Säumniszuschlag bei Erkrankung der zuständigen Sekretariatskraft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WTH Mares, Bartos & Partner Steuerberatung KG, Dresdner Straße 87 Tür A21, 1200 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Säumniszuschlag 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde von der Umsatzsteuer 07/2019 in Höhe von € 16.053,49 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein erster Säumniszuschlag mit 2 %, insgesamt € 321,07, festgesetzt. Die Festsetzung des Säumniszuschlages war erforderlich weil der Beschwerdeführer die Abgabenschuldigkeit nicht bis zum Fälligkeitstag () entrichtet hat.
Am wurde ein Antrag auf Herabsetzung des Säumniszuschlages gem. § 217 Abs. 7 BAO gestellt, dieser Antrag war wie folgt ausgeführt:
"Unseren Mandanten trifft an der verspäteten Zahlung und somit Festsetzung des Säumniszuschlages kein grobes Verschulden, weil die mit den Sekretariatsarbeiten betraute zuständige Mitarbeiterin unserer Klientin leider längere Zeit erkrankt war. Der Geschäftsführer ist vorwiegend für Auftragsarbeiten außer Haus tätig und daher nicht in der Lage gewesen, die Büroarbeiten in Stellvertretung termingerecht zu erledigen."
Dieser Antrag auf Herabsetzung wurde mit Bescheid vom abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid über die Abweisung der Herabsetzung, richtete sich die Beschwerde des Parteienvertreters vom , mit Verweis auf den Antrag auf Herabsetzung des Säumniszuschlages gem. § 217 Abs. 7 BAO vom . Begehrt wurde die Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe vom .
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom im Zuge einer Altaktenumverteilung dem erkennenden Richter zur Erledigung übertragen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung die seit TT. August 2018 im Firmenbuch eingetragen ist. Als Geschäftszweig wird Gas- und Sanitärtechnik ausgeübt.
Die Umsatzsteuer für Juli 2019 in Höhe von € 16.053,49 war am fällig. Am wurde infolge nicht fristgerechter Entrichtung der Umsatzsteuer für Juli 2019 ein Säumniszuschlag in Höhe von € 321,07 festgesetzt. Am beglich die Bf. die Umsatzsteuerschuld für Juli 2019.
Eine Mitarbeiterin der Bf. die mit Sekretariatsaufgaben betraut war, war im Jahr 2019 längere Zeit im Krankenstand und konnte Ihre Aufgaben nicht wahrnehmen.
2. Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht unbestritten fest und ergibt sich aus den übereinstimmenden Parteienvorbringen und aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 217 Bundesabgabenordnung (BAO) normiert folgendes:
Abs. 1: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Abs. 5: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.
Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Ein Verschulden ist lediglich für die Frage des Antrages auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages von Relevanz (§ 217 Abs. 7 BAO). An der Entstehung des Säumniszuschlages ändert ein fehlendes bzw. geringes Verschulden jedoch nichts, weil die Vorschreibung des Säumniszuschlages eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag ist ().
Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis des Abgabepflichtigen an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ).
Der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages hängt allein davon ab, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die Vorschrift berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde und ist die Höhe des Säumniszuschlages von der Dauer des Verzuges nicht abhängig ().
Strittig ist, ob die Bf. ein grobes Verschulden an der Säumnis trifft und der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 7 BAO im Fall des Nichtzutreffens herabzusetzen oder nicht festzusetzen wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH tritt bei Begünstigungstatbeständen, dazu gehört auch die Antragsmöglichkeit nach § 217 Abs. 7 BAO, die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. bspw ).
Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen, dass auch die Büroorganisation von Kapitalgesellschaften in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen muss (vgl. ). Unabdingbarer Bestandteil einer im Sinne der Judikatur sorgfältigen Organisation ist es dabei, dass entsprechende Vorkehrungen für den Fall der Erkrankung des für die termingerechte Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten verantwortlichen Mitarbeiters getroffen werden. Wird für den Fall der Erkrankung eines mit fristgebundenen Arbeiten befassten Mitarbeiters keine Vorsorge getroffen, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden (vgl. , und ). Dass derartige Vorkehrungen getroffen worden wären, wurde jedoch weder behauptet noch näher dargelegt.
Das Vorbringen, dass die Abgaben, aufgrund Erkrankung der Sekretariatskraft, verspätet einbezahlt worden sei, vermag an der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages nichts zu ändern, da für eine sorgfältige Büroorganisation immanent ist, für den Fall einer Erkrankung Vorsorge zu treffen. Eine solche Vorsorge, unabhängig von einem konkreten Krankheitsfall, wurde nicht getroffen.
Der erste Säumniszuschlag wurde daher zu Recht festgesetzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Somit wurden im Beschwerdefall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100089.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at