Mining von Kryptowährungen vor 2022
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2100420/2023-RS1 | Aktive Mining-Tätigkeit wird selbstständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausgeübt und führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG 1988 (Rechtslage vor 2022). |
RV/2100420/2023-RS2 | Die Anmietung von Speicherkapazitäten auf einem Virtual Private Server vermag – wie es bereits das Wort „Virtual“ vermuten lässt – keine Betriebsstätte in Form einer festen Geschäftseinrichtung zu begründen, da keine Verfügungsgewalt über die körperliche Einrichtung des Servers, sondern nur über die Rechenkapazitäten erlangt wird. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***Ri***, den Richter ***Ri1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LRi1*** und
***LRi2*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Adr***,
über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** zu Steuernummer *** vom betreffend Einkommensteuer 2017 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im hier angefochtenen Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2017 wurden bei dem Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv***xxx*** Euro angesetzt.
Laut Beilage zur Steuererklärung 2017 vom wurde dazu von der steuerlichen Vertretung folgender (hier verkürzt dargestellter) Sachverhalt offengelegt:
Der Bf. hat im Jahr 2017 das Mining einer Kryptowährung namens "X12 Coin" betrieben. Erklärend führte die stV dazu aus:
"Beim Mining verifiziert der Miner mit Hilfe einer Miningsoftware die im Kryptowährungsnetzwerk stattfindenden Transaktionen (=Überweisungen), bündelt diese in einem Block und schließt den Block an die Blockchain an. Der Miner erhält im Gegenzug vom jeweiligen Netzwerk der virtuellen Währung eine "Belohnung" in Form von einer gewissen Anzahl von neuen Einheiten der jeweiligen Kryptowährung. Die "Belohnung" umfasst den sogenannten Block Reward und die Transaktionsgebühren. Bei der Transaktionsgebühr handelt es sich um eine Gebühr, die bei der Transaktion (=Überweisung der Kryptowährung innerhalb des Kryptawährungsnetzwerkes) anfällt und dem Versender der Kryptowährung in Abzug gebracht wird. Der Block-Reward wird von der Blockchain neu generiert, dh neue Kryptowährungseinheiten werden erzeugt, ohne dass diese einem Netzwerkteilnehmer weggenommen werden. (…)
Bei der verwendeten Miningsoftware handelt es sich um eine frei im Internet für die jeweilige Kryptowährung downloadbare Software, die nach Installation auf den Server sofort verwendet werden kann. Die Rechenaufgabe lässt sich nicht logisch oder analytisch, sondern nur durch Iteration (=Probierverfahren) lösen und kann daher nur mit hoher Rechenleistung bewältigt werden. Alle teilnehmenden Miner konkurrieren bei der Lösung der Rechenaufgabe untereinander und nur derjenige Miner, der die Rechenaufgabe am schnellsten löst, bekommt die Belohnung.
Die Rechenleistung wurde im konkreten Fall nicht durch eigene Hardware im Inland, sondern durch "gemietete" Hardware (VPS-Server) in Litauen bezogen. Eine Anmietung von Servern in Österreich wäre nicht möglich gewesen, da die AGBs der österreichischen Serveranbieter dezidiert die Nutzung von VPS-Servern für Miningtätigkeiten ausschließen. (…) Auf die VPS-Server in Litauen bestand voller Zugriff durch den Bf, dh. das Betriebssystem bzw. jegliche Programme können nach Belieben von Österreich aus installiert werden. Die VPS-Server können mit nur minimalen Einschränkungen (gewisse Sicherheitsmechanismen vom Betreiber ***1***) vollständig konfiguriert werden bzw auch nach Belieben neu gestartet oder ausgeschaltet werden."
Die durch das Mining im Jahr 2017 entstandenen Coins wurden im Anschluss über die Firma ***2*** GmbH um ***xxxy*** Euro verkauft und der Eurobetrag wurde auf das österreichische Bankkonto des Bf. überwiesen.
