Aufwendungen für dendritische Zelltherapie - mangels ärztlicher Verordnung keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Einkommensteuerbescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reichte am die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2022 elektronisch beim Finanzamt ein. Darin nannte er unter anderem einen Grad der Behinderung von 100 % und machte behinderungsbedingte Kosten von EUR 18.500,- als außergewöhnliche Belastung geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für ein Einkommen von EUR 24.778,35 mit EUR -2.911,00 fest. Die behinderungsbedingten Kosten von EUR 18.500,- berücksichtigte das Finanzamt nicht und begründete dies wie folgt: "Die beantragten Aufwendungen für dentritische Zelltherapie wurden nicht berücksichtigt. Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Grundsätzlich werden die Kosten für notwendige medizinische Behandlungen durch den jeweiligen Krankenversicherungsträger übernommen bzw. zumindest teilweise Ersätze geleistet. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben."
In seiner Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor: "Die dentristische Zelltherapie wurde von der Klinik und anderen Ärzten empfohlen und war für mich sehr geeignet. Leider bekomme ich aber keinen Bescheid, dass diese Therapie medizinisch notwendig war, aber auch die durchgeführte Chemotherapie war nicht medizinisch notwendig, sondern nur sinnvoll, da diese meine Lebenserwartung gesteigert hat. Durch die dentristische Zelltherapie hatte ich fast keine Nebenwirkungen bei der Chemo und der Krebs ist auch fast verschwunden."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und brachte weiter vor: "… Aus der vorgelegten ärztlichen Bestätigung von Dr. A geht hervor, dass bezüglich einem metastasierenden Melanoms eine Chemotherpie durchgeführt wurde. Weiters ist daraus zu lesen, dass auf Wunsch des Beschwerdeführers die dentritische Zelltherapie durchgeführt wurde und dies aus ärtzlicher Sicht sinnvoll wäre. Eine ärztliche Verordnung ist daraus nicht abzuleiten. Auch wurden mit der Beschwerde keine weiteren Unterlagen seitens des Sozialversicherungsträgers vorgelegt. Daher war spruchgemäß zu entscheiden."
In seinem Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer weiter vor, die Therapiekosten von EUR 34.000,- seien großteils von ihm und seiner geschiedenen Frau übernommen worden. Ein Betrag von EUR 5.000,- sei durch diverse Spenden abgedeckt worden.
Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor. Es brachte weiter vor, eine medizinische Notwendigkeit der in Anspruch genommenen Behandlung sei nicht nachgewiesen worden. Die Europäische Arzneimittelagentur würde vor dieser Therapie warnen. Die ausführende Firma sei ohne Genehmigungen tätig geworden. Der Beschwerdeführer habe keinen Nachweis dafür erbracht, in welcher Höhe ihm tatsächlich Aufwendungen für die Therapie entstanden sind, zumal er Zahlungen seiner geschiedenen Gattin und diverser Spender genannt habe.
Schließlich beantragte das Finanzamt, den Einkommensteuerbescheid 2022 dahin abzuändern, dass die Bezüge laut zweier nachträglich übermittelter Lohnzettel der Österreichischen Gesundheitskasse in den Bemessungsgrundlagen berücksichtigt werden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von zwei Arbeitgebern. Diese Einkünfte sind in den Bemessungsgrundlagen des angefochtenen Einkommensteuerbescheides enthalten.
Für den Beschwerdeführer wurden am zwei Lohnzettel nach § 69 Abs. 2 EStG 1988 von der Österreichischen Gesundheitskasse an das Finanzamt übermittelt. Für den Zeitraum 19.3. bis werden darin steuerpflichtige Bezüge von EUR 423,87 (Bruttobezüge von EUR 494,52 und Bezüge nach § 67 Abs. 1 und 2 von EUR 70,64) und für den Zeitraum 27.4. bis steuerpflichtige Bezüge von EUR 3.246,25 (Bruttobezüge von EUR 3.787,29 und Bezüge nach § 67 Abs. 1 und 2 von EUR 541,04) ausgewiesen.
Für den Beschwerdeführer wurde für das Jahr 2022 ein Grad der Behinderung von 100 % festgestellt. Der Beschwerdeführer litt im Jahr 2022 an einem metastasierenden Melanom und unterzog sich einer Chemotherapie.
Er bezahlte im Jahr 2022 EUR 34.000,00 für eine "dendritische Zelltherapie (Immuntherapie mit dendritischen Zellen)" an die I S.L. (Spanien) (vgl. Aktenstück 7: Rechnung vom samt Überweisungsbelegen).
[...]
Diese Sachverhaltselemente sind zwischen den Parteien unstrittig und durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten zweifelsfrei belegt.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Nach § 2 EStG 1988 Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35). Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung (§ 25 Abs. 1 lit c EStG 1988) sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988).
Die (verspätet übermittelten) Lohnzettel, in denen Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung ausgewiesen sind, waren daher bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens zu berücksichtigen und die darin ausgewiesenen Bezüge den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hinzuzurechnen.
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Eine außergewöhnliche Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Jegliche Aufwendungen, die mit einer Krebserkrankung in ursächlichem Zusammenhang stehen, sind zweifellos außergewöhnlich. Angesichts der Höhe der vom Beschwerdeführer getätigten Aufwendungen belasten diese wesentlich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Allerdings führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsförderungsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendung muss zwangsläufig erwachsen - das ist dann der Fall, wenn die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. Die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme wird zB durch eine ärztliche Verordnung, einen ärztlichen Therapieplan oder durch die Übernahme der Kosten durch den Sozialversicherungsträger nachgewiesen ( mwN). Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann ( mwN).
Der Beschwerdeführer hat weder eine ärztliche Verordnung noch einen ärztlichen Therapieplan für die in Anspruch genommene Therapie vorgelegt. Eine Kostenübernahme durch einen Sozialversicherungsträger wurde ebenfalls nicht nachgewiesen. Die Aussage eines Arztes, eine bestimmte Therapie sei "aus ärztlicher Sicht sicherlich sinnvoll" ist in ihrer Allgemeinheit nicht geeignet, eine medizinische Notwendigkeit zu belegen. Die Aufwendungen für die dendritische Zelltherapie können daher schon dem Grunde nach nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Es erübrigt sich somit, auf das Vorbringen des Finanzamtes, der Beschwerdeführer habe nicht nachgewiesen, in welcher Höhe er Aufwendungen für die dendritische Zelltherapie tatsächlich selbst getragen hat, einzugehen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid unter Berücksichtigung der Bezüge aus der gesetzlichen Kranken- und Unfallversorgung abzuändern.
[...]
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)
Da in diesem Erkenntnis keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war, sondern entscheidungswesentlich die Würdigung von Sachverhaltselementen vorzunehmen war, ist die Revision nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100596.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at