Heilbehandlungen (Massagen) aufgrund von als ärztliche Verordnungen zu wertenden Befundberichten als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) des Finanzamtes Österreich vom für das Jahr 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Einkommensteuer für 2020 wird festgesetzt in Höhe von Euro - 1.642,00 (Gutschrift), bisher war vorgeschrieben Euro - 534,00 (Gutschrift).
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der am Ende der Entscheidungsgründe dargestellten Berechnung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Heilbehandlungen (für Massagen und Osteopathie-Behandlungen) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt.
I. Verfahrensgang
1.) Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.) beantragte in ihrer Arbeitnehmerveranlagung für 2020 u.a. Kosten von Heilbehandlungen (für Massagen und Osteopathie-Behandlungen) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.
2.) Mit Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde für das Veranlagungsjahr 2020 der Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 im Ausmaß von Euro 599,- sowie der Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung (für KFZ) iHv Euro 2.280,- berücksichtigt. Den Abzug der begehrten Aufwendungen für Heilbehandlungen (Massagen und Osteopathie-Behandlungen) versagte die belangte Behörde mangels (rechtzeitigem) Nachweis der Zwangsläufigkeit.
3.) In der fristgerecht erhobenen Beschwerde vom führte die Bf. ins Treffen, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass für die Berücksichtigung der begehrten Aufwendungen eine vor Behandlungsbeginn ausgestellte ärztliche Verordnung erforderlich sei, zumal in den Vorjahren diese Aufwendungen wie beantragt anerkannt worden waren.
Mit unbefristetem Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom sei eine 70%ige Behinderung ausgesprochen worden und besitze sie einen Parkausweis für Behinderte.
4.) Die belangte Behörde begründete in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom , die Zwangsläufigkeit der begehrten Aufwendungen müsse durch eine vor Behandlungsbeginn ausgestellte ärztliche Verordnung nachgewiesen werden.
5.) Die Bf. beantragte innerhalb offener Frist die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf den - bereits vorgelegten - Befundbericht der praktischen Ärztin vom sowie auf den mitübermittelten Befundbericht des Facharztes vom , in welchen die medizinische Notwendigkeit der Therapien bestätigt worden sei.
6.) Das die Beschwerde abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/4100539/2022, wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 2212/2023, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufgehoben. Darin, dass das Bundesfinanzgericht den nach Behandlungsbeginn vorgelegten Befunden die Eignung eines Nachweises abgesprochen hat, erblickte der Verfassungsgerichtshof ein willkürliches Verhalten.
7.) Im Zuge des Erörterungstermines verwies die Bf. auf ihre bisherigen Vorbringen, dass sie alle Unterlagen eingereicht habe und insbesondere darauf, dass die begehrten Aufwendungen seit 13 Jahren vom Finanzamt immer ohne Abzug eines Selbstbehaltes berücksichtigt worden waren.
Die belangte Behörde vertrat den bisher vertretenen Standpunkt weiterhin und führte aus, dass infolge des Wechsels der Zuständigkeit der Sachverhalt von der nunmehr (temporär) zuständigen Dienststelle anders beurteilt worden sei.
Abschließend hielt die Richterin fest, dass in den beiden Befundberichten die Notwendigkeit von regelmäßigen therapeutischen Behandlungen mit Massage als notwendig attestiert wurde, nicht jedoch die Notwendigkeit der osteopathischen Behandlungen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Festgestellt wird:
Die Bf. erlitt im Jahr 1987 beiderseitige Fersenbeintrümmerbrüche.
Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom wurde die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten sowie ein Grad der Behinderung im Ausmaß von 70 % festgestellt.
Im Befundbericht des Facharztes für Orthopädie und orthop. Chirurgie vom ist festgehalten:
Eine 70%ige Behinderung der Bf. ist ebenfalls im (unbefristet ausgestellten) Behindertenpass des Sozialministeriumservice vom festgestellt und besitzt die Bf. einen Parkausweis für Behinderte.
Die praktische Ärztin erstellte am folgenden Befundbericht:
Die Bf. leidet seit ihrem Unfall an einer seit 1989 im Ausmaß von 70% festgestellten und seitdem unvermindert fortdauernd bestehenden körperlichen Behinderung.