Der Bf. erklärte diese Einkünfte nicht, weil er die Auffassung vertrat, dass einerseits nicht von Einkünften, sondern von Glückspiel auszugehen sei und andererseits, dass im Falle von Einkünften diese aufgrund einer "Server-Betriebsstätte" in Litauen zu versteuern seien.
Laut gesonderter Bescheidbegründung vom beurteilte das Finanzamt diese Betätigung als selbständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben und sah in der Anmietung der Rechenleistung in Litauen keine ausländische Betriebsstätte, sodass die Einkünfte in Österreich zu versteuern waren. Das Finanzamt ermittelte den Gewinn gem. § 4 Abs 3 EStG 1988 durch Einnahmen-Ausgabenrechnung wobei von den Einnahmen iHv ***xxxy*** Euro als Einnahmen und der Aufwand für den Server iHv ***y*** Euro als Ausgaben angesetzt wurden. Die neu geschaffenen, aber nicht verkauften X 12 Coins wurden als "Warenvorrat" beurteilt und hatten keinen Einfluss auf den Gewinn.
In der innerhalb verlängerter Frist eingebrachten Beschwerde vom wandte sich der Bf. gegen die Besteuerung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an sich und alternativ gegen die Besteuerung in Österreich.
Beim Mining läge keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor (vgl. Varro, Bitcoin-Mining: nicht steuerbares Glückspiel?, taxlex 2017, 401). Es fehle bereits an einer konkreten Person, an die die Leistung erbracht werde. "In Bezug auf die "neu geschöpften Coins" (=Blockreward bzw. Blockvergütung), die vom Blockchainnetzwerk neu generiert werden, gibt es laut Varro keinen konkreten Leistungsempfänger, vielmehr ist die "Leistung" des Miners mit dem Anbot einer Tätigkeit für die Menschheit, für das Funktionieren eines Grundbuches oder Firmenbuches (woran alle Interesse hätten) vergleichbar. "
Der Bf. habe das Mining der Coins aus technischem Interesse (Doktorarbeit) in den Anfangszeiten der Blockchain betrieben und der Erfolg sei vom Zufall abhängig gewesen. Zu betonen sei auch, dass der X12 Coin nur kurz auf der österreichischen Plattform ***2*** GmbH (mittlerweile in Insolvenz) zum Kauf und Verkauf angeboten wurde. "Die lukrierten X12 Coins stammen fast ausschließlich (99,99%) aus Blockrewards, da die Transaktionsgebühren sehr gering waren und teilweise auch leere Blöcke (ohne Transaktionen) gemint wurden. Das Mining wurde nicht für Dritte am Markt angeboten, sondern lediglich für eigene Zwecke betrieben. Die generierten Coins wurden über eine fremde Handelsplattform ( ***2*** GmbH) und nicht über eine eigene Website vertrieben."
Ein Gleichsetzen des "Minings" mit der "Urproduktion", wie das das Finanzamt getan hat, sei verfehlt und unzulässig, weil das Mining vielmehr mit dem Kauf eines Loses vergleichbar sei (kein Einfluss auf den Ausgang).
"Das Mining, wie es von unserem Klienten durchgeführt wurde, kann jedenfalls unter den Begriff "Spiel" subsumiert werden. Unser Klient hatte - indem er die Rechenleistung erhöht - zwar einen geringfügigen Einfluss auf das Spiel, dennoch bleibt der Ausgang - also die Möglichkeiten Blockrewards zu lukrieren - vorwiegend vom Zufall abhängig. Ausschließliche oder vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall gem § 1 Abs 1 GSpG liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn der Gewinn bzw. Verlust von Bedingungen abhängt, die von Spielteilnehmern nicht durch "zielbewusstes Handeln, Geschicklichkeit oder Belieben" beeinflusst werden können. Wesentlich ist, dass der Erfolg an Bedingungen knüpft, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen. Zufallsabhängigkeit ist gegeben, wenn sich über das Spielergebnis keine "berechtigte rationale Erwartung entwickeln" kann und "nur aufgrund des Hoffens oder einer irrationalen Einstellung" auf Gewinne gesetzt wird (; , Ro 2015/16/0019). "
Durch Erhöhung der Rechenleistung komme es zu keiner proportionalen Erhöhung der Erfolgswahrscheinlichkeit. Es sei lediglich möglich gewesen, die Wahrscheinlichkeit linear durch Erhöhung der Rechenleistung (Miete weiterer Server, erhöhte Kosten) zu steigern. Der Bf. habe keinen bestimmbaren Einfluss auf das Spielerergebnis (Zielwert/Blockhash) gehabt.
