zurechnung des Verrechnungskontos an den Gesellschafter-Geschäftsführer ersucht wurde, unbeantwortet. Auf Grund dieser Beweisergebnisse ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts das Verrechnungskonto jedenfalls dem Prokuristen P. zuzurechnen, auf dem auch die vom Prokuristen getätigten Entnahmen aus dem Vermögen der Bf. gebucht wurden.
2.4. Die Feststellungen zu den Einkunftsverhältnissen des Prokuristen ergeben sich aus der vorliegenden Aktenlage bzw. sind aus der elektronischen Datenbank der Finanzverwaltung ableitbar und wurden auch vom Prokuristen bzw. der Bf. nicht bestritten.
2.5. Was die vom Prokuristen in den Jahren 2014 und 2017 auf das Verrechnungskonto getätigten Einlagen (2014: € 35.226,61; 2017: € 2.300,00) betrifft, konnte nicht nachgewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht werden, dass diese Einlagen aus eigenen Vermögens- oder Einkunftsquellen des Prokuristen stammen, wogegen auch die vom Finanzamt aufgezeigte Einkommenssituation des Prokuristen spricht. Die Angabe des Prokuristen, dass er die Einlagen mit Einkünften aus seinen Tätigkeiten in Kroatien und Riga finanziert habe, wurde durch keine Nachweise belegt oder sonst glaubhaft gemacht.
In der Beschwerde wurde dazu vorgebracht, bei den als Einlagen auf das Verrechnungskonto gebuchten Beträgen handle es sich nicht um Geldeinlagen, sondern um Fehlbuchungen. Eine Behandlung dieser Buchungen als ungeklärte Einnahmen und in der Folge von verdeckten Ausschüttungen komme daher nicht in Betracht. Auch in diesem Punkt blieb das Ergänzungsersuchen, wo unter Pkt. 2 konkret um Aufklärung ersucht wurde - "2. Sie bringen vor, die als "Einlagen" gebuchten Beträge stellten tatsächlich Fehlbuchungen dar. Wie lauten diesfalls die tatsächlichen Buchungen im Einzelnen? Aus welchen Vorgängen (Quellen) stammen die sodann gebuchten Beträge/Gelder?" - unbeantwortet.
Die Bf. hat somit insgesamt keinerlei Nachweise oder zumindest Angaben geliefert, aus welchen Vermögens- bzw. Einkunftsquellen die Einlagen stammen oder herrühren und blieb von der Bf. die Mittelherkunft somit völlig unaufgeklärt. Vom Bundesfinanzgericht kann daraus, wie auch vom Finanzamt beurteilt, im Sinne des § 167 Abs. 2 BAO logisch nur der Schluss gezogen werden, dass die Einlagen von nicht erklärten bzw. nicht verbuchten Betriebseinnahmen der Bf. stammen. Eine andere Sichtweise widerspricht jeglicher Realität und ist plausibel nicht irgendwie erschließbar.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
a) Forderung der Abgabepflichtigen an den Prokuristen, Einlagen Verrechnungskonto, Entnahmen Verrechnungskonto (Tz. 2 bis 4 des Prüfungsberichtes)
3. Gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz KStG 1988 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Einlagen und Beiträge jeder Art insoweit außer Ansatz, als sie von Personen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, Mitglieder oder in ähnlicher Eigenschaft geleistet werden.
Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.
Gemäß § 27 Abs. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Kapitalvermögen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3), aus Derivaten (Abs. 4) und aus Kryptowährungen (Abs. 4a), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören.
Gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Flexiblen Kapitalgesellschaften.
Gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 wird bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer).
Gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 liegen inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen vor bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2), wenn sich die auszahlende Stelle (§ 95 Abs. 2 Z 1 lit. b) im Inland befindet.
Zu den "sonstigen Bezügen" im Sinne des § 27 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 zählen insbesondere die verdeckten Ausschüttungen; verdeckte Ausschüttungen gehören somit zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 (vgl. zB ).
Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
4. Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben (vgl. zB , uHa für viele beispielsweise das Erkenntnis vom , 2008/15/0315). Die Zuwendung eines Vorteils an einen Anteilsinhaber kann auch darin gelegen sein, dass eine dem Anteilsinhaber nahe stehende Person begünstigt wird (vgl. , uHa z.B. das hg. Erkenntnis vom , 99/15/0063, 0064).
