TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.12.2024, RV/7104007/2016

Wiederaufnahme - das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen Miet- oder Rentenaufwendungen bei der Untervermietung einer auf Leibrente erworbenen Liegenschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerden der E***M*** und Mitbesitzer, Xstraße***NÖ***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2012 sowie betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2013 zu Recht:

Die Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren wird abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren bleiben unverändert.

Der Beschwerde betreffend die Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2009 bis 2013 wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide betreffend die Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2009 bis 2013 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die festgestellten Einkünfte sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Hinweis gemäß § 101 Abs 3 BAO

Gemäß § 101 Abs 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Nach einer die Jahre 2009 bis 2013 umfassenden Betriebsprüfung wurden die Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2012 gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen und neue Feststellungsbescheide erlassen. Der gegen die Wiederaufnahme erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben.

Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2009 bis 2012 erneut gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen und im Anschluss neuerlich Feststellungsbescheide erlassen.

Vom Finanzamt wurden im Zuge der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO die von der Beschwerdeführerin erklärten Werbungskosten für Miet- und Pachtaufwendungen nicht anerkannt. Die Beschwerdeführerin habe die verfahrensgegenständliche Liegenschaft im Erbweg erworben. Zum Zeitpunkt der Übernahme sei das Mietobjekt mit dem im Jahr 1973 vereinbarten Fruchtgenussrecht sowie den Leibrentenzahlungen bzw den lebenslänglichen Mietzahlungen laut ergänzendem Vertrag aus dem Jahr 1975 belastet gewesen. Beide Verträge stünden in einem direkten Zusammenhang, wobei im Jahr 1973 die Eigentumsfrage (Übergabe gegen Rente und Vorbehalt des Fruchtgenusses) und im Jahr 1975 ergänzend die Nutzungsfrage (bezeichnet als Mietvertrag) geregelt worden sei. Aufgrund des zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs seien diese Verträge als Einheit zu betrachten. Auch habe die Rentenempfängerin sowohl die Renten- als auch die Mieterlöse immer als sonstige Einkünfte iSd § 29 EStG erklärt und versteuert.

Nach dem Ableben des vorherigen Eigentümers O***M*** hätten aufgrund des Erbteilungsübereinkommens vom dessen drei Erbinnen die Liegenschaft als Einzelwirtschaftsgut übernommen. Die fortlaufend verpflichtenden Rentenzahlungen hätten ihren Rechtsgrund in der Annahme der Erbschaft und nicht in einer Vereinbarung mit den zur Leistung Verpflichteten. Die Zahlungen sowohl aus der Rentenverpflichtung als auch aus dem Mietvertrag seien als Einheit zu sehen und gleich zu behandeln. Da der Wert des übertragenen Vermögens den Rentenbarwert im Zeitpunkt der Erbschaft um mehr als das Fünffache übersteige, handle es sich bei den von der Beschwerdeführerin erklärten Miet- und Pachtaufwendungen insgesamt um nicht abzugsfähige freiwillige Zuwendungen im Sinne des § 20 Abs 1 Z 4 EStG.

Beschwerdeführerin ist die aus den drei Erbinnen bestehende Hausgemeinschaft.

Gegen diese Bescheide wenden sich die Beschwerden. Zusammengefasst wird betreffend die neuerlichen Wiederaufnahmebescheide vorgebracht, die Tatsache, dass das Finanzamt die eingereichten Steuererklärungen nicht hinterfragt habe stelle keinen Wiederaufnahmetatbestand dar. Sämtliche Verträge, die im nunmehrigen Verfahren (neu) beurteilt würden, seien seit Jahren amtsbekannt gewesen und darüber hinaus auch bei der letzten Betriebsprüfung beurteilt worden.

Betreffend die Feststellungsbescheide wird ausgeführt, das Finanzamt verwechsle Mietentgelte mit Rentenzahlungen, negiere somit vorgelegte Verträge und beurteile den falschen Sachverhalt.

