Kein Vorsteuerabzug mangels Unternehmereigenschaft Organschaft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin C. WITTMANN in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2013 sowie Umsatzsteuer 2013 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Bericht der Außenprüfung (im Folgenden AP) des Finanzamtes vom hinsichtlich ua das lediglich nur mehr beschwerdeggst Streitjahr 2013 betreffend USt führte die belangte Behörde insb Folgendes aus:
Ab dem Jahr 2015 habe das Finanzamt der Person des ***Bf1*** (im Folgenden Bf) und den von ihm beherrschten Firmen vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet. In Summe seien mit den vom Bf gelenkten Unternehmen eine beträchtliche Summe an USt-Gutschriften lukriert worden und diese Gutschriften jeweils auf Antrag des Bf auch zur Auszahlung gelangt. Zum Firmengeflecht gehörten zu diesem Zeitpunkt insgesamt 26 Firmen. Von Seiten der Finanzverwaltung habe sich der Verdacht gehegt, dass der Bf diese Anhäufung von Firmen lediglich deshalb realisiert habe, um damit ein von der Finanzbehörde im Gesamten schwer erfassbares und überprüfbares Konstrukt zu schaffen und um damit Gutschriften zu lukrieren.
Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Graz erfolgte am ua beim Bf eine Hausdurchsuchung, wobei 72 Ordner sichergestellt worden seien. Bei den innerhalb des Firmengeflechts fakturierten Lieferungen handle es sich nahezu ausschließlich um nicht näher definierte Werbepakete und damit zusammenhängende Leistungen (Betreuungen). Bei den sichergestellten Ausgangsrechnungen handle es sich einerseits um eine geringe Anzahl von Ausgangsrechnungen, die vom Bf als Einzelunternehmer für erbrachte Dienstleistungen als Unternehmensberater an Fremde gestellt worden seien und andererseits um eine Vielzahl von Ausgangsrechnungen betreffend Internet-Dating-Websites und Werbepaketen an Unternehmen innerhalb des Firmengeflechtes. Es seien keine nach "außen" (nicht dem Firmengeflecht zugehörig) gestellte Ausgangsrechnungen vorgefunden worden. Dies habe den Verdacht erhärtet, dass idZ (e-commerce und Werbepakete) überhaupt keine Leistungen zustande gekommen seien und es sich somit um steuerlich nicht anzuerkennende Insichgeschäfte handle. Auf Grund der vorliegenden (ausgedruckten) Rechnungen habe die belangte Behörde davon ausgehen können, dass vom Bf 2013 235 Rechnungen innerhalb seines Firmengeflechts in Umlauf gebracht worden seien. Allein aus den iRd Hausdurchsuchung sichergestellten Rechnungen (viele davon Gutschriften und Stornierungen) lasse sich entnehmen, dass auch im Streitjahr 2013 34.433 Werbepakete (davon 21.872 mit ausgewiesener USt) innerhalb der Firmen in Rechnung gestellt worden seien. Der Preis jedes einzelnen Werbepaketes sei mit netto 33,33 Euro angesetzt. Das ergebe für 2013 eine in Umlauf gebrachte USt-Bemessungsgrundlage von 728.993,- Euro und eine VSt/USt von 145.798,- Euro.
Über den Bf als Einzelunternehmer sei im Zeitraum 2011 bis 2014 insgesamt ein VSt-Überhang iHv 83.933,11 Euro lukriert worden. Für das Jahr 2013 habe der Bf USt-pfl Umsätze iHv 10.306,90 Euro erklärt. Diese würden aus Leistungserlösen an die vom Bf kontrollierte ***1*** GmbH iHv 447,- Euro, aus der Weiterverrechnung an ebenfalls vom Bf kontrollierten Firmen iHv 9.654,25 Euro und Erlöse von "außen" (Paypal-Erlöse) iHv 205,65 Euro stammen. VStn seien iHv 77.782,12 Euro geltend gemacht worden. Daraus würden 50.000,- Euro aus einer Rechnung vom , ausgestellt von der ***2*** Ltd (jetzt ***3*** Ltd; im Folgenden ***7*** bzw ***8*** B) stammen (Verkauf von Domains). Die angeführte UID-Nummer sei unrichtig. Ein weiterer VSt-Betrag iHv 24.000,- Euro entstamme einer Rechnung der ***4*** Ltd (Verkauf von Model-Webportalen, im Folgenden ***8*** E). Beide Firmen seien vom Bf kontrolliert worden, wobei diese mittlerweile gelöscht seien.
Am sei es zur Beschuldigteneinvernahme des Bf gekommen. Im Zuge dieser Einvernahme habe der Bf eingestanden, dass die Geschäftsidee mit der e-commerce-Tätigkeit wirtschaftlich nicht hätte umgesetzt werden können ("Es konnte nicht auf die Straße gebracht werden").