5. Von der Bf. wurde für den Prokuristen P., Vater des 100%igen Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers, ein Verrechnunskonto geführt (seit dem Jahr 2008, siehe Prüfungsbericht über die Vorprüfung über die Jahre 2006 bis 2009 und Nachschauzeitraum 1/2010 bis 9/2012 vom ), welches zum eine Forderung der Bf. in Höhe von € 49.412,74 aufwies.
6. Ob verdeckte Ausschüttungen hinsichtlich der auf einem Verrechnungskonto gebuchten Beträge anzunehmen sind, hängt vor allem von der Ernstlichkeit einer Rückzahlungsabsicht hinsichtlich der von der Gesellschaft empfangenen Beträge ab (vgl. , uHa das hg. Erkenntnis vom , 2008/13/0005). Es ist zu prüfen, ob aus den Umständen zu schließen ist, dass die Erfassung auf dem Verrechnungskonto nach Ansicht der Gesellschaft einer tatsächlich aufrechten Verbindlichkeit des Gesellschafters entspricht. Dies hängt vom Gesamtbild der jeweils im Einzelfall gegebenen Verhältnisse ab (vgl. , uHa das hg. Erkenntnis vom , 2004/13/0059, VwSlg. 8440/F und das hg. Erkenntnis vom , 2011/15/0003).
7. Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Gemäß § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
8. Nach Eingabe der Beschwerde wurde die Bf. vom Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom aufgefordert, die einzelnen Belege (Buchungsbelege/Bankbelege) iZm den Buchungsvorfällen (Transaktionen), die zum Entstehen des Saldos "Verrechnungskonto P." in Höhe von 49.412,74 € per " geführt haben, nachzureichen. Auf dieses Ergänzungsersuchen erfolgte seitens der Bf. keine Reaktion.
Die Bf. hat somit zur Aufklärung der Frage, wie sich das Verrechnungskonto entwickelt hat, wann und in welcher Höhe dem Prokuristen bis zum von der Bf. geldwerte Vorteile zugeflossen sind und der Prokurist allfällig Rückzahlungen an die Bf. im Zeitraum bis zum getätigt hat und diese auf dem Verrechnungskonto gebucht worden sind, keinerlei Angaben gemacht bzw. Nachweise beigebracht.
9. Auf dieser Grundlage ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt den zum auf dem Verrechnungskonto aufscheinenden Saldo in Höhe von € 49.412,74 als verdeckte Ausschüttung beurteilt hat. Im Hinblick auf die Höhe des aushaftenden Saldos, das Nichtvorliegen von Sicherheiten und der vom Finanzamt festgestellten Einkommensverhältnisse des Prokuristen ist ohne Zweifel davon auszugehen, dass die Bf. ab 2014 mit einer Rückzahlung durch den Prokuristen nicht mehr rechnen konnte.
10. Die verdeckte Ausschüttung erfordert die Erfüllung einer subjektiven Voraussetzung, nämlich eine ausdrücklich auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung, das Wissen und Wollen der Körperschaft. Diese Absicht kann sich auch schlüssig aus den Umständen des jeweiligen Falles ergeben (vgl. Kirchmayr/Voit in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) § 27 Tz 39, uHa bspw mwN, ). Dass die beschwerdeführende GmbH auf die Forderung gegenüber dem Prokuristen verzichtet hat, ergibt sich aus dem Naheverhältnis zum 100%igen Allein-Gesellschaftergeschäftsführer und allein vertretungsbefugten Organ der beschwerdeführenden GmbH, wobei im Hinblick auf die Höhe der aushaftenden Forderung in Verbindung mit der mangelnden Bonität bzw. der gegebenen Einkommensverhältnisse des Prokuristen mit einer tatsächlichen Rückzahlung durch den Prokuristen und Vater des Allein-Geschäftsführers nicht mehr zu rechnen war. Mit dieser Sichtweise steht auch im Einklang, dass vom Sohn und Alleingeschäftsführer, der über die Bonität und Einkommenssituation seines Vaters und Prokuristen Kenntnis haben musste, dem Prokuristen weiterhin Entnahmen aus der beschwerdeführenden GmbH zugestanden wurden und demgegenüber in den streitgegenständlichen Jahren keine Rückzahlungen des Prokuristen aus dessen eigenen Vermögen bzw. Einkommen erfolgten.
11. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist es nicht rechtswidrig, wenn das Finanzamt den am auf dem Verrechnungskonto aushaftenden Saldo und die im Prüfungszeitraum vom Prokuristen getätigten Entnahmen als verdeckte Ausschüttungen an den Alleingesellschafter beurteilt hat.
12. Was den Beschwerdeeinwand betrifft, dass Entnahmen erfolgsneutral seien und daher eine diesbezügliche Gewinnhinzurechnung nicht in Frage komme, wird diesem Einwand seitens des Bundesfinanzgerichts gefolgt. Weder vom Prüfer noch vom Finanzamt wurde angeführt, dass die vom Prokuristen getätigten Entnahmen aus unversteuerten Einnahmen der Bf. stammten oder die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto bei der Bf. aufwandswirksam erfolgt wäre. Solche Anhaltspunkte sind auch für das Bundesfinanzgericht nicht ersichtlich, woraus folgt, dass kein begründeter Anlass besteht, die vom Prokuristen getätigten Entnahmen bei der Bf. der Körperschaftsteuerbesteuerung zu unterziehen.
13. Anderes gilt hinsichtlich der auf dem Verrechnungskonto vorgenommenen Einlagen in Höhe von 35.226,61 Euro (Tz. 3 des Prüfberichts). Die Herkunft dieser Einlagen wurden von der Bf. nicht aufgeklärt und wurde auch die vom Prokuristen aufgestellte Behauptung, dass die Einlagen aus Einkünften des Prokuristen "in Kroatien und Riga" stammten, weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Wenn das Finanzamt somit davon ausgeht, dass die Einlagen von bislang nicht erklärten Einnahmen der Abgabepflichtigen herrühren, wird dieser Auffassung seitens des Bundesfinanzgerichts gefolgt. Diese nicht erklärten Einnahmen sind daher als körperschaftsteuerpflichtige Betriebseinnahmen und als verdeckte Ausschüttung an den Alleingesellschafter zu beurteilen.
14. Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 ist der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer. Der Abzugsverpflichtete haftet dem Bund für die Einbehaltung der Kapitalerträge.
Bei verdeckten Ausschüttungen ist zu beachten, ob die ausschüttende Körperschaft auch die auf die Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer trägt oder ob sie diese auf den begünstigten Gesellschafter überwälzt. Trägt die Körperschaft die Kapitalertragsteuer, dann ist auch darin eine Vorteilszuwendung gelegen, sodass beim Gesellschafter im Rahmen seiner Einnahmen aus der Gewinnausschüttung auch bei der auf Basis der Einnahmen vorzuschreibenden Kapitalertragsteuer dieser Vorteil einzubeziehen ist. Fordert hingegen die Körperschaft die auf die verdeckte Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer (in angemessener Frist) ein, ist die Ausschüttung als Betrag vor Abzug der Kapitalertragsteuer anzusehen (vgl. zB GZ. RV/1100366/2022, uHa ). Nach den Angaben der steuerlichen Vertretung wird im vorliegenden Fall die Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter getragen (vgl. Bp-Bericht Tz. 2).
Nach § 27a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen (verdeckte Ausschüttungen) in den Jahren 2014 und 2015 einem besonderen Steuersatz von 25 % (mit Änderung des § 27a Abs. 1 EStG durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 - StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, ab 27,5 %).
b) Vorsteuer 2014, ig Erwerbe, ebay-Handel, Reverse Charge Leistungen (Tz. 5 bis 7 des Prüfberichtes)
15. Vom Betriebsprüfer wurde für das Jahr 2014 ein Vorsteuerbetrag in Höhe von 930,39 Euro aberkannt, da die Bf. weit überwiegend unecht befreite Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994 erzielte. Diese Vorsteuerkürzung erfolgte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu Recht und wurde in der Beschwerde auch nicht weiter angefochten.
