Änderung der Einkommensteuer-Vorauszahlung aufgrund des Ergehens des betreffenden Jahresbescheides
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2023, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Festsetzung der ESt-Vorauszahlungen 2023:
Der Beschwerdeführer (in der Folge als Bf. bezeichnet) bezog im Jahre 2022 Pensionseinkünfte im Gesamtbetrag von EUR 35.746,08 von der Pensionsversicherungsanstalt sowie von ORF und erzielte darüber hinaus Einkünfte aus freier journalistischer Tätigkeit, welche mit Einkommensteuerbescheid 2022 vom mit EUR 3.583,97 berücksichtigt wurden.
Mit dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid 2022 vom (Erstbescheid) wurde die Einkommensteuer mit EUR 2.228,00 festgesetzt. Erhöht man diesen Betrag um 4% ergibt das gerundet EUR 2.317,00.
Der Bf. bekämpfte den Einkommensteuerbescheid 2022 mit Beschwerde vom , welchem mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7102099/2024, teilweise Folge gegeben und die Einkommensteuer auf EUR 1.880,00 reduziert.
Bereits vor dem Ergehen des teilweise stattgebenden BFG-Erkenntnisses vom , RV/7102099/2024, erließ das Finanzamt mit den Einkommensteuer(jahres)bescheid 2023, mit dem die Einkommensteuerschuld iHv EUR 1.650,00 festgesetzt wurde.
2. Beschwerde vom :
Gegen den Vorauszahlungsbescheid 2023 vom erhob der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte eine Anpassung des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides 2023. Die Gründe für die Erhebung einer Beschwerde seien mehrfach:
Dem Bf. liege eine "Benachrichtigung" vom vor. Mit dieser Benachrichtigung seien dem Bf. vier Vorauszahlungsbeträge an Einkommensteuer für das Jahr 2023 in der Höhe von EUR 105,00 bis 107,00 vorgelegt worden. Drei dieser Vorauszahlungsbeträge habe der Bf. entrichtet. Das Finanzamt habe jedoch leider vergessen, diese von ihm geleisteten Vorauszahlungen von der neu vorgeschriebenen Vorauszahlung abzuziehen. Es gebe keinen Grund, dem Bf. diese Abrechnung zu verweigern.
Wenn das Finanzamt von sich aus das ihm vorgegebene System der Berechnung und Leistung ändere, müsse das Finanzamt einerseits die Gründe für diese Änderung mitteilen und ihm eine aktuelle Abrechnung zum Systemwechsel vorlegen. Das habe das Finanzamt bisher nicht getan. Der Bf. fordere das Finanzamt auf, beides umgehend nachzuliefern.
So in der Begründung des Vorauszahlungsbescheides 2023 mitgeteilt werde, dass "die für die Festsetzung der neuerlichen Vorauszahlungen maßgebliche Höhe das Jahr 2022 betreffe und diese um 4% erhöht worden sei", widerspreche dies dem aktuellen Wirtschaftstrend.
In allen aktuellen Wirtschaftsprognosen sowohl der Europäischen Zentralbank als auch der Österreichischen Nationalbank, der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute als auch des BMF werde für 2023 eine deutliche Abkühlung der Wirtschaftsdynamik auch in Österreich erwartet. Daher werden sich die Möglichkeiten des Bf., Einkommen aus selbständiger journalistischer Arbeit zu erzielen, im laufenden Jahr deutlich verringern. Das zeige sich bereits an den im ersten Halbjahr 2023 erledigten Aufträgen. Der Bf. beantrage daher eine Senkung anstelle einer Erhöhung der Vorauszahlung an Einkommensteuer 2023. Der Bf. verweise nochmals auf die aktuellen Konjunkturprognosen für Österreich.
3. Mängelbehebungsauftrag vom :
Nach dem Mängelbehebungsauftrag vom mangle es der Beschwerde an einem konkreten oder zumindest bestimmbaren Inhalt der beantragten Änderungen, um klar erkennbar zu machen, welche Unrichtigkeiten dem Bescheid anzulasten wären und wie dieser Bescheid demnach richtig zu stellen wäre.
Lediglich zu behaupten, die gegenständlichen Bescheide seien inkorrekt bzw. entsprächen nicht der Realität, sei unzureichend.
