1. Wiederaufnahme des Verfahrens nach einer Außenprüfung und das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel 2. Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld im Zusammenhang mit Abschlagsrechnungen im Baugewerbe 3. Recht auf Vorsteuerabzug bei zu Unrecht ausgewiesener Umsatzsteuer bei "reverse Charge-Umsatz"
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103024/2018-RS1 | In der Rechtssache „Reemtsma“ ( „Reetsma Cigarettenfabrik GmbH) hat der EuGH gestützt auf die Grundsätze der Neutralität und Effektivität einen unmittelbaren Anspruch des Dienstleistungsempfängers gegenüber den Steuerbehörden, wenn der zivilrechtliche Anspruch gegenüber dem Dienstleistungserbringer nicht oder nur übermäßig erschwert durchsetzbar ist, bejaht. Der EuGH hat dies im Urteil vom , C-564/15 „Tibor Farkas“ für den Fall einer Rechnung für einen „reverse-Charge-Umsatz“ bestätigt, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen war. Hat der Fiskus die Umsatzsteuer vom leistenden Unternehmer erhalten und ist eine Berichtigung nicht mehr möglich (zB infolge Insolvenz des leistenden Unternehmers) ist gestützt auf die EuGH Rechtsprechung der Vorsteuerabzug zu gewähren (Ruppe/Achatz, Kommentar zum UStG6, § 12 Tz 49). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende R1, die Richterin R2 sowie die fachkundigen Laienrichter LR1 und LR2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Praterstraße 38, 1020 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 jeweils datiert vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013, Steuernummer ***BF1StNr1*** (nunmehr ***BF1StN***) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin S1
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wird im Sinne der Eingabe vom stattgegeben.
Die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wird daher wird folgt festgesetzt:
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Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen) | 1.106.715,88 € | |
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (ein- schließlich steuerpflichtiger Anzahlungen) | 1.106.715,88 € | |
Davon sind zu versteuern mit: | ||
Bemessungsgrundlage | Umsatzsteuer | |
20 % Normalsteuersatz | 1.106.715,88 € | 221.343,18 € |
Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 12 und 14, § 16 Abs.2 sowie gemäß Art. 7 Abs.4 | 7.065,90 € | |
Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1a (Bauleistungen) | 84.257,36 € | |
Summe Umsatzsteuer | 312.666,44 € | |
Gesamtbetrag der Vorsteuern (ohne nachstehende Vorsteuern) | -137.109,67 € | |
Steuern gemäß § 19 Abs. 1a (Bauleistungen) | -84.257,36 € | |
Festgesetzte Umsatzsteuer | 91.299,41 € |
Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2013 wird stattgegeben. Der Wiederaufnahmebescheid wird aufgehoben.
II. beschlossen:
Die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2013 wird gem. § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.
III. Gegen dieses Erkenntnis bzw. Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) erbringt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Tiefbauarbeiten und wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet.
Gesellschafter sind A C und Dipl. Ing. E FC und jeweils zu 50% beteiligt.
Geschäftsführer ist seit A C (geb. XXXX).
Im Zuge einer Außenprüfung gem. § 147 BAO betreffend Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Jänner bis September 2012 ergaben sich laut Bericht vom hinsichtlich der im Prüfungsauftrag angeführten Abgaben und Zeiträume keine Feststellungen, die zu einer Änderung der erklärten Umsatzsteuervoranmeldungen geführt haben.
In der nunmehr strittigen Außenprüfung gem. § 150 BAO betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 wurden mit Bericht vom nachstehende Feststellungen getroffen:
Tz 1 Versteuerung Abschlagsrechnungen
Im Rahmen der Prüfung der Jahresabschlüsse waren folgende Bilanzpositionen festzustellen:
Kto 1700 Noch nicht abrechenbare Leistungen
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31.12. | 2011 | 2012 | 2013 |
0,00 | 595.609,61 | 1.150.415,36 |
Kto 3290 Erhaltene Anzahlung auf Bestellungen
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31.12. | 2011 | 2012 | 2013 |
0,00 | 397.344,11 | 698.919,67 |
Da diese üblicherweise eng verbundenen Bilanzpositionen betraglich derart auseinanderlaufen, wurde der steuerlichen Vertretung der Auftrag erteilt, diese Positionen näher zu erläutern.
Diesem Auftrag wurde durch Vorlage von Abschlagsrechnungen für die jeweiligen Stichtage sowie einer zusätzlichen Aufstellung über die darauf erhaltenen Zahlungen und davon noch offenen Beträge nachgekommen. Daraus wurden die "Erhaltenen Anzahlungen" It. Bilanz abgebildet.
Der USt wurden bisher die erhaltenen Zahlungen auf diese Abschlagsrechnungen gem. § 19 Abs. 2 Z1 lit. a 2. Satz UStG unterzogen ("Mindest-lst-Besteuerung") soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die die Steuerschuld auf den Auftraggeber der Leistung übergeht (Bauleistungen).
Weiters wurden Aufstellungen zu den Stichtagen und 2013 beigebracht, aus denen nachgebildet wird, welche Leistungen aus den Abschlagsrechnungen zu den Stichtagen bereits als erbracht anzusehen waren und welche Leistungen erst nach dem Stichtag (mit der nächsten Abschlagsrechnung) fakturiert wurden.
Dazu war festzustellen:
Die geprüfte Gesellschaft erbringt Tiefbauarbeiten, hpts. im Rahmen von Ausschreibungen für die Gemeinde X sowie für die Fa. G Bau GmbH. Im Zuge der Erbringung dieser Leistungen werden regelmäßig die bereits geleisteten Arbeiten anhand sehr genauer tatsächlicher Bemessung (etwa Laufmeter Künette, etc..) mittels Abschlagsrechnung teilabgerechnet.
Diese Abschlagsrechnungen werden in standardisierter Form nach Vorgabe des Auftraggebers gelegt. Dabei wird detailliert der Leistungszeitraum, über den abgerechnet wird, sowie die jeweilige Teilleistung, die bereits erbracht wurde, angeführt. Die Umsatzsteuer wird gesondert ausgewiesen, ausser es handelt sich um Leistungen, für die die Steuerschuld auf den Auftraggeber der Leistung übergeht (Bauleistungen).
Die gelegten Abschlagsrechnungen wurden bisher nicht verbucht.
Gebucht wurde bisher erst die Vereinnahmung der Zahlungen, welche auf diese Rechnungen geleistet wurden.
Durch die o.a. Abgrenzung der "Noch nicht abrechenbaren Leistungen" wurde die bilanzielle Erfassung der bisher unterlassenen Buchungen wieder nachträglich korrigiert.
Vom steuerlichen Vertreter wurde dazu ausgeführt:
Es liegen keine selbständigen und abgrenzbaren Teilleistungen vor. Die von der Bf. geschuldete Werklieferung ist nicht teilbar. Vielmehr ist die Leistung erst erbracht, wenn die Übergabe des fertigen Werkes an den Auftraggeber erfolgt ist. Weiters ist zwischen Auftraggeber und der Bf. nicht vereinbart, dass bereits endgültige Teilrechnungen gelegt und bezahlt werden, sondern es wird lediglich die Verrechnung von Acontos in Form von Abschlagsrechnungen gestattet.
Die Ermittlung der Abschlagsrechnungen basiert auf zugegebenermaßen detaillierten Schätzungen der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten.
Im allgemeinen Begriffsverständnis handelt es sich um eine Anzahlungsrechnung dann, wenn noch keine Leistung erbracht wurde. Eine Anzahlungsrechnung wird vor Fertigstellung einer vereinbarten Leistung bzw. Teilleistung ausgestellt. Die Leistung wurde vom Empfänger noch nicht abgenommen.
Eine Teilrechnung wird bei einer genau abgrenzbaren Teilleistung, die bereits vom Empfänger abgenommen wurde, gestellt, was zum Entstehen der Steuerschuld in jenem Monat führt, in dem die Teilleistung vom Leistungsempfänger abgenommen wurde.
Der Unterschied der Teilrechnung zur Anzahlungsrechnung besteht lediglich darin, dass die auf der Rechnung angeführte Lieferung oder sonstige Leistung bereits erbracht wurde. Die genauen Voraussetzungen zum Vorliegen einer selbstständigen Teilleistung können nach nachstehend angeführten Kriterien festgelegt werden:
- Die geschuldete Werklieferung ist nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbar.
- Teile der Werklieferung und nicht erst das Gesamtwerk werden abgenommen.
- Vor der Abnahme wird vereinbart, dass für die Teile der Werklieferung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist
- wird eine Pauschalsumme für das gesamte Werk vereinbart, so ist davon auszugehen, dass die Werklieferung nicht in Teilen, sondern im Ganzen geschuldet wird.
- Das Teilentgelt wird gesondert und endgültig abgerechnet.
Die Auftragsvergabe des Hauptauftraggebers Gemeinde X erfolgt nach Ausschreibung und Angebotslegung unter Zugrundelegung der "Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X" (WD 314). Sämtliche Schritte unterliegen einem vorgegebenen Standardverfahren der Gemeinde X unter Vorgabe der Bedingungen.
So ist etwa bereits dem Angebots-Formular unter Punkt 6. der Passus "Es erfolgt keine förmliche Übernahme der erbrachten Leistungen" zu entnehmen.
Dies widerspricht der Darstellung des steuerlichen Vertreters, die Werkleistung könne erst mit Übergabe des fertigen Werkes an den Auftraggeber als erbracht angesehen werden.
Den "Allgemeinen Vertragsbedingungen der Stadt X für Bauleistungen" (WD 14) ist unter Kapitel 4 (Rechnungslegung, Zahlung, Sicherstellung) zu entnehmen, dass Leistungen bei Einheitspreisen nach den Mengen der erbrachten Leistungen abzurechnen sind (4.1).
Der Auftragnehmer ist berechtigt, während der Ausführung entsprechend den erbrachten Leistungen, wozu auch auftragsspezifische Vorfertigungen (zB Werkstättenleistungen) des AN zählen, mittels Abschlagsrechnung oder nach einem vereinbarten Zahlungsplan Abschlagszahlungen (Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer) zu verlangen (4.3.2.1).
Jede Abschlagsrechnung hat den allgemeinen Anforderungen (der Rechnungslegung) gem. 4.3.1 zu entsprechen und folgende Angaben zu enthalten:
1) die gesamten seit Beginn der Ausführung erbrachten Leistungen im zumindest annähernd ermittelten Ausmaß,
2) die Art und Menge der allenfalls bereits in das Eigentum des AG übertragenen Materialien u. dgl.,
3) die vereinbarten Preise der Leistung,
4) allfällige Preisumrechnungen, aufgegliedert nach den einzelnen Preisanteilen und den jeweiligen Preisperioden,
5) die Beträge der verlangten, jedoch noch nicht erhaltenen Abschlagszahlungen und der bereits erhaltenen Abschlagszahlungen, und
6) den abzurechnenden Deckungsrücklass.
Die gelegten Abschlagsrechnungen sind daher hinsichtlich des genau abgegrenzten Leistungszeitraumes und des detailliert zur Abrechnung gelangenden Leistungsumfanges an Arbeit und Material soweit abgrenzbar, dass jener Teil, der mittels Abschlagsrechnung zur Abrechnung gelangt, als selbständiger Teil betrachtet werden kann.
Eine Pauschalsumme für das gesamte Werk ist nicht vereinbart.
Auch aufgrund der Art der Leistungen (Künettengrabungs- und Verschüttungsarbeiten für das Verlegen von Wasser- und Kanalleitungssträngen) ist davon auszugehen, dass bei Abrechnung nach Laufmetern Baufortschritt jeder Abschnitt für sich eine klar abgrenzbare Teilleistung darstellt. Auch ein Wechsel des Leistungserbringers wäre ohne weitere Abgrenzungsprobleme jederzeit möglich.
Aus den tatsächlichen Abrechnungen geht hervor, dass sich zwischen den Abschlagsrechnungen und den Schlussrechnungen keine namhaften Änderungen an den bereits abgerechneten Leistungsinhalten ergibt. Die Abschlagsrechnungen sind daher als gesondert und endgültig abgerechnet anzusehen.
Schließlich bezieht sich auch das in den Umsatzsteuerrichtlinien angeführte Beispiel 1 zur Teilbarkeit einer Werkleistung (Rz 2617 UStR) auf praktisch genau jene Leistungen, die das geprüfte Unternehmen erbringt, nur dass statt Kabeln eben Leitungsstränge (Wasser und Kanal) zu verlegen sind.
Nach Ansicht der BP handelt es sich bei diesen Abschlagsrechnungen daher nicht um die bloße Anforderung von Anzahlungen, sondern um konkrete Rechnungen über abgrenzbare Teilleistungen, also Teilrechnungen.
Die Steuerschuld für diese Rechnungen entsteht gem. § 19 Abs 2 Z.1 lit.a UStG mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Leistung ausgeführt worden ist.
Im Rahmen der BP war daher hinsichtlich der gelegten Abschlagsrechnungen (mit Ausnahme jener, bei denen ein Übergang der Steuerschuld an den Auftraggeber vorliegt) die Umsatzsteuer vorzuschreiben.
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Abschlagsrechnungen 31.12. | 2012 | 2013 |
Gelegte Abschlagsrechnungen | 221.506,25 | 395.868,00 |
| -221.506,26 | |
221.506,26 | 174.361,74 | |
Bauleistungen (RC) | 160.200,67 | |
| ||
160.200,67 | ||
Mit 20% zu versteuern | 221.506,26 | 235.667,33 |
-Auflösung Vorjahr | -221.506,26 | |
BMGl | 221.506,26 | 14.161,07 |
Tz 2 AR betr. Bauleistungen (RC):
Vom geprüften Unternehmen wurden 2012 in Ausgangsfakturen an die Fa. C GmbH Entgelte für Personalbereitstellung verrechnet.
Die insgesamt 3 Rechnungen lauten über:
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Personalbereitstellung netto | 35.329,50 |
zuzüglich 20% USt | 7.065,90 |
Rechnungsbetrag | 42.385,40 |
Bei der Fa. C GmbH handelt es sich um ein verbundenes Unternehmen. Die Gesellschaft steht im Eigentum von A und B C, den Eltern der Eigentümer des geprüften Unternehmens. Die Gesellschaften befanden sich ursprünglich am selben Standort in Adr.1.
Die Eigentümer und Geschäftsführer des geprüften Unternehmens, die Geschwister A C und E FC, waren als Prokuristen der C BAU GMBH in leitender Funktion tätig.
Dazu war festzustellen:
Gem. § 19 Abs.1a UStG wird bei Bauleistungen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen.
§ 11 Abs.12 UStG normiert:
Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt.
Bei den o.a. Leistungen für Personalbereitstellungen handelt es sich daher um Leistungen, für die die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht.
Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wurde zu Unrecht ausgewiesen und wird daher aufgrund der Rechnung geschuldet.
Tz 3 ER betr. Bauleistungen (RC)
Vom geprüften Unternehmen wurden 2012 Eingangsfakturen der Fa. C GmbH in der Buchhaltung erfasst. In diesen Rechnungen wurden Entgelte für Personalbereitstellung verrechnet.
Die insgesamt 11 Rechnungen lauten über:
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Personalbereitstellung netto | 413.329,25 |
Zuzüglich 20% USt | 82.665,85 |
Rechnungsbetrag | 495.995,10 |
Von diesen Rechnungen wurde die ausgewiesene Umsatzsteuer bisher als abziehbare Vorsteuer geltend gemacht.
Bei der Fa. C BAU GmbH handelt es sich um ein verbundenes Unternehmen. Die Gesellschaft steht im Eigentum von A und B C, den Eltern der Eigentümer des geprüften Unternehmens. Die Gesellschaften befanden sich ursprünglich am selben Standort in Adr.1. Die Eigentümer und Geschaftsführer des geprüften Unternehmens, die Geschwister A C und E FC, waren als Prokuristen der C BAU GMBH in leitender Funktion tätig.
Dazu war festzustellen:
Gem. § 19 Abs.1a UStG 1994 wird bei Bauleistungen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen.
§ 11 Abs.12 UStG 1994 normiert:
Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt.
