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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2025, RV/7103591/2023

Unterhaltsabsetzbetrag/Familienbonus plus - Zurechnung der Unterhaltszahlung vor dem AbgÄG 2022

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend den Bescheid über die Abweisung des Antrags auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2020 gem § 299 BAO zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Anbringen vom stellte der Beschwerdeführer via FinanzOnline den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheids 2020 vom . In diesem Antrag beantragte er die Berücksichtigung seiner nachträglich geleisteten Unterhaltszahlungen und die Anrechnung des halben Familienbonus Plus.

Mit Abweisungsbescheid vom wurde der Antrag abgewiesen. Als Begründung führte das Finanzamt an, dass Anzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen gem § 33 Abs 4 Z 3 EStG ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen sind. Die Zahlungen seien aber erst durch Gehaltsexekution im Mai 2021 geleistet worden.

Mit Beschwerde vom erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde. In der Beschwerde führt er aus, dass die Bewilligung der Gehaltsexekution durch das Bezirksgericht Favoriten erst im April 2021 ohne Überprüfung der Angaben des Betreibenden erfolgt sei. Dadurch sei eine Zahlungsverpflichtung gegenüber seiner volljährigen Tochter nicht vorhersehbar gewesen. Der Beschwerdeführer ersuche daher die Nachzahlung von Unterhaltszahlungen und den Antrag auf den halben Familienbonus zu berücksichtigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.

Mit Anbringen vom stellte der Beschwerdeführer den Vorlageantrag gem § 264 Abs 1 BAO. Darin führt er aus, dass die rückwirkende Unterhaltsforderung für die volljährige Tochter nicht vorhersehbar gewesen wie. Der Rechtstreit sei noch nicht abgeschlossen. Es sei unumstritten und bewiesen, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum 2020 die Forderungen geleistet habe. Daher werde beantragt den Unterhaltsabsetzbetrag und den Familienbonus für das Jahr 2020 zu berücksichtigen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Streitjahr 2020 ist der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Tochter ganzjährig nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer hat die Unterhaltsleistung an seine Tochter für das Jahr 2020 erst im Jahr 2021 geleistet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich für das Bundesfinanzgericht eindeutig aus dem vom Finanzamt übermittelten Verwaltungsakt.

Im Verwaltungsakt findet sich die Bewilligung der Gehaltsexekution vom gegen den Beschwerdeführer mit dem der Unterhaltsanspruch seiner volljährigen Tochter durchgesetzt wird.

Aus den vorgelegten Gehaltszettel für den Zeitraum Mai bis Dezember 2021 geht klar hervor, dass die Forderung im Jahr 2021 mittels Gehaltsexekution beglichen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 2020 gem § 299 BAO aufgehoben und berichtigt werden kann, weil sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Rechtsansicht, dass der Bescheid aufgrund seiner nachträglich geleisteten Unterhaltsleistungen an seine Tochter unrichtig sei, weil ihm der Unterhaltsabsetzbetrag gem § 33 Abs 4 Z 3 EStG sowie der Familienbonus Plus gem § 33 Abs 3a EStG zustehe.

Die anwendbaren Rechtsnormen lauten wie folgt:

"§ 299. (1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

§ 33 Abs 3a EStG (Familienbonus Plus) in der im Jahr 2020 geltenden Fassung lautet wie folgt:

"(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

2. Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

a) Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

b) Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.

4. (Ehe-)Partner im Sinne der Z 3 ist eine Person, mit der der Familienbeihilfenberechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt. Die Frist von sechs Monaten im Kalenderjahr gilt nicht, wenn dem nicht die Familienbeihilfe beziehenden Partner in den restlichen Monaten des Kalenderjahres, in denen die Lebensgemeinschaft nicht besteht, der Unterhaltsabsetzbetrag für dieses Kind zusteht.

5. § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung. Davon ausgenommen sind Ehegatten und Kinder von Steuerpflichtigen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig sind.

6. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.

7. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen."