Als Folge der Fersenbeinfrakturen stellten sich zunehmend Beschwerden in der rechten Hüftregion mit einhergehenden Bewegungseinschränkungen und Belastungsschmerzen ein.
Zur Behandlung der als Folge der erlittenen Frakturen zunehmenden Beschwerden in der rechten Hüftregion mit andauernden Bewegungseinschränkungen und hochgradigen Bewegungsschmerzen sind regelmäßige physiotherapeutische Behandlungen mit Massagen aus orthopädischer Sicht zur Stabilisierung der Beschwerden und Verbesserung der Mobilität notwendig (wie im Befundbericht vom des Facharzt für Orthopädie attestiert).
Diese Therapien stehen somit mit der festgestellten Behinderung in ursächlichem Zusammenhang.
Die Bf. bezahlte im Jahr 2020 Euro 2.901,00 für Massagen und Euro 240,00 für Leistungen eines Osteopathen. Die Höhe dieser Krankheitskosten der Bf. steht zwischen den Parteien außer Streit.
Ersätze seitens des gesetzlichen Sozialversicherungsträgers wurden nicht geleistet.
Die Bf. legte einen auf Verlangen der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Befundbericht der praktischen Ärztin vom vor, in welchem (ebenfalls) die Notwendigkeit von regelmäßigen physiotherapeutischen Behandlungen mit Massagen aus orthopädischer Sicht zur Stabilisierung der Beschwerden und Verbesserung der Mobilität der Massagen bestätigt wurde.
Die von der Bf. in den Vorjahren jährlich getätigten Aufwendungen für Heilbehandlungen (insbesondere für Massagen) berücksichtigte die belangte Behörde in den (letzten 13 Jahren) Vorjahren im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagungen als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt, worauf die Bf. vertraute und sie deshalb keine ärztliche Verordnung vor Behandlungsbeginn einholte.
Der Nachweis für die Notwendigkeit der osteopathischen Behandlungen wurde nicht erbracht.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akten, insbesondere auf dem Einkommensteuerbescheid für 2020 samt Lohnzettel, den von der Bf übermittelten Dokumenten, Schriftsätzen und Unterlagen, aus welchen die Inhalte unzweifelhaft ersichtlich sind, insbesondere die Bezahlung der im Streitjahr in Anspruch genommenen Massagen.
So steht nicht nur die iAv 70% mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit seit diesem Zeitpunkt unzweifelhaft fest, sondern auch, dass die in diesem Ausmaß festgestellte Behinderung unvermindert weiter bestand/besteht, wie der (unbefristete) Behindertenpass vom dokumentiert, ebenso wie der der Bf. ausgestellte Parkausweis für Behinderte.
Dass es als Folge der Fersenbeintrümmerbrüche zu zunehmenden Schmerzen in der rechten Hüftregion mit Bewegungseinschränkungen und hochgradigen Belastungsschmerzen kam, wird im Befundbericht des Facharztes für Orthopädie vom bestätigt und darin attestiert, dass regelmäßige physiotherapeutische Behandlungen mit Massagen aus orthopädischer Sicht zur Stabilisierung der Beschwerden und Verbesserung der Mobilität notwendig sind, weshalb die Bf. fortlaufend Therapien in Anspruch nahm. Damit wird auch bestätigt, dass die Massagebehandlungen in ursächlichem Zusammenhang mit der festgestellten Behinderung stehen.
Die medizinische Notwendigkeit von regelmäßigen physiotherapeutischen Behandlungen mit Massagen wird ebenfalls im Befundbericht der praktischen Ärtzin vom bestätigt.
Dass in den Vorjahren die von der Bf. begehrten Heilbehandlungen als außergewöhnliche Belastung ohne Selbestbehalt berücksichtigt wurden, ergibt sich einerseits aus den Einkommensteuerbescheiden und wurde auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.
