Keine erhöhte Familienbeihilfe für eine erwachsene Antragstellerin wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit mangels Erfüllens der gesetzlichen Voraussetzungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom über die Abweisung des Antrages vom auf Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für den Zeitraum ab Nov. 2017, sowie gegen den Bescheid des ***FA*** vom über Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Juli 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, SVNR: ***21***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die beschwerdegegenständlichen im Spruch näher bezeichneten Bescheide wurde begründet wie folgt:
Abweisungsbescheid vom über den Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den Zeitraum ab Nov. 2017:
"Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Da die dauernde Erwerbsunfähigkeit erst mit Jänner 2016 festgestellt wurde, besteht kein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe."
Der Abweisungsbescheid vom zum Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Juli 2022, eingebracht am , wurde wie folgt begründet:
"Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zu. Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."
In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde vom führte die Beschwerdeführerin (Bf.) im Wesentlichen folgendermaßen aus:
" Laut Gutachterin bin ich als arbeitsunfähig eingestuft worden seit 2016. Ich habe darauf gleich im Jahr 2017betreffend meiner laufenden Krankheiten um Rehageld angesucht. Dieses wurde mir gewährt bis . Seit diesem Tag gibt es ein Verfahren seit 3,5 Jahren , wo ich immer mehr kränker wurde . Auf psychischer Ebene als auch körperlich. Brustkrebs, HWS Operation, Verkalkungen Gehirn welche Vergesslichkeit hervorrufen. Weitere Operationen an der HES (Anmerkung des Bundesfinanzgerichts: gemeint wahrscheinlich HWS). Ich weiss eigentlich nicht was noch passieren muss, um ein gesundes ruhiges Leben führen zu dürfen. Deshalb gebe ich die Beschwerde ab, weil ab 2016 arbeitsunfähig und ich bekam Rehageld anschließend, welches mir wieder entzogen worden ist, seitdem verfahre ich. Ich hoffe sie können mir helfen und den Fall erneut aufrollen."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Abweisungsbescheid zum Antrag auf Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wurde folgendermaßen begründet:
"Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des Abweisungsbescheides vom wird folgendermaßen geändert:
Ihr Antrag auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für Sie selbst, vom , eingebracht am wird für den Zeitraum ab November 2017 abgewiesen.
Begründung
Sachverhalt: Sie haben am die erhöhte Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung beantragt. Laut fachärztlichem Sachverständigengutachten vom ist die dauernde Erwerbsunfähigkeit mit Jänner 2016 eingetreten. Daher wurde Ihr Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe mit Bescheid vom abgewiesen.
Am haben Sie eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid eingebracht. Laut dem im Rahmen Ihrer Beschwerde neu erstellten Gutachten vom ist die dauernde Erwerbsunfähigkeit mit September 2007 eingetreten.
Gesetzliche Grundlagen: Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht.
Als erheblich behindert gilt ein Kind gemäß 8 Abs. 5 FLAG 1967, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren.
Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Die Feststellung des Behinderungsgrades eines Kindes, für das erhöhte Familienbeihilfe nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 beantragt wurde, hat somit nach den Bestimmungen des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf dem Wege der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten zu erfolgen.
Würdigung: Ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe wäre - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des FLAG - gegeben, wenn nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 bei Ihnen vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufgrund einer Behinderung eine dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten wäre. Besteht keine vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder der Grund- noch der Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe zu. Die medizinischen Sachverständigengutachten gehen davon aus, dass eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.
Hinsichtlich Ihrer Ausführungen, die dauernde Erwerbsunfähigkeit sei bereits viel früher eingetreten, wird auf das Erkenntnis des verwiesen, in dem der Gerichtshof zum Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit ausführt, dass § 6 Abs. 2 lit. d FLAG auf den Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit abstellt. Eine solche Behinderung "kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit Längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt."
