TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.01.2025, RV/7102046/2024

Mängelbehebungsauftrag iSd § 85 Abs. 2 BAO bei fehlender Begründung und fehlender Unterschrift eine Bescheidbeschwerde betreffend

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, AdresseBf.in, vertreten durch Vertreter, AdresseVertreter, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2021 beschlossen:

I.
Die Beschwerde wird als zurückgenommen erklärt iSd § 85 Abs. 2 BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO.

II.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensablauf

Am erging der gegenständliche Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2021. Es wurde Körperschaftsteuer in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt.
Begründet wurde unter anderem wie folgt:
Abweichend von § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 betrage gemäß § 24 Abs. 4 Z 3 iVm § 26c Z 51 KStG 1988 die Mindeststeuer bei nach dem gegründeten unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung für die ersten fünf Jahre ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 125 € und in den folgenden fünf Jahren für jedes volle Kalendervierteljahr 250 €.

Mit Schreiben vom (postalisch übermittelt) wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde eingereicht und unter anderem wie folgt begründet:
Es werde gegen die Festsetzung der bisher vorgeschriebenen Körperschaftsteuerbeträge und die Neufestsetzung der Körperschaftsteuer 2021 Beschwerde eingereicht.
Mit seien nachfolgende Anträge gestellt worden und würden sich in einem offenen, laufenden Verfahren befinden:
Antrag auf Begrenzung der Steuernummer, Aussetzung der Einhebung der Körperschaftsteuer 2021, Antrag auf Rückerstattung der Mindestkörperschaftsteuer seit 2018 bis 2023.
Auf der Beschwerdeschrift findet sich keine Unterschrift.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt.
Hinsichtlich der Begründung des Begehrens und der beantragten Änderungen werde auf die Beschwerdeschrift verwiesen.
Das Finanzamt verweigere das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Arbeit.
Es werde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Es werde der in der Sachlage informierte Zeuge (Mitarbeiter des Finanzamtes) beantragt.

Mit Vorlagebericht vom wurde die obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO folgende Mängel zu beheben:
Der Beschwerde vom würden fehlen:
- die Erklärung, welche Änderungen beantragt würden (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO);
- eine Begründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO);
- die Unterschrift (§ 85 Abs. 2 BAO).
Eine unterschriebene Beschwerde sei einzureichen.
Die Behebung der angeführten Mängel werde innerhalb einer Frist von 4 Wochen ab Zustellung des Beschlusses aufgetragen.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gelte die Beschwerde als zurückgenommen.

Laut Zustellnachweis wurde der Mängelbehebungsauftrag am Montag den durch die Beschwerdeführerin entgegengenommen.

Mit E-Mailder Beschwerdeführerin vom wurde wie folgt ausgeführt:
"Mängelbehebung
Leider wurde der angeführte Akt ein Raub des Hochwassers in
***2*** 2024. Aus diesem Grund ersuchen wir höflich, ob Sie uns den gesamten Akt per E-Mail übermitteln können."

Mit Schreiben der Beschwerdeführerin, eingelangt am (Freitag), laut Kuvert versendet am (Donnerstag), wurde wie folgt ausgeführt:
Leider sei der gegenständliche Akt ein Raub des Hochwassers geworden (höhere Gewalt). Aus diesem Grund werde beantragt, den gesamten Akt in Kopie an die neue Adresse der Beschwerdeführerin zu senden.
Zugleich werde beantragt eine Fristerstreckung zur Beantwortung des Beschlusses Mängelbehebung bis zum .

Festgestellter Sachverhalt

Gegen den Körperschaftsteuerbescheid vom wurde mit Schreiben vom Beschwerde eingereicht.
In der Beschwerdeschrift findet sich weder ein Begründung, noch eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden.
Zudem fehlt der Beschwerdeschrift eine Unterschrift.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt.
Auch im Vorlageantrag finden sich die oben angeführten inhaltlichen Erfordernisse einer Beschwerde nicht.
Es werde eine mündliche Verhandlung beantragt sowie die Einvernahme eines Finanzamtsmitarbeiters als Zeuge. Die Verweigerung des verfassungsmäßig garantierten Rechtes auf Arbeit werde gerügt.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO folgende Mängel zu beheben:
"Der Beschwerde vom fehlt:
- die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (
§ 250 Abs. 1 lit. c BAO);
- eine Begründung (
§ 250 Abs. 1 lit. d BAO);
- die Unterschrift (
§ 85 Abs. 2 BAO).
Eine unterschriebene Beschwerde ist einzureichen.
Die Behebung der angeführten Mängel wird innerhalb einer Frist von
4 Wochen ab Zustellung des Beschlusses aufgetragen.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt die Beschwerde als zurückgenommen."

Laut Zustellnachweis wurde der Mängelbehebungsauftrag durch die Beschwerdeführerin am Montag den entgegengenommen.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde nicht beantwortet.
Mit Schreiben des Beschwerdeführers, eingelangt am (Freitag), laut Kuvert versendet am (Donnerstag), wurde wie folgt ausgeführt:
Leider sei der gegenständliche Akt ein Raub des Hochwassers geworden (höhere Gewalt). Aus diesem Grund werde beantragt, den gesamten Akt in Kopie an die neue Adresse der Beschwerdeführerin zu senden.
Zugleich werde beantragt eine Fristerstreckung zur Beantwortung des Beschlusses Mängelbehebung bis zum .

Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Bescheiden und Schriftsätzen.

Rechtliche Begründung

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) nicht zur Zurückweisung, inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Es ist dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Die Erklärung als zurückgenommen hat mit Beschluss iSd § 278 Abs. 1 lit. b BAO zu erfolgen.

Nach § 250 Abs. 1 BAO hat eine Bescheidbeschwerde folgendes zu enthalten:
a.
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b.
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c.
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d.
eine Begründung.

Keine Begründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO liegt vor bei einer nicht näher begründeten Behauptung, der Bescheid sei unrichtig oder sei aufzuheben ().

Nach Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages wurde weder eine Begründung eingereicht, noch eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden.

Auch bei fehlender Unterschrift ist wie bei Formgebrechen ein Mängelbehebungsauftrag zu erlassen (Ritz, BAO7, § 85, Rz 14; ).
Die fehlende Unterschrift wurde weder nachgeholt, noch eine unterschriebene Ausfertigung der Beschwerdeschrift eingereicht.

Dem Mängelbehebungsauftrag wurde nicht entsprochen, weshalb die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären war.

Die Frist zur Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages endete vier Wochen nach dessen Übernahme durch die Beschwerdeführerin, somit am Montag den (§ 108 Abs. 2 BAO). Da der Antrag auf Fristerstreckung erst am zur Post gegeben wurde, und am beim Bundesfinanzgericht eingelangt ist, ist dieser verspätet erfolgt.

Antrag auf mündliche Verhandlung

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 iVm Abs. 5 BAO kann ungeachtet eines Antrages auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung von einer solchen abgesehen werden, wenn die Beschwerde als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären ist. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass § 85 und § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangenen beiden Verordnungen BGBl. II Nr. 494/1991 und BGBl. II Nr. 97/2006 die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, und einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zukommt, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt (etwa , , 2012/16/0082). Ein mit einer E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig ist

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Mängelbehebungsauftrag erfüllt wurde, indem eine konkrete Begründung der Beschwerde und die Änderungen, die beantragt werden, sowie eine unterschriebene Beschwerdeschrift nachgereicht wurden, ist ein auf Sachverhaltsebene zu behandelnde Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu beantworten. Die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist folglich nicht zu erwarten und eine ordentliche Revision war nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 26c Z 51 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 250 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102046.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at