In RZ 2602c UStR wird dazu ausgeführt, dass, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger im Zweifelsfall annehmen, dass eine Bauleistung nicht vorliegt, obwohl sich dies nachträglich als falsch erweist, es dabei bleibt, wenn es dadurch endgültig zu keinem Steuerausfall gekommen ist (zB die Umsatzsteuer für diese Leistung wurde an das Finanzamt abgeführt). Diesen Umstand hat der Unternehmer nachzuweisen.
Eine Berufung auf diese Rechtsschutzklausel ist nach Ansicht der BP aus zwei Gründen auszuschließen.
Erstens liegen verbundene Unternehmen im selben Standort vor, bei denen die leitenden Funktionen in Personalunion von den geschaftsführenden Gesellschaftern der geprüften GmbH wahrgenommen werden. Ein Zweifel über die Leistungsinhalte zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ist daher auszuschließen.
Zweitens wurde über die leistungserbringende Gesellschaft C BAU GMBH am ein Sanierungsverfahren eröffnet. Nachdem der beschlossene Sanierungsplan nicht eingehalten werden konnte, wurde über das Vermögen der Gesellschaft am ein Konkursverfahren eröffnet.
Es ist daher davon auszugehen, dass es im Zusammenhang mit der C BAU GMBH zu einem endgültigen Steuerausfall gekommen ist. Ein entsprechender Nachweis durch den Unternehmer wurde jedenfalls nicht erbracht.
Bei den o.a. Leistungen für Personalbereitstellungen handelt es sich daher um Leistungen, für die die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger, das geprüfte Unternehmen, übergeht.
Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wurde zu Unrecht ausgewiesen und wird daher aufgrund der Rechnung vom Rechnungsaussteller, der Fa. C GmbH, geschuldet.
Der bisher in Anspruch genommene Vorsteuerabzug ist nicht anzuerkennen.
Tz 4 Mehrwertsteuer lt. BP
…
Prüfungsabschluss
Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO
Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen:
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Abgabenart | Zeitraum | Feststellung |
Umsatzsteuer | 2012-2013 | Tz 1-3 |
Körperschaftsteuer | 2012-2013 | Tz 4 |
Die Wiederaufnahme erfolgte unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkungen. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessenabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.
Gemäß § 303 Abs. 1 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders Iautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Im Rahmen der Prüfungshandlungen sind unter anderem Tatsachen zu den in Tz 1 - Tz 3 angeführten Sachverhalten neu hervorgekommen.
Dazu ist anzumerken, dass im Jahr 2012 bereits eine Außenprüfung gem. § 147 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum 1-9/2012 stattfand. Im Zuge dieser Aussenprüfung wurden die steuerlichen Aufzeichnungen ebenso wie die Eingangs- und Ausgangsrechnungen des Zeitraumes 1-9/2012 einer formalen und rechnerischen Kontrolle unterzogen. Diese Kontrolle ergab keine Feststellungen, die zu einer Änderung der erklärten UVA's geführt hätte.
Im Zuge der nunmehrigen Außenprüfung wurde das Erklärungsjahr 2012 erstmals insgesamt anhand der am eingereichten Umsatzsteuererklärung einer Prüfung unterzogen. Dabei wurden die Unterlagen einer nicht bloß rechnerischen und formalen Kontrolle sondern darüberhinaus auch einer inhaltlichen sowie rechtlichen Bewertung zugeführt.
Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO bezieht sich damit auf den Wissenstand auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl. , vom , 2006/15/0314 und vom , 2006/15/0006). Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren.
Im Zuge der Außenprüfung wurden unter anderem die folgenden Unterlagen erstmals aufgrund der Anforderung durch die Behörde der abgabenfestsetzenden Stelle vorgelegt und inhaltlich bewertet:
- Eingangsrechnungen der Fa. C BAU GMBH über Personalbereitstellungen
- Ausgangsrechnungen der Bf. über Personalbereitstellungen
- Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden der Bf., insbesondere gegenüber der Gemeinde X sowie gegenüber der Fa. G BAU GMBH
-Aufstellung der "Noch nicht abrechenbaren Leistungen" zu den Stichtagen und
Tatsachen im Sinne des § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hatten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. 05/15/0108 und die dort angeführte Judikatur, vom , 96/15/0148 und vom 26.07.200095/14/0094).
Bei den aufgrund der vorgelegten Unterlagen und Fragebeantwortungen ermittelten Sachverhalten handelt es sich um neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel, die in Summe zu im Spruch anders lautenden Bescheiden führen.
Bei den neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel sind insbesondere hervorzuheben:
Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der AB GmbH
Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der Bf.
enge persönliche und wirtschaftliche Verbindung der beiden Unternehmen
Erbringung von Leistungen und Legen von Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden wie der Gemeinde X und Fa. G Bau GmbH
Es erfolgte daher eine Wiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 und der Körperschaftsteuerbescheide 2012 und 2013, da unter anderem die o.a. angeführten Sachverhalte aus den Abgabenerklärungen und den Beilagen der Veranlagungsjahre nicht hervorgekommen sind.
Mit Bescheiden jeweils datiert vom schloss sich das Finanzamt den oa Feststellungen der Außenprüfung an und nahm die Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 und 2013 wiederauf und erließ gleichzeitig neue Sachbescheide.
Mit Eingabe vom (eingelangt beim Finanzamt am ) erhob die steuerliche Vertretung der Bf. gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 Beschwerde.
"… Die Beschwerde richtet sich gegen die grundlos bzw ohne treffenden Wiederaufnahmegrund sowie in falscher Ermessensübung erfolgten Wiederaufnahmen der Verfahren sowie gegen die Vorschreibung von Umsatzsteuer für die nicht bezahlten Abschlagsrechnungen.
Beantragt wird eine ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2012 und Umsatzsteuer 2013 sowie die erklärungsgemäße Veranlagung der Umsatzsteuerbescheide betreffend die nicht bezahlten Abschlagsrechnungen.
Begründung:
Zu den Wiederaufnahmen der Verfahren:
In den Begründungen der Wiederaufnahmebescheide wird jeweils ausschließlich auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind, verwiesen.
Diese Unterlagen beinhalten aber keinen geeigneten Nachweis dafür, dass eine Wiederaufnahme gerechtfertigt ist. Es ist Aufgabe der Behörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (). Dabei sind von der Behörde nicht nur die entsprechenden Wiederaufnahmegründe anzugeben, sondern auch die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel darzustellen (Ritz, BAO3, § 307 Tz 3 mit Verweis auf ).
Dies wurde im konkreten Fall von der Behörde verabsäumt. Die - wie nachfolgend ausgeführt wird - aufgelisteten Unterlagen bzw Sachverhalte sind - entgegen der Äußerungen der Behörde - im Rahmen der gegenständlichen Außenprüfung eben gerade nicht neu hervorgekommen oder sind für die Wiederaufnahme eines Umsatzsteuerverfahrens nicht relevant.
Von der Abgabenbehörde wird in der Begründung der Wiederaufnahme lediglich allgemein ausgeführt, dass im Zuge der Außenprüfung unter anderem nachfolgende Unterlagen "erstmals vorgelegt und inhaltlich bewertet' worden seien:
• Eingangsrechnungen der AB GmbH über Personalbereitstellungen
• Ausgangsrechnungen der Bf. über Personalbereitstellungen
• Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden der Bf., insbesondere gegenüber der Gemeinde X sowie gegenüber der G Bau GmbH
• Aufstellung der" noch nicht abrechenbaren Leistungen zu den Stichtagen und "
Zusätzlich werden von der Abgabenbehörde nachfolgende "neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel" aufgelistet:
• Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der AB GmbH
• Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der Bf.
• Enge persönliche und wirtschaftliche Verbindung der beiden Unternehmen
• Erbringung von Leistungen und Legen von Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden wie der Gemeinde X und der Fa G Bau GmbH
Die Ausführung der Abgabenbehörde, dass obige Belege "erstmals" vorgelegt worden seien, ist unrichtig. Ebenso handelt es sich bei den aufgezählten Sachverhalten nicht um "neu hervorgekommene Tatsachen, sondern waren sämtliche Sachverhalte bereits bekannt. Für das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist der Wissenstand des jeweiligen Veranlagungsjahres maßgebend, wobei dies aus Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen ist. In der Begründung zur Wiederaufnahme des Verfahrens wird von der Behörde selbst ausgeführt, dass im Jahr 2012 bereits eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen des Zeitraums Jänner bis September 2012 stattgefunden hat, die zu keinen Feststellungen geführt hat und in deren Rahmen dem Betriebsprüfer, wie in der jetzigen Begründung der Behörde selbst ausgeführt wird, die steuerlichen Aufzeichnungen sowie die Eingangs- und Ausgangsrechnungen bis September 2012 vorgelegen sind. Ferner wird von der Abgabenhörde ausgeführt, dass im Rahmen der damaligen Prüfung "die steuerlichen Aufzeichnungen ebenso wie die Eingangs- und Ausgangsrechnungen des Zeitraums 1-9/2012 einer formalen und rechnerischen Kontrolle" unterzogen worden seien. Die Abgabenbehörde gibt somit zu, dass bereits im Rahmen der damaligen Prüfung eine konkrete Auseinandersetzung mit den entsprechenden Aufzeichnungen und Rechnungen erfolgte.
In diesen Eingangs- und Ausgangsrechnungen waren sowohl laufende Eingangsrechnungen der AB GmbH über Personalbereitstellungen als auch - sämtliche beanstandete - Ausgangsrechnungen der Bf. an die AB über Personalbereitstellungen bereits enthalten. Von den von der Abgabenbehörde im Rahmen der gegenständlichen Prüfung beanstandeten Rechnungen lagen nachfolgende Rechnungen bereits im Rahmen der Außenprüfung gem. § 147 der Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis September 2012 vor:
Eingangsrechnungen der AB GmbH
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Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
69s | 28.540,72 | 5.708,14 | |
72s | 50.448,38 | 10.089,68 | |
83s | 15.229,52 | 3.045,90 | |
86s | 19.627,74 | 3.725,55 | |
87A | 49.985,87 | 9.997,17 | |
87B | 51.833,49 | 10.366,70 | |
Gesamt | 215.665,72 | 42.933,14 |
Ausgangsrechnungen der Bf
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Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
02s | 11.830,50 | 2.366,10 | |
03s | 12.775,50 | 2.555,10 | |
05s | 10.723,50 | 2.144,70 | |
35.329,50 | 7.065,90 |
Die Eingangsrechnungen der AB GmbH des Zeitraums Jänner bis September 2012 unterscheiden sich vom Aufbau und Textierung her nicht von den Eingangsrechnungen ab Oktober 2012 (siehe Beilage 1). Es wurden mit allen beanstandeten Rechnungen gleichartige Leistungen, nämlich die Personalbeistellung für diverse Bauarbeiten verrechnet. Die maßgeblichen Verhältnisse waren im gesamten Jahr 2012 gleich. Bereits aus den Eingangsrechnungen geht - entgegen der Ausführungen der Abgabenbehörde - eindeutig hervor, dass es sich um Personalbereitstellung für Bauarbeiten handelt, wobei diesbezüglich beispielhaft auf die beiliegenden Eingangsrechnungen verwiesen werden kann (siehe Beilage 1).
Die Abgabenbehörde kommt mit ihrem allgemeinen - und unrichtigen - Verweis auf sämtliche Eingangsrechnungen der AB GmbH an die Bf. des Jahres 2012 ihrer Aufgabe, die Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind () sowie die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel darzustellen (Ritz, BAO3, § 307 Tz 3 mit Verweis auf ) nicht nach. Es erfolgt von der Abgabenbehörde nicht nur kein Verweis auf konkrete Eingangsrechnungen im Zeitraum Oktober bis Dezember 2012, sondern auch kein allgemeiner Verweis auf Eingangsrechnungen des Zeitraums Oktober bis Dezember 2012. Ebenso unterlässt die Abgabenbehörde die Darstellung der zeitlichen Abfolge des Bekanntwerdens der Rechnungen oder eine Begründung dafür, warum die Eingangsrechnungen des Zeitraums Jänner bis September 2012, mit denen bereits im Rahmen der ersten Außenprüfung des Zeitraums Jänner bis September 2012 laut eigenen Aussagen der Abgabenbehörde eine Auseinandersetzung erfolgte, neue Beweismittel oder Tatsachen darstellen sollten. Es ist somit aus der Bescheidbegründung nicht ersichtlich und nachvollziehbar, welche Beweismittel tatsächlich neu hervorgekommen sind. Auch in den Ausführungen des Prüfberichts zum Sachverhalt selbst (Tz 3) findet sich keinerlei Hinweis darauf, welche Eingangsrechnungen konkret betroffen sind und welchen Zeitraum des Jahres 2012 diese betreffen. Die bekämpften Wiederaufnahmebescheide sind somit mit einem Begründungsmangel behaftet.
Die beanstandeten und von der Abgabenbehörde als neu hervorgekommene Beweismittel angeführten Ausgangsrechnungen der Bf. an die AB GmbH, die im Übrigen die Monate März und April 2012 betreffen - lagen im Rahmen der Außenprüfung gemäß § 147 BAO der Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis September 2012 bereits vollständig vor und wurden von der Abgabenbehörde im damaligen Verfahren - wie in der Bescheidbegründung von der Abgabenhörde selbst ausgeführt wird - bereits einer konkreten Prüfung unterzogen. Auch aus diesen geht eindeutig hervor, dass es sich um Personalbereitstellung im Rahmen von Bauarbeiten handelt (siehe Beilage 2), zumal die Leistungen zwischen zwei Bauunternehmen verrechnet wurden. Es handelt sich nicht um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass aus der Bescheidbegründung nicht hervorgeht, um welche Ausgangsrechnungen der Bf. es sich konkret handelt. Der allgemeine Hinweis auf die Ausgangsrechnungen ist als Wiederaufnahmegrund nicht geeignet, wobei auf unsere obigen Ausführungen zu den Anforderungen an eine Bescheidbegründung im Wiederaufnahmeverfahren verwiesen sei.
Ebenso sind die allgemeinen Ausführungen der Abgabenbehörde, dass Abschlagsrechnungen erstmals hervorgekommen sind, unrichtig. So wurden bereits im Zeitraum Jänner bis September 2012 laufend Abschlagsrechnungen an Kunden, wie dem Magistrat X, gelegt (siehe etwa Beilage 3), wobei diesbezüglich im Bedarfsfall natürlich jederzeit weitere Abschlagsrechnungen dieses Zeitraums vorgelegt werden können. Der Sachverhalt "Erbringung von Leistungen und Legen von Abschlagsrechnungen an Kunden, wie etwa dem Magistrat X" ist somit ebenfalls nicht neu hervorgekommen, sondern war der Abgabenbehörde bereits bekannt, zumal an das Magistrat X laufend gleichartige Leistungen verrechnet werden, nämlich die Durchführung von Erdgrabarbeiten. Auch hier verabsäumt es die Abgabenbehörde darzulegen, welche Beweismittel tatsächlich konkret neu hervorgekommen sind, zumal die Abgabenhörde selbst zugibt, dass die Ausgangsrechnungen sowie die steuerlichen Aufzeichnungen der Bf. im Rahmen der ersten Außenprüfung einer Kontrolle unterzogen worden sind. Ein konkreter oder allgemeiner Verweis auf Abschlagsrechnungen des Zeitraums Oktober bis Dezember 2012 oder darauf, warum die Behörde vermeint, dass es sich bei den bereits im Rahmen der ersten Prüfung vorgelegten Abschlagsrechnungen des Zeitraums Jänner bis September 2012 um nunmehr neue Beweismittel handelt, findet sich weder im Prüfbericht noch in der Bescheidbegründung. Falls die Abgabenbehörde vermeint, dass erstmals im Rahmen der gegenständlichen Prüfung hervorgekommen sei, dass die Abschlagszahlungen bereits abrechenbare und umsatzsteuerpflichtige Teilleistungen betreffen würden (was im Übrigen im Rahmen der Beschwerde gegen den Sachbescheid bekämpft wird), ist der Abgabenhörde zu entgegnen, dass dieser Sachverhalt in der Bescheidbegründung für die Wiederaufnahme fehlt.