Sollten dennoch Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, so seien diese aufgrund einer in Litauen gelegenen Serverbetriebsstätte in Litauen und nicht in Österreich zu besteuern. Ein Server, bestehend aus Hardware und dazugehöriger Software, der über einen physischen Standort verfügt, könne als "maschinelle Einrichtung" eine feste Geschäftseinrichtung begründen, wenn der auf den Server Zugriffsberechtigte eine dauerhafte Verfügungsmacht über den Server hat. Dabei sei es unbeachtlich, in wessen Eigentum der Server steht. Die durch den Server ausgeübten Funktionen seien signifikant und essenziell bzw. dem Kernbereich der Geschäftstätigkeit zuzurechnen. Der Bf. habe auf die VPS-Server vollen Zugriff, "dh. das Betriebssystem und jegliche Programme konnten nach Belieben von Österreich aus installiert werden. Die VPS-Server können mit nur minimalen Einschränkungen (gewisse Sicherheitsmechanismen vom Betreiber ***1***s) vollständig konfiguriert werden bzw. auch nach Belieben neu gestartet oder ausgeschaltet werden (Root-Rechte, d.h. Super-User bzw. Administrator Rechte). Unser Klient hat aufgrund des vollen Zugriffes auf den VPS-Server jegliche Programme (Betriebssystem, Miningsoftware etc.) manuell installiert und auch selbst entschieden ob und welche Kryptowährung gemint und wann der Miningvorgang eingestellt wird. " Diese dauernde Verfügungsgewalt über einen physischen oder virtuellen Server, begründe jedenfalls eine Serverbetriebstätte (vgl. AnderI in Blockchain in der Rechtspraxis, 233).
Beigelegt wurden Rechnungen über "VPS Hosting - Small newserver" mit einem Wert von bis zu 10 - 20 Euro/Serverleistung in einem bestimmten Zeitraum, Gutschriften der ***2*** GmbH, aus denen sich Banküberweisungen an den Bf. ableiten lassen sowie Ausdrucke der Website: https://www.***1***.com/vps-hosting/, auf denen das Funktionieren eines VPS-Zuganges (auf Englisch) beschrieben wird. Gleich zu Beginn heißt es: "A virtual server is like a physical server, with one important difference: several virtual servers can be located on one physical server ".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Durch den Verkauf der geminten Einheiten entstehe eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Auch laut BMF-Info vom handle es sich beim Mining um einen Gewerbebetrieb. Das Mining stelle keinen Glücksvertrag ieS dar. Weiters heißt es wörtlich:
"Der Beschwerdeführer besitzt in Litauen keinen Server, es wird nur Rechenleistung von einem Serviceprovider durch Anmietung bezogen. Aus DBA-Sicht begründet eine derartige Konstellation (Zurverfügungstellung von Speicher-/Rechenleistung) keine Betriebsstätte, da es an der für eine feste Geschäftseinrichtung immanenten Verfügungsmacht mangelt. ***Bf1*** hat keinen Einfluss auf den Ort der Programmausführung durch den Provider."