Im vorliegenden Beschwerdefall liegen die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 nicht vor, weil eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist. Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Abweisungsbescheid zum Antrag auf Familienbeihilfe wurde folgendermaßen begründet:
"Sachverhalt: Sie haben am einen Antrag auf Familienbeihilfe für sich selbst eingebracht. Laut fachärztlichen Sachverständigengutachten vom ist die dauernde Erwerbsunfähigkeit mit Jänner 2016 eingetreten. Daher wurde Ihr Antrag auf Familienbeihilfe mit Bescheid vom abgewiesen.
Am haben Sie eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid eingebracht. Laut dem im Rahmen Ihrer Beschwerde neu erstellten Gutachten vom ist die dauernde Erwerbsunfähigkeit mit September 2007 eingetreten.
Gesetzliche Grundlagen: Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Würdigung: Ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe wäre - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des FLAG - gegeben, wenn nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 bei Ihnen vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufgrund einer Behinderung eine dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten wäre. Besteht keine vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder der Grund- noch der Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe zu.
Die medizinischen Sachverständigengutachten gehen davon aus, dass eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist. Da bei Ihnen die dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nach dem 21. Lebensjahr eingetreten ist, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."
Die Bf. stellte am einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde betreffend die oben im Spruch angeführten Bescheide an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin aus wie folgt:
"Laut Gutachterin bin ich als arbeitsunfähig eingestuft worden seit 2016. Ich habe darauf gleich im Jahr 2017 betreffend meiner laufenden Krankheiten um Rehageld angesucht. Dieses wurde mir gewährt bis . Seit diesem Tag gibt es ein Verfahren seit 3,5 Jahren, wo ich immer mehr kränker wurde. Auf psychischer Ebene als auch körperlich . Brustkrebs, HWS Operation , Verkalkungen Gehirn welche Vergesslichkeit hervorrufen. Weitere Operationen an der HES (Anmerkung vom Bundesfinanzgericht: gemeint wohl HWS). Ich weiss eigentlich nicht was noch passieren muss, um ein gesundes ruhiges Leben führen zu dürfen. Deshalb gebe ich die Beschwerde ab, weil ab 2016 arbeitsunfähig und ich bekam Rehageld anschließend, welches mir wieder entzogen worden ist 2020, seitdem verfahre ich."
Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG)
- Vorlagebericht - vom führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:
"Sachverhalt: Mit Bescheiden vom wurden die Anträge der Bf auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung als Eigenanspruchsberechtigte abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres nicht vorgelegen habe. Mit Beschwerde vom beeinspruchte die Bf die Bescheide, mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde betreffend beide Bescheide abgewiesen. Daraufhin stellte die Bf am den Antrag, ihre Beschwerde dem Gericht vorzulegen.
Beweismittel vorgelegt.
Stellungnahme: Es wird beantragt, die Beschwerde der Bf abzuweisen. Die Bf beantragte mit Anträgen vom und vom die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintritts der erheblichen Behinderung. Mit Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom wurde zuerst eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Jänner 2016 und in der Folge mit Sachverständigengutachten vom die dauernde Erwerbsunfähigkeit ab September 2007 festgestellt. Gemäß § 6 Abs 2 lit. d FLAG 1967 besteht für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, Anspruch auf Familienbeihilfe. § 8 Abs 4 FLAG 1967 normiert, dass sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind erhöht. Dafür ist jedoch die Voraussetzung, dass Anspruch auf den Grundbetrag zusteht. Bei der Feststellung des Behinderungsgrades bzw. der dauernden Erwerbsunfähigkeit ist entsprechend den Regelungen des § 14 Abs 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, vorzugehen. Spätestens nach fünf Jahren ist erneut zu prüfen, ob eine erhebliche Behinderung oder dauernde Erwerbsunfähigkeit weiterhin vorliegt.
