Zurückweisung einer Beschwerde des Schuldners gegen eine ins Leere gegangene Forderungspfändung und das Verfügungsverbot
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/6300008/2023-RS1 | Erhebt der Schuldner Beschwerde gegen eine Forderungspfändung, die ohnehin ins Leere gegangen ist, so ist diese Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. |
RV/6300008/2023-RS2 | § 96 Abs. 2 BAO, wonach Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, keiner Unterschrift bedürfen, gilt zufolge § 56 Abs. 2 und § 172 FinStrG auch im finanzstrafbehördlichen Einhebungs- und Einbringungsverfahren. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht beschließt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Deutschland, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom betreffend Pfändung einer Geldforderung und Verfügungsverbot:
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich beider Bescheide als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen
Mit gegenüber der Drittschuldnerin ***Arbeitgeberin*** erlassenem Bescheid vom pfändete die belangte Behörde eine Geldforderung des Beschwerdeführers (Bf.) aus einem Arbeitsverhältnis gemäß § 65 AbgEO. Eine Abschrift dieses Bescheides wurde dem Bf. am zusammen mit einem weiteren Bescheid vom über ein Verfügungsverbot zugestellt.
Mit Beschwerde vom bekämpft der Bf. den Pfändungsbescheid sowie den Bescheid über das Verfügungsverbot. Begründend führte er darin im Wesentlichen aus, die Pfändung sei rechtswidrig, da er mittellos sei; zudem seien die ihm zugestellten Erledigungen nicht unterschrieben.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, dass die gegenständliche Pfändung mit Bescheid vom eingestellt worden sei und die gegenständlichen Erledigungen nach telefonischer Rücksprache mit dem Bf. mit der Amtssignatur versehen seien.
2. Sachverhalt
Der Bf. schuldet der belangten Behörde infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5300017/2017 eine Geldstrafe in Höhe von 40.000,00 € zuzüglich Nebengebühren in Höhe von 900,00 € und Pfändungsgebühren in Höhe von 418,30 €. Ein entsprechender, mit einer Vollstreckbarkeitsklausel versehener Rückstandsausweis wurde von der belangten Behörde erstellt und liegt im behördlichen Vollstreckungsakt auf.
Der Bf. wurde von bis von ***Arbeitgeberin*** geringfügig als freier Dienstnehmer beschäftigt. Andere inländische Einkünfte des Bf. sind im Jahr 2023 nicht aktenkundig.
Zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbescheides an ***Arbeitgeberin*** bestand ihr gegenüber keine Forderung des Bf. mehr. Nach Mitteilung der Drittschuldnerin vom , dass das gegenständliche Dienstverhältnis mit aufgelöst wurde, stellte die belangte Behörde die gegenständliche Pfändung mit Bescheid vom gemäß § 16 AbgEO ein.
3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Gericht vorgelegten Unterlagen (Erkenntnis des , Mitteilung von ***Arbeitgeberin*** vom , Bescheid über die Einstellung der Pfändung vom ). Das Gericht nahm amtswegig Einsicht in den Vollstreckungs- und Veranlagungsakt der belangten Behörde, wobei es den entsprechenden Rückstandsausweis, aber keine Meldungen oder Erklärungen zu (weiteren) inländischen Einkünften des Bf. im Jahr 2023 auffand. Das Bestehen der Abgabenschuld wurde vom Bf. außerdem nicht bestritten. Zudem nahm das Gericht amtswegig Einsicht in die beim Dachverband der Sozialversicherungsträger über den Bf. gespeicherten Daten, woraus sich die Feststellungen zum Dienstverhältnis mit ***Arbeitgeberin*** ergeben.
Dass die gepfändete Forderung zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbescheides an die Drittschuldnerin nicht mehr existierte, wurde von der belangten Behörde nie bestritten. Das Gericht konnte diesen Sachverhalt daher bedenkenlos seiner Entscheidung zugrunde legen.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zum Erfordernis einer Unterschrift (betrifft beide Bescheide)
Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten für Erledigungen der Finanzstrafbehörde die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung sinngemäß; nach § 172 FinStrG ist im finanzstrafbehördlichen Einhebungs- und Einbringungsverfahren die Bundesabgabenordnung überdies in ihrer Gänze sinngemäß anwendbar, soweit das FinStrG keine abweichenden Regelungen trifft.
§ 96 Abs. 2 BAO zählt zu den Bestimmungen, die auch im finanzstrafbehördlichen Einhebungs- und Einbringungsverfahren sinngemäß anwendbar sind. Nach dieser Bestimmung bedürfen Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, keiner Unterschrift.
Die angefochtenen Bescheide wurden offenkundig mittels automationsunterstützter Daten-verarbeitung erstellt (die Verwendung eines Textverarbeitungsprogramms genügt bereits; vgl. ) und bedürfen daher zu ihrer Wirksamkeit keiner Unterschrift. Ob die Amtssignatur oder eine andere Unterschrift darauf angebracht wurde, ist folglich ohne Bedeutung. Die angefochtenen Bescheide ergingen daher jedenfalls wirksam.
4.2. Zurückweisung der Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid
Der Bf. ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich berechtigt, gegen einen Pfändungsbescheid Beschwerde zu erheben (; , 2009/16/0102).
Die gegenständliche Pfändung ging jedoch nach den Feststellungen ins Leere, da eine nicht (mehr) bestehende Forderung gepfändet wurde. In einem solchen Fall wäre nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine von der Drittschulderin erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (). Für die hier gegenständliche Beschwerde des Schuldners gegen eine ins Leere gegangene Pfändung kann nichts Anderes gelten.
Die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid konnte gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG und im Sinne der Verwaltungsökonomie ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass für eine ins Leere gegangene Pfändung grundsätzlich kein Kostenersatz zu leisten ist (). Der Bescheid über die Festsetzung von Pfändungsgebühren im Zusammenhang mit dieser Pfändung wurde vom Bf. allerdings - soweit für das Gericht ersichtlich - nicht bekämpft; es ist daher Sache der belangten Behörde, zu prüfen, ob sie über einen geeigneten Verfahrenstitel verfügt, um den Bescheid über die Festsetzung von Pfändungsgebühren im Zusammenhang mit der gegenständlichen Pfändung aufzuheben.
4.3. Zurückweisung der Beschwerde gegen das Verfügungsverbot
Zugleich mit einer Pfändung gemäß § 65 AbgEO ist nach dieser Bestimmung "dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen." Dies erfolgte mit dem ebenfalls vom Bf. angefochtenen Bescheid über ein Verfügungsverbot.
Gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO sind Rechtsmittel gegen dieses Verfügungsverbot unstatthaft (nicht zulässig). Die Beschwerde gegen den Bescheid über das Verfügungsverbot vom war daher ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen. Auch diese Entscheidung konnte gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG und im Sinne der Verwaltungsökonomie ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
4.4. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da der vorliegende Beschluss der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen. Die Unzulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das Verfügungsverbot gemäß § 65 AbgEO ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 56 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 172 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 96 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.6300008.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at