Im Zusammenhang mit den bereits im Rahmen der Außenprüfung gemäß § 147 BAO der Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis September 2012 vorgelegenen Eingangs- und Ausgangsrechnungen verweist die Abgabenhörde darauf, dass die vorlegten Rechnungen lediglich einer "formalen und rechnerischen Kontrolle unterzogen" worden seien. Erst im Rahmen der nunmehrigen Außenprüfung seien die Unterlagen des Jahres 2012 " einer nicht bloß rechnerischen und formalen Kontrolle sondern darüber hinaus auch einer inhaltlichen sowie rechtlichen Bewertung zugeführt worden. Diesbezüglich ist auszuführen, dass die Wiederaufnahme eines Verfahrens ausgeschlossen ist, wenn der Abgabenbehörde im wiederaufnehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon im ursprünglichen Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können (Ritz, BAO5, § 303, Tz 46 mit Verweis auf ; , 2010/15/192). Kein Wiederaufnahmegrund sind etwa neue Erkenntnisse in Bezug auf rechtliche Beurteilungen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen wurden (Ritz, BAO5, § 303, Tz 23 mit Verweis auf ; , 96/15/0148; , 2008/15/0215). Die Wiederaufnahme soll die Möglichkeit bieten auf Grund von neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismitteln, bis dato unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen, sie ist aber nicht dazu da, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung offengelegter Sachverhalte zu beseitigen (Ritz in BAO5, § 303, Tz 24 mit Verweis auf ). Die hier relevanten Sachverhalte - nämlich die Personalgestellung für Bauleistungen sowie die Legung von Abschlagsrechnungen und deren Ver-Ustung erst bei Zahlung - waren offengelegt und gehen darüber hinaus sogar aus den Rechnungstexten hinreichend hervor. Eine gesonderte "Ausforschung von Sachverhalten" wäre im konkreten Fall im Rahmen der ersten Prüfung nicht notwendig gewesen, um zu einer zutreffenden rechtlichen Würdigung zu kommen. Dass die Abgabenbehörde erst im jetzigen Prüfungsverfahren zur Ansicht gelangt ist, dass die Abschlagsrechnungen bereits umsatzsteuerpflichtige Teilleistungen sind, stellt eine neue rechtliche Würdigung eines bereits bekannten Sachverhalts dar.
Maßgeblich ist somit nicht - wie von der Behörde ausgeführt - dass die in der damaligen Außenprüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen des Zeitraums Jänner bis September 2012 vorgelegten Eingangs- und Ausgangsrechnungen - aus welchen Gründen auch immer - lediglich einer "formalen und rechnerischen" Kontrolle unterzogen wurden, sondern, dass die Behörde bereits damals eine "inhaltliche und rechtliche" Prüfung der vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen vornehmen bzw zu einer richtigen Beurteilung hätte kommen können. Dass mit den Eingangs- und Ausgangsrechnungen Leistungen für Personalgestellung für Bauarbeiten verrechnet wurden, geht bereits aus den Rechnungstexten hervor. Das Versäumnis der Behörde, die Unrichtigkeit der umsatzsteuerlichen Behandlung bestimmter - und betragsmaßig wesentlicher - Eingangs- und Ausgangsrechnungen im Rahmen der damaligen Prüfungshandlungen festzustellen, kann doch nicht nunmehr als Wiederaufnahmegrund in gegenständlichem Prüfungsverfahren herangezogen werden.
Inwiefern der Umstand, dass die AB GmbH und die Bf. in einem persönlichen und wirtschaftlichen Naheverhältnis stehen bzw gestanden sind, einen entscheidungswesentlichen Sachverhalt darstellen soll, ist nicht nachvollziehbar, da dies keinen Einfluss auf die richtige umsatzsteuerliche Behandlung der gegenständlichen Leistungen hat.
Unabhängig von etwaigen wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen, unterliegt die Personalgestellung für Bauarbeiten immer den Regelungen des § 19 UStG. Die diesbezüglichen Ausführungen der Abgabenbehörde sind somit irrelevant und stellen keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar. Im Übrigen ist bereits aus den damals vorgelegenen Eingangs- und Ausgangsrechnungen ersichtlich, dass die beiden Gesellschaften ihren Sitz an derselben Adresse haben. Das Naheverhältnis der beiden Gesellschaften wurde bereits im Rahmen der Außenprüfung gemaß § 147 BAO der Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis September 2012 thematisiert. Es handelt sich somit auch hier um keinen neuen und entscheidungswesentlichen Sachverhalt. Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente, also solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet sind (Ritz in BAO5, § 303 Tz 43 mit Verweis auf ; , 96/14/0176).
Im Zusammenhang mit der aufgezählten Aufstellung der "noch nicht abrechenbaren Leistungen" zu den Stichtagen und ist anzumerken, dass diese Aufstellung für die Umsatzsteuer ohne Relevanz ist und lediglich der Darstellung der Ermittlung der Bilanzpositionen "noch nicht abrechenbare Leistungen" und "erhaltene Anzahlungen und somit ertragsteuerlichen Zwecken dient. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer wurden von der Abgabenbehörde allerdings keine Feststellungen gemacht. Dass die Abschlagsrechnungen der Bf. grundsätzlich erst bei deren Zahlung der Umsatzsteuer unterworfen wurden, geht hingegen bereits aus den damals vorgelegten Buchhaltungskonten hervor. Bei der genannten Aufstellung handelt es sich somit weder um ein neues noch ein entscheidungsrelevantes Sachverhaltselement.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Wiederaufnahmebescheide der Verfahren Umsatzsteuer 2012 und 2013 keinen zulässigen und relevanten Wiederaufnahmegrund beinhalten.
Ergänzend ist Nachfolgendes anzumerken: Die Verfügung einer Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, wobei die Ermessensübung entsprechend zu begründen ist. Der Vorrang der Rechtsrichtigkeit rechtfertigt keine nur dieses Kriterium berücksichtigende Ermessensübung (Ritz, BAO5, §303, Tz 62 ff). Wirkt sich eine Wiederaufnahme zu Ungunsten der Partei aus, hat die Begründung darzulegen, aus welchen Gründen bei der Interessensabwägung den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit der Vorzug eingeräumt wurde (Ritz in BAO5, § 303, Tz 64 mit Verweis auf ). Wie bereits oben ausgeführt, fand bereits im Dezember 2012 eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO der Umsatzsteuer des Zeitraums Jänner bis September 2012 bei der Bf. statt. Da bereits die erste Prüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis September 2012 auf § 147 BAO gestützt wurde, hätte insoweit das Wiederholungsprüfungsverbot gemäß § 148 Abs 3 BAO der nachfolgenden nunmehrigen Prüfung in Bezug auf den Zeitraum Jänner bis September 2012 im Weg stehen können (siehe Ritz in BAO5, § 147, Rz 13). Zwar ist die Verletzung des Verbots einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos, allerdings kann die Rechtswidrigkeit einer Wiederholungsprüfung bei der Ermessensübung Berücksichtigung finden (Ritz in BAO5, § 303, Tz 85).
Bei der Ermessungsübung hinsichtlich der Verfügung einer Wiederaufnahme ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen (Ritz in BAO5, § 303, Tz 88). Dazu ist Nachfolgendes auszuführen:
Im Rahmen der Außenprüfung gemäß § 147 BAO der Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume Jänner bis September 2012 wurden die Eingangsrechnungen der AB GmbH nicht beanstandet und der Vorsteuerabzug nicht gestrichen. Wäre bereits zum damaligen Zeitpunkt der Vorsteuerabzug versagt worden, dann hätte die Bf. noch die Möglichkeit gehabt, die Rechnungen seitens der AB GmbH richtigstellen zu lassen und der Bf. wäre kein Schaden entstanden, da die AB GmbH zum damaligen Zeitpunkt noch nicht insolvent war. Da über das Vermögen der AB GmbH allerdings zwischenzeitlich das Konkursverfahren eröffnet wurde, führt eine eventuelle Rechnungskorrektur nicht dazu, dass die von der Bf. an die AB GmbH bezahlte Vorsteuer, von dieser wieder zurückbezahlt werden würde, da es sich um Konkursforderungen handelt.
Gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Abgabenrecht zu beachten ist, hat jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Verhalten zu stehen und darf sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben. Der VwGH hat diesbezüglich erkannt, dass der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgehensweise unbeanstandet gelassen hat, die Behörde lediglich nicht daran hindert, diese Vorgangsweise für spätere Zeitraume als rechtswidrig zu beurteilen (RL zum Grundsatz von Treu und Glauben, sowie VwGH20.12.2000, 98/13/0236).
Im konkreten Fall handelt es sich aber zum Großteil um nicht anerkannte Vorsteuern im selben Zeitraum sowie um Umsatzsteuer, die im Zeitraum, während die Außenprüfung gemäß § 147 BAO der Umsatzsteuer Jänner bis September 2012 stattgefunden hat (nämlich November und Dezember 2012), in Rechnung gestellt wurde. Da im Zeitraum, in dem die erste Prüfung stattgefunden hat, die Fakturierung der Rechnungen der AB GmbH mit 20%iger Umsatzsteuer sowie der sich daraus ergebende Vorsteuerabzug für die Monate Jänner bis September 2012 nicht beanstandet wurde, erfolgten logischerweise auch keine Rechnungskorrekturen für die Monate Oktober bis Dezember 2012. Der damalige Prüfer hätte die Bf. über den nicht zustehenden Vorsteuerabzug in Kenntnis setzen müssen. Angesichts der Akzeptanz der Geltendmachung der Vorsteuern im Zeitraum Jänner bis September 2012 wäre die Veranlassung einer Rechnungsänderung von Oktober bis Dezember 2012 durch die Bf. geradezu widersinnig gewesen. Gemäß Richtlinie zum Grundsatz von Treu und Glauben spricht der Grundsatz von Treu und Glauben im Übrigen auch gegen eine abweichende Beurteilung für Folgejahre, "wenn eine Vorgangsweise bei der Veranlagung "zugelassen " wurde oder "das Finanzamt eine Vorgangsweise auf Vorschlag der Betriebsprüfung "akzepiert" hat (VwGH, , 94/13/0070)" Die nunmehrige Betrachtung im Rahmen der derzeit stattfindenden Betriebsprüfung steht somit im Widerspruch zur aktuellen VwGH-Judikatur zum Grundsatz von Treu und Glauben.
Im Vertrauen darauf, dass aufgrund der Anerkennung der Vorsteuern im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung, die Vorgehensweise von der Bf. richtig war, erfolgte keine Korrektur der Rechnungen, die damals ohne Probleme noch möglich gewesen wäre. Die unterschiedliche Beurteilung zu den beiden Zeitpunkten und die Unmöglichkeit der Zurückerlangung der Vorsteuern von der AB durch deren Konkurs würde somit gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und bei der Bf. zu einem entsprechenden Vertrauensschaden führen.
Zu den Umsatzsteuerbescheiden 2012 und 2013
Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde von der Abgabenbehörde angenommen, dass die Abschlagsrechnungen bereits abrechenbare und somit umsatzsteuerpflichtige Leistungen betreffen, weshalb die Steuerschuld für diese Rechnungen nicht erst bei Zahlung, sondern bereits mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die verrechnete Leistung ausgeführt worden ist, entstehen würde. Betroffen sind im Jahr 2012 Abschlagszahlungen in Höhe von € 212.506,26 (richtig wohl: € 221.506,26) und somit Umsatzsteuer in Höhe von € 42.501,25 (richtig: € 44.301,25) sowie im Jahr 2013 Abschlagsrechnungen in Höhe von € 235.667,33. Unter Berücksichtigung jener Abschlagsrechnungen, die im Rahmen der Betriebsprüfung bereits als im Jahr 2012 umsatzsteuerpflichtig angenommen wurden, ergibt sich laut Betriebsprüfung für das Jahr 2013 ein zusätzlicher umsatzsteuerpflichtiger Betrag aus Abschlagsrechnungen von € 14.161,07 und somit Umsatzsteuer von € 2.832,21.
Mit diesen Ausführungen wird der tatsächliche Sachverhalt völlig ignoriert und verkannt und die rechtlichen Bestimmungen außer Acht gelassen.
In den Umsatzsteuerrichtlinien (UStRL, Rz 2611ff) wird diesbezüglich ausgeführt, dass Teillieferungen (nur dann) angenommen werden können, wenn
• die geschuldete Werklieferung nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbar ist,
• die Teile der Werklieferung abgenommen worden sind,
• vor der Abnahme vereinbart worden ist, dass für die Teile der Werklieferung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist
• und das Teilentgelt gesondert und endgültig abgerechnet wird.
Keiner dieser Punkte trifft im konkreten Fall zu.
Die Bf. führt im Wesentlichen Erdhubarbeiten im Zusammenhang mit der Verlegung von Wasserleitungen durch, wobei der Hauptauftraggeber die Gemeinde X ist. Aufgrund der Dauer der einzelnen Projekte und zur Sicherung der Liquidität werden - wie in der Bauwirtschaft üblich - in Abstimmung mit dem Auftraggeber Abschlagsrechnungen gelegt. Die Ermittlung der Abschlagsrechnungen basiert auf Schätzungen der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten. Eine endgültige Abrechnung der gesamten Leistung und eine exakte Ermittlung der einzelnen Leistungsbestandteile erfolgt erst nach Abschluss der Gesamtarbeiten.
Die Verrechnung von Abschlagszahlungen und die laufenden Arbeiten finden im Übrigen normalerweise gleichzeitig statt, dh während der laufenden Arbeiten werden die Kosten bis zu einem bestimmten Punkt ermittelt/geschätzt und zur Sicherung der Finanzierung der laufenden Arbeiten in Form von Abschlagszahlungen verrechnet. Dabei ist es üblich, dass in Bereichen, die bereits in einer bestimmten Abschlagszahlung berücksichtigt sind, nochmals gearbeitet werden muss. Von einer abgeschlossenen (Teil-)leistung kann keinesfalls die Rede sein.
Die Voraussetzungen, dass "vereinbart ist, dass für die Teile der Werklieferung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist sowie dass "das Teilentgelt endgültig abgerechnet wird\werden im konkreten Fall - entgegen der Äußerungen im Prüfbericht - eben nicht erfüllt. Der Hauptauftraggeber der Bf. ist die Gemeinde X. Wie im Prüfbericht unter Tz 1 festgehalten, sind für die jeweilige Auftragsvergabe die "Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X für Bauleistungen (WD 314)" (Beilage 4) maßgeblich. Im Prüfbericht werden von der Abgabenbehörde detailliert die Erfordernisse an die Ausstellung einer Abschlagsrechnung an die Gemeinde X auf Basis der oben genannten Allgemeinen Vertragsbestimmungen dargestellt und daraus geschlossen, dass bereits abgrenzbare Teilleistungen erbracht werden. Von der Abgabenbehörde unerwähnt bleibt allerdings, dass gerade aus den Allgemeinen Auftragsbedingungen der Gemeinde X hervorgeht, dass kein entsprechendes Teilentgelt für Teilleistungen vereinbart wurde. In den allgemeinen Vertragsbestimmungen werden nämlich drei Arten von Rechnungen genannt:
• Abschlagsrechnungen (siehe 4.3.2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen)
• Schlussrechnungen (siehe 4.3.3)
• Teilschlussrechnungen (siehe 4.3.4.)
Hinsichtlich der Teilschlussrechnungen wird in Punkt 4.3.4. der Allgemeinen Vertragsbestimmungen Nachfolgendes ausgeführt:
"Über vereinbarte Teilleistungen können Teilschlussrechnungen gelegt werden. Sie sind wie Schlussrechnungen zu behandeln." Teilschlussrechnungen führen zu denselben Konsequenzen wie Schlussrechnungen. So müssen Teilschlussrechnungen ebenso wie Schlussrechnungen spätestens 2 Monate nach der vertragsgemäßen Erbringung der Leistung vorgelegt werden. Teilschluss- und Schlussrechnungen dürfen erst nach erfolgter Teilübernahme bzw Übernahme der Leistung gelegt werden. Auch die Zahlungsmodalitäten und Fälligkeiten sind bei Teilschluss- und Schlussrechnungen gleich. Die Annahme einer Zahlung aufgrund einer Schluss- oder Teilschlussrechnung schließt gemäß Punkt 4.4.2 nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus.