Auf Basis der Inhalte der Befundberichte und vor dem Hintergrund des vorliegend zu beurteilenden Sachverhaltes, insbesondere unter Bezugnahme auf das aktenkundige Krankheitsbild und den dargetanen Verfahrensablauf (Berücksichtigung der Heilbehandlungen in den Vorjahren) sind die beiden streitgegenständlich in Rede stehenden Befundberichte vom und - dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 2212/2023 - folgend, in inhaltlicher Würdigung als ärztliche Verordnung zu sehen und ist im vorliegenden Fall durch diese der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit für die in Anspruch genommenen Massagen erbracht.
Dass sich dieser Nachweis nicht auf die Notwendigkeit der osteopathischen Behandlungen beziehen kann, ergibt sich aus dem Inhalt der beiden Befundberichte, in welchen ausschließlich die Notwendigkeit von Massagebehandlungen bestätigt wird.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
3.2. Rechtslage:
1. § 34 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. 400, idF BGBl. I 103/2019 lautet:
"Außergewöhnliche Belastung
§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögens verhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
[(4)-(5)…]
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hoch wasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforder lichen Ersatzbeschaffungskosten.
- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe ge währt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflege geld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
[(7)-(8)…]"
2. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung (im Folgenden kurz: VO) des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl Nr 1996/303 idF BGBl II Nr 2010/430) sind die in den §§ 2 bis 4 dieser VO genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat.
Laut § 3 dieser VO sind Mehraufwendungen gemäß § 2 bis § 4 dieser VO nicht um pflegebedingte Geldleistungen oder um den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG zu kürzen.
Entsprechend § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Heilmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen, vorausgesetzt sie stehen in einem ursächlichen Zusammenhang mit der festgestellten Behinderung.
3.3. Streitgegenständlich folgt:
1. Da der festgestellte Grad der Behinderung 70 % beträgt, kommt die zu §§ 34 und 35 EStG 1988 ergangene VO zur Anwendung und sind gemäß § 4 der VO nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
2. Nach der stRspr des Verwaltungsgerichtshofes zählen zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind ().
Werden die angefallenen Aufwendungen nicht zum Teil von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen, ist zum Nachweis der Notwendigkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich.
3. Zum hier zu beurteilenden Sachverhalt wird im - das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes aufhebenden - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 2212/2023, unter explizitem Verweis und unter Bezugnahme auf den Hintergrund des hier im Einzelfall zu beurteilenden Sachverhaltes u.a. ausgeführt:
"... In einem solchen Fall verletzt das Bundesfinanzgericht den Gleichheitsgrundsatz, wenn es einem medizinischen Attest zur Notwendigkeit der regelmäßigen Behandlung aus dem Jahr 2021 die Eignung eines Nachweises deshalb abspricht, weil dieses nicht zu Beginn der vergleichbaren, weiteren - im Jahr 2020 durchgeführten - Behandlung eingeholt worden sei. Da offensichtlich die Notwendigkeit einer regelmäßigen Behandlung bestanden hat, kann einem nach erfolgter Behandlung gleichsam die fortdauernde Notwendigkeit vergleichbarer Behandlungen bestätigenden Attest die Eignung eines Nachweises, zumindest aber einer Glaubhaftmachung der Notwendigkeit nicht ohne weitere Feststellungen abgesprochen werden.
Auch ist die Auffassung des Bundesfinanzgerichtes, die vorgelegten Befundberichte seien als bloße "ärztliche Empfehlungen" zu werten, mit denen der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit nicht erbracht werden konnte, nicht nachvollziehbar, zumal diese Würdigung dem Inhalt der Befundberichte widerspricht.
Indem das Bundesfinanzgericht den nach Behandlungsbeginn vorgelegten Befunden die Eignung eines Nachweises abgesprochen hat, belastet es vor dem Hintergrund des zu beurteilenden Sachverhaltes sein Erkenntnis mit Willkür."
4. Bestand offensichtlich die Notwendigkeit einer regelmäßigen Behandlung, wie im Befundbericht des Facharztes attestiert, und liegt ein nach erfolgter Behandlung gleichsam die fortdauernde Notwendigkeit vergleichbarer Behandlungen bestätigendes Attest der praktischen Ärztin vor, welche - dem zitierten Erkenntnis folgend - inhaltlich als ärztliche Verordnungen zu werten sind und welchen die Eignung eines Nachweises nicht abgesprochen werden kann, wurde der erforderliche Nachweis für die medizinische Notwendigkeit der in Anspruch genommenen Massagebehandlungen im hier zu beurteilenden Einzelfall erbracht.