3.1 ad beantragter Pensionistenabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 6 EStG 1988:
Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhalte er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, stehe ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, stehe der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. […]
Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag vermindere sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuerndem laufenden Pensionseinkünften von 20 267 Euro und 26 826 Euro auf Null.
Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, betrage der Pensionistenabsetzbetrag 868 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindere sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 18 410 Euro und 26 826 Euro auf Null.
3.2 ad Regelung der Einkommensteuervorauszahlungen:
Nach § 45 Abs. 1 EStG 1988 habe der Steuerpflichtige die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen seien auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige seien Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr werde wie folgt berechnet:
Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 und Z 3.
Der so ermittelte Betrag werde, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirke, um 4%, wenn sie erstmals für späteres Kalenderjahr wirke, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.
Scheiden Einkünfte, die der Veranlagung zugrunde gelegt wurden, für den Vorauszahlungszeitraum infolge gesetzlicher Maßnahmen aus der Besteuerung aus, könne die Vorauszahlung pauschal mit einem entsprechend niedrigeren Betrag festgesetzt werden. Vorauszahlungen, deren Jahresbetrag 300 Euro nicht übersteigen würde, seien mit Null festzusetzen.
Die Vorauszahlungen seien nach § 45 Abs. 2 EStG 1988 zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten.
Bereits fällig gewordene oder innerhalb eines Monates ab Bekanntgabe einer Erhöhung der Vorauszahlungen fällig werdende Vorauszahlungsteilbeträge werden nach § 45 Abs. 3 EStG 1988 durch eine Änderung in der Höhe der Vorauszahlung (Abs. 1) nicht berührt. Der Unterschiedsbetrag sei, sofern er nicht eine Gutschrift ergebe, erst bei Fälligkeit des nächsten Vorauszahlungsteilbetrages auszugleichen (Ausgleichsviertel). Nach dem 30. September dürfe das Finanzamt Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr nicht mehr erlassen; dies gelte nicht für Bescheide auf Grund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30. September gestellt habe, sowie für eine Änderung in einem Rechtsmittelverfahren. Erfolge die Bekanntgabe von Bescheiden über die Erhöhung oder die erstmalige Festsetzung der Vorauszahlung nach dem 15. Oktober, dann sei der Unterschiedsbetrag (der Jahresbetrag der Vorauszahlung) innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des Bescheides zu entrichten.
Nach § 45 Abs. 4 EStG 1988 könne das Finanzamt die Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben werde. Dabei sei Abs. 3 anzuwenden. Scheiden Einkünfte, die der Veranlagung zugrunde gelegt worden seien, für den Vorauszahlungszeitraum infolge gesetzlicher Maßnahmen aus der Besteuerung aus, so könne die Vorauszahlung pauschal entsprechend angepasst werden. Dabei seien Abs. 1 und Abs. 3 anzuwenden.
Sei nach Abs. 5 leg.cit. ein Steuerpflichtiger von Katastrophenschäden (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden) betroffen, könne ein Antrag auf eine Änderung der Vorauszahlung abweichend von Abs. 3 bis zum 31. Oktober gestellt werden.
Die angeführten Mängel seien beim Finanzamt Österreich - Dienststelle Wien 8/16/17 gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben, wobei bei Versäumung dieser Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.
4. Ergänzungsschriftsatz vom :
Wenn das Finanzamt nach den Ausführungen im Ergänzungsschriftsatz vom den begründenden Text im "Einspruch" vom durchlese, würde es das erfahren, was es vermisse, nämlich konkrete oder zumindest bestimmbare Inhalte der beantragten Änderungen. Diese würden klar erkennbar machen, welche Unrichtigkeiten der Bf. den Bescheiden anlaste und wie die Bescheide richtigzustellen wären. Der Bf. gehe davon aus, dass Mitarbeiter des Finanzamtes sinnstiftend lesen und dies praktisch umsetzen können.