16. Hinsichtlich innergemeinschaftlicher Erwerbe und ebay-Handel wurde vom Prüfer ausgeführt (Tz 6 des Prüfberichts), die Abgabepflichtige habe in allen Prüfungsjahren innergemeinschaftliche Erwerbe getätigt (2014: 2.227,00 €, 2015: 400,00 €, 2016: 2.616,00 €, 12/2017: 2.698,00 €, 12/2018: 4.638,00 €), "ohne diese der Erwerbsbesteuerung zu unterziehen. Im Laufe der Prüfung stellte sich heraus, dass diese Erwerbe auf ebay weiterveräußert wurden. Die Erwerbsbesteuerung wird amtswegig mit Vorsteuerabzug durchgeführt. Die Erlöse werden im Schätzungswege mit 10 % Aufschlag erfasst und mit dem Normalsteuersatz besteuert. Im Nachschauzeitraum erfolgt obige Korrektur im Festsetzungswege jeweils im Monat Dezember." Weiters wurde vom Prüfer im Prüfbericht ausgeführt (Tz 7 des Prüfberichts), dass im gesamten Prüfungszeitraum Leistungen aus dem EU-Raum eingekauft wurden (2014: 162,00 €, 2015: 103,00 €, 2016: 874,20 €, 12/2017: 149,00 €, 12/2018: 121,20 €), "ohne diese der RC-Besteuerung zu unterziehen. Dies wird amtswegig im Festsetzungswege nachgeholt. Nachdem der weit überwiegende Teil der Umsätze unecht steuerbefreit ist, steht kein Vorsteuerabzug zu."
17. Dazu wurde von der steuerlichen Vertretung in der Beschwerde ausgeführt (Pkt. 2.3. ig Erwerbe, ebay-Handel, Reverse Charge-Leistungen), im Prüfungszeitraum seien von diversen Unternehmern ohne Zutun der Bf. innergemeinschaftliche Lieferungen und grenzüberschreitende Dienstleistungen an die Bf. gemeldet worden. Diese Meldungen seien allerdings ohne entsprechende Lieferungen bzw. Leistungen an die Bf. erfolgt. Die entsprechenden Lieferungen und Leistungen seien daher nicht der Bf. zuzurechnen, sodass auch keine diesbezüglichen Handelsgeschäfte der Bf. unterstellt werden könnten.
18. Der mit "3. Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung." überschriebene § 184 BAO lautet:
"§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."
19. Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 184 Rz 1, mwN). Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen, somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 184 Rz 3, unter Hinweis auf zahlreiche Judikatur). Im vorliegenden Fall ist der Prüfer bzw. das Finanzamt auf Grundlage von gemeldeten innergemeinschaftlichen Warenlieferungen und innergemeinschaftlichen Dienstleistungen, welche grenzüberschreitend an die Bf. erbracht worden seien, von der Berechtigung einer diesbezüglichen Umsatzsteuerfestsetzung bzw. Schätzungsberechtigung (10%iger Aufschlag) ausgegangen. Mit den vorgebrachten Einwendungen der Bf., wonach tatsächlich keine innergemeinschaftlichen Warenlieferungen oder innergemeinschaftliche Dienstleistungen der Bf. zuzurechnen seien, hat sich der Prüfer bzw. das Finanzamt nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt. Seitens des Bundesfinanzgerichts ist auch anzumerken, dass zur Frage, welche Gegenstände in welchen Zeiträumen zu welchen Preisen über ebay verkauft wurden bzw. welche Gesamtumsätze über den Verkauf über die ebay-Plattform erzielt wurden, in den gesamten Verfahrensakten keine Feststellungen seitens des Prüfers bzw. des Finanzamtes vorliegen. Mangels solcher Feststellungen kann auch kein Zusammenhang zwischen den ebay-Verkäufen (Gegenstände, Branche, Umsatzhöhe) und innergemeinschaftlichen Erwerben hergestellt werden. Über Anfrage des Bundesfinanzgerichts konnte dazu vom Prüfer (Antwortschreiben per e-mail vom 09.07. und ) keine weitergehende Aufklärung vorgenommen werden.
20. In der diesbezüglich abweisenden Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt unter Hinweis auf das MIAS-System ausgeführt: "Wendet ein Unternehmer - wie gegenständlich - ein, er sei an Leistungen, die Unternehmer aus anderen EU-Staaten mit dem Inlandsunternehmer (also ihm selbst) aufgenommen hatten, nicht beteiligt gewesen, hat er dies nicht nur zu behaupten, sondern Beweise für sein diesbezügliches Vorbringen anzubieten (). Von einem Beweisanbot kann gegenständlich keine Rede sein."