Im Gegensatz dazu gelten für Abschlagsrechnungen nachfolgende Vereinbarungen:
• Unter Punkt 4.3.2.4 wird hinsichtlich der Abschlagsrechnungen ausdrücklich festgehalten, dass "Entscheidungen über die Ansätze und Mengen der Schlussrechnungen ... durch die Abschlagszahlungen nicht vorweggenommen werden".
• Gemäß Punkt 4.3.5.1 dürfen Abschlagsrechnungen in keinen kürzeren Abständen als ein Monat oder jeweils vereinbarten Zeitpunkten vorgelegt werden, was ebenfalls gegen das Vorliegen von abrechenbaren Teilleistungen spricht.
• Abschlagsrechnungen sind im Gegensatz zu Schluss- und Teilschlussrechnungen bereits 30 Tage nach Rechnungseingang fällig (Teilschluss- oder Schlussrechnungen erst 3 Monate nach Rechnungseingang).
• Von Abschlagsrechnungen ist gemäß Punkt 4.7.2 ein Deckungsrücklass in der Höhe von 5% des Rechnungsbetrages einzubehalten. Deckungsrücklässe dienen üblicherweise als Sicherstellung gegen Überzahlung bei Abschlagszahlungen. Das widerspricht einer endgültigen Leistungsabrechnung, da eine Überzahlung bei einer endgültigen Leistungsabrechnung aufgrund genauer Rechnungsprüfung wohl eher unwahrscheinlich ist.
Die Gewährleistungsfrist beginnt im Übrigen gemäß Punkt 6.6. mit der Übernahme zu laufen, im konkreten Fall mit Legung der Schlussrechnung. Die Ausführungen auf Seite 4 des Prüfberichts, wonach die "Darstellung des steuerlichen Vertreters, die Werkleistung könne erst mit Übergabe des fertigen Werkes an den Auftraggeber als erbracht angesehen werden" im Widerspruch zu "Passus 6 des Angebots-Formulars", wonach "keine förmliche Übernahme der erbrachten Leistungen" erfolge, stünden, ist nicht richtig. Es erfolgt immer eine Übernahme. Die allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X regeln unter Punk 6 allerdings zwei Arten von Übernahmen, und zwar die "förmliche Übernahme" (6.2.) und die "formlose Übernahme" (6.3). Die Rechtsfolgen förmlicher und formloser Übernahmen sind gleich. Der Umstand, dass im konkreten Fall gegenüber der Gemeinde X lediglich eine formlose Übernahme erfolgt, bedeutet nicht, dass das Werk bereits vor der formlosen Übernahme erbracht wurde.
Unter Punkt 6.7. der Allgemeinen Vertragsbestimmungen wird dazu ausgeführt, dass die Bestimmungen zur Übernahme "auch bei der Erfüllung von Teilleistungen" gelten. Werden Teilleistungen (wenn auch formlos) übernommen, kann aber wiederum eine Teilschlussrechnung gelegt werden und die Gewährleistungsfristen beginnen zu laufen. Für Abschlagsrechnungen gelten diese Regeln hingegen nicht. Vor der Legung einer Abschlagsrechnung erfolgt keine (formlose) Übernahme. Es handelt sich somit auch nicht um endgültig abrechenbare Teilleistungen.
Die von der Betriebsprüfung im Jahr 2012 beanstandeten Abschlagsrechnungen betreffen das Magistrat 30 ("X Kanal") mit einem Betrag von EUR 98.809,59 sowie das Magistrat 31 ("Wiener Wasserwerke") mit einem Betrag von EUR 122.696,68. Dazu ist auszuführen, dass bei Arbeiten für das Magistrat 31 (Wiener Wasserwerke) eine formlose Übernahme im Sinne der Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X erfolgt. Bereits aus den Angeboten an das Magistrat 31 geht allerdings hervor, dass keine Teilleistungen vereinbart werden.
Diesbezüglich sei beispielhaft auf Passus 5. in einem Angebot an das Magistrat 31 (Beilage 5) verwiesen: "Zwischentermine und/oder Teilleistungen werden nicht vereinbart". Im Übrigen wird im Angebot auf die Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X verwiesen, die bereits weiter oben detailliert dargestellt wurden. Dieses Angebot gleicht jenen Angeboten der hier gegenständlichen offenen Projekte.
Vom Magistrat 30 (X Kanal) wird nach Abschluss der gesamten Kanalarbeiten sehr wohl eine schriftliche Übernahme vorgenommen, allerdings intern, und zwar zwischen der Fachabteilung und dem Bauinspizient (Beilage 6). Danach sucht die Bf. um Übernahme an und wird ins Magistrat X Kanal eingeladen. Im Magistratsbüro wird eine Niederschrift angefertigt welche von der Fachabteilung und der Bf. unterschrieben wird. Erst dann ist das Gewerk übergeben und die Gewährleistung beginnt zu laufen. Die Schlussrechnung wird dabei mit den Geometerdaten der MA 41 neu berechnet. Wir verweisen beispielhaft auf diesbezüglichen Schriftverkehr des Magistrats X (X Kanal), aus dem eindeutig hervorgeht, dass pro Projekt lediglich eine Übernahme am Ende der Bauarbeiten erfolgt und auch die Gewährleistungsfristen erst dann zu laufen beginnen (Beilage 6). Beiliegend auch ein Geometerplan, der vom Magistrat erstellt wird und als Grundlage für die Schlussrechnung dient (Beilage 6).
Zusammenfassend ist den Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X sowie den sonstigen vorgelegten Unterlagen eindeutig zu entnehmen, dass entgegen den Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht, die Voraussetzungen für das Vorliegen von umsatzsteuerpflichtigen Teilleistungen nicht gegeben sind:
Voraussetzung "Teile der Werklieferungen und nicht erst das Gesamtwerk werden abgenommen"
Teilleistungen werden im konkreten Fall nicht abgenommen bzw es erfolgt vor Legen einer Abschlagsrechnung keine Übernahme. Vielmehr erfolgt erst bei Beendigung des Gesamtprojekts - unabhängig von der Verrechnung von Abschlagsrechnungen - eine (förmliche oder formlose) Übernahme, die maßgeblich für den Beginn der Gewährleistungsfrist ist. Diesbezüglich sei auch auf den Schriftverkehr des Magistrats 30 verwiesen (Beilage 6). Diese Voraussetzung ist somit nicht erfüllt. Gemäß Rz 2617 der UStR liegen keine Teillieferungen vor, wenn das Gesamtwerk abgenommen, jedoch auf die Abnahme der Teile verzichtet wird.
Voraussetzung "vor der Abnahme wird vereinbart, dass für die Teile der Werklieferung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist"
Aus den Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X geht eindeutig hervor, dass im konkreten Fall kein Teilentgelt vereinbart wurde, da diesfalls Teilschlussrechnungen gelegt werden müssten, die bereits die Konsequenzen von Schlussrechnungen nach sich ziehen.
In den Allgemeinen Vertragsbestimmungen wird dezidiert zwischen Teilschlussrechnungen über vereinbarte Teilleistungen und Abschlagsrechnungen unterschieden. Diese Voraussetzung ist somit nicht erfüllt.
Voraussetzung "das Teilentgelt wird gesondert und endgültig abgerechnet":
Schon aus Punkt 4.3.2.4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X geht hervor, dass mit den Abschlagsrechnungen keine endgültige Abrechnung erfolgt, da "Entscheidungen über die Ansätze und Mengen der Schlussrechnung ... durch die Abschlagszahlungen nicht vorweggenommen werden. Gegen eine endgültige Abrechnung spricht auch eindeutig der Abzug von Deckungsrücklässen in Hohe von 5% der Abschlagsrechnungen sowie der Umstand, dass Abschlagsrechnungen hinsichtlich ihrer Vorlage, Fälligkeit und dem Auslösen von Rechtsanspüchen anders gestellt als Teilschluss- oder Schlussrechnungen sind.
Für die endgültige Abrechnung von Teilleistungen gibt es laut der Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Gemeinde X das Instrument der Teilschlussrechnungen. Im Übrigen werden erst im Rahmen der Erstellung der Schlussrechnungen die exakten Maße und Zahlen für die Berechnung des Entgelts ermittelt, wobei im Fall der Stelle "Wiener Kanal" die abschließenden Maße anhand eines vom Magistrat erstellen Geometerplanes ermittelt werden. Von einer endgültigen Abrechnung kann bei den Abschlagsrechnungen nicht gesprochen werden.
Die oben genannte Voraussetzung ist somit nicht erfüllt.
Der Verweis auf Rz 2617 UStR auf Seite 4 des Prüfberichts ist nicht gerechtfertigt, da es sich um ein vereinfachtes Beispiel handelt, in dem unterstellt wird, dass (Teil-)arbeiten abgenommen und abgerechnet (offenbar endabgerechnet) werden, was im konkreten Fall aufgrund der anwendbaren Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X ausdrücklich ausgeschlossen ist und somit hier nicht zutrifft.
Die mit den Abschlagsrechnungen verrechnete Umsatzsteuer wird somit richtigerweise erst bei deren Zahlung versteuert."
Abschließend wurde ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung (wohl gemeint Beschwerde) durch den Senat beantragt.
Mit Schreiben vom nahm der Prüfer zur Beschwerde wie folgt Stellung:
"….Zu den beiden Hauptpunkten lt. Beschwerde wird ergänzend zu den Ausführungen lt. BP Bericht wie folgt Stellung genommen:
ad 1. Wiederaufnahme des Verfahrens
Durch die BP wurde erstmals eine Prüfung des Gesamtjahres 2012 sowie des Jahres 2013 durchgeführt. Zutreffend ist die Tatsache, dass für den Teilzeitraum 1-9/2012 bereits eine Außenprüfung stattfand. Dieser Umstand findet auch im BP Bericht Erwähnung.
Zu beachten ist jedoch, dass es sich nicht um eine Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs. 3 BAO handelt, weil es sich nicht um den gleichen Zeitraum (hier: Gesamtjahr 2012) handelt. Dieser Zeitraum beinhaltet daher erstmals neben den bereits vorgelegten Aufzeichnungen und Belegen aus 1-9/2012 auch jene Aufzeichnungen und Belege des Teilzeitraumes 10-12/2012 sowie, nicht unwesentlich, jene Abschlussbuchungen und Abgrenzungen, die erst im Rahmen der Erstellung von Steuerklärungen und Bilanz 2012 durchgeführt wurden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinn des § 303 Abs. 4 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen) des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl. das Erkenntnis des ).
Das wieder aufgenommene Verfahren betreffend U 2012 wurde anhand der am eingereichten Steuererklärung mit Bescheid vom erstmalig veranlagt.
Demnach ist es aus Sicht dieses Verfahrens denkunmöglich, dass im Zeitpunkt der USO-Prüfung 1-9/2012, abgeschlossen mit Bericht vom , sämtliche entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel vorlagen.
Weiters beschränkte sich die Vorprüfung als Umsatzsteuernachschau auf das Vorliegen rechnerischer und formaler Erfordernisse. Eine inhaltliche Bewertung der vorgelegten Rechnungen war nicht Prüfungsgegenstand.
Es kann daher aus dem bloßen Nichttreffen von materiellen Prüfungsfeststellungen nicht darauf geschlossen werden, dass die Rechnungen umfassend materiell bewertet und als korrekt eingestuft wurden. Eine Prüfung ohne Feststellung ist keinesfalls als Persilschein hinsichtlich nicht aufgegriffener Unrichtigkeiten anzusehen. Keinesfalls lässt sich daraus ein wie auch immer geartetes Recht ableiten, ein Verhalten trotz Unrechtmäßigkeit beizubehalten oder fortzusetzen.
Neben den von der Bf. aufgelisteten Eingangsrechnungen der AB GmbH wurden Weiters vorgelegt und von der BP beanstandet:
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Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
90A | 30.371,36 | 6.074,27 | |
97 | 49.970,98 | 9.994,20 | |
103 | 12.154,30 | 2.430,86 | |
104 | 62.716,71 | 12.543,34 | |
106 | 43.450,19 | 8.690,04 | |
Gesamt | 198.663,54 | 39.732,71 |
Dies ergibt gemeinsam mit den von der Bf. aufgelisteten Rechnungen:
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Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
69s | 28.540,72 | 5.708,14 | |
72s | 50.448,38 | 10.089,68 | |
83s | 15.229,52 | 3.045,90 | |
86s | 18.627,74 | 3.725,55 | |
87A | 49.985,87 | 9.997,17 | |
87B | 51.833,49 | 10.366,70 | |
Gesamt | 214.665,72 | 42.933,14 | |
Summe lt. BP Bericht | 413.329,25 | 82.665,85 |
(kursiv= Übertragungsfehler der Bf. durch BP korrigiert)
Hinsichtlich der gelegten Ausgangsrechnungen der Bf. an die C BAU GmbH handelt es sich wie von der Bf. dargestellt um folgende Rechnungen:
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Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
02s | 11.830.50 | 2.366,10 | |
03s | 12.775,50 | 2.555,10 | |
05s | 10.723,50 | 2.144,70 | |
Summe lt. BP Bericht | 35.329,50 | 7.065,90 |
Auch der Umstand, dass es sich bei den 2 Unternehmen um in einem personellen und gesellschaftlichen Naheverhältnis stehende Gesellschaften handelt, wurde im USO-Prüfungsverfahren nicht beleuchtet. Entgegen der Auffassung der Bf. stellt dieser Umstand sehr wohl ein entscheidungsrelevantes Kriterium dar.
Wie bereits im BP Bericht ausgeführt weisen die UStR in RZ 2602c an, dass, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger im Zweifelsfall annehmen, dass eine Bauleistung nicht vorliegt, obwohl sich dies nachträglich als falsch erweist, es dabei bleibt, wenn es dadurch endgültig zu keinem Steuerausfall gekommen ist.
Dieser "Irrtum" wurde von der Bf. im Betriebsprüfungsverfahren auch geltend gemacht.
Bei dem Umstand, dass beide Unternehmen personell und wirtschaftlich eng miteinander verbunden sind, handelt es sich daher durchaus um einen entscheidungsrelevanten.
Was die Abschlagsrechnungen an die Gemeinde X und andere Kunden betrifft war es, wie im BP Bericht dargestellt, dem Vorprüfer im Rahmen der Umsatzsteuernachschau 1-9/2012 faktisch gar nicht möglich zu erkennen, dass Diskrepanzen vorlagen.
Erstens wurden diese Abschlagrechnungen im Zeitpunkt der Rechnungslegung buchhalterisch nicht erfasst, konnten daher im Rahmen der USO-Prüfung nicht beurteilt werden.
Zweitens existierten die bilanziellen Abgrenzungen "Noch nicht abrechenbare Leistungen" sowie "Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen" zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Es war daher für den Vorprüfer objektiv nicht erkennbar, dass außer den erfassten (bereits vereinnahmten ) Abschlagsrechnungen noch weitere nicht erfasste (noch nicht vereinnahmte) Rechnungen existierten. Dies konnte erst im Rahmen der BP und auch da erst nach konkretem Fragenvorhalt entschlüsselt werden.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens für die Jahre 2012 und 2013 erfolgte daher nach Ansicht der BP schon alleine aus diesem Grund zu Recht.
ad 2. Umsatzsteuer aus Abschlagsrechnungen
Dazu wird auf die ausführliche Darstellung lt. BP Bericht verwiesen.
Von der Bf. wird in umfassender Weise auf die zivilrechtlichen Vertragsbestimmungen sowie auf das Entstehen und Andauern von Gewährleistungsansprüchen aus diesen Bestimmungen Bezug genommen.
Nach Ansicht der BP sind diese zivilrechtlichen Vertragsbestimmungen irrelevant. Entscheidend ist hier einzig die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" wie auch von der Bf. selbst unter Zitierung der maßgeblichen Bestimmung lt. UStR, RZ 2611 ff angeführt.