In der "Benachrichtigung" vom habe das Finanzamt dem Bf. vier Vorauszahlungsbeträge an Einkommensteuer 2023 in der Höhe von EUR 105,00 bis 107,00 vorgelegt. Drei dieser Vorauszahlungsbeträge habe der Bf. bereits entrichtet. Dabei habe das Finanzamt vergessen, die vom Bf. geleisteten Vorauszahlungen von der neu vorgeschriebenen Vorauszahlung abzuziehen. Daraus gehe eindeutig hervor, dass die drei vom Bf. bereits geleisteten Vorauszahlungen an Einkommensteuer 2023 von der neu vorgeschriebenen Vorauszahlung abziehen sollten, um den aktuellen Stand seiner Einkommensteuervorauszahlung für 2023 korrekt darzustellen. Das sei jedoch ein Mangel, den das Finanzamt beheben müsse.
Wenn das Finanzamt von sich aus das ihm vorgegebene System der Berechnung und Leistung der Einkommensteuer ändere, sollte das Finanzamt einerseits die Gründe für diese Änderung mitteilen und dem Bf. andererseits eine aktuelle Abrechnung zum Systemwechsel vorlegen. Eine Begründung des Finanzamtes für den vor ihm vorgenommenen Systemwechsel sowie eine rechnerische Berücksichtigung der vom Bf. geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen würde fehlen.
In der Begründung des zitierten Vorauszahlungsbescheides 2023 werde mitgeteilt, dass die für die Festsetzung der neuerlichen Vorauszahlungen maßgebliche Höhe das Jahr 2022 betreffe und diese um 4% erhöht worden sei. Dies widerspreche dem aktuellen Wirtschaftstrend. In allen aktuellen Wirtschaftsprognosen sowohl der Europäischen Zentralbank als auch der Österreichischen Nationalbank, der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute als auch des BMF werde für 2023 eine deutliche Abkühlung der Wirtschaftsdynamik auch in Österreich erwartet. Daher werden sich die Möglichkeiten des Bf., Einkommen aus selbständiger journalistischer Arbeit zu erzielen, im laufenden Jahr spürbar verringern.
Das zeige sich bereits an seinen im ersten Halbjahr 2023 erledigten Aufträgen. Der Bf. beantrage daher eine Senkung anstelle der Erhöhung der Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2023. Aus dieser Formulierung gehe eindeutig hervor, dass der Bf. eine "spürbare Senkung" der Einkommensteuer für 2023 erwarte. Da ein Einbruch der Wirtschaftsdynamik 2023 prognostiziert werde, liege es am Finanzamt, ebenfalls eine spürbare Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für 2023 unter jener von 2022 vorzunehmen.
Eine weitere Voraussetzung für eine Mängelbehebung sei, dass die zugrundeliegenden Bescheide des Finanzamtes über die Einkommensteuer 2022 und die Einkommensteuer-Vorauszahlung für 2023 dem Bf. nachweislich zugestellt worden seien. Der Bf. erwarte, dass das Finanzamt die einschlägigen Nachweise vorlege.
Ein zusätzlicher Einspruch: Unter Bezugnahme auf den Verweis des Finanzamtes auf § 33 Abs. 6 EStG 1988 betreffend die Regelung des Pensionistenabsetzbetrages verweise der Bf. auf den inhaltlichen Widerspruch in der steuerlichen Behandlung seines gesamten Einkommens. So § 33 Abs. 6 EStG 1988 zitiert werde, werde dem Bf. weder ein (Pensionisten)Absetzbetrag gewährt, noch seine nachweislichen spezifischen Kosten berücksichtigt, die zur Erzielung seiner selbständigen journalistischen Tätigkeit angefallen seien. Der Bf. betrachte das als ungerechte Ungleichbehandlung und Diskriminierung gegenüber anderen beruflichen Einkommensarten.
Daher werde der Bf. seine journalistische Tätigkeit einstellen. Es werden demnach für 2024 Null Einnahmen aus selbständiger Arbeit anfallen, da die Finanzbehörde nicht bereit sei, seine diesbezüglichen Unkosten steuerlich als Abzugsposten anzuerkennen, um seine Steuereinnahmen zu optimieren. Daher werde der Bf. seine Schaffenskraft nicht mehr zur Verfügung stellen.
5. Beschwerdevorentscheidung vom :
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid 2023 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, aus der Beantwortung vom des Mängelbehebungsauftrages gehe weder hervor, auf welchen Betrag die Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt werden sollen, noch würden sie seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit prognostizieren, um sodann eine Berechnung von Amts wegen zu ermöglichen.