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist gemäß § 8 Abs 6 FLAG durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. An diese Feststellungen sind die Abgabenbehörden grundsätzlich gebunden, ein Abweichen ist nur möglich, sofern ärztliche Gutachten einander widersprechen oder nicht schlüssig sind. Da die Bf das 25. Lebensjahr bereits vollendet hat, lägen die Voraussetzungen für einen Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nur vor, sofern bei der Bf vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufgrund einer Behinderung eine dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten wäre. Mit Gutachten des Sozialministeriumservice vom wurde eine dauernde Erwerbsunfähigkeit seit September 2007 festgestellt, somit nach Vollendung des 21./25. Lebensjahres. Dass die Notwendigkeit bestünde, ein weiteres Gutachten anzufordern, wie von der Bf im Vorlageantrag angeführt wurde, wird vonseiten der belangten Behörde schon aufgrund der zeitlichen Nähe des jüngsten Gutachtens nicht geteilt. Darüber hinaus wird auf das Erkenntnis des verwiesen, in dem der Gerichtshof zum Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit feststellte, dass § 6 Abs 2 lit. d FLAG auf den Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit abstellt.
Eine solche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit Längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 6 Abs 2 lit. d FLAG erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt.
Die abweisenden Bescheide vom erfolgten daher zu Recht."
Das letzte, gegenständlich relevante Sachverständigengutachten (SVGA) des SozialministeriumserviceLandesstelle Wien (BASB)vom iVm dem Vorgutachten vom (SVGA des BASB) bescheinigt einen Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 60 % sowie die dauernde Erwerbsunfähigkeit (kurz: EU) seit 09/2007.
Laut dem nunmehr letzten relevanten SVGA aus 2024 ist die Bf. seit 09/2007 dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist ab 9/2007 - aufgrund Befundvorlage ausreichend begründbar:
"Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Entlassungsbrief ***5***,
Aufnahme 12.9.-
emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Parasuizid
Therapieschwerpunkt: Krisenintervention, Klärung der Nachbetreuung
***6*** ***7***, 2. psychiatrische Abteilung, akute Belastungsreaktion F43.0 mit Suizidgeste bei Trennungsproblematik .... Aufnahme nach Suizidversuch mit 10 Tabletten Parkemed sowie 10 Tabletten Seractil und 60 Dragees Nervenruh. Dem Suizid vorausgegangen war ein Konflikt mit dem Ex-Mann, von dem die Patientin seit Mai geschieden sei. Beide bewohnten zuletzt gemeinsam mit dem 4-jährigen Sohn eine Wohnung.
Befundbericht Dr. ***1***, FA Psychiatrie/Neurologie,
Erstkontakt , neuerliche Kontaktaufnahme nach 10 Monaten, ; wieder in Begleitung des LG, weil sie sich nichts merken könne, sie berichtet, dass die HWS versteift werden müsse, der Blutdruck sei nach wie vor erhöht, Patientin leide unter starker innerer Unruhe und Verstimmung. In der heutigen Kontrolle nach mehreren Monaten kommt die Patientin alleine, berichtet über gewalttätigen LG, der ihr gegenüber auch Morddrohungen ausstoße, Patientin leide unter starker Angst. Neuro-Status: depressiv, innerer Unruhe, massive Ängste, antriebslos, Konzentration reduziert, perseverierende Gedanken, im Affekt arm, Ein- und Durchschlafstörungen, mäßig affizierbar, keine produktive Symptomatik, keine vegetative Symptomatik oder suizidale Einengung."
Diesbezüglich ergab sich eine Abänderung im Vergleich zum Vorgutachten, welches eine EU ab 01/2016 bestätigte. Befunde, die eine Erwerbsunfähigkeit vor 9/2007 belegen, liegen jedoch nicht vor, weshalb in dem nun relevanten letzten SVGA aus 2024 die EU ab 9/2007 festgestellt wurde."