Im innerhalb verlängerter Frist eingebrachten Vorlageantrag vom verwies der Bf. zunächst auf die Beschwerde. Überdies sei auch dem Erkenntnis des zu entnehmen, dass das Mining von Kryptowährungen als Ausspielung eines Glückspiels anzusehen ist, weil der Glückspielcharakter überwiegt.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht führte der Bf. aus, er habe lediglich die aus dem Mining entstandenen Kryptowährungen in Euro über die Firma ***2*** GmbH getauscht. Das sei als private Vermögensverwaltung zu beurteilen. Es lägen aus folgenden Gründen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor:
"1. Der Kauf bzw. Verkauf von Krypto-Assets erfolgt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (kein Auftreten im fremden Namen und für Rechnung Dritter!).
2. Es werden keine Händlerdienste gegenüber Dritten (vergleichbar mit einem Krypto-Assets Händler) angeboten.
3. Der Kauf bzw. Verkauf von Krypto-Assets erfolgt idR nicht mit Fremdkapital, sondern mit Eigenkapital. In der neueren Rspr des VwGH kommt diesem Kriterium jedoch alleine kein entscheidendes Gewicht mehr zu.
4. Für den privaten Käufer bzw. Verkäufer von Krypto-Assets bestehen, so wie beim Kauf/Verkauf von Wertpapieren über Banken, keinerlei Möglichkeiten, auf die Transaktionspreise bzw. Konditionen Einfluss zu nehmen.
5. Die Anzahl der An- und Verkäufe sind für sich alleine kein geeignetes Kriterium, um das Vorliegen von gewerblichen Einkünften anzunehmen. Auch der VwGH erachtet die Anzahl der An- und Verkäufe nicht als auschlaggebendes Kriterium für eine gewerbliche Einordnung. Die in der Entscheidung genannt Zahl (durchschnittlich 30 An- und Verkäufe pro Jahr) markiert keineswegs eine Grenze zur Gewerblichkeit, sondern ergab sich lediglich aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt. Der VwGH hat in dieser und einer nachfolgenden gleichgelagerten Entscheidung () die Einordnung als gewerbliche Einkünfte aus anderen Gründen (kein Tätigwerden für Rechnung Dritter, kein Anbieten von Händlerdiensten gegenüber Dritten) verneint und dem Kriterium "Anzahl der An- und Verkäufe" keine entscheidende Relevanz beigemessen. Diese Ansicht hat der VwGH erst jüngst in einer aktuellen Entscheidung (VwGH 2019/13/0124 vom ) nochmals bestätigt. Auch Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg.) hält fest, dass der laufende Zu- und Verkauf von Wertpapieren allein für sich keine gewerbliche Tätigkeit begründen kann. Auch die deutsche Finanzverwaltung führt in Rz 52 des Schreibens zu "Einzelfragen zur ertragssteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und Token" auf Basis der BFH-Rechtsprechung aus, dass die Anzahl der An- und Verkäufe allein noch keine gewerbliche Tätigkeit, auch wenn dabei ein größerer Umfang erreicht wird, begründet."
Eine Subsumption der Behörde der Miningaktivitäten unter Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit der Begründung, dass ohnedies gewerbliche Einkünfte aus Handel mit Krypto-Assets vorliegen würden, sei ebenso verfehlt wie der Vergleich mit dem Landwirt.
Zum Server heißt es:
"Im gegenständlichen Fall hatte der Beschwerdeführer dauernde Verfügungsgewalt über Teile von mehreren physischen Servern in Litauen und es liegt daher eine Serverbetriebstätte in Litauen vor. Der Beschwerdeführer hatte vollen Zugriff, dh. das Betriebssystem und jegliche Programme konnten nach Belieben von Österreich aus installiert werden. Wir verweisen diesbezüglich auf die umfassende Darstellung in der Beschwerde inkl. der Anlagen und Literaturquellen, die unsere Rechtsansicht untermauern. Im gegenständlichen Fall wäre daher - sofern Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu bejahen sind - jedenfalls von einer dauernden Verfügungsgewalt auszugehen, sodass eine Serverbetriebstätte in Litauen vorliegt. Das Besteuerungsrecht für damit in Zusammenhang stehende Einkünfte steht daher Litauen und nicht Österreich zu."