21. Dazu ist nun seitens des Bundesfinanzgerichtes darauf hinzuweisen, dass diese vom Finanzamt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angeführte Rechtsansicht, mit den tatsächlichen Rechtsausführungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Einklang steht. Im Widerspruch zu dieser vom Finanzamt allgemein vertretenen Rechtsauffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in dem vom Finanzamt herangezogenen VwGH-Erkenntnis vom , 2009/16/0190, ausgeführt: "Die belangte Behörde hat auch - wieder unter Verweis auf Prüferfeststellungen - "Schwarzeinkäufe" in der Höhe der Differenzen zwischen Abfragen im MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) und den innerbetrieblichen Aufzeichnungen im Ausmaß von S 108.475,36 festgestellt und ihren Schätzungen zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat zwar unstrittig erst im Finanzstrafverfahren diese Differenz mit einer missbräuchliche Verwendung seiner UID-Nummer durch einen Dritten erklärt und entsprechende Beweisanträge gestellt, dies hat die belangte Behörde aber nicht bereits davon entbunden, diesen Beweisanträgen zu entsprechen oder auf andere Art und Weise Ermittlungen anzustellen. Der Umstand, dass es sich bei diesen "Differenzfällen" in der Regel um Lieferanten, die ansonsten schon im Rechenwerk der Y. KEG aufgeschienen sind, gehandelt hat, vermag ebenso wenig wie der Umstand, dass die Differenzen nicht aufeinander folgende Jahre betreffen, mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit zu begründen, dass es sich dabei um Einkäufe aus anderen Mitgliedstaaten handelt, die dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien. Der Betriebsprüfer hat bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat vom angegeben, dass in Fällen solcher Differenzen üblicherweise sog. "Art. 5-Anfragen" (gemeint wohl: nach der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92) beim betreffenden Mitgliedstaat durchgeführt würden, die zur Folge hätten, dass ein Finanzorgan des betreffenden Mitgliedstaates beim liefernden Unternehmen in die Verkaufsrechnungen Einsicht nehme und abkläre, wie die Waren versendet und bezahlt worden seien. Warum eine solche Anfrage - die nur der Finanzverwaltung, nicht hingegen dem Beschwerdeführer offen steht - im Beschwerdefall unterblieben ist, hat die belangte Behörde nicht begründet. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde die Beweislast trifft, ist angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten des Beschwerdeführers, zu beweisen, dass die gegenständlichen Lieferungen, die nicht im Rechenwerk aufschienen, tatsächlich nicht an die Y. KEG ausgeführt worden sind, auch nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer sein Vorbringen hätte konkretisieren und durch Rechnungen belegen können." - .
22. Die im o.a. VwGH-Erkenntnis angeführte Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (kurz: V 1798/2003) wurde durch die V (EU) 904/2010 v , ABl L 268, 1 ersetzt. Seit ist die V (EU) 904/2010 v , ABl L 268, 1 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (kurz: Verordnung Nr. 904/2010) anwendbar, mit der die V 1798/2003 aufgehoben wurde (vgl. Ruppe/Achatz, 6. Aufl., Mai 2024, Art. 21, Tz 6).
Nach Artikel 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 erteilt auf Antrag der ersuchenden Behörde die ersuchte Behörde die in Artikel 1 genannten Informationen, einschließlich solcher, die konkrete Einzelfälle betreffen.
Nach Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 führt für die Zwecke der Erteilung von Informationen gemäß Absatz 1 die ersuchte Behörde die zur Beschaffung dieser Informationen notwendigen behördlichen Ermittlungen durch.
23. Der EuGH hat in seinen Urteilen vom , C-419/14, WebMindLicenses, und vom , C-276/18, KrakVet Marek Batko, zum Informationsaustausch nach der Verordnung Nr. 904/2010 Stellung genommen.
Im Urteil , C-276/18, hat der EuGH ausgeführt:
"43 Die Verordnung Nr. 904/2010 soll, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 5 und 7 ergibt, durch die Einrichtung eines gemeinsamen Systems für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten - vor allem hinsichtlich des Informationsaustauschs - dazu beitragen, die richtige Festsetzung der Mehrwertsteuer sicherzustellen, insbesondere in Bezug auf Tätigkeiten, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erfolgen, für die jedoch die Mehrwertsteuer in einem anderen Mitgliedstaat geschuldet wird. Wie der Unionsgesetzgeber im achten Erwägungsgrund dieser Verordnung anerkannt hat, hängt die Kontrolle der richtigen Anwendung der Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Umsätze, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem der Lieferer oder Dienstleistungserbringer ansässig ist, steuerbar sind, in vielen Fällen von Informationen ab, die dem Mitgliedstaat der Ansässigkeit vorliegen oder die von diesem Mitgliedstaat viel einfacher beschafft werden können.