Die AP stellte fest, dass der Bf die Tätigkeit als Buchhalter bzw Unternehmensberater tatsächlich ausgeführt habe und daraus Einnahmen erzielt habe. Der Bf als Einzelunternehmer habe im Streitjahr 2013 10.306,90 Euro USt-pfl Einnahmen erklärt.
Von den für 2013 beantragten VStn erkenne die AP einen Betrag iHv 74.000,- Euro (50.000,- aus der Eingangsrechnung der ***7*** [jetzt ***21*** und aus der Eingangsrechnung der ***8*** E Ltd]) nicht an. VStn beantragt: 77.782,12 Euro - 74.000,- Euro (Kürzung durch die AP) = 3.782,12 Euro (VStn laut AP). Laut AP habe der Bf als Einzelunternehmer von "außen" im Jahr 2013 einen Betrag iHv 205,65 Euro als Erlös erzielt. Es handle sich dabei im Wesentlichen um den Betrieb von Webseiten. Der Bf nennt diese Tätigkeit "affiliate marketing". Laut AP seien jedenfalls im Internet Webseiten mit zumeist pornographischem Inhalt angeboten worden.
An relevanten Feststellungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend USt 2013 führte die AP aus, dass die Auswertung der im Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung sichergestellten Unterlagen (Rechnungskopien) zu Tage gebracht habe, dass - koordiniert vom Bf - Rechnungen in Umlauf gebracht worden seien, denen entweder keine Leistungen zu Grunde gelegen bzw dass VStn geltend gemacht worden seien, deren spiegelgleiche Besteuerungen unterblieben sei. Damit sei die Abgabenbehörde in die Irre geführt worden. Erst bei Gesamtbetrachtung aller involvierten Firmen über einen längeren Zeitraum sei das Ausmaß der geltend gemachten VSt-Guthaben und somit das Betrugsszenario sichtbar geworden. Entgegen der Auffassung des Bf sei dies im Rahmen von Vorprüfungen (***6***-Prüfungen) nicht bekannt gewesen, zumal der Vorprüfer dem Bf noch die Möglichkeit eingeräumt hätte, Umsätze "nachzuerfassen" und dieser zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen sei, dass Leistungen, die umsatzsteuerbar und USt-pflichtig seien, tatsächlich erbracht worden seien. Dies sei auch durch den Umstand von Selbstanzeigen gem § 29 FinStrG des Bf bekräftigt.
Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde das Verfahren betreffend USt 2013 wieder auf und verwies dabei auf die Feststellungen der AP, die der Niederschrift und dem AP-Bericht zu entnehmen seien.
Mit Bescheid ebenfalls vom betreffend USt 2013 forderte die belangte Behörde einen Betrag iHv 74.000,- Euro nach und verwies begründend wiederum auf den AP-Bericht vom .
Gegen diese beiden Bescheide erhob der Bf mit Schriftsatz vom (nach Fristverlängerungen) Beschwerde. Gegen den Wiederaufnahmsbescheid sowie gegen den USt-Sachbescheid führte er aus, dass Hintergrund dieser Bescheide "ein rechtsverletzender, ,weitwendiger' absichtlich falscher sowie auch ,nichtiger' BP-Bericht vom (als Niederschrift)" sei. Dieser AP-Bericht entspreche "deswegen nicht der Rechts- und Tatsachenlage und [stelle] keinen Grund zur Wiederaufnahme von Abgabeverfahren dar". Weiters gehe aus den vom Bf vorgelegten Unterlagen klar hervor, dass sein Einzelunternehmen mit den damalig genannten "***7***" Medien Label (jetzt ***8*** B und aus der Eingangsrechnung der ***22***, einen Leistungsaustausch hatte, die Gegenstände der Lieferung bzw Leistungserbringung, physisch bei diesen Firmen und dann auch in seinem Einzelunternehmen vorhanden gewesen seien. Ebenso, dass diese Gegenstände der Lieferung bzw Leistungserbringung vom Leistungserbringer/Rechnungsaussteller davor von ihr betrieben und daraus "Umsätze von außen" erzielt worden seien. Aus den bei der belangten Behörde geführten Abgabenkonten gehe der Leistungserbringer/Rechnungsaussteller eindeutig und klar hervor, sowie sei bewiesen, dass die Rechnungsaussteller die USt daraus iHv 74.000,- Euro für 10/2013 innerhalb offener Frist, vorangemeldet und abgeführt sowie entrichtet hätten (vgl Abgabenkonten zu St Nr ***24***/***10*** und zu St Nr ***24***/***11***). Die damaligen Außenprüfer ***12***, ***13*** und ***14*** hätten die wirtschaftliche Tätigkeit sowie den Leistungsaustausch dieser Gegenstände am sowie am geprüft und dazu keine Prüfungsfeststellungen getroffen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom ab und begründete diese insb wie folgt: Zur Wiederaufnahme führte das Finanzamt aus, dass erst im Rahmen der AP sämtliche Rechnungen und sonstige steuerliche Unterlagen betreffend das Veranlagungsjahr 2013 vorgelegt und überprüft worden seien. Dadurch sei bekannt geworden, dass