In wirtschaftlicher Betrachtungsweise leistet die Bf. Erdhubarbeiten, die nach Laufmetern abzurechnen sind. Diese werden auch tatsächlich nach geleistetem Baufortschritt abgerechnet. Dazu wird eine (lt. steuerl. Vertreter "..zugegebenermaßen recht genaue") Schätzung der Abrechnungsgrundlagen (Laufmeter) vorgenommen. Grobe Abrechnungsdifferenzen zu den Schlussrechnungen waren nicht feststellbar.
Eine förmliche Übernahme durch den Auftraggeber ist nicht vereinbart.
Ob etwaige Gewährleistungsansprüche oder sonstige zivilrechtliche Fristen an eine Schlusskollaudierung anknüpfen, ist nach Ansicht der BP nicht relevant.
Es handelt sich nicht um Anzahlungen, sondern um tatsächliche Rechnungen für bereits geleistete Arbeiten.
Nach Ansicht der BP ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die oa Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"In der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend die Umsatzsteuer 2012-2013 bringt die Bf. vor, dass die Behörde nicht nur die entsprechenden Wiederaufnahmegründe anzugeben, sondern auch die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel darzustellen hatte, dies aber unterlassen hat. Dieser Vorwurf ist unzutreffend und geht insofern ins Leere, da die Wiederaufnahmegründe im Betriebsprüfungsbericht angeführt sind und in den korrespondierenden Teilziffern ausführlich behandelt wurden. Darüber hinaus ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismittels nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumption zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hatte gelangen können.
Das wiederaufgenommene Verfahren betreffend die Umsatzsteuer 2012 wurde anhand der am eingereichten Steuererklärungen mit Bescheid vom erstmalig veranlagt. Allein daraus ergibt sich, dass im Zeitpunkt der Umsatzsteuersonderprüfung des Zeitraumes 1-9/2012, abgeschlossen mit Bericht vom , der Behörde nicht sämtliche entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel vorlagen.
Die erst im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Rechnungen die den Zeitraum nach der Umsatzsteuersonderprüfung betreffen stellen somit neue Tatsachen und Beweismittel dar. Deren inhaltliche Durchsicht konnte daher erstmals im Zuge der Prüfung stattfinden, da sie während der Umsatzsteuersonderprüfung nicht vorlagen. Dass im wiederaufgenommenen Verfahren die bereits vorgelegten Unterlagen einer genaueren und auch anderen Beurteilung mitunterzogen werden und als Basis für Feststellungen der Betriebsprüfung dienen können, wird wohl schwerlich von der Bf. zu bestreiten sein.
Der Argumentation der Bf., dass die Eingangsrechnungen der AB GmbH des Zeitraums Jänner bis September 2012 sich vom Aufbau und Textierung her nicht von den Eingangsrechnungen ab Oktober 2012 unterscheiden, kann nicht gefolgt werden. Tatsache bleibt, dass diese Rechnungen nicht zur Verfügung standen und dementsprechend die Verhältnisse der Behörde nicht so vollständig offen gelegt waren, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.
Im Bericht über die Betriebsprüfung wurde klar und deutlich herausgestellt, dass durch das Vorlegen der noch nicht kontrollierten Rechnungen eben jene Beweismittel hervortraten wie es im Zeitpunkt der Umsatzsteuersonderprüfung noch nicht der Fall war. Analog verhält es sich mit den Abschlagsrechnungen. Da, wie im BP-Bericht ausführlich dargestellt, im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung die Diskrepanzen zwischen den Abschlagsrechnungen nicht erkennbar waren, da sie im Zeitpunkt der Rechnungslegung buchhalterisch nicht erfasst waren, konnte die Vorprüfung diese Rechnungen nicht in korrekter Weise als Beweismittel einordnen geschweige denn einer korrekten rechtlichen Beurteilung unterziehen. Dieses konnte erst im Zuge der Betriebsprüfung erledigt werden, und stellt somit neu hervorgekommene Beweismittel dar.
Darüber hinaus existierten die bilanziellen Abgrenzungen noch nicht abrechenbarer Leistungen und erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, wie schon im BP-Bericht ausgeführt, zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aus diesem Grunde war es dem Vorprüfer gar nicht möglich objektiv zu erkennen, dass außer den erfassten (bereits vereinnahmten) Abschlagsrechnungen noch weitere nicht erfasste (noch nicht vereinnahmte) Rechnungen existierten. Dies konnte daher nur im Rahmen der Betriebsprüfung und dann auch erst nach der Beantwortung eines konkreten Fragenvorhalts beleuchtet werden.
Der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (z.B. ).
Betreffend die aus diesen Abschlagsrechnungen resultierende Umsatzsteuer ist folgendes zu sagen: Auf Grund der ausführlichen Darstellung im Betriebsprüfungsbericht, steht wohl unzweifelhaft fest, dass die Erdhubarbeiten, die die Bf. tätigt, nach tatsächlich geleisteten Arbeiten (Laufmetern) abgerechnet wird, somit nicht als Anzahlungen gesehen werden können, sondern als Rechnungen für bereits erbrachte tatsächliche Leistungen.
Aus diesem Grunde kann der Bf. auch in diesem Punkt nicht gefolgt werden."
Mit Eingabe vom stellte der steuerliche Vertreter der Bf. einen Vorlageantrag gem. § 264 BAO und beantragte gleichzeitig die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung über die "Berufung" durch den Senat.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf die ausführlichen Darlegungen in der Beschwerde verwiesen werde, die auch unverändert aufrecht halten werden.
Im Zusammenhang mit den Abschlagsrechnungen werde ergänzend darauf hingewiesen, dass in der Beschwerde die vertraglichen Bestimmungen mit dem Magistrat X ausführlich dargelegt worden seien und die Gründe, warum es sich bei den Abschlagsrechnungen nicht um bereits umsatzsteuerpflichtige Teilleistungen handeln könne, angeführt worden seien. In der Beschwerdevorentscheidung sei keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Punkten und vertraglichen Bestimmungen erfolgt, sondern es sei lediglich auf die - unrichtigen - Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht verwiesen worden.
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die oa Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Mit Schreiben vom übermittelte der steuerliche Vertreter der Bf. nachstehenden Schriftsatz ("Äußerung im Beschwerdeverfahren"):
1. Zu den Abschlagsrechnungen
"1.1. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten
Leider erst nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung hat der EuGH in seinem Urteil vom , C-224/18, Budimex grundlegende Aussagen zur Frage getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Mehrwertsteueranspruch bei ausgeführten Bau- und Montagearbeiten entsteht.
Im Einzelnen sind diesem Urteil ua die folgenden Aussagen von Relevanz für den konkreten Fall zu entnehmen:
• Gewöhnlich werden Bau- und Montageleistungen zwar mit dem Zeitpunkt der physischen Fertigstellung der Arbeiten als erbracht angesehen (Rz 23).
• Unbeschadet dieses Umstands stellt aber die "wirtschaftliche und geschäftliche Realität" ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar (Rz 27).
• Es sind daher auch die einschlägigen Vertragsbestimmungen zu beachten, die die wirtschaftliche und geschäftliche Realität in dem Bereich widerspiegeln, in dem die Leistung ausgeführt wird (Rz 29).
• In Folge dessen können einschlägige Vertragsbestimmungen dazu führen, dass eine Leistung erst in einem Stadium nach der physischen Fertigstellung als erbracht anzusehen ist (Rz 29).
• Dies ist dann der Fall, wenn in der Vertragsbestimmung vorgesehen ist, dass
der Auftraggeber das Recht hat, vor der Abnahme der Ordnungsmäßigkeiten der ausgeführten Bau- oder Montagearbeiten zu überprüfen
und
der Leistungserbringer verpflichtet ist, erforderliche Änderungen vorzunehmen, damit das Ergebnis tatsächlich dem entspricht, was vereinbart wurde (Rz 31).
• Soweit die Bedingung, die die Erstellung eines Abnahmeprotokolls durch den Auftraggeber darstellt, erst mit Ablauf einer Frist eintritt, die dem Auftraggeber eingeräumt ist, um dem Leistungserbringer eventuelle Leistungsmängel mitzuteilen, die dieser beheben muss, damit die Leistung dem entspricht, was vereinbart wurde, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die betreffende Leistung vollständig erbracht wurde, bevor die Abnahme erfolgt ist (Rz 32).
• Zudem ist zu beachten, dass die Besteuerungsgrundlage für die Erbringung einer Dienstleistung die vom Steuerpflichtigen erhaltene Gegenleistung darstellt (Rz 33). Da es nicht möglich ist, die vom Auftraggeber geschuldete Gegenleistung zu bestimmen, bevor dieser die Bauleistung abgenommen hat, kann der Steueranspruch deshalb nicht vor der Abnahme entstehen (Rz 34).
• Die Formalität der Abnahme gehört diesfalls vielmehr selbst zur erbrachten Leistung. Die Abnahme ist daher ausschlaggebend für die Annahme, dass die Leistung tatsächlich erbracht wurde (Rz 35).
Bei dieser Rechtslage sind für den konkreten Fall dem für die Abwicklung der verfahrensgegenständlichen Aufträge maßgebenden "Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X für Bauleistungen" (Beilage 4 zur Beschwerde) folgende Abnahmebestimmungen zu entnehmen:
• Es ist explizit eine Übernahme vorgesehen (Pkt 6.).
• Diese kann entweder unter Einhaltung einer bestimmten Form (förmliche Übernahme) oder ohne besondere Förmlichkeiten erfolgen (Pkt 6.1.1.)
• Bei der förmlichen Übernahme ist dem Auftraggeber die Fertigstellung der Leistungen schriftlich mitzuteilen und dieser zur Übernahme aufzufordern. Der Auftraggeber hat die Leistung binnen 30 Tagen zu übernehmen (Pkt 6.2. L).
• Kommt der Auftraggeber ohne Angaben von Gründen der Aufforderung zur Übernahme der Leistungen nicht förmlich nach, dann gilt die Übernahme mit Fristablauf als erfolgt (Pkt 6.2.2.).
• Der Auftraggeber hat die Übernahme der Leistung in einer Niederschrift zu erklären und in diese ua auch gerügte Mängel an der erbrachten Leistung und eine Fristsetzung für ihre Behebung aufzunehmen (Pkt 6.2.3).
• Mit der Übernahme gilt die Leistung als erbracht (Pkt 6.6.1).
Wir dürfen an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die sich aus den Allgemeinen Vertragsbestimmungen ersichtliche zeitliche Abfolge in den Geschäftsbeziehungen natürlich auch tatsächlich gelebt wurde. Als Nachweis für die Richtigkeit dieses Vorbringens legen wir in der Anlage exemplarisch die folgenden ergänzenden Unterlagen vor:
• Schreiben unserer Mandantin an das Magistrat der Stadt X mit dem Ersuchen um Übernahme des Bauvorhabens 1221 X, Adr.3 WKN-742/11 vom (Anlage /l).
• Einladung des Magistrats der Stadt X zur Übernahme der Baumeisterarbeiten vom samt Niederschrift der Übernahme vom gleichen Tage (Anlage /2).
Ein Beispiel für ein Übernahmeprotokoll wurde von uns bereits mit der Beschwerde als Beilage 6 vorgelegt.
Auch im konkreten Fall kann daher im Hinblick auf die vereinbarten - laut EuGH die maßgebende "wirtschaftliche und geschäftliche Realität" widerspiegelnden - Vertragsbedingungen nicht angenommen werden, dass die Leistungen bereits mit dem Zeitpunkt von deren physischen Fertigstellung erbracht wurden. Abzustellen ist aufgrund der Vertragsbedingungen auch für den konkreten Fall vielmehr auf jenem Zeitpunkt, zu dem die jeweilige Abnahme erfolgte, da diese nach der zitierten Judikatur des EuGH explizit noch als Teil der zu erbringenden Leistung einzustufen ist.
Abnahmen im Sinne der vertraglichen Vereinbarungen erfolgten aber jeweils nicht bereits anlässlich der Ausstellung der strittigen Abschlagsrechnungen, sondern erst nach Fertigstellung des gesamten Auftrags.
Die anderslautende Beurteilung durch das Finanzamt im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung stützt sich nur auf dem Umstand, dass die Abschlagsrechnungen nach Laufmetern ausgestellt worden sein sollen (Seite 2 der Beschwerdevorentscheidung). Diese Beurteilung steht somit im Widerspruch zur aufgezeigten Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH, wonach nicht die physische Fertigstellung, sondern erst die abschließende Abnahme den Prozess der Leistungserbringung abschließt.
1.2. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung unter technischen Gesichtspunkten
Auch losgelöst von den zitierten Erwägungen des EuGH ist die Beurteilung des Finanzamts schon aus rein technischen Gründen zu verwerfen. Entgegen der Annahme des Finanzamts erbringt unsere Mandantin nämlich keineswegs nur "Erdhubarbeiten" (so aber Seite 2 der Beschwerdevorentscheidung). Mit dieser pauschalen Annahme wird der Komplexität der von unserer Mandantin erbrachten Leistungen nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen.
Die von unserer Mandantin bei den jeweiligen Bauvorhaben erbrachten Leistungen beschränken sich nicht auf Aushubarbeiten, sondern umfassen vielmehr ua auch die Verlegung von Sohlschalen und die Herstellung von Kanälen für Abflussrohre und/oder Kabelverlegungen. Diese unterschiedlichen Teilleistungen erfordern unterschiedliche bauliche Vorarbeiten. Die jeweils spezifische Leistung wird danach von verschiedenen unterschiedlichen "Partien" erbracht. Aus diesen bautechnischen Gründen ergibt sich, dass ein Bauabschnitt nicht im gleichen Zeitraum hinsichtlich sämtlicher auftragsgemäß vereinbarten Anforderungen abgeschlossen werden kann.
Nun wurden die Abschlagsrechnungen, die einen abgegrenzten Bauabschnitt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt betreffen, nicht erst dann gelegt, wenn sämtliche der für diesen Straßenabschnitt vereinbarten Teilleistungen erbracht wurden. Folglich beinhalten die Abschlagsrechnungen daher auch nicht die gesamten in dem jeweiligen räumlichen Bauabschnitt zu erbringenden Leistungen.
Auch die technischen und faktischen Gegebenheiten beweisen daher, dass die Annahme einer Abrechnung von abgegrenzten erbrachten Teilleistungen durch die gegenständlichen Abschlagsrechnungen zu verwerfen ist.
Zum Beweis für die Richtigkeit dieses Vorbringens legen wird in der Anlage exemplarisch ein Diagramm vor, dass die zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechnungslegung der von zwei Teilrechnungen des Projekts Adr.2 erbrachten unterschiedlichen Teilleistungen färbig darstellt (Anlage /3). Weiters legen wir die zugehörige 2. Abschlagsrechnung Adr.2 vom vor (Anlage /3a). Im konkreten Fall waren ua Leistungen in Form von dem Aushub, der Verfüllung und einem Profilkanal betroffen. Aus diesem Dokument ist unmittelbar ersichtlich, dass die für den Abschluss eines bestimmten Streckenabschnitts erforderlichen Teilleistungen notwendigen Arbeiten nicht zeitlich kongruent erfolgen (und auch nicht erfolgen können).
Weiters legen wir als Beweis für die tatsächlichen technischen Gegebenheit ein Farbfoto eines in Bau befindlichen Kanals vor, das die typischen unterschiedlichen Bauzustände der unfertigen Teilleistungen "Kanal" und "Sohlschale" demonstriert (Anlage ./4). Für einen in diesem Zustand befindlichen Bauabschnitt erfolgt jedoch regelmäßig bereits die Abrechnung einer Abschlagsrechnung.
Aus den faktischen bautechnischen Gegebenheiten folgt somit zwingend, dass mit den Abschlagsrechnungen zum Zeitpunkt der Rechnungslegung jeweils keine vollständig erbrachten, abgrenzbaren abgeschlossenen Teilleistungen abgerechnet wurden.