Nach abweisenden Beschwerdevorentscheidungen beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die als Miet- und Pachtaufwendungen geltend gemachten Ausgaben bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar sind.

Von der Betriebsprüfung wurden diese Ausgaben als außerbetriebliche Versorgungsrenten eingestuft und ihnen die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten aufgrund § 20 Abs 1 Z 4 EStG versagt.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den elektronischen Akt des Finanzamtes, in den vom Finanzamt vorgelegten Veranlagungsakt, insbesondere in die unten angeführten Urkunden, den im Verfahrensgang dargestellten Bescheid, die ergangenen Bescheide und Vorhalte des Finanzamtes sowie die Schriftsätze der Beschwerdeführerin. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Werbungskosten:

Die Erbinnen des am 99.99.19*** verstorbenen O***M*** sind jeweils zu einem Drittel grundbücherliche Eigentümerinnen der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft Xstraße***NÖ***.

Die Liegenschaft wurde im Erbweg aus dem Nachlass des O***M*** erworben (Erbteilungsübereinkommen vom ).

O***M***, der Erblasser und Rechtsvorgänger hatte im Jahr 1973 die verfahrensgegenständliche Liegenschaft mitsamt einer an diesem Standort betriebenen Bäckerei erworben. Gegenleistung war eine auf Lebensdauer der Rentenberechtigten R***H*** und G***H*** vereinbarte, grundbücherlich sichergestellte Versorgungsrente (Notariatsakt vom über einen Versorgungsrentenvertrag).

O***M*** war mit diesem Vertrag das Recht eingeräumt worden, aus eigenen Mitteln auf der ebenerdigen Vertragsliegenschaft ein Stockwerk aufzusetzen an dem ihm das alleinige Nutzungsrecht zugestanden wurde (Punkt Zehntens des Notariatsakts vom ). O***M*** hat das Gebäude 1979 aufstocken (vgl zB Stempel über die Baubewilligung aus 1979 auf dem Einreichplan) und ausbauen lassen.

Die Rentenzahlungsverpflichtung ging vertragsgemäß nach dem Tod des O***M*** auf dessen Erbinnen über (Notariatsakt vom ).

An der Liegenschaft war zudem ein lebenslanges Fruchtgenussrecht zugunsten von R***H*** und G***H*** eingeräumt worden (Notariatsakt vom ).

In Ausübung ihres Fruchtgenussrechts schlossen R***H*** und G***H*** im Jahr 1975 mit O***M*** einen Mietvertrag (rückwirkend ab ) über näher bezeichnete Teile der (damals noch nur ebenerdigen) Liegenschaft ab. Gleichfalls vereinbart war die Erlaubnis zur Untervermietung.

Den Vermietern, R***H*** und G***H*** verblieb danach (miet)vertragsgemäß im Wesentlichen ein Zimmer zur Eigenbenützung verbunden mit dem Recht der Mitbenützung des WC, die freie Wasserentnahme, freier Strombezug sowie die Alleinbenützung von Garage und Hausgarten (Punkt I. des Mietvertrags vom 26.8. und ).

Die Rechte und Pflichten des Erblassers, sowohl aus dem Renten- als auch aus dem Mietvertrag gingen vereinbarungsgemäß auf die Erbinnen über (Punkt Viertens des Notariatsakts vom bzw Punkt X. des Mietvertrags vom 26.8. und ). Zum Zeitpunkt des Erbantrittes war G***H***, geboren alleinige Rentenberechtigte und Vermieterin.

Als Rechtsnachfolgerinnen des O***M*** sind die Erbinnen aufgrund des genannten Mietvertrages zugleich auch Mieterinnen der vom Mietvertrag umfassten Teile der Liegenschaft.

Die Beschwerdeführerin ist eine Hausgemeinschaft, bestehend aus den drei Erbinnen. Diese Hausgemeinschaft hat die vom Mietvertrag aus 1975 umfassten Teile der Liegenschaft (Räumlichkeiten ausschließlich im Erdgeschoß) im Streitjahr untervermietet (Untermietverträge zB vom und vom ).