mangels tatsächlich durchgeführter Lieferungen und sonstiger Leistungen gem §§ 3 und 3a UStG keine Unternehmereigenschaft vorliege und die Wiederaufnahme gem § 303 Abs 1 BAO daher zurecht erfolgt sei. Betreffend den Sachbescheid brachte die belangte Behörde vor, dass nach der Judikatur des VwGH die Abgabenbehörde an die im Spruch des die Partei betreffenden rechtskräftigen verurteilenden Strafurteils festgestellten Tatsachen bzw an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruhe, gebunden sei (Verweis auf ). Mit Urteil des LGS Graz vom zu ***25*** sei der Bf wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten, schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall, 15 Abs 1 StGB und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB schuldig gesprochen worden. Die im Ersturteil festgesetzte Freiheitsstrafe von 30 Monaten sei mit Urteil des OLG Graz vom zu ***26*** auf eine nicht bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 33 Monaten erhöht worden. Im OLG-Urteil sei bestätigt worden, dass der Bf von 2011 bis 2016 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche von Finanzämtern durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Behauptung (die im Schuldspruch des Urteils des LGS Graz angeführten) 19 Gesellschaften wären Unternehmer iSd § 2 Abs 1 UStG sowie durch Einreichung inhaltlich unrichtiger UVAen, welche keine tatsächlichen Lieferungen oder Leistungen zu Grunde gelegen seien, zu Handlungen, nämlich zu Verbuchung und Auszahlung von USt-Guthaben teils verleitet, teils zu verleiten versucht, welche die Republik Österreich im 300.000,- Euro übersteigenden Betrag von 1.250.420,92 Euro am Vermögen geschädigt hätten und um weitere 441.484,01 Euro schädigen sollten, wobei er in der Absicht gehandelt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen und er ab der dritten Tat bereits zwei solche Taten begangen hätte. Die Abgabenbehörde sei an den vom LGS Graz festgestellten Sachverhalt gebunden. Es sei festgestellt worden, dass der Bf spätestens im Jahr 2011 den Entschluss gefasst habe, sich neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater durch die Begehungen von VSt-Betrugshandlungen zu Lasten der Republik Österreich ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen. Zu diesem Zweck habe er eine Reihe von Scheinunternehmen gegründet bzw habe er die Geschäftsführung nicht mehr aktiver Unternehmen übernommen, wobei er vorgegeben habe, diese seien im Bereich "Handel mit Web-Portalen" tätig. Im Zeitraum von 2011-2016 habe er bei verschiedenen Finanzämtern Anträge auf VSt-Rückerstattung für lediglich im eigenen Firmengeflecht angeblich verkaufte "Werbepakte" iHv 1.691.904,93 Euro gestellt, wovon insgesamt ein Betrag von 1.250.420,92 Euro durch die Finanzämter auch tatsächlich auf dem Bf zuzuordnende Konten bzw auf Konten, auf die er zumindest mittelbar Zugriff gehabt habe, ausbezahlt worden sei. Tatsächlich seien diesen Verkäufen jedoch weder reale Leistungen oder Lieferungen zu Grunde, noch übten die Firmen gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten selbständig aus. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts gelange die Abgabenbehörde zur steuerrechtlichen Beurteilung, dass keine Unternehmereigenschaft iSd § 2 Abs 1 UStG vorliege. Mangels vorliegender Unternehmereigenschaft sowie mangels tatsächlich durchgeführter Lieferungen und sonstiger Leistungen gem §§ 3 und 3a UStG liege keine Berechtigung zum VSt-Abzug gem § 12 UStG vor.
Mit Schriftsatz vom stellte der Bf den Antrag, die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorzulegen und führte darin begründend insb aus, dass sein Einzelunternehmen im vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung genannten Strafverfahren am LGS Graz nicht involviert gewesen sei. Darüber hinaus würden sich aus dem AP-Bericht keine Feststellungen ergeben, sein Einzelunternehmen hätte keine Unternehmereigenschaft entfaltet oder Lieferungen und sonstige Leistungen gar nicht tatsächlich ausgeführt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem BFG vor und führte über ihr bisheriges Vorbringen hinausgehend aus, dass bzgl des Einwandes des Bf im Vorlageantrag auf die Feststellungen im AP-Bericht vom , Seite 15 Punkt "***Bf1*** Einzelunternehmen" verwiesen werde. Darin heiße es, dass der Bf über diese Firma im Zeitraum 2011 bis 2014 insgesamt einen VSt-Überhang iHv 83.933,11 Euro lukriert habe.