Im nunmehr relevanten SVGA des BSB vom wird auf das Vorgutachten (VGA) des BASB vom Bezug genommen, dem folgende Befunde, Gutachten udgl. zugrundegelegt wurden:
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Gutachten bzgl. Berufsunfähigkeitspension : GH Kauffrau mit LAP, AHS Matura, DV beendet Borderline SMV, Lumbalgie, Blindheit linkes Auge, Persönlichkeitsstörung, Z.n mehreren SMV, Lumbalgie, Blindheit linkes Auge
Psychtherapeutische Stellungnahme Mag. ***8***, : seit 03/2018 in Therapie nachgereicht : 20 Einheiten bis 12. Juni
Dr. ***9***, FA für Haut- und Geschlechtskrankheiten : St. p. Wertheim OP St. p. Mamma TU
Dr. ***20***, FA für Neurologie und Psychiatrie, : lumbales Wurzelirritationssyndrom S1 links;
Dr. ***19***, : Erstkontakt 06/2021 Jahrzehnte unter emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, nachgereicht , : derzeit nicht arbeitsfähig, : derzeit nicht arbeitsfähig, ,, : emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, hirnorganisches Psychosyndrom, nicht arbeitsfähig, : emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, hirnorganisches Psychosyndrom, nicht arbeitsfähig Nachgereichte Befunde: ***6*** ***7***, Psychiatrie. Abt. : akute Belastungsreaktion F43.0 mit Suizidgeste bei Trennungsproblematik LK ***3***, Erwachsenenpsychiatrie, 12.09.-: emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Parasuizid
Dr. ***10***, FA für Neurologie, : Cephalea, Depression, Borderline Symptomatik
Dr. ***11***, FA Für Psychiatrie, , , , : Keine AF gegeben, : Keine AF gegeben,, : Keine AF gegeben, , , , ,, , : Zn SV 2000 Burn out Syndrom, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, rez. depressive Störung Bescheid über den Rehageldbezug, NÖGKK, LK ***12***, Psychiatrie, : Borderlinestörung seit 2002 bekannt, frühere Aufenthalte 2002 ***13*** 2007 ***3***
Mag. Dr. ***14***, ***15***, : unterdurchschnittliche Denkleistung, F60.31 Schulbildung: Volksschule, Hauptschule, Gymnasium mit Matura abgeschlossen, Lehre zur Großhandelskauffrau
bei ***16***, ***17*** und ***18*** gearbeitet
seit 3 Jahren Rehageld;
: schwere Gesamtbelastungssituation, Persönlichkeitsveränderung, unterdurchschnittlich logische-abstrakte Denkweise
CT Schädel, : zahlreiche Parenchymverkalkungen
MR Schädel : keine Sekundarisierung, kein rez intrakranielles Geschehen.
Mitgebracht:
Entlassungsbrief ***5***,
Aufnahme 12.9.-
emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Parasuizid
Therapieschwerpunkt: Krisenintervention, Klärung der Nachbetreuung
***2***, 2. psychiatrische Abteilung,
akute Belastungsreaktion F43.0 mit Suizidgeste bei Trennungsproblematik
Aufnahme nach Suizidversuch mit 10 Tabletten Parkemed sowie 10 Tabletten Seractil und 60 Dragees Nervenruh. Dem Suizid vorausgegangen war ein Konflikt mit dem Ex-Mann, von dem die Patientin seit Mai geschieden sei. Beide bewohnten zuletzt gemeinsam mit dem 4-jährigen Sohn eine Wohnung.
Befundbericht Dr. ***1***, FA Psychiatrie/Neurologie,
Erstkontakt , neuerliche Kontaktaufnahme nach 10 Monaten, ; wieder in Begleitung des LG, weil sie sich nichts merken könne, sie berichtet, dass die HWS versteift werden müsse, der Blutdruck sei nach wie vor erhöht, Patientin leide unter starker innerer Unruhe und Verstimmung. In der heutigen Kontrolle nach mehreren Monaten kommt die Patientin alleine, berichtet über gewalttätigen LG, der ihr gegenüber auch Morddrohungen ausstoße, Patientin leide unter starker Angst.