Aus diesen Untervermietungen erklärte die Beschwerdeführerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, bei denen sie Werbungskosten zum Abzug brachte.

Die geltend gemachten Werbungskosten für "Miet- und Pachtaufwendungen" setzen sich einerseits aus Zahlungsverpflichtungen aus dem Rentenvertrag (Notariatsakt vom ) und andererseits aus dem Mietvertrag (Mietvertrag vom 26.8. und ) zusammen.

Die Renten- als auch die Mietzahlungsverpflichtungen endeten mit dem Tod der Rentenempfängerin bzw Vermieterin, G***H*** am .

Als Rente waren monatlich ATS 1.500,00, als Mietzins monatlich ATS 3.000,00 vereinbart. Sowohl Rente als auch Mietzins waren mit dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesichert, Bemessungsgrundlage bildete die Indexzahl für den November 1972.

In den geltend gemachten Werbungskosten sind die Renten- und Mietzahlungen jeweils in einer Summe enthalten.

Das Verhältnis der Rente zum Mietzins beträgt 1.500 zu 3.000, also 1 zu 2.

Da sowohl die Rente als auch der Mietzins jeweils mit dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesichert sind als auch die Indexzahl für den November 1972 jeweils die Bemessungsgrundlage bildet, ist das Verhältnis Rente zu Mietzins über die Jahre gleich geblieben.

Die Ausgaben teilen sich wie folgt auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009
2010
2011
2012
2013
Gesamt
€ 8.310,32
€ 8.959,16
€ 9.172,38
€ 9.568,07
€ 9.818,61
Rente
€ 2.770,10
€ 2.986,39
€ 3.057,46
€ 3.189,36
€ 3.272,87
Miete
€ 5.540,22
€ 5.972,77
€ 6.114,92
€ 6.378,71
€ 6.545,74

Wiederaufnahme der Verfahren

Dem Schreiben der damaligen steuerlichen Vertreterin die Beschwerdeführerin vom mit dem um Erteilung einer neuen Steuernummer für die Hausgemeinschaft ersucht wurde, war das Erbteilungsübereinkommen vom beigelegt. Betreffend die gegenständliche Liegenschaft sind die Erbinnen demzufolge übereingekommen, diese Liegenschaft entsprechend den Erbteilen, sohin zu je einem Drittel zu übernehmen. Weder sind in dem Erbteilungsübereinkommen sonstige Regelungen betreffend diese Liegenschaft enthalten, noch wird Bezug auf etwaige übergehende Verpflichtungen (Renten- oder Mietzahlungen) genommen. Dem Erbteilungsübereinkommen sind keine Beilagen, so eben auch weder Renten- noch Mietvertrag angeschlossen.

Der Fragebogen Formular Nummer "Verf 16" wurde von der damaligen steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin mit Datum ausgefüllt und samt Unterschriftenprobenblatt, Formular Nummer "Verf 26" ohne weitere Beilagen an das Finanzamt retourniert.

Den Steuererklärungen der Beschwerdeführerin waren die strittigen Renten- bzw Mietzahlungen nur der Höhe nach als geltend gemachte Werbungskosten zu entnehmen. Aufgrund welcher Verpflichtungen die Zahlungen geleistet wurden ist den Erklärungen aber nicht zu entnehmen. Auch sind die Verträge auf denen diese Zahlungen basieren den Erklärungen nicht beigelegt.

Die Bescheide betreffend die Feststellung von Einkünften für die Jahre 2009 bis 2012 waren in den Jahren 2010 bis 2012 vom zuständigen Veranlagungsteam des Finanzamtes erklärungsgemäß veranlagt worden (2010 mit Datum ; 2011 mit Datum und 2012 mit Datum ). Den Erklärungen waren keine Beilagen angeschlossen gewesen.