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wurde das rechtliche Vorbringen diskutiert. In technischer Hinsicht ergänzte der Bf. Folgendes:
Er habe damals auf dem Gebiet der Netzwerksicherheit geforscht. Es gäbe die so genannten "51% Angriffe": Wenn man mehr als 50% der Rechenkapazität hat, ist man in der Lage, das Netzwerk zu übernehmen. Das sei bei den X12 Coins leichter möglich gewesen, als bei den Bitcoins. Tatsächlich ist es nicht gelungen. Der Verkauf der Coins sei dementsprechend ein "Nebenprodukt" der Forschung gewesen.
Der Grund, warum die Rechnungen des Server-Anbieters verschiedene Account-Nummern ausweisen, sei technisch bedingt. Faktisch gäbe es nur die VPS Variante, weil es aus der Sicht des Betreibers unwirtschaftlich wäre, den ganzen Server zu vermieten. Obwohl der Bf. den vollen Zugriff auf den Server gehabt habe, wird bei einem VPS-Server immer versucht, so wenig CPU's wie möglich zu verschwenden. Es wird daher jeweils nur der Teil des Servers für den Anwender reserviert, der notwendig ist. Damit wären die unterschiedlichen Nummern erklärbar. Die Server gäbe es tatsächlich und sie stehen in Litauen. Statt dort manuell einzelne CPU's herauszunehmen, sei dies softwaremäßig gesteuert. Technisch komme es auf dasselbe hinaus.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Aus den unwidersprochenen Angaben des Bf. in der Beilage zur Steuererklärung 2017 vom ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Bf. hat im Streitjahr Zugriff auf in Litauen gelegene Server in Form eines VPS-Zuganges angemietet. Die VPS-Server konnten mit nur minimalen Einschränkungen (gewisse Sicherheitsmechanismen des Betreibers) vollständig konfiguriert, neu gestartet oder ausgeschaltet werden. Das Betriebssystem bzw. jegliche Programme konnten/mussten nach Belieben von Österreich aus installiert werden.
Auf den VPS-Server wurde eine frei im Internet für X12 Coins downloadbare Software installiert, die sofort verwendet werden konnte. Damit wurden mittels Blockchain-Technologie X12 Coins neu generiert und dem Bf. gutgeschrieben.
Die durch das Mining im Jahr 2017 entstandenen X12 Coins wurden an die Firma ***2*** GmbH um ***xxxy*** Euro verkauft und der Eurobetrag wurde auf das österreichische Bankkonto des Bf. überwiesen. Für die Anmietung der Server wurden ***y*** Euro bezahlt (Beilagen zur Beschwerde).
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Rechtslage
(1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.
(2a) …
(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:
1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 21),
2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22),
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),
5. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 27),
6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28),
7. sonstige Einkünfte im Sinne des § 29.
(1) Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind:
1. Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist. (…)
(1) Betriebsstätte im Sinn der Abgabenvorschriften ist jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 31) dient.
Artikel 5 DBA Österreich - Litauen, BGBl III Nr. 209/2005
(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "Betriebstätte" eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.
2.2. Einkünftequalifikation
Einkünfte aus einer selbstständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar.
Eine betriebliche Tätigkeit setzt Selbstständigkeit in Abgrenzung zur Nichtselbstständigkeit voraus (vgl. Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24, § 23 Tz 26). Im Beschwerdefall bestand kein Dienstverhältnis iS des § 47 Abs 2 EStG 1988 und es wird ein solches auch nicht behauptet, weshalb die Mining-Aktivitäten selbständig ausgeübt wurden (vgl. , ).
Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden (tatsächliche Wiederholung, vgl. zB ). Da der Bf. während des gesamten Beschwerdezeitraumes unter Verwendung derselben Software immer wieder neue X12 Coins generiert hat, hat er diese Betätigung nachhaltig betrieben.