2. Zur Vorsteuerabzugsberechtigung aus den Eingangsrechnung der AB GmbH
Die von der Fa. AB GmbH erbrachten Personalbeistellungsleistungen unterliegen dem reverse-charge System des § 19 Abs 1a UStG. Ungeachtet dieses Umstands wurden diese Rechnungen (ohne Zutun unserer Mandantin) von der AB zu Unrecht nach den allgemeinen Vorschriften mit einem gesonderten Umsatzsteuerausweis ausgestellt.
Die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge wurden von unserer Mandantin an die AB GmbH auch entrichtet. Nachdem über deren Vermögen am das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (siehe Firmenbuchauszug Anlage /5), können die von unserer Mandantin zu viel entrichteten Beträge zivilrechtlich von dieser nicht mehr rückgefordert werden.
Für derartige Fälle verweist der EuGH auf die Grundsätze der Neutralität und Effektivität der Richtlinienregelung, die zu einem unmittelbaren Rückforderungsanspruch gegenüber den Steuerbehörden führen, wenn der zivilrechtliche Anspruch gegenüber dem Leistenden nicht oder nur übermäßig erschwert durchsetzbar ist.
Als Fälle, in denen der Anspruch nicht oder nur übermäßig erschwert anzusehen ist, werden vom EuGH diesbezüglich ua die Insolvenz des leistenden Unternehmers genannt (Ruppe/Achatz, UStG6, § 12 Rz 49 mit Verweis auf Rs Reemtsma, Rn 40; , C-564/15 "Tibor Farkas"; , C-691/17 "PORR Etitesi Kft, , C-397/21 "HUMDA Magyr" Rn 38). Diesen Grundsätzen folgt auch der VwGH, , Ra 2017/15/0102 und der (Ruppe/Achatz, UStG6, § 12 Rz49). Zur vorgenannten Judikatur darf betont werden, dass die genannte Rechtssache "Tibor Farkas" den Fall eines reverse-charge Umsatzes betraf, in dem es zu einer Rechnungsausstellung nach den allgemeinen Vorschriften kam.
Voraussetzung für diesen unmittelbar entstehenden Rückforderungsanspruch gegenüber den Steuerbehörden ist allerdings, dass der leistende Unternehmer die von ihm unrichtigerweise in Rechnung gestellte Umsatzsteuer vor der Insolvenzeröffnung auch an das Finanzamt abgeführt hat. Dies war im konkreten Fall für die Voranmeldungszeiträume bis inklusive September 2012 der Fall.
Als Beweis für die Richtigkeit dieses Vorbringens legen wir in der Anlage die Rückstandsausweis gliederung des Steuerkontos der Fa. AB GmbH, StNr 09 081/6000 vom (somit zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung) vor. Dieser Rückstandsaufgliederung ist zu entnehmen, dass der erste nicht entrichtete Umsatzsteuervoranmeldungsbetrag erst jener für das Monat Oktober 2012 war. Zudem ist dieser Aufstellung zu entnehmen, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum März bis September 2012 erfolgten (Anlage /6).
Somit besteht zu Gunsten unserer Mandantin entsprechend der zitierten Judikatur des EuGH ein unmittelbarer Anspruch auf Vergütung der ihr in Rechnung gestellten und von ihr auch an die Fa. AB GmbH entrichteten Vorsteuerbeträge in Höhe von gesamt € 42.933,14, die im Zeitraum Mai bis August 2012 anfielen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beleg | Datum | Betrag netto | USt |
69s | 28.540,72 | 5.708,14 | |
72s | 50.448,38 | 10.089,68 | |
83s | 15.229,52 | 3.045,90 | |
86s | 18.627,74 | 3.725,55 | |
87A | 49.985,87 | 9.997,17 | |
87B | 51.833,49 | 10.366,70 | |
Gesamt | 214.665,72 | 42.933,14 |
Zur Nachvollziehbarkeit dieser Beträge verweisen wir auf die Arbeitsunterlagen der Außenprüfung, von denen wir das maßgebende Blatt mit den beanstandeten Eingangsrechnungen der Fa. AB GmbH als Anlage /7 vorlegen.
Wir beantragen somit, die abzugsfähigen Vorsteuern aus den Rechnung der AB GmbH in Höhe von € 42.933,14 festzusetzen. Dadurch reduziert sich das Mehrergebnis laut Außenprüfung in diesem Streitpunkt von € 82.665,85 auf € 39.732,71.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012 € | 2013 € | |
Abschlagszahlungen: | 0,00 | 0,00 |
Mehrergebnis AP Punkt VSt Bauleistungen | 82.665,85 | 0,00 |
VSt Bauleistung nicht abzugsfähig: | 39.732,71 | 0,00 |
VSt Bauleistungen abzugsfähig | 42.933,14 | 0,00 |
82.665,85 | 0,00 | |
Nachzahlung VSt Bauleistungen | 39.732,71 | 0,00 |
Anlagen:
./I : Schreiben unserer Mandantin an das Magistrat der Stadt X mit dem Ersuchen um Übernahme des Bauvorhabens 1221 X, Adr.3 WKN-742/11 vom .
./2: Einladung des Magistrats der Stadt X zur Übernahme der Baumeisterarbeiten vom samt Niederschrift der Übernahme vom gleichen Tage.
./3: Diagramm über zeitlichen Ablauf Bauvorhaben Adr.2 "Leistungen der 2. Teilrechnung" und "Leistungen der 3. Teilrechnung".
./3a: 2. Abschlagsrechnung Bauvorhaben Adr.2
./4: Farbfoto unterschiedliche Bauphase bei Kanalbauten.
./5: Historischer Firmenbuchauszug FN vom .
./6: Daten des Steuerkontos AB GmbH vom .
./7: Arbeitsunterlagen Außenprüfung "Eingangsrechnungen der AB GmbH" undatiert."
Im Zuge der mündlichen Senatsverhandlung am wurde ergänzend vorgebracht:
Seitens des Betriebsprüfers wird klargestellt, dass die Rechnungen betreffend Firma G kein strittiges Thema sind, da es sich um Reverse Charge Rechnungen handelt.
Zum Akt genommen wird ein Anbot aus dem Jahr 2012 für X Kanal, woraus ersichtlich ist, dass eine förmliche Übernahme der erbrachten Leistungen vertraglich vereinbart ist. Auch bei Wiener Wasser gibt es immer eine Übernahme der erbrachten Leistungen, wenn auch ohne förmliche Übernahme. Die Beilage 5 der Beschwerde stammt aus dem Jahr 2016 und trifft auf die strittigen Jahre nicht zu. Zu der nichtförmlichen Übernahme ist auf die allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X zu verweisen.
Vorgelegt werden zum Bauvorhaben Adr.2 die Ausschreibungsunterlagen vom zum Nachweis, dass Übernahmen vereinbart sind. Bis zur Übernahme dürfen keine Einleitungen in den Straßenkanal erfolgen.
Seitens des Finanzamtes wird ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Prüfung nur die Umsatzsteuerrichtlinien und noch nicht die neueste EuGH-Judikatur "Budimex" bekannt gewesen sind. Auf den vorliegenden Fall wäre diese EuGH-Judikatur anzuwenden, sofern die Sachverhalte in etwa vergleichbar sind.
Zum Beschwerdepunkt des Vorsteuerabzuges aus den Eingangsrechnungen der Firma AB GmbH führte das Finanzamt aus, dass aufgrund der neuesten EuGH-Judikatur der Vorsteuerabzug zu gewähren wäre, weil von der Firma C die Umsatzsteuer im Zeitraum Jänner bis September 2012 an das Finanzamt abgeführt wurde.
Seitens des steuerlicher Vertreters wird festgehalten, dass es richtig ist, dass bezüglich Wiederaufnahme hinsichtlich Umsatzsteuerbescheid 2012 die Rechnungen ab Oktober 2012 neu hervorgekommen sind.
Die Vertreterin des Finanzamtes führt aus, dass hinsichtlich des Einwands des Vertrauensschadens beim Ermessen eine Berücksichtigung im Rahmen einer Nachsicht möglich wäre.
Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.
Die Vertreter des Finanzamtes beantragen eine teilweise Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde.
Der steuerliche Vertreter beantragt eine Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde im Sinne des Vorbringens in der Eingabe vom . Die Vorsteuervergütung ist im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
A. Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013:
A.1. Rechtslage:
§ 303 BAO lautet (seit ) auszugsweise wie folgt:
"(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) […]
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen."
Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft, so ist nach der auch für das Beschwerdeverfahren sinngemäß geltenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (vgl. Z.B. ).
Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den von der Abgabenbehörde herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltselemente, welche die Abgabenbehörde als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter der Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. ; ).
Entscheidend ist daher im Fall einer amtswegigen Wiederaufnahme, ob und gegebenenfalls welche für die Abgabenbehörde neu hervorgekommenen Umstände seitens der Behörde dargetan wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (). Bedeutsam ist dabei, ob die Abgabenbehörde der Wiederaufnahme auch klar erkennbar einen bestimmten Tatsachenkomplex zu Grunde gelegt hat.
Im Rahmen des von der Abgabenbehörde festgelegten Tatsachenkomplexes ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme zu prüfen, ob das Verfahren aus den von der Abgabenbehörde gebrauchten Gründen tatsächlich wiederaufgenommen werden durfte. Dafür sind gegebenenfalls auch ergänzende Ermittlungen anzustellen und nähere Feststellungen zu treffen. Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich von der Behörde herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt dabei kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 303 Anm 10; sowie mit weiteren Nachweisen).
A.2. Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2012:
Am langte die Erklärung elektronisch ein.
Am erging der Erstbescheid für das Jahr 2012.
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wiederaufgenommen. Im Bericht über die Außenprüfung vom wurde festgehalten, dass Feststellungen getroffen worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich machen. Der Bescheid verwies hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2012 auf die Feststellungen in Tz 1-3 des BP-Berichtes.
In der Beschwerde wird der Wiederaufnahmebescheid im Wesentlichen mit der Begründung angefochten, dass die Beweismittel und die Tatsachen hinsichtlich der Abschlagsrechnungen sowie der Ein- und Ausgangsrechnungen in Zusammenhang mit der AB GmbH. dem Finanzamt bereits vor der Betriebsprüfung auf Grund einer vorher durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung bekannt gewesen seien.
Neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel:
Die Abgabenbehörde hat in der Begründung der angefochtenen Bescheide auf den Prüfungsbericht bzw. Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein solcher Verweis grundsätzlich zulässig ist. Allerdings muss dabei aus dem verwiesenen Bericht schlüssig und nachvollziehbar hervorgehen, auf welche Wiederaufnahmegründe sich die Abgabenbehörde stützt (vgl. mit Verweis auf ; ).
Im vorliegenden Fall hat die Abgabenbehörde die Wiederaufnahme im Punkt "Prüfungsabschluss" des BP-Berichtes vom betreffend der Abgabenart Umsatzsteuer für den Zeitraum 2012 auf die Feststellungen in der Tz 1 -3 gestützt.
All diese Feststellungen zusammen bilden daher den Tatsachenkomplex im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur, auf welchen die Abgabenbehörde die Wiederaufnahme gestützt hat und somit die "Sache" des gegenständlichen Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht.
Im Bericht über die Außenprüfung sind alle Unterlagen aufgelistet, die erstmals aufgrund der Anforderung durch die Behörde der abgabenfestsetzenden Stelle vorgelegt und inhaltlich bewertet wurden:
- Eingangsrechnungen der Fa. AB GmbH über Personalbereitstellungen
- Ausgangsrechnungen der Bf. über Personalbereitstellungen
-Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden der Bf., insbesondere gegenüber der Gemeinde X sowie gegenüber der Fa. G Bau GmbH
-Aufstellung der "Noch nicht abrechenbaren Leistungen" zum Stichtag
Zum Neuhervorkommen der zur Wiederaufnahme herangezogenen Tatsachen hat die Abgabenbehörde bezüglich der explizit angeführten Wiederaufnahmegründe klar und deutlich ausgeführt, aufgrund welcher Belege, die erstmals im Zuge der strittigen Prüfung vorgelegt wurden, die jeweiligen Tatsachen neu hervorgekommen sind. Aber auch bezüglich der impliziten Wiederaufnahmegründe hat die Behörde nach Ansicht des Gerichts mit ausreichender Deutlichkeit ("…aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung…") dargelegt, dass diese Umstände der Behörde erst während der strittigen Prüfung bekannt wurden. Überdies genügt nach der höchstgerichtlichen Judikatur die aktenmäßige Erkennbarkeit des Neuhervorkommens (; , 89/13/0245; , 92/15/0095; , 94/15/0003), die im vorliegenden Fall nach den Feststellungen jedenfalls gegeben ist.
Wissensstand der Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide für die Jahre 2012 und 2013
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommen Tatsachen und Beweismittel dann im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO neu hervor, wenn sie der für die Abwicklung eines bestimmten Verfahrens berufenen Organisationseinheit der Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides noch nicht bekannt waren (; , 99/15/0262, 0263). Maßgeblich ist der Wissensstand der abgabenfestsetzenden Stelle, weshalb es der Wiederaufnahme grundsätzlich auch nicht entgegenstünde, wenn ein Prüforgan im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis gehabt hätte (vgl. ; , 2011/15/0106).
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme ist daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht maßgeblich, ob bzw. inwieweit der Vorprüfer vom maßgeblichen Sachverhalt Kenntnis hatte, sondern allein der auf dem Inhalt des Veranlagungsaktes basierende Wissensstand der abgabenfestsetzenden Stelle.
Unstrittig ist, dass es eine Umsatzsteuersonderprüfung hinsichtlich des Zeitraumes 01-09/2012, abgeschlossen mit Bericht vom , gegeben hat.
Im Zuge der nun strittigen Außenprüfung wurde erstmals das Gesamtjahr 2012 anhand der am eingereichten Umsatzsteuererklärung einer Prüfung unterzogen.
Wenn der steuerliche Vertreter der Bf. vorbringt, dass die belangte Behörde bereits die bei der Außenprüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen des Zeitraumes 01-09/2012 vorgelegten Eingangs- und Ausgangsrechnungen einer "formalen und rechnerischen Kontrolle" unterzogen hat, und damit die Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen sei, da der belangten Behörde im wiederaufnehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon im ursprünglichen Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können, dann ist dem entgegenzuhalten, dass hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2012 im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides nicht alle entscheidungswesentlichen Belege und Aufzeichnungen vorhanden waren.
Das Gesamtjahr 2012 beinhaltet daher neben den bereits vorgelegten Aufzeichnungen und Belegen aus dem Zeitraum 01-09/2012 auch jene Aufzeichnungen und Belege des Teilzeitraumes 10-12/2012 sowie darüberhinaus, jene Abschlussbuchungen und Abgrenzungen, die erst im Rahmen der Erstellung der Steuererklärungen und Bilanzen für das Jahr 2012 durchgeführt wurden. Dies mit der Folge, dass die Belege 10-12/2012 sowie die Bilanz für das Jahr 2012 neue Tatsachen und Beweismittel darstellen.
Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln bezieht sich immer auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen) des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl. ).
Das wiederaufgenommene Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2012 wurde anhand der Steuererklärung (eingebracht am ) erstmals mit Bescheid vom veranlagt.
Wenn der steuerliche Vertreter der Bf. in der Beschwerde vorbringt, dass die Behörde nicht nur die entsprechenden Wiederaufnahmegründe anzugeben, sondern auch die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel darzustellen hätte, dies aber unterlassen habe, dann ist dem entgegenzuhalten, dass die von der belangten Behörde herangezogenen Wiederaufnahmegründe im Betriebsprüfungsbericht angeführt sind und in den korrespondierenden Teilziffern ausführlich behandelt worden sind.
Nach Ansicht des BFG und auch der belangten Behörde ist es daher aus der Sicht des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2012 denkunmöglich, dass im Zeitpunkt der Umsatzsteuersonderprüfung für die Monate 01-09/2012 abgeschlossen mit Bericht vom , sämtliche entscheidungswesentliche Tatsachen und Beweismittel vorlagen.