Dem zuständigen Veranlagungsteam war zum Zeitpunkt des Abschlusses der Erstveranlagungsverfahren (der Streitjahre) nicht bekannt gewesen, dass es sich bei den als Werbungskosten geltend gemachten Miet- bzw Pachtaufwendungen um jene Renten- bzw Mietzahlungen gehandelt hat, die schon der Rechtsvorgänger zu leisten hatte.

Erstmals im Zuge der Veranlagung für das Jahr 2013 und der anschließenden Betriebsprüfung wurden in Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom der dafür zuständigen Stelle des Finanzamtes der Notariatsakt betreffend den Versorgungsrentenvertrag vom sowie der Mietvertrag vom 26.8. und vorgelegt (E-Mail vom ).

Eine Betriebsprüfung der Beschwerdeführerin hat einzig und erstmals im Jahr 2015 für die Jahre 2009 bis 2013 stattgefunden. Ob beim Rechtsvorgänger und/oder den Rentenberechtigten bzw Vermietern eine Betriebsprüfung stattgefunden hat, kann, wie in den rechtlichen Ausführungen dargestellt wird, dahingestellt bleiben.

Sowohl dem für die Veranlagung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin, als auch dem für die Rentenempfänger jeweils zuständigen Veranlagungsteam des Finanzamtes waren die Verträge (Versorgungsrentenvertrag vom , Mietvertrag vom 26.8. und ) zum Zeitpunkt des Abschlusses der Erstveranlagungsverfahren der Beschwerdeführerin bekannt.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft, zum vorbehaltenen Fruchtgenussrecht und zum daraus resultierenden Mietvertrag (aus 1975) beruhen auf den diesbezüglichen unbedenklichen Urkunden sowie auf dem unstrittigen Vorbringen der Beschwerdeführerin. Soweit bei den Feststellungen in Klammern Urkunden zitiert sind, beruhen die Feststellungen auf diesen.

Die bei den Feststellungen zitierten Schriftstücke und deren Inhalte sind aktenkundig, und unstrittig.

1. ZuWerbungskosten

Zur Feststellung, dass die Erbinnen Mieterinnen der untervermieteten Teile der Liegenschaft sind:

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, der Versorgungsrentenvertrag aus dem Jahr 1973 (Notariatsakt vom ) und der im Jahr 1975 abgeschlossene Mietvertrag (vom 26.8. und ) würden aufgrund des zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs eine Einheit bilden. Daher seien die Zahlungsverpflichtungen aus beiden Verträgen ebenfalls als Einheit zu betrachten und einheitlich steuerlich zu beurteilen.

Die gegenständlichen Verträge wurden von denselben Vertragspartnern abgeschlossen.

Der Versorgungsrentenvertrag datiert aus dem Jahr 1973, der Mietvertrag aus 1975, wenn auch mit Wirkung ab 1973. Mit dem Versorgungsrentenvertrag hat der Käufer das Eigentum über alle Teile der Liegenschaft erworben, das zurückbehaltene Fruchtgenussrecht erstreckte sich gleichfalls über die gesamte Liegenschaft.

Das mit dem Rentenvertrag vereinbarte Fruchtgenussrecht war für die Fruchtnießer in jeder Hinsicht unbeschränkt. Vor allem bestand keine Verpflichtung, das Fruchtgenussrecht dahingehend auszuüben, mit O***M*** einen Vertrag abzuschließen. Der Rentenvertrag ist mit Notariatsakt abgeschlossen worden und grundbücherlich eingetragen. Das Eigentum an der gesamten Liegenschaft wurde mit diesem Rentenvertrag übertragen. Der Mietvertrag ist, wie auch der Rentenvertrag, auf die Lebensdauer der Vermieter abgeschlossen. Eine Kündigung durch die Vermieter ist auf grobe Verletzung der Pflichten durch den Mieter eingeschränkt, die Kündigungsmöglichkeit für den Mieter ist durch den Vertrag nicht eingeschränkt. Eine Kündigung durch den Mieter ist daher nach den gesetzlichen Regelungen möglich. Der Mietvertrag unterscheidet sich daher schon dem Inhalt nach, zudem aber auch im Umfang (nur Teile der Liegenschaft sind vermietet) wesentlich vom Rentenvertrag.