§ 33 Abs 4 Z 3 EStG (Unterhaltsabsetzbetrag) in der im Jahr 2020 geltenden Fassung lautet wie folgt:

"3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu."

Die belangte Behörde vertritt insbesondere im Vorlagebericht vom die Rechtsansicht, das für Zwecke des Unterhaltsabsetzbetrages nachgezahlte Unterhaltsleistungen im Jahr der tatsächlichen Zahlung relevant sein sollen. Demnach können nach Ansicht des Finanzamtes Nachzahlungen, mit welchen nach Ablauf des Kalenderjahres offene Unterhaltverpflichtungen aus Vorjahren bezahlt werden, nicht in Vorjahren berücksichtigt werden.

Dabei stützt sich das Finanzamt im Wesentlichen auf die erläuternden Bemerkungen zum Abgabenänderungsgesetz 2022, mit dem die vom Finanzamt dargestellte Rechtsfolge tatsächlich in der neu geschaffenen Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 3 lit e EStG gesetzlich geregelt wurde. Die erläuternden Bemerkungen führen dazu aus, dass mit dieser Regelung die steuerliche Behandlung von nachgezahlten Unterhaltsleistungen gesetzlich klargestellt werden soll und die bisherige Verwaltungsmeinung (LStR 2002, Rz 799) aufgenommen werden soll, da der monatliche Unterhaltsabsetzbetrag im Spannungsfeld zwischen dem tatsächlich geleisteten Unterhalt und dem Familienbonus Plus stehe, für dessen Anspruch er Voraussetzung ist.

Dieser Rechtsansicht kann aufgrund der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gefolgt werden. In seinem Erkenntnis -7 hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die oben beschriebene Rechtsfolge nicht auf Zeiträume vor dem in Kraft treten des AbgÄG 2022 anzuwenden ist. Konkret führt der Verwaltungsgerichthof hierzu Folgendes aus:

"Die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. I Nr. 108, eingefügte Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988, wonach Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen sind, ist im vorliegenden Verfahren (mangels Übergangsbestimmung) noch nicht anwendbar. Soweit dazu in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1534 BlgNR 27. GP 13) ausgeführt wird, es solle die steuerliche Behandlung u.a. von nachgezahlten Unterhaltsleistungen gesetzlich klargestellt und die bisherige Verwaltungsmeinung (LStR 2002 Rz 799) übernommen werden, so ist zunächst darauf zu verweisen, dass diese Verwaltungsmeinung erst seit dem Wartungserlass 2019 mit diesem Inhalt besteht. Es entspricht aber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. neuerlich Ro 2015/13/0008), dass die Erfüllung der Unterhaltspflichten im Entscheidungszeitpunkt des Bundesfinanzgerichts zu beurteilen ist. Demnach waren etwa auch - nach dem dort zu beurteilenden Sachverhalt - Zahlungen in den Jahren 2008 oder 2011 für die Erfüllung der die Jahre 2006 und 2007 betreffenden Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Nach der hier noch anwendbaren Rechtslage ist demnach nicht entscheidend, ob im jeweiligen Jahr Zahlungen geleistet wurden, sondern welchem Jahr diese Zahlungen zuzuordnen sind; sie sind für jenes Jahr zu berücksichtigen, für das sie geleistet worden sind (vgl. neuerlich die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Familienbesteuerungsgesetz 1992)."

Aufgrund dieser Judikatur ist im vorliegenden Fall, der das Veranlagungsjahr 2020 betrifft, nicht auf die tatsächliche Zahlung des Unterhalts in 2021 abzustellen, sondern auf jene Zeiträume auf die sich die Unterhaltszahlungen beziehen. Da sich die mittels Gehaltsexekution im Jahr 2021 gezahlten Unterhaltsforderungen unter anderem auf das gesamte Jahr 2020 beziehen, steht dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag für 2020 zur Gänze zu. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer Anspruch auf den halben Familienbonus Plus.

Der Spruch des Einkommensteuerbescheid 2020 erweist sich somit als unrichtig. Der Abweisungsbescheid war somit ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis beruht auf der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103591.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at