Der Argumentation der Bf., dass die Eingangsrechnungen der AB GmbH des Zeitraums Jänner bis September 2012 sich vom Aufbau und Textierung her nicht von den Eingangsrechnungen ab Oktober 2012 unterscheiden, kann nach Ansicht des BFG nicht gefolgt werden. Denn Tatsache bleibt, dass fünf Rechnungen aus Oktober und Dezember 2012 über insgesamt € 198.663,54 netto plus € 39.732,71 USt während der Umsatzsteuersonderprüfung nicht zur Verfügung standen und dementsprechend die Verhältnisse der Behörde nicht so vollständig offengelegt waren, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde nunmehr seitens des steuerlichen Vertreters bestätigt, dass die Eingangsrechnungen ab Oktober 2012 im Hinblick auf den Umsatzsteuerbescheid 2012 neu hervorgekommen sind.
Die näheren Umstände bezüglich der Abschlagsrechnungen sind - wie im Bericht über die Außenprüfung vom ausführlich dargestellt - ebenfalls erst während der Außenprüfung neu hervorgekommen.
Nach diesen Feststellungen hatte die abgabenfestsetzende Stelle keine Kenntnis vom für die Wiederaufnahme maßgeblichen Sachverhalt, weshalb dem Vorbringen des Bf., wonach keine neu hervorgekommenen Tatsachen vorliegen würden, nicht gefolgt werden kann. Dasselbe würde im Übrigen selbst unter Einbeziehung des Wissensstandes des Vorprüfers gelten, da nach den Feststellungen auch dieser keine Kenntnis vom für die Wiederaufnahme maßgeblichen Sachverhalt hatte.
Eignung, anders lautende Bescheide herbeizuführen
Für die Anwendung des § 303 Abs. 1 BAO reicht nicht allein das Vorliegen neu hervorgekommener Tatsachen aus; hinzutreten muss, dass die Abgabenbehörde bei Kenntnis dieser Tatsachen im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide anders lautende Bescheide erlassen hätte (; , 2002/15/0017). Dass dies der Fall gewesen wäre, erscheint dem erkennende Gericht jedoch geradezu offensichtlich.
Daher hätte der von der Abgabenbehörde als neu hervorgekommen dargelegte und als Wiederaufnahmegrund herangezogene Sachverhalt hinsichtlich der Eingangsrechnungen von der AB GmbH. nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedenfalls zu einem anders lautenden Erstbescheid für 2012 geführt, wenn er der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide vollständig bekannt gewesen wäre.
Anzumerken ist, dass entgegen den Ausführungen der Abgabenbehörde die neu hervorgekommenen Abschlagszahlungen nicht zu einer Bescheidänderung führen (s. Pkt. B.1.).
Eingewendete Verfahrensmängel
Eine - wie vom Bf. behauptet wurde - unzulässige Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs. 3 BAO hat im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden, da von den Prüfungsaufträgen der Vorprüfung und der strittigen Prüfung unterschiedliche Zeiträume umfasst waren. Das Ausstellen eines Prüfungsauftrages für einen Zeitraum, der zwar bereits von einer früheren Nachschau, aber nicht von einem früheren Prüfungsauftrag umfasst war, ist nach § 148 Abs. 3 BAO nicht untersagt, da diese Bestimmung ausschließlich auf den förmlichen Akt des Prüfungsauftrages abstellt (vgl. ). Im Übrigen wäre selbst ein tatsächlicher Verstoß gegen das Verbot einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos und bei der Wiederaufnahme nur im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen (; , 90/14/0148; , 94/13/0132; , 92/14/0212; , 98/14/0118).
Was der Bf. im Ergebnis bemängelt, ist im Wesentlichen der Umstand, dass im Zuge der strittigen Prüfung Feststellungen zu Sachverhalten getroffen wurden, die zumindest teilweise schon (tatsächlich oder angeblich) Gegenstand vorheriger abgabenbehördlicher Prüfungen waren, in welchen diese entweder nicht aufgegriffen oder nicht beanstandet wurden. Darin kann das Gericht jedoch keinen Verfahrensmangel erblicken.
Die Tatsache, dass eine frühere abgabenbehördliche Prüfung ein bestimmtes Vorgehen des Abgabepflichtigen unbeanstandet ließ, hindert die Abgabenbehörde nämlich nicht, dasselbe Vorgehen für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (; , 98/15/0150). Vielmehr ist die Abgabenbehörde sogar verpflichtet, von einer unrichtigen Tatsachenwürdigung oder Rechtsansicht abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 117 E 17 mit zahlreichen Judikaturfundstellen).
Zusammenfassende Würdigung - Ermessensübung
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts liegen die von der Behörde herangezogenen Wiederaufnahmegründe vor (das Neuhervorkommen jener Tatsachen, welche den Feststellungen Tz. 3 hinsichtlich Umsatzsteuer 2012 der strittigen Prüfung zugrunde liegen), da diese Tatsachen der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide tatsächlich nicht bekannt waren. Hätte die Abgabenbehörde die neu hervorgekommenen Umstände bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide gekannt, hätte sie bereits damals einen anders lautenden Bescheid erlassen. Der Tatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist somit erfüllt und die Wiederaufnahme erweist sich daher als rechtmäßig.
Die Wiederaufnahme eines Verfahrens steht im Ermessen der Behörde, wobei grundsätzlich der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) einzuräumen ist (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 303 Anm 31). Gründe, die gegen eine Wiederaufnahme sprechen würden, liegen nicht vor.
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" (vgl. zB. ; , 2003/17/0132; , 2009/15/0161; 18,12.2019, Ro 2018/15/0025).
Die "Billigkeit" gebietet etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben (Ritz/Koran, BAO7, § 114 Tz 6ff) sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei (vgl. Stoll, BAO, 208). Zur "Zweckmäßigkeit" iSd § 20 gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (s. Ritz/Koran, BAO7, § 20, Tz 7).
Insbesondere sind die steuerlichen Auswirkungen insgesamt nicht geringfügig, wobei die Auswirkungen in allen wiederaufgenommenen Verfahren nach der höchstgerichtlichen Judikatur zusammenzurechnen sind ( mit weiteren Nachweisen).
Die Abgabenbehörde trifft auch kein Verschulden daran, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen nicht bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide berücksichtigt wurden. Verfahrensmängel wie insbesondere eine unzulässige Wiederholungsprüfung oder ein Verstoß gegen den Grundsatz des Parteiengehörs liegen ebenfalls nicht vor.
Wenn der steuerliche Vertreter der Bf. im Zusammenhang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vorbringt, dass wäre bereits im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen der Fa. AB GmbH gestrichen worden, dann hätte die Bf. noch die Möglichkeit gehabt, die Rechnungen seitens der Fa. AB GmbH richtigstellen zu lassen und der Bf. wäre kein Schaden entstanden.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Rechnungen der Fa. AB GmbH. über die Personalgestellung eindeutig § 19 Abs. 1a UStG 1994 unterliegen (reverse charge) und daher kein Umsatzsteuerausweis zulässig gewesen wäre. Auch in der Beschwerde wird zugestanden: "Unabhängig von etwaigen wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen unterliegt die Personalgestellung für Bauarbeiten immer den Regelungen des § 19 UStG." Die - eindeutig - unrichtige umsatzsteuerliche Behandlung kann daher insofern keine Ermessensübung zu Gunsten der Bf auslösen, als die AB GmbH. gesellschaftsrechtlich und personell eng mit der Bf verflochten gewesen ist. Da die Rechtslage klar ist und die Bf steuerlich vertreten ist, muss der Bf bewusst gewesen sein, dass die gegenständlichen Rechnungen der Rechtslage widersprechen.
Die Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2012 ist daher als unbegründet abzuweisen.
A.3. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2013:
Am langte die Erklärung elektronisch ein.
Am erging der Erstbescheid für 2013
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2013 wiederaufgenommen. Im Bericht über die Außenprüfung vom wurde festgehalten, dass Feststellungen getroffen worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich machen und verwies hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2013 auf die Feststellungen in Tz 1-3 des BP-Berichtes.
In der Beschwerde wird der Wiederaufnahmebescheid im Wesentlichen mit der Begründung angefochten, dass die Beweismittel und die Tatsachen hinsichtlich der Abschlagsrechnungen dem Finanzamt bereits vor der Betriebsprüfung auf Grund einer vorher durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung bekannt gewesen seien.
Die Außenprüfung stützte die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2013 auf die Tz 1-3 des BP-Berichtes.
Als neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel hob der Prüfer hervor:
1.) Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der AB GmbH
2.) Erbringung von Bauleistungen mit Baupersonal der Bf.
3) enge persönliche und wirtschaftliche Verbindung der beiden Unternehmen
4.) Erbringung von Leistungen und Legen von Abschlagsrechnungen gegenüber Kunden wie der Gemeinde X und Fa. G Bau GmbH
Dazu ist festzuhalten, dass im Jahr 2013 nur Punkt 4 als neue Tatsache anzusehen ist, da die Punkte 1 und 2 nur im Jahr 2012 relevant waren und Punkt 3 nicht entscheidungsrelevant ist.
Wie Punkt B.1. des Erkenntnisses zu entnehmen ist und auch ausführlich dargestellt wird, ergibt sich im Lichte des EuGH Erkenntnisses "Budimex", - entgegen der Ansicht der Außenprüfung- dass die Formalität der Übernahme selbst zur Leistung gehört und daher ausschlaggebend für die Annahme ist, wann die Leistung tatsächlich erbracht wurde. Insbesondere im Hinblick auf die vereinbarten Vertragsbedingungen der Stadt X, dass Abnahmen nicht bereits anlässlich der Ausstellung der strittigen Abschlagsrechnungen erfolgten, sondern erst die abschließende Abnahme den Prozess der Leistungserbringung abschließt.
Die Ansicht der Außenprüfung, dass mit den Abschlagsrechnungen jeweils vollständig erbrachte, abgrenzbare abgeschlossene Teilleistungen abgerechnet worden sind, findet in dem nun vorliegenden EuGH Erkenntnis "Budimex" keine Deckung, wonach auf jenen Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die jeweilige Abnahme erfolgt ist.
An der bisherigen Vorgangsweise der Bf., dass nämlich erst bei Zahlung, welche auf diese Rechnungen geleistet wurde, gebucht wurde, ist daher festzuhalten.
Es sind daher im Zuge der Außenprüfung keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, deren Kenntnis mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2013 wird stattgegeben.
B. Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013:
B.1. Abschlagszahlungen 2012 und 2013 (Tz 1 des BP-Berichtes):
Das BFG geht von nachstehendem Sachverhalt aus:
Die Bf. hat sowohl für die Stadt X als auch für die Fa. G Tiefbauarbeiten durchgeführt. Für die Fa. G hat die Bf. im Jahr 2013 als Subunternehmer bei der Errichtung von Fernwärme- bzw. Fernkälteleitungen mitgewirkt. Die von der Bf. für die Fa. G erbrachten Bauleistungen hat der Prüfer, da es sich um einen Fall von Reverse Charge (Umkehr der Steuerschuld; die Steuerschuld geht vom Leistungserbringer an den Leistungsempfänger über) handelt, nicht der Umsatzsteuer unterzogen und sind diese Leistungen auch nicht strittig.
Für den Hauptauftraggeber Stadt X werden nicht nur "Erdhubarbeiten" durchgeführt, sondern umfassen die bei den jeweiligen Bauvorhaben erbrachten Leistungen vielmehr ua auch die Herstellung von Sohlschalen und Betonarbeiten zur Herstellung des Profilkanals und/oder Kabelverlegungen. Diese unterschiedlichen Teilleistungen erfordern unterschiedliche bauliche Vorarbeiten. Die jeweils spezifische Leistung wird danach von verschiedenen unterschiedlichen "Partien" erbracht. Aus diesen bautechnischen Gründen ergibt sich, dass ein Bauabschnitt nicht im gleichen Zeitraum hinsichtlich sämtlicher auftragsgemäß vereinbarten Anforderungen abgeschlossen werden kann (siehe Eingabe vom ).
Die Abschlagsrechnungen, die einen abgegrenzten Bauabschnitt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt betreffen, wurden nicht erst dann gelegt, wenn sämtliche der für diesen Straßenabschnitt vereinbarten Teilleistungen erbracht wurden. Die Abschlagsrechnungen beinhalten daher auch nicht die gesamten in dem jeweiligen räumlichen Bauabschnitt zu erbringenden Leistungen.
Diese Abschlagsrechnungen werden in standardisierter Form nach Vorgabe des Auftraggebers Stadt X gelegt. Aufgrund der Dauer der einzelnen Projekte und zur Sicherung der Liquidität werden in Abstimmung mit dem Auftraggeber Abschlagsrechnungen gelegt. Die Ermittlung der Abschlagsrechnungen basiert auf Schätzungen der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten. Eine endgültige Abrechnung der gesamten Leistung und eine exakte Ermittlung der einzelnen Leistungsbestandteile erfolgt erst nach Abschluss der Gesamtarbeiten.
Dabei wird detailliert der Leistungszeitraum, über den abgerechnet wird, sowie die jeweilige Teilleistung, die bereits erbracht wurde, angeführt. Die Umsatzsteuer wird gesondert ausgewiesen.
Die Bf. hat die gelegten Abschlagsrechnungen erst bei Vereinnahmung der Zahlungen, welche auf diese Rechnungen geleistet wurden, der Besteuerung unterworfen. Durch die Abgrenzung der "noch nicht abrechenbaren Leistungen" wurde die bilanzielle Erfassung der bisher unterlassenen Buchungen wieder nachträglich korrigiert.
Nach Ansicht der BP handelt es sich bei diesen Abschlagsrechnungen um Rechnungen über konkret abgrenzbare Teilleistungen (Abrechnung der geleisteten Arbeiten nach Laufmetern), also Teilrechnungen und nicht um die bloße Anforderung von Anzahlungen.
Im Rahmen der Außenprüfung wurden daher Abschlagsrechnungen (betreffend Stadt X) im Jahr 2012 in Höhe von € 221.506,26 (USt € 44.301,25) und im Jahr 2013 in Höhe von € 14.161,07 (USt € 2.832,21) jeweils der 20% igen Umsatzsteuer unterzogen.
In der Beschwerde wurden seitens der steuerlichen Vertretung Einwände dem Grunde, aber nicht der Höhe nach vorgebracht. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass von abgeschlossenen (Teil-)leistungen nicht die Rede sein kann.
Beweiswürdigung und rechtliche Würdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten Akten, der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und dem erstatteten Vorbringen des steuerlichen Vertreters der Bf. insbesondere der Äußerung zur Beschwerde vom und ist insofern nicht strittig.
Strittig ist, hinsichtlich der für die Stadt X erbrachten Leistungen,
1) ob mit den vorliegenden "Abschlagsrechnungen" bereits über physisch erbrachte (Teil-)Leistungen der Bf. abgerechnet wird (nach Ansicht der belangten Behörde) oder
2) ob die in Rechnung gestellten Leistungen erst nach förmlicher oder ohne förmliche Übernahme der erbrachten Leistung der Umsatzsteuer zu unterziehen sind (nach Ansicht der Bf.),
wodurch sich unterschiedliche Zeitpunkte für die Entstehung der Steuerschuld ergeben.
Gemäß § 19 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung); dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist.
Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist.
Im gegenständlichen Fall erbringt die Bf. Leistungen in Form von Erdhubarbeiten bzw. Baumeisterarbeiten.
Um eine abgrenzbare Teillieferung annehmen zu können, ist immer zu beachten, dass eine Lieferung wirtschaftlich sinnvoll teilbar ist, vom Auftraggeber abgenommen wird, ein Teilentgelt vereinbart worden ist und dieses Teilentgelt auch gesondert und endgültig abgerechnet wird (siehe Gaedke, Teilleistungen in der Bauwirtschaft, SWK 1997, S 79ff).
Der Unterschied der Teilrechnung zur Anzahlungsrechnung besteht darin, dass die auf der Teilrechnung angeführte Lieferung oder Leistung bereits erbracht wurde.