Neuro-Status: depressiv, innerer Unruhe, massive Ängste, antriebslos, Konzentration reduziert, perseverierende Gedanken, im Affekt arm, Ein- und Durchschlafstörungen,
mäßig affizierbar, keine produktive Symptomatik, keine vegetative Symptomatik oder suizidale Einengung VOB: 79285544900067
Diagnose: akute Belastungsstörung, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, derzeit depressiv - mittelgradige Episode, hirnorganisches Psychosyndrom
Sie berichtet, dass sie erstmals psychiatrisch an der Klinik ***7*** 11/2002 behandelt worden ist. Damalige Diagnose akute Belastungsreaktion mit Suizidgeste bei Trennungsproblematik. Befunde vor diesem Datum hätte sie nicht, da bis dahin keine psychiatrisch psychologische Betreuung oder Diagnostik stattgefunden hätte.
Laut SVGA des BASB v.: Die Bf. ist immer gut verdienend arbeiten gegangen (war Medienberaterin)."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.
Die Bf. hat die Matura erfolgreich abgelegt und auch eine Lehre mit bestandener Lehrabschlussprüfung als Großhandelskauffrau absolviert. Die Bf. war bis laut eigenen Angaben gut verdienend als Medienberaterin beschäftigt (s. internistisches Sachchverständigengutachten Dr. ***4*** vom ).
Das letzte aktenkundige nunmehr gegenständlich relevante Sachverständigengutachten (SVGA) vom - mit Untersuchung - nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien hat sämtliche relevante Befunde bzw. Vorgutachten dem SVGA zugrundegelegt.
Bezug genommen wurde auf das Vorgutachten (VGA) des BASB - ebenfalls mit durchgeführter Untersuchung der Bf. - vom , in dem ebenfalls bereits auf umfangreiches Befundmaterial, auf ärztliche Gutachten usw. Bezug genommen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF)
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. …….
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
…
§ 8 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF):
...
(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um
…
(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.
…
Aus § 8 Abs. 5 und 6 FLAG ergibt sich, dass der Grad der Behinderung zwingend durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen bzw. nunmehr Sozialministeriumservice unter der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten nachzuweisen ist.
Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs 6 FamilienlastenausgleichsG 1967 idF BGBl I 105/2002 ergibt sich, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern auch die Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt hat, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt.
Der Gesetzgeber hat daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen ist. Die Behörden wie auch das Bundesfinanzgericht (BFG) haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung des Bundessozialamtes auszugehen (VfGH B 700/07).
Beweiswürdigung
Das letzte nunmehr relevante Sachverständigengutachten (SVGA) vom - mit Untersuchung - nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien hat sämtliche relevante Befunde bzw. Vorgutachten dem SVGA zugrundegelegt und das Begutachtungsergebnis im ausführlich begründeten SVGA nachvollziehbar und schlüssig dargelegt.
Angemerkt wird, dass die Bf. trotz Beschwerde gegen das Vorgutachten beim BASB sowie auch Beschwerde gegen die abweisenden Entscheidungen des Finanzamtes keine Nachweise vorgelegt hat bzw. vorlegen konnte, die Beweise dafür darstellen könnten, dass die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit der Bf. spätestens vor Vollendung des 21. Lebensjahres bzw. allenfalls während einer späteren Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres wegen körperlicher oder geistiger Behinderung eingetreten sei (§ 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 idgF).
Das o.a. SVGA des BASB vom bescheinigt zusammenfassend folgende entscheidungsrelevanten Ergebnisse:
"
Die Bf. ist laut diesem letzten SVGA des BASB vom voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und zwar (Anmerkung von BFG: "erst") seit: 09/2007.
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: EU ab 9/2007 - aufgrund Befundvorlage ausreichend begründbar.
Diesbezüglich Abänderung im Vergleich zum Vorgutachten. Befunde, die eine Erwerbsunfähigkeit vor diesem Datum belegen, liegen nicht vor."
Darüber hinaus war die Bf., die an einer AHS die Matura erfolgreich ablegte und darüber hinaus auch einen Lehrabschluss mit Lehrabschlussprüfung erfolgreich absolviert hat, bis 2020 bei renommierten Unternehmen tätig.
