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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2024, RV/3100672/2019

Zeitpunkt des Abschlusses eines (rechtsgültigen) Erbteilungsübereinkommens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Robert Stadler, Hauptstraße 47, 4210 Gallneukirchen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (jetzt Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit 208,58 Euro festgesetzt.

2. Dagegen richtet sich die am eingebrachte Beschwerde, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer gesetzlicher Erbe sei und mit den anderen gesetzlichen Erben ein Erbteilungsübereinkommen getroffen habe. Dieses sei am , vor Einantwortung, dem Bezirksgericht übermittelt, allerdings von diesem nicht in den Einantwortungsbeschluss vom aufgenommen worden.

In der Folge habe das Bezirksgericht ein beglaubigtes Erbteilungsübereinkommen angefordert, welches am erstellt und dem Bezirksgericht übermittelt worden sei.

Tatsächlich handle es sich nur um einen Erwerbsvorgang, da mit dem Antrag auf Erlassung eines Einantwortungsbeschlusses und Abgabe der Erbantrittserklärungen dem zuständigen Bezirksgericht auch das Erbteilungsübereinkommen übermittelt worden sei.

Die nachträgliche Errichtung des Erbteilungsübereinkommens in Form eines Notariatsaktes sei für die grundbücherliche Durchführung notwendig gewesen.

Da das Gesetz die Möglichkeit einer schriftlichen Abhandlungpflege vorsehe, würde es eine Ungleichbehandlung zu einer notariellen Verlassenschaftsabhandlung bedeuten, wenn in diesem Fall von zwei Erwerbsvorgängen ausgegangen werde.

Dass vom Bezirksgericht das Erbteilungsübereinkommen nicht beschlussmäßig festgehalten wurde, liege außerhalb des Einflussbereiches der Erben.

3. Die Eingabe an das Bezirksgericht vom , in dem auch das Erbteilungsübereinkommen enthalten war, war dem Finanzamt samt Postaufgabeschein bereits am in Kopie vorgelegt worden.

4. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wurde damit begründet, dass durch die Einantwortung des Nachlasses mit Beschluss vom der Grunderwerbsteuertatbestand nach § 1 Abs. 1 GrEStG erfüllt worden sei. Durch das am errichtete Erbteilungsübereinkommen sei der Tatbestand des § 1 Abs. 1 GrEStG neuerlich erfüllt worden. Inwieweit eine Aufteilung der Liegenschaftsanteile vor Einantwortung möglich gewesen wäre und ob es sich um eine Ungleichbehandlung bei einer schriftlichen Abhandlungspflege durch das Gericht handle, könne vom Finanzamt weder beurteilt noch berücksichtigt werden.

5. Am wurde der Vorlageantrag eingebracht.

6. Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. In der Stellungnahme wurde vom Finanzamt auf einen Fachartikel von Fraberger/Kampitsch (Fraberger/Kampitsch, Steuerliche Fragestellungen bei erbrechtlichen Immobilienerwerben, JEV 2016, Heft 2, S. 67 ff) Bezug genommen, in dem die Meinung vertreten werde, dass bei vor Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommen die Grunderwerbsteuer nur einmal anfalle. Dabei sei der Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts maßgeblich.

7. Mit Vorhalt vom wurde das Finanzamt gebeten, dazu Stellung zu nehmen, weshalb das vor Einantwortung erstellte Erbteilungsübereinkommen als nicht maßgeblich erachtet wird.

8. In der Beantwortung des Finanzamtes vom wurde im Wesentlichen auf die Textierung des vor Einantwortung abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommens verwiesen.

"Nach Punkt II. 1. dieses Übereinkommens übergeben "die eingeantworteten Erben" ***B*** ihren 1/3 Anteil und ***C*** und ***E*** je ihren 2/9 Anteil am Grundstück Nr. 252/2 an den Erben ***D*** und nach Punkt II.2. "die eingeantworteten Erben" ***B*** ihren 1/3 Anteil und ***D*** und ***C*** je ihren 2/9 Anteil am Grundstück Nr. 251/3 an die Erbin ***E***.