Soweit der Bf. vorbringt, das Mining von Krypto-Assets falle in den Bereich des nicht ertragsteuerbaren Glückspiels, ist zu entgegnen, dass der Bf. das Mining systematisch, unter Ausnutzung seiner technischen Fähigkeiten betrieben hat. Jeder innovativen gewerblichen Betätigung wohnt ein Glückselement inne. Allein aus dem Umstand, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Betätigung nicht gewiss ist, lässt sich nicht ableiten, dass die Erträge aus der Betätigung unter keine Einkunftsart fallen würden. Nicht zuletzt hat auch der Bf. eingeräumt, eine 51%-Übernahme des Netzwerkes geplant zu haben. Auch wenn dieser Plan nicht in die Tat umgesetzt werden konnte, zeigt er doch, dass die Einkünfteerzielung nicht ausschließlich vom Glück abhängig gewesen sein konnte, sondern durch eine systematische, nachhaltige Betätigung Einkünfte erzielt werden sollten.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Einkunftsquelle vorliegt, ist in erster Linie die objektive Eignung zur Gewinnerzielung maßgebend und erst in zweiter Linie die Absicht des Steuerpflichtigen von Bedeutung (). Da der Bf. in der Lage war, durch den Verkauf der geschaffenen X12 Coins erhebliche Einnahmen zu erzielen, besteht kein Zweifel an der Eignung, mit den Aktivitäten Einkünfte zu erzielen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er das Mining ursprünglich im Rahmen seiner Forschungstätigkeit betrieben hat.
Streit besteht im Beschwerdefall ohnedies nur hinsichtlich der Frage der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bedeutet, dass man seine Leistungen am Markt anbietet. Die Anzahl der denkmöglichen Auftraggeber hat für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr keine Bedeutung. Es wäre unsachlich, die Steuerpflicht des Auftragnehmers von Umständen abhängig zu machen, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen (vgl. Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24, § 23 Tz 75). Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erweist sich damit im Ergebnis als Leerformel (vgl. Papst, RdW 2006, 59). Findet sich nämlich ein Abnehmer am Markt, dann ergibt sich bereits daraus die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
Bei der Tätigkeit des Minens werden beliebige Transaktionen von Kryptowährungen validiert. Das Blockchain-System würde es gar nicht ermöglichen, dass die Leistung nur einem bestimmten Personenkreis angeboten wird, weshalb auch beispielsweise Inreiter/Marschner, Steuerrechtliche Überlegungen zu "KRYPTO" - einem Mining-Geschäftsmodell, taxlex 2018, 19 im Mining die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegeben sehen.
Im Beschwerdefall wurden die aus dem Mining generierten X12 Coins über die Firma ***2*** GmbH verkauft und der Verkaufserlös wurde auf das Bankkonto des Bf. überwiesen. Darin ist die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu erblicken, da die Krypto-Assets einem unbestimmten Adressatenkreis (der Allgemeinheit) zur Verfügung gestellt werden.
Die aktive Mining-Tätigkeit wurde vom Bf. selbstständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausgeübt und führte daher zu Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG 1988.
2.3. Betriebsstätte
Als "Betriebstätte" iSd DBA Österreich - Litauen bezeichnet man eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.
Der Betriebstättenbegriff iSd zur Auslegung des gegenständlichen DBA`s heranziehbaren Art 5 OECD-MA setzt voraus, dass vier Merkmale erfüllt sind: Geschäftseinrichtung, Dauerhaftigkeit, Verfügungsgewalt und das Ausüben einer unternehmerischen Tätigkeit (Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2, Art 5 Rz 10).