Auf die Ausführungen im Vorlagebericht der belangten Behörde vom reagierte der Bf mit Replik vom , in der er ausführte, dass er auf seinen "1. Teil der Einwendungen vom bzw. zum BP-Bericht vom - 885 Seiten" verweise. Des Weiteren führte das Urteil zu ***27*** des LGS Graz auf Seite 7 im 4. Absatz Folgendes aus: " ….mit Ausnahme der Tätigkeit des Angeklagten als Unternehmensberater im Rahmen seines Einzelunternehmens - keinerlei Hinweise für relevante, reale Geschäftstätigkeiten der Gesellschaften gesehen werden." Darüber hinaus sei dem Bf die VSt aus den beiden nicht anerkannten Rechnungen der Rechnungsaussteller zu St Nr ***15*** und St Nr ***16*** von ihm auf deren Steuerkonten innerhalb der Finanzverwaltung übertragen ("überrechnet") worden. Es sei dabei zu keinem "Vorsteuerüberhang" und auch zu keinen Auszahlungen davon an den Bf gekommen (Verweis auf die Daten des Steuerkontos). Im Streitjahr 2013 habe die ***17*** GmbH, St Nr ***18***, die "Buchhalter bzw Beratungstätigkeit" ausgeführt und sein Einzelunternehmen habe sich bis Mitte 2015 mit der "wirtschaftlichen Tätigkeit" mit "Webportalen" und Medien beschäftigt. Diese zwei Rechnungsaussteller seien sehr wohl vom Finanzamt zu St Nr ***15*** und St Nr ***16*** iVm seiner St Nr ***19*** in Form von Nachschauen geprüft worden. Diese Prüfungen/Nachschauen hätten keine Feststellungen ergeben sowie aus den Niederschriften daraus, seien keine Zweifel an der Existenz dieser "Webportale" und Domains von Seiten des Finanzamtes hervorgekommen bzw ersichtlich. Zum Zeitpunkt dieser Prüfungen/Nachschauen seien diese Firmen (Rechnungsaussteller) auch noch existent gewesen. Die zwei Rechnungsaussteller hätten die USt aus diesen zwei Rechnungen beim Finanzamt im Jahr 2013 vorangemeldet und in weiterer Folge auch abgeführt (Verweis auf Steuerkonten zu St Nr ***15*** und St Nr ***16*** iVm Einwendungen). Auch hätten die zwei Rechnungsaussteller den Mangel bei der Rechnungsausstellung (wie im BP-Bericht unter Tz 26, Seite 16 vom Finanzamt "falsch behauptet") vor den Prüfungen/Nachschauen behoben (vgl Einwendungen, keine Feststellungen vom Finanzamt am iVm Einwendungen). Die AP hätte keinen Zweifel am ehemaligen Bestand, den Anschaffungen, der Existenz und dem Betrieb dieser "Webportale" und Domains bei den ehemaligen Rechnungsausstellern, wie auch die zwei vorangegangen APen/Nachschauen vom und , es festgestellt hätten. Auch hätte die AP keinen Zweifel daran gehabt, dass die "Webportale" und Domains an sein Einzelunternehmen übergegangen seien, somit eine Lieferung und ein Leistungsaustausch zwischen dem Rechnungsausteller und dem Rechnungsempfänger erfolgt bzw. durchgeführt worden sei, wie die AP/Nachschau vom durch das Finanzamt dazu es auch festgestellt habe. Weiters führe dieser AP-Bericht vom nicht aus, dass die beiden Rechnungsaussteller die USt daraus nicht abgeführt hätten.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf tritt als Buchhalter und Unternehmensberater auf. Im Rahmen der am abgeschlossenen AP (Schlussbesprechung am ) wurde festgestellt - und im folgenden Strafverfahren durch Urteil des LGS Graz bzw des OLG bestätigt -, dass sich der Bf ua auch im Beschwerdezeitraum 2013 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche von Finanzämtern durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Behauptung, 19 Gesellschaften - darunter auch die beschwerdeggst ***7*** (später in ***21*** umfirmiert) sowie der ***22***) - wären Unternehmer iSd § 2 Abs 1 UStG sowie durch Einreichung inhaltlich unrichtiger UVAen, welchen keine tatsächlichen Lieferungen und Leistungen zugrunde lagen, zur Verbuchung und Ausbezahlung von USt-Guthaben teils verleitet, teils zu verleiten versucht, welche die Republik Österreich im 300.000,00 Euro übersteigenden Betrag von 1.250.420,92 Euro am Vermögen schädigten und um weitere 441.484,01 Euro schädigen sollten.