Dieser Formulierung im Übereinkommen ist somit eindeutig zu entnehmen, dass vor diesen gegenständlichen Übergaben die Einantwortung der Erben in den Nachlass erfolgen muss."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Das Verlassenschaftsverfahren des am verstorbene ***A*** wurde im Rahmen der schriftlichen Abhandlungspflege von einem Rechtsanwalt durchgeführt. Dabei wurde zwischen den gesetzlichen Erben (Ehefrau ***B***; Kinder ***C***, ***D*** und ***E***) ein Erbteilungsübereinkommen abgeschlossen.

Dieses weist unter Punkt II. (Aufteilung des Liegenschaftsvermögens) folgende Textierung auf:

"1. Hiermit übergeben die eingeantworteten Erben ***B***, geb. am ***1***, ihren 1/3 Anteil und ***C***, geb. am ***2*** und ***E***, geb. am ***3***, je ihren 2/9 Anteil am Grundstück Nr. 251/2 der Liegenschaft EZ 1987 des Grundbuchs ***5*** beim Bezirksgericht ***F***, auf welchem sich auch das Gebäude ***G*** befindet, an den Erben ***D***, geb. am ***4***, und dieser übernimmt diese Grundstücksteile von den Übergebern so, wie diese Grundstücksanteile liegen und stehen und wie die Übergeber diese bisher besessen und benützt haben oder zu besitzen und benützen berechtigt waren.

2. Hiermit übergeben die eingeantworteten Erben ***B***, geb. am ***1***, ihren 1/3 Anteil und ***D***, geb. am ***4***, und ***Bf1***, geb. am. ***2***, je ihren 2/9 Anteil am Grundstück Nr. 251/3 der Liegenschaft EZ 1987 des Grundbuchs ***5*** beim Bezirksgericht ***F*** an die Erbin ***E***, geb. am ***3***, und diese übernimmt diese Grundstücksteile von den Übergebern so, wie diese Grundstücksanteile liegen und stehen und wie die Übergeber diese bisher besessen und benützt haben oder zu besitzen und benützen, berechtigt waren."

2. Dieses Erbteilungsübereinkommen wurde am gemeinsam mit dem Antrag auf schriftliche Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens, Abgabe von (unbedingten) Erbantrittserklärungen, Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und dem Antrag auf Erlassung eines Einantwortungsbeschlusses dem zuständigen Bezirksgericht vorgelegt.

3. Am wurde vom Bezirksgericht der Einantwortungsbeschluss gefasst, in dem das Erbteilungsübereinkommen nicht erwähnt wurde.

4. Das Erbteilungsübereinkommen wurde am (noch einmal und zwar) notariell beglaubigt abgeschlossen, um die Eintragungen im Grundbuch durchführen zu können.

5. Aufgrund des Einantwortungsbeschlusses vom wurde dem Beschwerdeführer vom Finanzamt Grunderwerbsteuer vorgeschrieben.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt und ist zwischen den Parteien unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegen u.a. die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer:

"1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,

2. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist".

Wird ein Grundstück durch Erbanfall erworben, wird mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG verwirklicht und es entsteht zu diesem Zeitpunkt auch die Steuerschuld (§ 8 Abs.4 GrEStG).

2. Gemäß § 550 ABGB bilden mehrere Erben in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechts eine Erbengemeinschaft. Der Anteil eines dieser Miterben richtet sich nach seiner Erbquote. Vor der Einantwortung bezieht sich die Gemeinschaft auf das Erbrecht, danach auf die ererbten Rechte.

3. Sind mehrere Erben vorhanden, werden häufig Erbteilungsübereinkommen abgeschlossen, um einem der Erben - gegen eine Ausgleichszahlung - das Alleineigentum an einer Liegenschaft einzuräumen. Dazu ist das Einvernehmen aller Erben notwendig.