Dass dies nicht auch für die begehrten Aufwendungen für die osteopathischen Behandlungen gilt, ergibt sich inhaltlich aus den Befundberichten, in welchen die Osteopathiebehandlungen nicht angeführt sind.
5. Der Beschwerde ist demzufolge teilweise stattzugeben und sind die begehrten Aufwendungen für die Massagebehandlungen iHv Euro 2.901,00 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen, die beantragten Euro 240,00 für Ostheopathiebehandlungen hingegen nicht.
6. Die Einkommensteuer errechnet sich wie folgt:
Außergewöhnliche Belastungen:
Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 (3) EStG 1988) 599,00 € Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche
Belastungen wegen eigener Behinderung 2.280,00 €
Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach
der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen - 2.901,00 €
Einkommen 29.427,68 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0 % für die ersten 11.000,00..............................................................................................0,00 €
20 % für die weiteren 7.000,00...................................................................................1.400,00 €
35% für die weiteren 11.427,68 .................................................................................3.999,69 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge.....................................................................5.399,69 €
Verkehrsabsetzbetrag ...................................................................................................- 400,00 €
Pendlereuro ..................................................................................................................- 20,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge ....................................................................4.979,69 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00 ....................................................................................................0,0 €
6 % für die restlichen 5.079,16 ........................................................................................304,75 €
Einkommensteuer..................................................................................................5.284,44 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260) .................................................................................- 6.926,75 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988.,........................................................................+ 0,31 €
Festgesetzte Einkommensteuer .............................................................................- 1.642,00 €
Bisher war vorgeschrieben ...........................................................................................- 534,00 €
Abgabengutschrift ....................................................................................................... 1.108,00 €
7. Abschließend wird auf die Bestimmung § 87 Abs. 2 VfGG hingewiesen:
§ 87 Abs. 2 VfGG bestimmt:
"Wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."
Im Erkenntnis des , führt der VwGH bezüglich der Bindungswirkung aus:
"Der angefochtene Beschluss ist im fortgesetzten Verfahren nach dem aufhebenden Erkenntnis des , ergangen. Gem § 87 Abs. 2 VfGG sind, wenn der VfGH einer Beschwerde stattgegeben hat, die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VfGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Auf Grundlage der im § 87 Abs 2 VfGG statuierten Bindungswirkung war das VwG somit verhalten, im fortgesetzten Verfahren entsprechend der Rechtsanschauung des VfGH vorzugehen. Da § 87 Abs 2 VfGG kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht einräumt, hat der VwGH zu prüfen, ob die vom VwG im fortgesetzten Verfahren erlassene Entscheidung dem gemäß § 87 Abs 2 VfGG erteilten Auftrag entspricht. Die normative Grundlage für die Überprüfung der angefochtenen Ersatzentscheidung ist somit neben den anzuwendenden Rechtsvorschriften bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Rechtsanschauung des aufhebenden Erkenntnisses des VfGH vor dem Hintergrund des Gebotes der Effektivität des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Bei Prüfung der vom VwG erlassenen Ersatzentscheidung ist auch der VwGH an die Rechtsauffassung des VfGH gebunden."
3.4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung iSd 34 EStG, dass, wenn die angefallenen Aufwendungen nicht zum Teil von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen werden, zum Nachweis der Notwendigkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich ist.
Den Befundberichten war der Inahlt einer ärtzlichen Verordnung beizumessen, die Beurteilung des Nachweises der medizinischen Notwendigkeit der in Rede stehenden Heilbehandlungen (Massagen) erfolgte im Rahmen der freien Beweiswürdigung.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt streitgegenständlich nicht vor.
Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Befundbericht ärtzliche Verordnung Heilbehandlungen (Massagen) Nachweis medizinischer Notwendigkeit |
Verweise | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100265.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at