Aufgrund des Urteils vom des LGS Graz zu ***27***, wurde rechtskräftig festgestellt, dass es ua der ***7*** (später in ***21*** umfirmiert) sowie der ***22*** - mangels nach außen erbrachter Leistungen - ua im Streitjahr 2013 an der für einen VSt-Abzug erforderlichen Unternehmereigenschaft (§ 12 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 UStG) gemangelt hat bzw diese die behaupteten Leistungen nicht erbracht haben. Daraus folgt, dass aus diesen "Geschäften" keine VStn geltend gemacht werden konnten, weshalb im Beschwerdefall die Kürzung im USt-Bescheid für das Jahr 2013 im Ausmaß der VStn iZm diesen Geschäften vorzunehmen war.
2. Beweiswürdigung
Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Verwaltungsakt sowie auf die dem BFG vorgelegten Schriftsätze und ist insofern nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Zur Wiederaufnahme
Im Beschwerdefall ist strittig, ob das Finanzamt das Verfahren betreffend USt 2013 gem § 303 BAO wiederaufnehmen durfte.
Die belangte Behörde stützt sich auf den Wiederaufnahmstatbestand gem § 303 Abs 1 lit b BAO (Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren).
In der Praxis wird die Verfügung der amtswegigen Wiederaufnahme vielfach mit einem schlichten Verweis auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung begründet (oftmals über einen doppelten Verweis, zunächst auf das Kapitel "Wiederaufnahme" der Niederschrift und dort auf einzelne Textziffern in den abgabenrechtlichen "Feststellungen"). Dass ein solcher Verweis grundsätzlich zulässig ist, entspricht der st Rsp des VwGH (zB ).
Es ist zu unterscheiden zwischen der Rechtsfrage, ob der festgestellte Sachverhalt einen Wiederaufnahmstatbestand erfüllt, und der Ermessensfrage, ob die Wiederaufnahme auch durchzuführen ist; erst wenn die Rechtsfrage dahin zu beantworten ist, dass ein Wiederaufnahmsgrund vorliegt, hat die Behörde in Ausübung ihres Ermessens zu entscheiden, ob sie die Wiederaufnahme verfügt (vgl nur zB ).
Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der aufgrund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmsbescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmsgrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmsgründen dar (vgl nur ).
Nur neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel - das sind solche, die schon vor Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden (nova reperta) - kommen als tauglicher Wiederaufnahmsgrund iSd Neuerungstatbestandes (§ 303 Abs 1 lit b) in Betracht. Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl nur ). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (zB ).
Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln iSd § 303 Abs 1 lit b bezieht sich auf den Wissensstand (aufgrund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Für die Legitimation einer amtswegigen Wiederaufnahme nach dem Neuerungstatbestand ist somit entscheidend, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren (zB , mwN). Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (zB , mwN). Allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung von Sachverhaltselementen schließt die amtswegige Wiederaufnahme nicht aus (zB ). Weiters ist bei einer - wie im konkreten Fall - von Amts wegen erfolgten Wiederaufnahme das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln aus der Sicht der belangten Behörde zu beurteilen (vgl Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, 2017, § 303, Anm 17). Der VwGH stellt idZ regelmäßig auf den Wissensstand der abgabenfestsetzenden Stelle ab, weshalb auch die vollständige Sachverhaltskenntnis eines Prüfers im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Abgabenfestsetzung einer Wiederaufnahme nicht entgegenstehen muss ().
Bleibt bei einer früheren Prüfung ein bestimmtes Vorgehen des Abgabepflichtigen unbeanstandet, ist die Abgabenbehörde dadurch nicht gehindert, dieses Vorgehen iZm einer Wiederaufnahme als rechtswidrig zu beurteilen (vgl nur ; ÖStZB 2006, 696).
Anwendung auf den Beschwerdefall
Das Finanzamt hat für das BFG in überzeugender Art und Weise dargelegt, dass sich der vom Bf ursprünglich im Rahmen der USt-Erklärung 2013 behauptete abgabenrechtliche Sachverhalt aufgrund der am beendeten AP als nicht den wahren Begebenheiten entsprechend dargestellt hat. Die in weiter Folge rechtskräftig gewordenen strafgerichtlichen Feststellungen ergaben, dass der Bf als Einzelunternehmer gerade (mangels jeweiliger Unternehmereigenschaft der beiden Gesellschaften) keinen Leistungsaustausch mit den beiden (schein-)rechnungsausstellenden "Unternehmen", die im Einflussbereich des Bf standen, hatte. Dieser Umstand bestand bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des ursprünglichen USt-Bescheides vom für das Jahr 2013, ist der belangten Behörde aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden (novum repertum). Wäre dem Finanzamt im ursprünglichen Verfahren betreffend USt 2013 der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen, hätte es schon im damaligen Verfahren bei richtiger Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen können. Dass beim Bf und bei den von ihm kontrollierten Gesellschaften Unregelmäßigkeiten iZm der Unternehmereigenschaft seiner Gesellschaften sowie mit von ihm geltend gemachten VStn auftreten könnten, ergab sich erst im Rahmen einer Hausdurchsuchung und im Zuge einer abgabenrechtlichen Prüfung beim Bf für die Jahre 2011-2016.