Gegenständlich hat das BFG mangels Relevanz für dieses Erkenntnis nicht darauf einzugehen, inwieweit damals während der (gesamten) Berufstätigkeit der Bf. allenfalls (auch) keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vorgelegen sein habe können, zumal die Bf. laut eigenen Angaben immer gut verdienend (im Angestelltenverhältnis) gearbeitet habe.
Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts das Sachverständigengutachten des BASB vom schlüssig erscheint, und dieses auch von einem (medizinisch) sachverständigen Gutachter erstellt wurde, und auch sämtliche von der Bf. angeführten Tatsachen hinsichtlich Krankheitsgeschichte bzw. Krankheitsbeginn in der Kindheit bspw. Herzfehler udgl. mehr in den dem Bundessozialamt vorgelegten Befunden angeführt wurden und daher dem Bundessozialamt bekannt waren, und im SV-Gutachten (bei diesbezüglicher Relevanz) vom SV-Gutachter berücksichtigt werden mussten, ist im Sinne des SV-GA des BASB vom davon auszugehen, dass die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades der Behinderung (erst) ab 09/2007 aufgrund der vorliegenden Befunde möglich und auch schlüssig ist.
Angemerkt wird vom Bundesfinanzgericht, dass die Bf. trotz ihrer Beschwerde gegen das Vorgutachten beim BASB, sowie trotz Beschwerdeverfahren beim Finanzamt wie auch nunmehr beim Bundesfinanzgericht (Antrag der Bf., die Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vorzulegen) keine ergänzenden medizinischen Befunde bzw. Gutachten zur Durchsetzung ihrer Beschwerdebegehren vorgelegt hat bzw. offenkundig derartige zweckdienliche Nachweise nicht vorlegen konnte.
Darüber hinaus wird auf die ausführlichen Begründungen des Finanzamtes in den o.a. Beschwerdevorentscheidungen sowie auf die Begründung im Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) betreffend Nichterfüllen der Anspruchsvoraussetzungen auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) und Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe im gegenständlichen Fall hingewiesen, und diese Begründungen sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des beschwerdegegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.
Die o.a. gesetzlich determinierten Voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe sowie Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe (erhöhte Familienbeihilfe) sind nicht erfüllt (vgl. o.a. § 2 Abs 1 lit b und c iVm § 8 Abs 5 und Abs 6 FLAG 1967 idgF), zumal die dauernde Erwerbsunfähigkeit im letzten relevanten schlüssigen SVGA des BASB vom erst für den Zeitraum seit 09/2007 bescheinigt wurde, und daher die dauernde Erwerbsunfähigkeit der im Jahr ***22*** geborenen Bf. weder vor dem 21. Lebensjahr noch vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am
§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF)
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. …….
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
…
§ 8 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF):
...
(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um
…
(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.
…
Aus § 8 Abs. 5 und 6 FLAG ergibt sich, dass der Grad der Behinderung zwingend durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen bzw. nunmehr Sozialministeriumservice unter der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten nachzuweisen ist.
Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs 6 FamilienlastenausgleichsG 1967 idF BGBl I 105/2002 ergibt sich, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern auch die Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt hat, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt.
Der Gesetzgeber hat daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen ist. Die Behörden wie auch das Bundesfinanzgericht (BFG) haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung des Bundessozialamtes auszugehen (VfGH B 700/07).
Beweiswürdigung
Das letzte nunmehr relevante Sachverständigengutachten (SVGA) vom - mit Untersuchung - nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien hat sämtliche relevante Befunde bzw. Vorgutachten dem SVGA zugrundegelegt und das Begutachtungsergebnis im ausführlich begründeten SVGA nachvollziehbar und schlüssig dargelegt.