Die Auftragsvergabe des Hauptauftraggebers Gemeinde X erfolgt nach Ausschreibung und Angebotslegung unter Zugrundelegung der "Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X" (WD 314). Sämtliche Schritte unterliegen einem vorgegebenen Standardverfahren der Stadt X unter Vorgabe der Bedingungen.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung legte der steuerliche Vertreter der Bf. ein Anbot der Stadt X aus dem Jahr 2012 betreffend X Kanal vor, woraus ersichtlich ist, dass eine förmliche Übernahme der erbrachten Leistungen vertraglich vereinbart ist. Auch bei Wiener Wasser gibt es eine Übernahme der erbrachten Leistungen, wenn auch ohne förmliche Übernahme. Zu der nichtförmlichen Übernahme ist auf die allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X zu verweisen. Festzuhalten ist, dass das der Beschwerde beigelegte Angebotsschreiben (Beilage 5) nicht das streitgegenständliche Jahr betrifft.
Weiters wurden die Ausschreibungsunterlagen vom zum Nachweis, dass Übernahmen vereinbart worden sind, vorgelegt. Im Punkt 4 der Vorbemerkungen wird festgehalten, dass bis zur Übernahme keine Einleitungen in den Straßenkanal erfolgen dürfen.
Den "Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt X für Bauleistungen" sind folgende Abnahmebestimmungen zu entnehmen:
• Es ist explizit eine Übernahme vorgesehen (Pkt 6.).
• Diese kann entweder unter Einhaltung einer bestimmten Form (förmliche Übernahme) oder ohne besondere Förmlichkeiten erfolgen (Pkt 6.1.1.).
Bei der förmlichen Übernahme ist dem Auftraggeber die Fertigstellung der Leistungen schriftlich mitzuteilen und dieser zur Übernahme aufzufordern. Der Auftraggeber hat die Leistung binnen 30 Tagen zu übernehmen (Pkt 6.2.1.).
• Kommt der Auftraggeber ohne Angaben von Gründen der Aufforderung zur Übernahme der Leistungen nicht förmlich nach, dann gilt die Übernahme mit Fristablauf als erfolgt (Pkt 6.2.2.).
• Der Auftraggeber hat die Übernahme der Leistung in einer Niederschrift zu erklären und in diese ua auch gerügte Mängel an der erbrachten Leistung und eine Fristsetzung für ihre Behebung aufzunehmen (Pkt 6.2.3).
• Mit der Übernahme gilt die Leistung als erbracht (Pkt 6.6.1).
Als Nachweis dafür, dass die zeitliche Abfolge in den Geschäftsbeziehungen auch tatsächlich gelebt wurde, legte der steuerliche Vertreter der Bf. ein Schreiben der Bf. an den Magistrat der Stadt X mit dem Ersuchen auf Übernahme des Bauvorhabens 1221 X, Adr.3 vom sowie eine Einladung des Magistrats der Stadt X zur Verhandlung vom betreffend Übernahme der Baumeisterarbeiten samt Niederschrift über die Übernahme vom gleichen Tag vor. Ein Beispiel für ein Übernahmeprotokoll wurde bereits mit der Beschwerde als Beilage 6 vorgelegt.
Der EuGH hat im Urteil vom , C-224/18 "Budimex", grundlegende Aussagen zur Frage getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Mehrwertsteueranspruch bei ausgeführten Bau- und Montagearbeiten entsteht.
Festzuhalten ist, dass dieses Urteil erst nach der strittigen Außenprüfung bzw. der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung ergangen ist und daher dem Prüfer nicht zur Verfügung stand.
Aus diesem EuGH Urteil geht hervor, dass zwar gewöhnlich die Arbeiten bei Bau- und Montageleistungen mit dem Zeitpunkt der physischen Fertigstellung als erbracht angesehen werden; aber unbeschadet dessen stellt bei der Einstufung einer Transaktion als "steuerbarer Umsatz" im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie die wirtschaftliche und geschäftliche Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar, das zu berücksichtigen ist (s. EuGH "Budimex", Rz 27). Die Abnahme ist ausschlaggebend für die Annahme, dass die Leistung tatsächlich erbracht wurde (s. nochmals EuGH "Budimex", Rz 35).
Auch in Ruppe/Achatz, Kommentar zum USTG6, § 3 Rz 153, wird unter Verweis auf EuGH "Budimex" davon ausgegangen, dass im Fall einer vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme diese Formalität selbst zur Erbringung der Leistung rechnet; bis zur Abnahme kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Leistung vollständig erbracht ist. Geht die Verfügungsmacht ohne förmliche Abnahme über, so ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe bzw der Aufnahme der bestimmungsgemäßen Nutzung geliefert (s zB. ).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass im Hinblick auf die vereinbarten Vertragsbedingungen der Stadt X nicht angenommen werden kann, dass die Leistungen bereits mit dem Zeitpunkt von deren physischer Fertigstellung erbracht wurden.
Nach Ansicht des Senates ist vielmehr auf jenen Zeitpunkt abzustellen, zu dem die jeweilige Abnahme erfolgte, da diese im Sinne des oa EuGH Urteiles als Teil der zu erbringenden Leistung einzustufen ist.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde erfolgen die Abnahmen im Sinne der vertraglichen Vereinbarung nicht bereits anlässlich der Ausstellung der strittigen Abschlagsrechnungen, sondern erst nach Fertigstellung des gesamten Auftrages durch förmliche oder formlose Übernahme durch den Auftraggeber Stadt X (s. oa Abnahmebestimmungen). Anzumerken ist, dass eine formlose Abnahme durch Aufnahme der bestimmungsgemäßen Nutzung vor der Fertigstellung des Projekts nicht denkbar ist.
Zudem folgt aus den faktischen bautechnischen Gegebenheiten, dass mit den Abschlagsrechnungen zum Zeitpunkt der Rechnungslegung jeweils keine vollständig erbrachten, abgrenzbaren abgeschlossenen Teilleistungen abgerechnet wurden. Auch dies wurde vom steuerlichen Vertreter durch ein exemplarisch vorgelegtes farbliches Diagramm nachgewiesen, das die zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechnungslegung der von zwei Abschlagsrechnungen des Projektes Adr.2 erfassten unterschiedlichen Teilleistungen färbig darstellt. Anhaltspunkte für eine (förmliche oder formlose) Abnahme von Leistungen im Zeitpunkt der Ausstellung der Abschlagsrechnungen finden sich nach der Aktenlage nicht.
Zu beachten ist auch, dass in den Abschlagsrechnungen jeweils 5% Deckungsrücklass in Abzug gebracht wird. Dieser Umstand spricht ebenfalls gegen endgültige Leistungsabrechnungen, da in Schluss- bzw. Teilschlussrechnungen ein Deckungsrücklass nicht vorgesehen ist (Allgemeine Vertragsbestimmungen der Stadt X, Pkt.4.7.2.).
In diesem Punkt ist daher der Beschwerde stattzugeben.
Berechnung für das Jahr 2012
Steuerpflichtige Umsätze 2012
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerpflichtige Umsätze lt. BP | 1.328.222,14 € |
- Tz 1 Abschlagsrechnungen | -221.506,26 € |
Steuerpflichtige Umsätze lt. BFG | 1.106.715,88 € |
Davon 20% Umsatzsteuer | 221.343,18 € |
2013:
§ 261 Abs. 2 BAO lautet:
"Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1 ) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären."
Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheidet gem. § 307 Abs. 3 BAO ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, der alte Sachbescheid lebt wieder auf.
Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies:
Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 vom lebt durch die Aufhebung des angefochtenen Wiederaufnahmebescheides wieder auf. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Steuer sind diesem Umsatzsteuerbescheid zu entnehmen.
Die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 wird als gegenstandslos erklärt.
B.2. Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen der Fa. AB GmbH2012 (RC)
Das BFG geht in diesem Punkt von nachstehendem Sachverhalt aus:
Die Fa. AB GmbH hat im Jahr 2012 Rechnungen für Personalgestellung an die Bf. in Höhe von insgesamt netto € 413.329,25 plus Umsatzsteuer in Höhe von € 82.665,85 ausgestellt (s. Tz 3 des BP-Berichtes). Die Bf. hat die Rechnungen inkl. Umsatzsteuer an die Fa. C GmbH bezahlt.
Unstrittig ist, dass es sich hier um Bauleistungen handelt, die dem Übergang der Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1a UStG 1994 unterliegen und die Umsatzsteuer daher zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde.
Fest steht, dass die Fa. AB GmbH die in den Rechnungen aus dem Zeitraum Mai- August 2012 (insgesamt netto € 214.665,72) zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer von insgesamt € 42.933,14 an das Finanzamt abgeführt hat. Als Nachweis wurde die Rückstandsaufgliederung vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass der erste nicht entrichtete Umsatzsteuervoranmeldungsbetrag jener für den Monat Oktober 2012 war. Hingegen wurde die in den Rechnungen aus Oktober und Dezember 2012 (insgesamt € 198.663,54) ausgewiesene Umsatzsteuer von insgesamt € 39.732,71 nicht an das Finanzamt abgeführt.
Über die Fa. AB GmbH wurde am ein Sanierungsverfahren eröffnet, welches mit Beschluss von aufgehoben wurde. Mit Beschluss vom wurde in der Folge ein Konkursverfahren eröffnet. Im Jahr 2018 erfolgte die Schlussverteilung im Konkurs und die Löschung wegen Vermögenslosigkeit.
Strittig ist, ob der Bf. der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. C GmbH für den Zeitraum Mai- August 2012, für welche die Umsatzsteuer an die Finanzbehörde abgeführt wurde, zusteht.
Rechtliche Grundlagen und Erwägungen:
§ 19 Abs 1a UStG 1994 lautet:
"Bei Bauleistungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Erfolgt dies zu Unrecht, so schuldet auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer.
Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen…"
Aus dieser Gesetzesbestimmung (Übergang der Steuerschuld) ergibt sich eindeutig, dass die Umsatzsteuer von der Bf. als Leistungsempfänger geschuldet wird. Die Fa. C GmbH schuldet die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 auf Grund der Rechnung. Damit steht der Bf. der Vorsteuerabzug nicht zu, da die Umsatzsteuer nicht auf Grund der Leistung geschuldet wird. Vorsteuerbeträge, die somit lediglich auf Grund der Rechnung geschuldet werden, sind - auch im Rahmen eines reverse-charge-Verfahrens - vom Abzug ausgeschlossen (Ruppe/Achatz, Kommentar zum USTG6, § 12 Tz 49, mit Verweis auf "Sc Fatorie SRL").
Ein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG 1994 setzt voraus, dass es sich um eine steuerpflichtige Leistung handelt, die an einen anderen Unternehmer für Zwecke seines Unternehmens erbracht wird und für die der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist.
In diesem Zusammenhang ist ausführen, dass die Bf. keine Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung hat, da die Insolvenz der Fa. AB GmbH bereits lange abgeschlossen ist und die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde. Damit kann die von der Bf. bereits bezahlte, aber zu Unrecht abgeführte Umsatzsteuer nicht zurückgefordert werden.
In der Rechtssache "Reemtsma" ( "Reemtsma Cigarettenfabrik GmbH) hat der EuGH gestützt auf die Grundsätze der Neutralität und Effektivität einen unmittelbaren Anspruch des Dienstleistungsempfängers gegenüber den Steuerbehörden, wenn der zivilrechtliche Anspruch gegenüber dem Dienstleistungserbinger nicht oder nur übermäßig erschwert durchsetzbar ist, bejaht.
Der EuGH hat dies im Urteil vom , C-564/15 "Tibor Farkas" für den Fall einer Rechnung für einen "reverse-Charge-Umsatz" bestätigt, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen war. Hat der Fiskus die Umsatzsteuer vom leistenden Unternehmer erhalten und ist eine Berichtigung nicht mehr möglich (zB infolge Insolvenz des leistenden Unternehmers) ist gestützt auf die EuGH Rechtsprechung der Vorsteuerabzug zu gewähren (Ruppe/Achatz, Kommentar zum UStG6, § 12 Tz 49).
Das , SC Fatorie SRL, welches in den Umsatzsteuerrichtlinien (Rz 1825) zitiert ist, ist im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da in diesem Fall die Umsatzsteuer nicht abgeführt worden ist.
Im gegenständlichen Verfahren macht die Bf. die rechtsgrundlos an das leistende Unternehmen entrichtete Umsatzsteuer aus Rechnungen des Zeitraums Mai - August 2012 als Vorsteuer geltend.
Da also die Umsatzsteuer nicht geschuldet wurde und bei ihrer Entrichtung ein materielles Erfordernis des Reverse-Charge-Verfahrens missachtet wurde, kommt der Bf. kein Recht auf Abzug dieser Umsatzsteuer zu.
Es liegt aber ein Anwendungsfall für einen Direktanspruch gegenüber der Abgabenbehörde insofern vor (vgl. EuGH Tibor Farkas, , C-691/17, EuGH PORR Epitesi, , C-397/21), als es für die Bf. infolge Insolvenz des leistenden Unternehmens unmöglich ist, die Rückzahlung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer zu erlangen.
Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass es in Ermangelung einer Unionsregelung über die Erstattung von Abgaben Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen eine solche Erstattung verlangt werden kann; diese Voraussetzungen müssen dem Äquivalenzprinzip und dem Effektivitätsprinzip entsprechen.
Innerstaatlich zu klären ist daher in diesem Zusammenhang, auf welchem Wege (Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren oder in einem Nachsichtsverfahren) ein Direktanspruch durchsetzbar ist. Diese Frage wurde bisher für Österreich noch nicht entschieden (s. Mayr, SWK 29/2024, 1224 mwN).
Von Ruppe/Achatz, Kommentar zum USTG6, § 12 Tz 49, wird dazu die Meinung vertreten, dass ein Vorsteuerabzug vorzunehmen ist. Auch das BFG hat bereits in einer Entscheidung vom , GZ RV/7103033/2010, diese Frage im Wege der Gewährung des Vorsteuerabzugs gelöst.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an und hält ausdrücklich fest, dass der Bf. aufgrund des Vorliegens eines "reverse-charge" Umsatzes zwar grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Vorsteuerabzug zusteht, aber aus verwaltungsökonomischen Gründen der Vorsteuerabzug zu gewähren ist, soweit die Umsatzsteuer vom leistenden Unternehmen an das Finanzamt entrichtet worden ist und es somit zu keinem Steuerausfall gekommen ist. Letzteres wurde im Zuge der Verhandlung auch seitens des Finanzamtes bestätigt.
Die Bf. kann daher die Vorsteuer aus den Rechnungen des Zeitraumes Mai- August 2012 in Höhe von € 42.933,14 abziehen, da für diesen Zeitraum die Fa. AB GmbH die entsprechende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat. Die Vorsteuer aus den Rechnungen des Zeitraumes Oktober und Dezember 2012 in Höhe von € 39.732,71 wurde hingegen in der Eingabe vom nicht geltend gemacht. Sie ist nicht abzugsfähig, da diese Umsatzsteuerbeträge nicht an das Finanzamt abgeführt wurden. In diesem Fall ist ein Rückzahlungsanspruch von vornherein ausgeschlossen (zB ).
Der Beschwerde war daher in diesem Punkt Folge zu geben.
Berechnung der Vorsteuer für das Jahr 2012:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
VSt lt. Bescheid vom | 176.842,38 € |
Nicht anerkannte VSt lt. BFG | -39.732,71 € |
VSt lt BFG | 137.109,67 € |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
1.) Im vorliegenden Fall lagen sowohl für die Wiederaufnahme als auch für die Frage des Zeitpunktes der Entstehung der Steuerschuld (Abschlagszahlungen) keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor, insbesondere waren im Zusammenhang mit den Abschlagszahlungen Sachverhaltsfragen zu lösen, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
2.) Hinsichtlich der Frage, auf welchem Wege eine zu Unrecht abgeführte Umsatzsteuer zurückzufordern ist, wenn der zivilrechtliche Anspruch gegenüber dem Leistenden nicht oder nur übermäßig erschwert durchsetzbar ist (vgl. "Tibor Farkas"), wurde bisher für Österreich noch nicht entschieden (s. Mayr, SWK 29/2024, 1224 mwN). Die ordentliche Revision ist daher zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 148 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3a Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 19 Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | , Reemtsma , Tibor Farkas , SC Fatorie |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103024.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at