Eine Vereinbarung über eine Erbteilung, durch die die Miteigentumsgemeinschaft der Erben aufgehoben und einzelne Gegenstände in das Alleineigentum eines Erben zugewiesen werden, kann sowohl vor als auch nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens getroffen werden.

Vor der Einantwortung können die Erben gemäß § 181 AußStrG eine Erbteilung beim Gerichtskommissär zu Protokoll geben oder außergerichtlich in Form einer Privaturkunde vereinbaren.

4. Vor Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens getroffene Erbteilungsübereinkommen führen dazu, dass die Liegenschaft mit Einantwortungsbeschluss an den jeweiligen Erben übergeht und dieser einen Erwerb gem. § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG tätig.

Wird allen Erben das Nachlassgrundstück entsprechend ihrem Anteil eingeantwortet und erfolgt erst danach eine "Bereinigung", kommt es einerseits zu einem Erwerb gem. § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG (aufgrund der Einantwortung) und andererseits durch die Verfügung über die Anteile am Nachlassgrundstück zu einem Erwerb gem. § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG (vgl. Fraberger/Kampitsch, Steuerliche Fragestellungen bei erbrechtlichen Immobilienerwerben, JEV 2016, Heft 2, S. 72).

5. Weshalb vom Bezirksgericht im Einantwortungsbeschluss vom auf das von dem Beschwerdeführer (mit-)unterschriebene Erbteilungsübereinkommen nicht Bezug genommen wurde und ob dies gegen gesetzliche Vorgaben verstößt, ist für die Entscheidung nicht maßgeblich. Entscheidend ist der Zeitpunkt, an dem sich die Erben auf den Abschluss des Erbteilungsübereinkommens geeinigt haben.

6. Vom Bundesfinanzgericht war dementsprechend zu beurteilen, ob das Erbteilungsübereinkommen bereits vor Einantwortung des Nachlasses (rechtsgültig) abgeschlossen wurde, oder dies erst nach Einantwortung erfolgt ist.

Dabei ist die unter Punkt II. 1. dieser Entscheidung zitierte Textierung des Vertragspunktes II. (Aufteilung des Liegenschaftsvermögens) entscheidungsrelevant.

Die Formulierung "übergeben die eingeantworteten Erben […] ihren […] Anteil am Grundstück" dieses Vertragspunktes kann nur so verstanden werden, dass die Aufteilung des Liegenschaftsvermögens nach Einantwortung des Nachlasses erfolgen soll. Ein mit Einantwortungsbeschluss erfolgender Übergang des Grundstücks Nr. 251/2 der Liegenschaft EZ 1987, Grundbuch ***5***, Bezirksgericht ***F***, in das Alleineigentum von ***D*** sowie ein mit Einantwortungsbeschluss erfolgender Übergang des Grundstücks Nr. 251/3 der Liegenschaft EZ 1987, Grundbuch ***5***, Bezirksgericht ***F***, in das Alleineigentum von ***E***, ist der Vereinbarung nicht zu entnehmen.

Dies steht zwar (vermutlich) im Widerspruch zu dem von den Erben gewünschten Ergebnis, die Liegenschaften schon im Verlassenschaftsverfahren aufzuteilen und nicht zweimal einen Tatbestand für die Grunderwerbsteuer auszulösen, kann aber durch das Bundesfinanzgericht nicht "uminterpretiert" werden.

7. Damit kann jedoch der Ansicht des Finanzamtes, dass der Grunderwerbsteuertatbestand einmal durch die Einantwortung vom und ein zweites Mal durch das notariell beglaubigte Erbteilungsübereinkommen vom erfüllt wurde, nicht wirksam entgegengetreten werden und die Beschwerde war abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Beschwerde liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zugrunde, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100672.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at