Entgegen der Ansicht des Finanzamts kann das Bundesfinanzgericht aus den dargelegten Gründen zusammengefasst weder einen zwingenden inhaltlichen noch einen zeitlichen Zusammenhang erkennen, der zu einer Einheit der beiden Verträge führen würde.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Rentenempfänger die Renten- und Mieterlöse jährlich als sonstige Einkünfte gemäß § 29 erklärt hat. Eine Bindungswirkung an die Einkunftsart einer anderen Steuerpflichtigen ist dem Steuerrecht fremd.

Daraus ergibt dich die entscheidungswesentliche Feststellung, dass die Erbinnen Mieterinnen der Liegenschaft sind.

Ergänzend wird angemerkt, dass das Bezirksgericht Mödling in seinem Urteil vom zu beurteilen hatte, ob ein näher bezeichneter Untermietvertrag von verfahrensgegenständlichen Teilen der Liegenschaft als Hauptmietvertrag zu beurteilen ist. Der Untermieter (Beklagter) hatte eingewendet, dass in Wirklichkeit Hauptmiete vorliege, da die Vermieterinnen (Erbinnen) Eigentümerinnen und nicht Mieterinnen der Räumlichkeiten seien. Auch das Bezirksgericht Mödling stellte mit näherer Begründung die Mieterinneneigenschaft der Erbinnen fest (BG Mödling vom , 8 C 393/13x-18).

Die Feststellung, dass in den geltend gemachten Werbungskosten die Renten- und Mietzahlungen jeweils in einer Summe enthalten sind, wurde den Parteien vom Bundesfinanzgericht vorgehalten (Beschluss vom ) und von diesen dagegen keine Einwände erhoben, bzw als den Tatsachen entsprechend bestätigt.

2. Zur Wiederaufnahme der Verfahren

Die den Miet- und Rentenzahlungen zugrundeliegenden Verträge wurden (in den Verfahren der Beschwerdeführerin) dem Finanzamt nicht vorgelegt; es wurde in den Steuererklärungen der Beschwerdeführerin auch kein Bezug auf diese genommen. Es wurden vielmehr lediglich Miet- bzw Pachtaufwendungen ohne jede weitere Erläuterung als Werbungskosten geltend gemacht. In dem anlässlich der Betriebseröffnung beantworteten Fragebogen wird die ausgeübte Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin als "Vermietung" bezeichnet. Ein Hinweis auf die verfahrensgegenständlichen Rechtsbeziehungen bzw Zahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit als Vermietung ist nicht enthalten. Diese Umstände führen zur Feststellung, dass dem zuständigen Betriebsveranlagungsteam zum Zeitpunkt des Abschlusses der Erstveranlagungsverfahren nicht bekannt gewesen ist, dass es sich bei den in diesen Streitjahren als Werbungskosten geltend gemachten Miet- bzw Pachtaufwendungen um jene Renten- bzw Mietzahlungen gehandelt hat, die schon der Rechtsvorgänger zu leisten hatte.

Die Feststellung, dass die bislang einzige und erstmalige Betriebsprüfung bei der Beschwerdeführerin jene im Jahr 2015 war, ist der Betriebsprüfungsdatenbank "BP 2000" des Finanzamts zu entnehmen. Die strittigen Ausgaben wurden daher vom Finanzamt davor nie einer Beurteilung unterzogen.

Dass die Verträge in den jeweiligen Steuerverfahren des Rechtsvorgängers und der Rentenempfänger dem Finanzamt bekannt waren, ist den jeweiligen Steuerakten zu entnehmen, dies ist im Beschwerdeverfahren jedoch nicht relevant.

Im Übrigen beruhen die Feststellungen auf den Vorbringen der Beschwerdeführerin und sind unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

Werbungskosten

Im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist der Werbungskostenbegriff gleich dem Betriebsausgabenbegriff auszulegen (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer- Handbuch, § 28 Tz 74 mwN).