44 Daher regelt die Verordnung Nr. 904/2010 gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 die Modalitäten, nach denen die in den Mitgliedstaaten mit der Anwendung der Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer beauftragten zuständigen Behörden untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um die Einhaltung dieser Vorschriften zu gewährleisten, und legt zu diesem Zweck Regeln und Verfahren fest, nach denen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander zusammenarbeiten und Informationen austauschen, die für die korrekte Festsetzung der Mehrwertsteuer, die Kontrolle ihrer richtigen Anwendung insbesondere auf grenzüberschreitende Umsätze sowie die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs geeignet sind.
45 Die Art. 7 und 13 der Verordnung Nr. 904/2010 betreffen gemäß der Überschrift der Kapitel II bzw. III, zu denen sie gehören, den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten entweder auf Ersuchen einer von ihnen oder ohne vorheriges Ersuchen. Art. 28 der Verordnung betrifft, wie sich aus der Überschrift ihres Kapitels VII ergibt, zu dem er gehört, die Anwesenheit von ordnungsgemäß befugten Beamten der ersuchenden Behörde in den Amtsräumen der Behörden des ersuchten Mitgliedstaats und ihre Teilnahme an behördlichen Ermittlungen, die im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats geführt werden. Die Art. 29 und 30 der Verordnung betreffen gemäß der Überschrift des Kapitels VIII, zu dem sie gehören, gleichzeitige Prüfungen, deren Durchführung die Mitgliedstaaten vereinbaren können.
46 Die Verordnung Nr. 904/2010 ermöglicht somit die Einrichtung eines gemeinsamen Systems der Zusammenarbeit, bei dem die Steuerbehörde eines Mitgliedstaats an die Steuerbehörde eines anderen Mitgliedstaats ein Ersuchen richten kann, insbesondere wenn sich ein solches Ersuchen angesichts dessen, dass die Mitgliedstaaten nach dem siebten Erwägungsgrund der Verordnung zu kooperieren haben, um die richtige Festsetzung der Mehrwertsteuer sicherzustellen, als zweckmäßig oder sogar als notwendig herausstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , WebMindLicenses, C-419/14, EU:C:2015:832, Rn. 57).
47 Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Steuerbehörde eines Mitgliedstaats weiß oder bei vernünftiger Betrachtung wissen muss, dass die Steuerbehörde eines anderen Mitgliedstaats über Informationen verfügt, die nützlich oder sogar unverzichtbar sind, um festzustellen, ob im erstgenannten Mitgliedstaat Mehrwertsteuer verlangt werden kann (Urteil vom , WebMindLicenses, C-419/14, EU:C:2015:832, Rn. 58).
…"
24. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts hat das Finanzamt seine Feststellungen zu den innergemeinschaftlichen Erwerben und innergemeinschaftlichen Dienstleistungen getroffen, ohne auf die Einwendungen der Bf. in rechtlich gebotener Weise einzugehen und ohne die dafür unionsrechtlich vorgegebenen bzw. gebotenen Ermittlungen vorzunehmen. Der Beschwerde war in diesem Punkt somit Folge zu geben.
25. Auf Grund der o.a. Ausführungen waren die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, Körperschaftsteuerbescheide und die Bescheide betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer entsprechend abzuändern, wobei die Bemessungsgrundlagen und die Abgaben den angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen sind. Hinsichtlich Körperschaftsteuer 2016 und Umsatzsteuer 2016 sind die Bemessungsgrundlagen und Abgaben dem Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom und dem Umsatzsteuerbescheid 2016 vom zu entnehmen, die unverändert bleiben.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 27 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 Art. 7 Abs. 1 VO 904/2010, ABl. Nr. L 268 vom S. 1 Art. 7 Abs. 2 VO 904/2010, ABl. Nr. L 268 vom S. 1 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100326.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at