Eine maschinelle Anlage oder Einrichtung, durch welche die eigentliche Unternehmenstätigkeit ausgeübt wird, kann einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen bilden (vgl OECD-MK, Art 5 Z 122 ff). Ein Server, bestehend aus Hardware und dazugehöriger Software, der über einen physischen Standort verfügt, kann als "maschinelle Einrichtung" eine feste Geschäftseinrichtung begründen (Bernütz, IStR 1997, 353 ff). Und zwar dann, wenn der auf den Server Zugriffsberechtigte eine dauerhafte Verfügungsmacht über den Server hat, wobei es unbeachtlich ist, in wessen Eigentum der Server steht. Deshalb kann der in einem unternehmenseigenen Rechenzentrum von einem Unternehmen im anderen Staat betriebene Computer sehr wohl eine Betriebstätte sein (Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2, Art 5 Rz 222).
Stellt ein Internet-Service-Provider Speicherkapazitäten zur Verfügung, begründet der Nutzer damit keine Betriebstätte. Da bei Systemen, die vom Provider zur Verfügung gestellt werden, der Ort, an dem der Provider die Programme ausführt bzw. die Daten zur Verfügung stellt, vom Unternehmer nicht beeinflussbar ist, fehlt es an der für den Bestand einer festen Geschäftseinrichtung nötigen Verfügungsmacht (Tappe, IStR 2011, 874). Das gilt selbst dann, wenn der Nutzer entscheiden kann, zu welchen Anwendungen auf welchem Server er Zugang haben will (Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2, Art 5 Rz 226).
Im Beschwerdefall wurde die Speicherkapazität in Form eines VPS Zuganges (Virtual Private Server) angemietet. Zur VPS Technologie heißt es beispielsweise: "Diese Technologie beruht auf der effizienten Nutzung eines leistungsstarken physischen Servers, der in verschiedene virtuelle Maschinen unterteilt wird.Der Hosting-Anbieter verwaltet den physischen Server und gewährleistet, dass er stets reibungslos läuft. "( https://cmd-blog.de/was-versteht-man-unter-vps-virtual-private-server/ abgerufen am , 14:26 Uhr).
Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Bf. erläutert, dass beim gegenständlichen VPS Zugang CPU`s, die sich in verschiedenen Servern des Anbieters befanden, von ihm exklusiv genutzt wurden. Andere CPU`s derselben Server wurden dabei von anderen Kunden genutzt. Die optimale Ausnutzung der Kapazitäten durch speziell steuernde Software sei das Wesen der VPS-Technologie.
Der Bf. hat durch den Zugriff auf den "Virtual Private Server" zwar Verfügungsgewalt in Form der Möglichkeit zur Konfiguration, zum Ein- und Ausschalten oder zur Speicherung von Daten auf einem oder mehreren Servern erlangt, nicht jedoch die Verfügungsgewalt über die körperliche Einrichtung der Server selbst. Diese verblieb beim Betreiber ***1***, der laut Schreiben des Bf. vom zum laufenden Betrieb auch gewisse Sicherheitsmechanismen eingebaut hat.
Die Anmietung eines Virtual Private Server vermag - wie es bereits das Wort "Virtual" vermuten lässt - keine Betriebsstätte in Form einer festen Geschäftseinrichtung zu begründen, da keine Verfügungsgewalt über die körperliche Einrichtung des Servers, sondern nur über die Rechenkapazitäten erlangt wird.
Für den Beschwerdefall bedeutet das, dass die Besteuerung dort erfolgt, wo der Bf. die Geschäftstätigkeit ausgeübt hat. Die Mining-Aktivitäten wurden laut Vorbringen vom in Österreich durchgeführt ("Das Betriebssystem bzw. jegliche Programme konnten nach Belieben von Österreich aus installiert werden"). Daher kommt Österreich auch das Besteuerungsrecht dafür zu.
Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.
2.4. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall gibt es - so weit zu sehen - keine Rechtsprechung zu der Frage, ob das Mining von Krypto-Assets (Rechtslage vor der ökosozialen Steuerreform ab ) zu steuerpflichtigen Einkünften führen kann. Die Revision war daher zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 29 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100420.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at