Da dem Bf. mittels Mängelbehebungsauftrag die Möglichkeit zur Konkretisierung bzw. Behebung des mängelbehafteten Beschwerdeantrages gegeben und der Bf. dies dennoch unterlassen habe, habe keine geänderte Festsetzung erfolgen können.
Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 sei die Vorauszahlung an Einkommensteuer (und die Berechnung dieser) für "das dem Veranlagungszeitraum (hier: 2022) folgende Kalenderjahr (hier: 2023) wirke, um 4% … zu erhöhen." Somit sei die vom Bf. beeinspruchte Erhöhung der Vorauszahlungen keiner Beschwerde zugänglich, da sie gesetzlich normiert sei. Gemäß Abs. 4 könne das Finanzamt die Vorauszahlungen anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben werde. Die bisherigen ESt-Vorauszahlungen werden natürlich mitberücksichtigt.
6. Vorlageantrag vom :
Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Ergänzend wurde ausgeführt, die vorgeblich "unbegründete Abweisung seiner Beschwerde vom " gegen den Vorauszahlungsbescheid 2023 durch das Finanzamt sei fehlerhaft. Der Bf. habe in Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom in deutscher Sprache in drei Punkten mitgeteilt, welche konkreten Änderungen bzw. Berichtigungen der Bf. bei den Vorauszahlungsbeträgen erwarte. Der Bf. habe - im Gegensatz zu den Behauptungen des Finanzamtes - sehr wohl konkrete Mängel beschrieben und um deren Beseitigung ersucht. Der Bf. habe vorausgesetzt, dass das Finanzamt über Mitarbeiter verfüge, die die deutsche Sprache beherrschen und diese sinnstiftend verstehen und umsetzen können.
Das Finanzamt habe, nach dem es ihm Anfang 2023 Vorauszahlungen für Einkommensteuer in Teilbeträgen vorgeschrieben habe - von denen der Bf. bereits drei gezahlt habe - ihm ohne Begründung der Änderungsmotive einen Vorauszahlungsbescheid 2023 vom zugestellt, in dem es ihm erstmals einen Vorauszahlungsbescheid 2023 ohne Teilbeträge wie bisher vorschreibe. Der Anlass der Umstellung werde dem Bf. bislang verschwiegen.
Konkret habe der Bf. in seiner Antwort auf den Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes um die Beantwortung der nachstehenden Fragen ersucht:
a) um eine eingehende Begründung für die erfolgte Systemänderung der Einkommensteuervorauszahlung für 2023 durch die Finanzbehörde
b) um eine Darstellung der nach Systemänderung aktuellen Einkommensteuer-Vorauszahlungspflicht für 2023 unter Berücksichtigung der bereits von ihm geleisteten Vorauszahlungs-Teilbeträge.
Die "Benachrichtigungen" des Finanzamtes vom und über den "Vorauszahlungsteilbetrag an Einkommensteuer 2023" müssten widerrufen und der Grund für die Umstellung des Systems bekanntgegeben werden;
c) um eine Herabsetzung der ESt-Vorauszahlungen für 2023 entsprechend der aktuellen Wirtschaftsprognosen für Österreich - zB OeNB, des WIFO, des IHS - ersucht.
Statt einer Erhöhung der für 2022 festgesetzten Vorauszahlung um 4% müsste eine Verringerung der Vorauszahlung erfolgen; diese müsste entsprechend der aktuellen Prognose der Wirtschaftsleistung Österreichs für 2023 - rund -1% ausmachen.
Der Bf. erwarte sich vom Bundesfinanzgericht, dass es sich den obigen Punkten anschließe und das Finanzamt Österreich mit der Umsetzung der von ihm beantragten Änderungen bzw. Erklärungen veranlasse.
7. Vorlagebericht vom :
Nach den Ausführungen im Vorlagebericht sei die Einkommensteuer 2023 mit mit Erlassung des Einkommensteuerbescheid bescheidmäßig mit EUR 1.650,00 festgesetzt worden. Die bescheidmäßig festgesetzte ESt-Vorauszahlung 2023 iHv EUR 2.317,00 sei als Vorauszahlung berücksichtigt worden. Die daraus resultierende Gutschrift iHv EUR 667,00 sei auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben worden.