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs 4 erster Satz EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Aufwendungen sind betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die Ausgaben erwachsen, aus betrieblichen Gründen, nämlich im Interesse des konkreten Betriebes, erbracht wird. Ein mittelbarer Zusammenhang genügt bereits um eine betriebliche Veranlassung zu bejahen ( mwN)

Ein einheitliches Geschäft liegt nach dem bereits oben Gesagten nicht vor.

Die Untervermietung ist nur durch die vorher erfolgte Anmietung möglich. Die Mietaufwendungen stehen daher nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar mit der Untervermietung in Zusammenhang und sind folglich Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die geltend gemachten Aufwendungen sind daher, soweit sie Mietaufwendungen darstellen als Werbungskosten anzuerkennen.

An Werbungskosten sind damit nachstehende Beträge steuerlich anzuerkennen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009
2010
2011
2012
2013
€ 5.540,22
€ 5.972,77
€ 6.114,92
€ 6.378,71
€ 6.545,74


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009
2010
2011
2012
2013
Einkünfte lt BP
€ 6.646,85
€ 6.519,38
€ 6.391,23
€ 5.734,29
-€ 217,01
Einkünfte lt BFG
€ 1.106,63
€ 546,61
€ 276,31
-€ 644,42
-€ 6.762,75

Wiederaufnahme

Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach hA aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 31 mwN).

Es kommt auf die Kenntnis der abgabenfestsetzenden Stelle im wiederaufzunehmenden Verfahren, also im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im wiederaufzunehmenden Umsatzsteuerverfahren an und nicht auf eine erst später erlangte Kenntnis ().

Die abgabenfestsetzende Stelle ist das zuständige Veranlagungsteam (vgl mwN).

Der Beschwerdeausführung, dass die Tatsache, dass das Finanzamt die Steuererklärungen nicht hinterfragt habe, keinen Wiederaufnahmegrund darstelle, ist zu entgegnen, dass ein allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung von Sachverhaltselementen eine Wiederaufnahme nicht ausschließt (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 33 nwN).

Das Vorbringen, dass sowohl der gegenständliche Renten- als auch der gegenständliche Mietvertrag in den Steuerverfahren des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin als auch der Rentenberechtigten den für diese Verfahren jeweils zuständigen abgabenfestsetzenden Stellen bekannt waren trifft zu. Ebenso trifft es zu, dass diesen Verträgen die Zahlungsverpflichtungen und deren Rechtsgrundlagen zu entnehmen sind.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde aber nicht zum Erfolg zu verhelfen. Wie ausgeführt, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen ist, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus der Sicht anderer Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren oder im Abgabenverfahren eines anderen Steuerpflichtigen von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (zB mwN; vgl dazu auch Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 303 Anm 16 mit weiteren Ausführungen).

Für die Frage der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme ist es daher nicht ausreichend, dass die Informationen beim Finanzamt an sich eingelangt sind und dieses somit (durch Kenntnis einer einzelnen Stelle) von den relevanten Umständen Kenntnis hat.

Die hier maßgebliche zuständige abgabenfestsetzende Stelle war im Streitfall, das für die Beschwerdeführerin zuständige Veranlagungsteam des Finanzamtes Baden Mödling.

Diesem waren zu den Zeitpunkten der Erlassung der Erstbescheide lediglich das Erbteilungsübereinkommen vom , der ausgefüllte Fragebogen vom sowie die Steuererklärungen bekannt. Die Erstbescheide sind in den Jahren 2011, 2012 und 2013 erlassen worden.

Im Zuge der Veranlagung für das Jahr 2013 wurden der Beschwerdeführerin von diesem Veranlagungsteam mit Schreiben vom verschiedene Fragen zur Beantwortung vorgehalten. In Beantwortung dieses Schreibens wurde der zuständigen abgabenfestsetzenden Stelle erstmals von der Beschwerdeführerin der Rentenvertrag (Notariatsakt vom ) sowie der Mietvertrag (vom 26.8. und ) vorgelegt (E-Mail vom ).

