Vorlageantrag elektronisch signiert und mittels Email beim FA eingebracht - Rückleitung der Beschwerde ans FA nach § 281a BAO
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Gebühren 2024 zu ***ErfNr***, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich rückgeleitet.
II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.
Begründung
1. Zu Spruchpunkt I.
Am legte das Finanzamt Österreich dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Herrn ***Bf1*** vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich gegen den Gebührenbescheid vom , ***ErfNr*** zur Entscheidung vor.
Der Sachverhalt wurde im Vorlagebericht (der auch der beschwerdeführenden Partei vom FA übermittelt wurde) wie folgt dargestellt:
***Bf1*** (Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren) hat am einen Wiederaufnahmeantrag beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingebracht, ohne die dafür anfallende Gebühr gem. § 2 Abs 1 BuLVwG in Höhe von € 30,- zu entrichten.
Am erging seitens der Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich eine Zahlungsaufforderung mit dem Hinweis, aus welchen rechtlichen Gründen und in welcher Höhe für einen Wiederaufnahmsantrag beim Landesverwaltungsgericht Eingabegebühren zu entrichten sind. Dieses Schreiben des LVwG wurde per RSb versendet und von ***Bf1*** am übernommen. Eine Entrichtung der Gebühr durch den verfahrensgegenständlichen Beschwerdeführer erfolgte nicht.
In weiterer Folge hat das Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, am vom LVwG NÖ einen amtlichen Befund über eine Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren erhalten.
Mit Gebührenbescheid und Bescheid über eine Gebührenerhöhung vom wurde die Gebühr inkl Erhöhung in Gesamthöhe von EUR 45,00 festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde (per FAX) eingelegt. Da diese Beschwerde nicht unterschrieben war, erging seitens des Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, mit Bescheid vom ein Mängelbehebungsauftrag. Die Frist für die Mängelbehebung wurde bis zum gewährt.
Am bzw am darauffolgenden Werktag (Montag, der ) langte per Fax eine unterschriebene Beschwerde ein. Anfang Juni übermittelte der Beschwerdeführer das Schreiben "Mängelbehebungsauftrag" samt Beschwerde mit Originalunterschrift (genaues Datum nicht bekannt, da das Kuvert nicht vorliegt).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid und den Bescheid über eine Gebührenerhöhung betreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich als unbegründet abgewiesen. In der Begründung der Beschwerdevorenscheidung wurden die Rechtsgrundlagen für die Vorschreibung der gegenständlichen Eingabegebühr und den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld sowie die Gründe für die Gebührenerhöhung umfassend dargelegt.
Am langte ein Mail mit einem Dokument im Anhang, welcher den Vorlageantrag beinhaltet und digital signiert ist, ein."
Weiters gab das FA im Vorlagebericht eine Stellungnahme ab, in der ua. auf Folgendes hingewiesen wurde:
Nach Ansicht der belangten Behörde ist das am in pdf-Form übermittelte Schreiben, welches eine digitale Signatur enthält und per mail übermittelt wurde, als ein ausschließlich mit E-Mail eingebrachter Vorlageantrag zu werten.
Sollte diese Ansicht der belangten Behörde zutreffen, wäre der Vorlageantrag gemäß den §§ 85 und 86a BAO und der aufgrund des § 86a BAO ergangenen Verordnungen als rechtsunwirksam anzusehen, da eine Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorgesehen ist. Mangels rechtswirksamer Einbringung eines Vorlageantrages wäre in diesem Fall die Beschwerde durch die Beschwerdevorentscheidung vom rechtskräftig erledigt.
Sollte diese Ansicht nicht vertreten werden, wird seitens der belangten Behörde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen. Inhaltlich wurde in den Ausführungen des Beschwerdeführers vom kein neues Vorbringen erstattet."
Abschließend stellte das Finanzamt Österreich die
Anträge,
das Bundesfinanzgericht wolle das Beschwerdeverfahren einstellen
in eventu,
das Bundesfinanzgericht wolle die Beschwerde als unbegründet abweisen.
Bis dato wurde von der beschwerdeführenden Partei keine Äußerung zum Vorlagebericht beim BFG eingebracht.
Das Bundesfinanzgericht geht daher auf Grund der Aktenlage davon aus, dass der Vorlageantrag nicht schriftlich (weder mit der Post noch mit Fax) beim Finanzamt eingebracht wurde. Der Vorlageantrag wurde als PDF Dokument am vom Bf. elektronisch signiert und dann am Sonntag um 10:25 Uhr von der Emailadresse ***Bf1*** <***xxx*** an die Mailadresse einer Mitarbeiterin des Finanzamtes Österreich (Frau ***X***) gesandt.
Rechtslage
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist - im Allgemeinen - nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid über Bescheidbeschwerden abzusprechen.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden.
Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht daher im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl ; , Ro 2021/13/0009).
Bei einem Vorlageantrag handelt es sich um ein Anbringen iSd § 85 Abs. 1 BAO (Anbringen zur Geltendmachung von Rechten) und ist dieses - vorbehaltlich der (hier nicht anwendbaren) Bestimmungen des Abs. 3 - grundsätzlich schriftlich beim FA einzubringen.
Gemäß § 86a Abs. 1 1. und 2. Satz BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegrafisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesminister für Finanzen kann zugelassen werden, dass sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.
Gemäß § 86a Abs. 2 lit. a BAO kann der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung im Sinne des Abs. 1 erster Satz bestimmen, dass unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an die Abgabenbehörden und das Verwaltungsgericht zugelassen sind.
Auf § 86a Abs. 2 BAO stützen sich die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen an das Bundesministerium für Finanzen, an die Verwaltungsgerichte sowie an die Finanzämter, das Zollamt Österreich und das Amt für Betrugsbekämpfung, BGBl Nr. 494/1991 idF BGBl II Nr. 579/2020 und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form, BGBl II Nr. 97/2006 idF BGBl II Nr. 190/2022.
Die erstgenannte Verordnung regelt die Einreichung von Anbringen unter Verwendung eines Telekopierers (Telefax).
Die zweitgenannte Verordnung ist im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da die Anbringen vom Bf. nicht über FinanzOnline eingebracht wurden.
Eine Verordnung, welche die Einbringung von Abringen per E-Mail zulassen würde, ist nicht ergangen.
Einer E-Mail kommt im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einen Anbringen abhängig ist, etwa eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu fällen, die von einem Rechtsmittel abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt ( mit weiteren Judikaturhinweisen).
Die E-Mail des Bf. ans FA vom stellt daher keinen wirksam eingebrachten Vorlageantrag dar und löst daher keine Entscheidungspflicht des BFG aus.
Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNR 26. GP 56) wurde zu dieser Bestimmung auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."
Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 iVm § 2a BAO folgt. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl , mwN).
Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl , mwN).
2. Zu Spruchpunkt II.
Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103666.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at