Aufgrund des Antrages vom sei die Einkommensteuer-Vorauszahlung für 2024 am mit EUR 0,00 festgesetzt worden.
Es werde daher ersucht, das Rechtsmittel gegen die ESt-Vorauszahlung 2023 als unbegründet abzuweisen. Dem Beschwerdebegehren sei durch die Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2023 Rechnung getragen und für 2024 keine Einkommensteuer-Vorauszahlung vorgeschrieben worden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. rechtliche Würdigung:
Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:
Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 und Z 3.
Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4%, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.
Scheiden Einkünfte, die der Veranlagung zugrunde gelegt wurden, für den Vorauszahlungszeitraum infolge gesetzlicher Maßnahmen aus der Besteuerung aus, kann die Vorauszahlung pauschal mit einem entsprechend niedrigeren Betrag festgesetzt werden. Vorauszahlungen, deren Jahresbetrag 300 Euro nicht übersteigen würde, sind mit Null festzusetzen.
[…]
Nach dem 30. September darf nach § 45 Abs. 3 EStG 1988 das Finanzamt Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr nicht mehr erlassen; dies gilt nicht für Bescheide aufgrund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30. September gestellt hat, sowie für eine Änderung in einem Rechtsmittelverfahren. […]
Nach § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlung der Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Dabei ist Abs. 3 anzuwenden. Scheiden Einkünfte, die der Veranlagung zugrunde gelegt wurden, für den Vorauszahlungszeitraum infolge gesetzlicher Maßnahmen aus der Besteuerung aus, so kann die Vorauszahlung pauschal entsprechend angepasst werden. Dabei sind Abs. 1 und Abs. 3 anzuwenden. […]
§ 45 Abs. 1 EStG 1988 regelt damit den durch die Abgabenbehörde EDV-unterstützt automatisierten Regelfall, in dem Vorauszahlungen jeweils auf Basis der letzten Vorjahresveranlagung pauschal neu bemessen werden.
§ 45 Abs. 4 EStG 1988 stellt es ins Ermessen der Behörde, die Vorauszahlung - ausnahmsweise - abweichend von der sich gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 errechneten pauschalen Höhe mit dem Betrag festzusetzen, der der voraussichtlichen Jahreseinkommensteuer entspricht (vgl. Zl. G 11/02; Zl. 95/14/0117). Eine solche Maßnahme ist wesentlich aufwendiger, als die pauschale Bemessung (s. GZ. RN/6100001/2014), wurde bisher aber weder vom Finanzamt angewendet, noch vom Bf. verlangt.
Der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2023 leitet sich im Anwendungsbereich der pauschalen Bemessung iSd § 45 Abs. 1 EStG 1988 ausschließlich von seinem Basiseinkommensteuerbescheid 2022 (Grundlagenbescheid) ab, indem er die darin vorgeschriebene "Einkommensteuerschuld abzüglich der einbehaltenen Beträge im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988" um einen bestimmten Prozentsatz erhöht, der davon abhängt, wie weit das Basisjahr (hier: 2022) vom Vorauszahlungsjahr (hier: 2023) entfernt liegt. Er stellt damit einen von diesem Abgabenbescheid abgeleiteten Bescheid dar.
In der Beschwerde gegen einen Vorauszahlungsbescheid können erfolgreich nur solche Einwendungen vorgebracht werden, die die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides im Zeitpunkt seiner Erlassung aufzeigen (vgl. Zl. 90/14/0234; GZ. RV/0047-I/05; Jakom/Baldauf EStG, 2011, § 45 Rz. 19).
Eine Änderung des Vorauszahlungsbescheides ergibt sich insbesondere auch dann, wenn der der Vorauszahlung zugrunde gelegte Bescheid (hier: Einkommensteuerbescheid 2022) im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens geändert wird (vgl. Doralt, EStG, § 45 Tz. 14; Jakom/Baldauf, EStG, 2011, § 45 Rz. 13).