Der Wiederaufnahmsgrund des Hervorkommens neuer Tatsachen und Beweismittel betrifft im Beschwerdefall entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente, die das Finanzamt im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen hat, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet sind.
Weiters hat die belangte Behörde ihre Ermessensentscheidung in ihrem Wiederaufnahmsbescheid vom bzw im AP-Bericht vom begründet. Auch geht es bei dem konkreten Streitjahr 2013 wiederaufgenommenen Verfahren ua um vom Finanzamt gekürzte VStn von 74.000,- Euro, weshalb von geringfügigen steuerlichen Auswirkungen keine Rede sein kann (vgl nur , in welchem das Höchstgericht die steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmsgründe iHv bereits 746,- Euro nicht mehr als [absolut] geringfügig angesehen hat).
Zum Beschwerdevorbringen sowie zu den in der Folge erstatteten zahlreichen Eingaben an das Finanzamt bzw an das BFG ist zu sagen, dass der Bf über weite Strecken in seinen Schriftsätzen seine Argumente betreffend das Wiederaufnahmeverfahren mit jenen betreffend die Sachbescheide vermischt. Praktisch ausschließlich beschäftigt sich der Bf lediglich mit der Bekämpfung des Sachbescheides, ohne sich im Einzelnen mit den Wiederaufnahmsgründen auseinander zu setzen. Die Beschwerde lässt offen, aus welchen konkreten Gründen die belangte Behörde keine entscheidungswesentlichen Neuerungen zutage gefördert habe bzw aufgrund welcher Argumente im Einzelnen in casu keine tauglichen Wiederaufnahmsgründe vorlägen. Sie führt lediglich einen "rechtsverletzenden, weitwendigen, absichtlich falschen sowie nichtigen BP-Bericht, der keinen Grund zur Wiederaufnahme von Abgabenverfahren darstellt" ins Treffen.
Der Bf führt auch keine einzige Entscheidung weder des BFG, geschwiege denn des VwGH iZm mit dem in Beschwerde gezogenen Wiederaufnahmsbescheid ins Treffen.
Da somit die Kenntnis der im Rahmen der am abgeschlossenen AP bekannt gewordenen Tatsachen zu einen im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte, erweist sich die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 303 Abs 1 BAO durch das Finanzamt als zulässig.
Zur Umsatzsteuer
Gem § 2 Abs 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt.
Nach § 12 Abs 1 Z 1 UStG kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als VSt-Beträge abziehen.
Die Unternehmereigenschaft können nur solche Leistungen begründen, die gegenüber Dritten erbracht werden (vgl nur Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.02, § 2, Rz 50).
Nach st Rsp des VwGH besteht eine Bindung der Abgabenbehörden und des BFG im Falle rechtskräftiger verurteilender Entscheidungen eines Strafgerichts, einer Finanzstrafbehörde oder des BFG nach einem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren an die Tatsachenfeststellungen, auf denen der Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (vgl zB ; , Ra 2018/16/0210; , Ro 2018/16/0001). Die Bindungswirkung, die ein rechtskräftiges Strafurteil gegenüber dem Verurteilten, der am Strafverfahren als Angeklagter und damit als Partei beteiligt war, entfaltet, wird nicht auf den - nur Vorfragen betreffenden - § 116 BAO gestützt, sondern vielmehr auf allgemeine verfahrensrechtliche Erwägungen einerseits und die materielle Rechtskraftwirkung des Strafurteiles andererseits (, ÖStZB 1997, 201).
Darüber hinaus hat die Partei gem § 119 Abs 1 BAO die Verpflichtung, die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen; die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
Gem Abs 2 leg cit dienen der Offenlegung insb die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde bzw dem BFG nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Objektiv setzt die Vollständigkeit die Offenlegungaller für eine ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Tatsachen voraus (Ritz/Koran, BAO7, 2021, § 119, Tz 3, mwN). Der Umfang der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht beschränkt sich folglich keineswegs lediglich auf das Vorbringen unbewiesener Tatsachen. Umstände, die regelmäßig oder sogar ihrer Natur entsprechend nach außen nicht in Erscheinung treten, sind in erster Linie von demjenigen unter Beweis zu stellen, der ihr Vorliegen behauptet ().
Anwendung auf den Beschwerdefall
Die Berechtigung zum VSt-Abzug ist gem § 12 UStG an bestimmte gesetzlich determinierte (kumulativ vorliegende) Voraussetzungen geknüpft, weshalb bei Fehlen nur eines Tatbestandsmerkmals ein VSt-Abzug zu versagen ist.