Der zuständigen abgabenfestsetzenden Stelle wurden diese neuen Beweismittel somit erst im Jahr 2015, also 1 ½ Jahre nach Erlassung des (zuletzt erlassenen) Feststellungsbescheides für 2012 vom bekannt. Dass diese Verträge oder der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch andere Umstände in den Verfahren der Beschwerdeführerin bereits vor Erlassung der Erstbescheide bekannt gewesen wären, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Außenprüfung bereits unmittelbar zu Beginn der Prüfungstätigkeit die Rentenqualifikation anhand der im Steuerakt des Finanzamts geführten Informationen vorgenommen habe und dazu im Zuge der Außenprüfung keine neuen Unterlagen vorgelegt worden seien. Insofern sei es nicht verständlich, wieso nun behauptet werde, neue Beweismittel oder Tatsachen zu beurteilen.

Dazu wird darauf verwiesen, dass die Außenprüfung aufgrund der oben erwähnten Vorhaltsbeantwortung vom (E-Mail) veranlasst und erst danach durchgeführt wurde (Schlussbesprechung am , Bericht über das Ergebnis vom ). Zu Prüfungsbeginn waren daher die Beweismittel bekannt und mussten nicht neu vorgelegt werden. Für den für die Wiederaufnahmen relevanten Kenntnisstand ist jedoch nicht der Kenntnisstand zu Beginn der Prüfung, sondern im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide (2010 mit Datum ; 2011 mit Datum und 2012 mit Datum ) entscheidend.

Sowohl beim Rentenvertrag als auch beim Mietvertrag handelt es sich daher um im gegenständlichen Verfahren neu hervorgekommene Beweismittel.

Die Kenntnis dieser Umstände allein bzw in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens ist geeignet, im Spruch anderslautende Bescheide herbeizuführen.

Das Finanzamt hat in den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien und das Ermessen begründet.

Die Auswirkungen der Wiederaufnahmegründe sind mit jeweils mehreren hundert Euro pro Jahr nicht geringfügig.

Unter Bedachtnahme auf die nicht geringfügige Gesamtauswirkung ist bei der im Sinne des § 20 BAO vorzunehmenden Interessensabwägung dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Die Wiederaufnahme der Verfahren erweist sich damit insgesamt als berechtigt und damit die Beschwerde betreffend die Wiederaufnahmebescheide als unbegründet.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Gemäß § 279 BAO ist daher die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme der Verfahren als unbegründet abzuweisen; betreffend Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2009 bis 2013 ist der Beschwerde teilweise Folge zu geben und sind die Bescheide abzuändern.

E***M*** und Mitbesitzer, Steuernummer 99-1111***

Die im Kalenderjahr 2009 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
€ 1.106,63
1
A***M***
Ystraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-1234***
€ 368,88
2
B***M***
Xstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-4567***
€ 368,88
3
E***M***
Zstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-6789***
€ 368,87

Die im Kalenderjahr 2010 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
€ 546,61
1
A***M***
Ystraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-1234***
€ 182,20
2
B***M***
Xstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-4567***
€ 182,20
3
E***M***
Zstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-6789***
€ 182,21

Die im Kalenderjahr 2011 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
€ 276,31
1
A***M***
Ystraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-1234***
€ 92,10
2
B***M***
Xstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-4567***
€ 92,10
3
E***M***
Zstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-6789***
€ 92,11

Die im Kalenderjahr 2012 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
€ - 644,42
1
A***M***
Ystraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-1234***
€ - 214,81
2
B***M***
Xstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-4567***
€ - 214,81
3
E***M***
Zstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-6789***
€ - 214,80

Die im Kalenderjahr 2013 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
€ - 6.762,75
1
A***M***
Ystraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-1234***
€ -2.254,25
2
B***M***
Xstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-4567***
€ -2.254,25
3
E***M***
Zstraße***NÖ***
Finanzamt Österreich 99-6789***
€ - 2.254,25

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104007.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at