Ändert sich aber dieser Grundlagenbescheid aber später (etwa im Zuge des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens) und wäre dieser Vorauszahlungsbescheid rechtskräftig, wäre dieser auf Basis des § 295 Abs. 2 BAO abzuändern (vgl. Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 45 Tz. 14; s. Rz. 7569 ESt-Richtlinien 2000).
War aber der Vorauszahlungsbescheid 2023 - wie hier - bekämpft und erwuchs deshalb noch nicht in formelle Rechtskraft, ist die Änderung im Zuge des Rechtsmittelverfahrens durch das Bundesfinanzgericht zu berücksichtigen, das bei seiner Entscheidung an die darin getroffenen Feststellungen gebunden ist (vgl. Zl. 2001/15/0143). Die Beschränkung der Änderungsbefugnis mit 30. September des Vorauszahlungsjahres gilt hier nicht (§ 45 Abs. 3 BAO vorletzter Satz).
Die Höhe der Einkommensteuer-Vorauszahlungen ist grundsätzlich eine Funktion der Höhe der Einkommensteuer (ohne Steuerabzugsbeträge) des letztveranlagten Jahres. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass Vorauszahlungen nicht (ausschließlich) in Vollziehung derselben Normen des materiellen Steuerrechts festgesetzt werden wie die Jahres-Einkommensteuer, wenn auch das Gesetz im Wege der Ermessensbestimmung des § 45 Abs. 4 EStG 1988 eine Anpassung an die voraussichtliche Einkommensteuer-Abschlusszahlung des laufenden Jahres vorsieht. Die Einkommensteuer-Vorauszahlung für ein bestimmtes Kalenderjahr ist sohin eine Abgabenschuld, die von der Jahres-Einkommensteuerschuld zu unterscheiden ist (vgl. Zl. 95/14/0117).
So im vorliegenden Fall mit BFG-Erkenntnis vom , RV/7102099/2024, die Einkommensteuerschuld 2022 auf EUR 1.880,00 reduziert wurde, wäre nach § 45 Abs. 1 EStG 1988 - alleine basierend auf der Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2022 als Grundlagenbescheid - die daraus resultierende Einkommensteuer-Vorauszahlung 2023 mit EUR 1.955,00 zu ermitteln:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung: | Betrag: |
ESt-Schuld lt. BFG-Erkenntnis , GZ. RV/7102099/2024: | 1.880,00 |
Zuschlag iHv 4%: | 75,20 |
Einkommensteuervorauszahlung 2023 (gerundet): | 1.955,00 |
Darüber hinaus kann jedoch nach § 45 Abs. 4 EStG 1988 die Vorauszahlung der Steuer in der Höhe angepasst werden, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Eine derartige Anpassung ist geboten, wenn der Behörde Umstände bekannt werden, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit eine relevant höhere oder niedrigere Abschlusszahlung erwarten lassen (vgl. Zl. 95/14/0117).
So im vorliegenden Fall mit Einkommensteuer(jahres)bescheid 2023 vom die Einkommensteuer 2023 letztlich mit EUR 1.650,00 festgesetzt und die bislang entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen iHv EUR 2.317,00 angerechnet wurden, wird aufgrund dieses Umstandes die Einkommensteuer-Vorauszahlung 2023 iHv EUR 1.650,00 festgesetzt.
So die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2023 mit der Begründung bekämpft wurde, dass eine (grundsätzliche) Erhöhung um 4% dem aktuellen Wirtschaftstrend widerspreche, so ist dem zu entgegnen, dass die ursprüngliche Festsetzung mit EUR 2.317,00 bzw. die Erhöhung um 4% grundsätzlich eine Funktion der Höhe der Einkommensteuer (ohne Steuerabzugsbeträge) des letztveranlagten Jahres war (vgl. Zl. 95/14/0117). Es kann daher nicht mit Erfolg argumentiert werden, dass die Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung 2023 dem aktuellen Wirtschaftstrend widerspricht.
Darüber hinaus werden bereits entrichtete Vorauszahlungen an Einkommensteuer 2023 dem in weiterer Folge festgesetzten Betrag angerechnet.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlung 2023 der Bestimmung des § 45 Abs. 1 EStG 1988 folgt und somit keine Rechtsfrage vorliegt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 45 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | RV/0047-I/05 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104327.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at