Gem § 12 Abs 1 UStG kann ein Unternehmer nur folgende VSt-Beträge abziehen: Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 leg cit) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Des Weiteren darf weder ein VSt-Ausschluss gem § 12 Abs 3 ff Absätze leg cit noch durfte der Unternehmer gem § 12 Abs 14 leg cit wissen oder hätte wissen müssen, dass der betreffende Umsatz iZm USt-Hinterziehungen oder sonstigen, die USt betreffenden Finanzvergehen steht.
Anders als vom Bf dargestellt, wurde die Unternehmereigenschaft des Bf als Einzelunternehmer auch von der belangten Behörde nicht zur Gänze abgestritten. Diese wurde insofern anerkannt, als die Umsätze, die mit dritten Personen iZm seiner Unternehmensberatertätigkeit erzielt wurde, in der KZ 000 des USt-Bescheides 2013 auch im wiederaufgenommenen Verfahren nach der AP enthalten geblieben sind (15.406,90 Euro). Auch die iZm dieser Tätigkeit geltend gemachten VStn wurden in der KZ 060 mit einem Betrag von 3.782,12 Euro berücksichtigt; dies im Gegensatz zu den Firmen, wie bspw die StNR ***15*** bzw ***16***, wo man die Umsätze in der KZ 000 dann mit 0,00 Euro festgestellt hat.
Die hier betroffenen Gesellschaften, die gegenüber dem Bf als Einzelunternehmer (angeblich) eine Leistung erbracht hätten (nämlich Verkauf von Webportalen) sind explizit im Strafurteil des LGS Graz - an dessen Feststellungen das BFG rechtlich gebunden ist - als Gesellschaften des "***20***-Konstrukts" angeführt (auch der Zeitraum 2013) und wurde dort vom LGS festgestellt, dass diesen Gesellschaften - mangels nach außen erbrachter Leistungen - keine für einen VSt-Abzug erforderliche Unternehmereigenschaft (§ 12 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 UStG) zukommt. Daraus folgt somit auch, dass aus diesen "Geschäften" keine VStn geltend gemacht werden konnten, weshalb die Kürzung im ggst bekämpften USt-Bescheid im Ausmaß der VStn iZm diesen Geschäften zu Recht erfolgte.
Das gesamte Vorbringen der Bf lässt zudem außer Acht, dass bei einem auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren der Gedanke der strikten Amtswegigkeit insofern in den Hintergrund tritt, als der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl für viele ; , Ro 2018/15/0025, mwN). Wie oben ausführlich dargestellt, waren die allgemein gehaltenen Ausführungen des Bf nicht als Umstände zu werten, die unter Ausschluss jeden Zweifels die begehrten abgabenrechtlichen Begünstigungen stützten.
Selbst wenn man alledem nicht folgen sollte, war der Beschwerde auch aufgrund folgender Überlegungen kein Erfolg beschieden:
Die beim Bf als Einzelunternehmer erzielten "Umsätze" resultieren aus vom Bf kontrollierten GmbHs bzw Ltds wie der ***23*** Beteiligungs GmbH, der ***7*** Medien Label Ltd (später ***8*** Business.Net Ltd), der ***8*** E, etc (Verkauf von Domains, Model-Webportalen, etc).
Eine juristische Person (formal selbstständiger Rechtsträger) wird ustl in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als unselbständig beurteilt, wenn sie dem Willen eines anderen Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organ). Dies wird angenommen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist (§ 2 Abs 2 Z 2 leg cit). Absolute Willenlosigkeit wird danach nicht vorausgesetzt (und auch nicht durch Art 11 MwSt-RL gefordert). Rechtsfolge: eine juristische Person, die für sich betrachtet die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 UStG erfüllt, wird ustl als unselbstständiger Teil des Organträger-Unternehmens qualifiziert. Die Organschaft soll dabei der Verwaltungsvereinfachung oder der Verhinderung bestimmter Missbräuche (zB durch Aufspaltung eines Unternehmens) dienen (vgl nur Ruppe/Achatz, UStG6, 2024, Rz 98 ff).
Die ustl Organschaft ist von Amts wegen zu beachten (; Ruppe/Achatz, UStG6, 2024, Rz 103 mwN). Die Vorschrift enthält somit kein Wahlrecht (ebenso BFH , XI R 74/07). Sind die Voraussetzungen der Eingliederung erfüllt, müssen die vorgezeichneten Rechtsfolgen gezogen werden.
Folgen einer solchen ustlichen Organschaft sind jene, dass das Organ unselbstständiger Teil des Unternehmens des Organträgers ist. Organträger und Organgesellschaften bilden ein Unternehmen. Leistungen, die zwischen den Unternehmensteilen innerhalb des Organkreises ausgeführt werden, sind nicht steuerbare Innenleistungen. Werden Rechnungen für Leistungen im Organkreis mit USt-Ausweis ausgestellt, so schuldet der Unternehmer an sich die USt gem § 11 Abs 14 leg cit, wobei eine Leistung - die einen unternehmensexternen Abnehmer voraussetzt - nicht erbracht wird (Ruppe/Achatz, UStG6, 2024, Rz 104 ff).