Angemerkt wird, dass die Bf. trotz Beschwerde gegen das Vorgutachten beim BASB sowie auch Beschwerde gegen die abweisenden Entscheidungen des Finanzamtes keine Nachweise vorgelegt hat bzw. vorlegen konnte, die Beweise dafür darstellen könnten, dass die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit der Bf. spätestens vor Vollendung des 21. Lebensjahres bzw. allenfalls während einer späteren Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres wegen körperlicher oder geistiger Behinderung eingetreten sei (§ 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 idgF).
Das o.a. SVGA des BASB vom bescheinigt zusammenfassend folgende entscheidungsrelevanten Ergebnisse:
"
Die Bf. ist laut diesem letzten SVGA des BASB vom voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und zwar (Anmerkung von BFG: "erst") seit: 09/2007.
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: EU ab 9/2007 - aufgrund Befundvorlage ausreichend begründbar.
Diesbezüglich Abänderung im Vergleich zum Vorgutachten. Befunde, die eine Erwerbsunfähigkeit vor diesem Datum belegen, liegen nicht vor."
Darüber hinaus war die Bf., die an einer AHS die Matura erfolgreich ablegte und darüber hinaus auch einen Lehrabschluss mit Lehrabschlussprüfung erfolgreich absolviert hat, bis 2020 bei renommierten Unternehmen tätig.
Gegenständlich hat das BFG mangels Relevanz für dieses Erkenntnis nicht darauf einzugehen, inwieweit damals während der (gesamten) Berufstätigkeit der Bf. allenfalls (auch) keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vorgelegen sein habe können, zumal die Bf. laut eigenen Angaben immer gut verdienend (im Angestelltenverhältnis) gearbeitet habe.
Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts das Sachverständigengutachten des BASB vom schlüssig erscheint, und dieses auch von einem (medizinisch) sachverständigen Gutachter erstellt wurde, und auch sämtliche von der Bf. angeführten Tatsachen hinsichtlich Krankheitsgeschichte bzw. Krankheitsbeginn in der Kindheit bspw. Herzfehler udgl. mehr in den dem Bundessozialamt vorgelegten Befunden angeführt wurden und daher dem Bundessozialamt bekannt waren, und im SV-Gutachten (bei diesbezüglicher Relevanz) vom SV-Gutachter berücksichtigt werden mussten, ist im Sinne des SV-GA des BASB vom davon auszugehen, dass die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades der Behinderung (erst) ab 09/2007 aufgrund der vorliegenden Befunde möglich und auch schlüssig ist.
Angemerkt wird vom Bundesfinanzgericht, dass die Bf. trotz ihrer Beschwerde gegen das Vorgutachten beim BASB, sowie trotz Beschwerdeverfahren beim Finanzamt wie auch nunmehr beim Bundesfinanzgericht (Antrag der Bf., die Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vorzulegen) keine ergänzenden medizinischen Befunde bzw. Gutachten zur Durchsetzung ihrer Beschwerdebegehren vorgelegt hat bzw. offenkundig derartige zweckdienliche Nachweise nicht vorlegen konnte.
Darüber hinaus wird auf die ausführlichen Begründungen des Finanzamtes in den o.a. Beschwerdevorentscheidungen sowie auf die Begründung im Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) betreffend Nichterfüllen der Anspruchsvoraussetzungen auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) und Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe im gegenständlichen Fall hingewiesen, und diese Begründungen sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des beschwerdegegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.
Die o.a. gesetzlich determinierten Voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe sowie Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe (erhöhte Familienbeihilfe) sind nicht erfüllt (vgl. o.a. § 2 Abs 1 lit b und c iVm § 8 Abs 5 und Abs 6 FLAG 1967 idgF), zumal die dauernde Erwerbsunfähigkeit im letzten relevanten schlüssigen SVGA des BASB vom erst für den Zeitraum seit 09/2007 bescheinigt wurde, und daher die dauernde Erwerbsunfähigkeit der im Jahr ***22*** geborenen Bf. weder vor dem 21. Lebensjahr noch vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102945.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102945.2024
Fundstelle(n):
XAAAF-43695