Das Gesetz fingiert Unselbständigkeit, wenn die juristische Person dem Unternehmer finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Eine gleichmäßige Ausprägung aller drei Merkmale ist nicht erforderlich; die weniger starke Ausprägung eines Elements kann durch stärkere Ausprägung der anderen Merkmale kompensiert werden (. - GlA die Rsp des BFH , V B 138/05).
Anders als bei der Organschaft nach früherem KSt-Recht - § 9 KStG 1988 verlangte ausdrücklich eine unmittelbare Beteiligung - ist für die finanzielle Eingliederung im USt-Recht eine mittelbare Beteiligung ausreichend. Die Anteile an der Organgesellschaft können sich daher auch im Privatvermögen der Gesellschafter des Organträgers befinden (auch in diesem Fall kann die beherrschte Gesellschaft keinen anderen Willen fassen oder durchführen als den der beherrschenden Gesellschaft; 135/68). Schwestergesellschaften können Teil eines Organkreises sein, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch demselben Organträger eingegliedert sind (Ruppe/Achatz, UStG6, 2024, Rz 112/1).
Betreffend die wirtschaftliche Eingliederung ist es für ustliche Zwecke ausreichend, wenn die juristische Person auch wirtschaftlich als organischer Teil eines Gesamtunternehmens erscheint, dh wenn die wirtschaftlichen Aktivitäten der juristischen Person und des sie beherrschenden "Unternehmers" miteinander verflochten, aufeinander abgestellt sind, einander ergänzen, abrunden. Entscheidend ist, ob faktisch eine Eingliederung vorliegt. Bei stark ausgeprägter finanzieller und organisatorischer Eingliederung ist es unschädlich, wenn die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt (BFH , XI R 74/07; mwN). Eine Tätigkeit im selben Geschäftszweig spricht für eine Organschaft (), eine Tätigkeit in verschiedenen Geschäftszweigen schließt jedoch eine Organschaft nicht aus ( 640/73).
Organisatorische Eingliederung ist gegeben, wenn die tatsächliche Durchsetzung des Willens des beherrschenden "Unternehmers" bei der beherrschten Gesellschaft durch organisatorische Maßnahmen gesichert ist ( 135/68). Die organisatorische Eingliederung kann in personellen Maßnahmen zum Ausdruck kommen, wie zB Personalunion hinsichtlich Geschäftsführung von Organträger und Organ, oder in organisatorischen Maßnahmen im engeren Sinn, wie Weisungsbefugnis und tatsächliche Weisungserteilung des Organträgers bei Folgepflicht der Geschäftsführer des Organs (Stoll, FS Weber, 146; BFH , V B 76/08). Entscheidend ist letztlich, ob nach dem Gesamtbild die durch die finanzielle Eingliederung latent mögliche Einheitlichkeit der Willensbildung durch organisatorische Vorkehrungen realisiert wird (werden kann; zB ). Die Rsp des BFH bejaht die organisatorische Eingliederung auch bei fehlender Personenidentität, wenn der Organträger auf Grund schriftlich fixierter Vereinbarungen in der Lage ist, in die laufende Geschäftsführung des Organs einzugreifen, insb wenn der Geschäftsführer des Organs die Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen hat (BFH , XI R 30/14).
Im Beschwerdefall liegen alle drei Merkmale zweifelsfrei vor, zumal der Bf die oben genannten Gesellschaften gem offenem Firmenbuch bzw sonstigen Unternehmensregistereintragungen zufolge sowohl kapitalmäßig beherrscht (Beteiligung = Stimmrechte von mehr als 50%, Bf war einziger Geschäftsführer der Organgesellschaften), die wirtschaftlichen Aktivitäten der erwähnten juristischen Personen und des sie beherrschenden Bf miteinander verflochten, aufeinander abgestellt, etc sind (Tätigkeit im selbenGeschäftszweig wie in casu Verkauf von Domains, Model-Webportalen etc) als auch Personenidentität hinsichtlich der Geschäftsführung von Organträger und Organen des Bf besteht.
Somit war auch aufgrund der im Beschwerdefall gegebenen ustlichen Organschaft der VSt-Abzug zu versagen.
Aus den genannten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im ggst Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukäme. Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl für viele ; , Ro 2015/16/0025 mwN). Die in casu zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits von der bisherigen Rsp des VwGH beantwortet wurden und auf solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Jud entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl für viele jüngst ). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der VwGH im Allgemeinen nicht berufen (vgl nur ). Diese unterliegt nur insoweit der Kontrolle des VwGH, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (). Aus all den genannten Gründen war die Revision daher nicht zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100067.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at