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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.12.2024, RV/7100173/2017

Pflegegeld

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Andreas Stanek, die Richterin Mag. Gabriele Friedbacher sowie die fachkundigen Laienrichter Manfred Fiala und Mag. Andrea Prozek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Woditschka Steuerberatung GmbH, Lanzendorfer Hauptstraße 9 Tür 1, 2130 Mistelbach, über dessen Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , in Anwesenheit der Schriftführerin Christina Szabo, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In seiner am elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2014 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) für seine Tochter, für die er erhöhte Familienhilfe bezieht, die Berücksichtigung des pauschalen Freibetrages von € 262,00 monatlich.

Aus dem Abgabeninformationssystem ist ersichtlich, dass für die Tochter im Zeitraum Jänner bis Dezember 2014 Bundespflegegeld in Höhe von € 13.360,00 gewährt wurde.

Im Einkommensteuerbescheid vom wurde dieser Freibetrag nicht berücksichtigt und in der Bescheidbegründung ausgeführt, dass der monatliche Freibetrag von € 262,00 gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen (BGBl. 1996/303) für jene Monate, für die Pflegegeld bezogen wurde, um dieses zu kürzen war.

Am brachte der Bf. eine Beschwerde, unter anderem gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 ein und führte wie folgt aus:

"Zur Streichung des Freibetrages gem. § 5 der VO BGBl. 1996/303 wird in der Beschwerde festgestellt, dass die seinerzeitige Verordnung eine pauschalierte Berücksichtigung von Mehraufwendungen von Steuerpflichtigen, welche für unterhaltsberechtigte Personen erhöhte Familienbeihilfe erhalten, zum Ziel hatte. Es zeige sich aber Zwischenzeitig, dass der § 5 der VO in vielen Fällen unwirksam werde, weil bereits ab der Pflegestufe 2 dieser nicht mehr zum Tragen komme, da das Pflegegeld der Stufe 2 höher als monatlich € 262,-- sei. Es stelle sich daher die Frage, ob es nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen sei, Mehraufwendungen in der Form eines Pauschalbetrages neben dem Pflegegeld abzugelten. Dies deshalb, weil mit dem Pflegegeld und den dahinter stehenden Pflegebedarf konkrete Pflegemaßnahmen finanziert werden. Dies betrifft insbesondere die Kosten von Pflegepersonal. Im konkreten Fall war dies zeitweise notwendig, weil durch den angegriffenen Gesundheitszustand der Mutter die Unterbringung in einer auswärtigen Pflegeinrichtung notwendig war bzw. fremde Pflegekräfte beschäftigt werden mussten. Der angegriffene Gesundheitszustand der Mutter zeigt sich anhand der folgenden Operationen:

2008: erste Knieoperation
2011: Operation der Schilddrüse
2012: Operation des linken Kabalkanals
2013: Operation der Lendenwirbelsäule
2014: zweite Knieoperation aufgrund eines Prothesenbruches
2016: Operation des rechten Kabalkanals

Demgegenüber wurden die Kosten für den stationären Aufenthalt anlässlich der Operationen im Zeitraum bis März 2014 mit € 3.502,92 bemessen. Die Kosten der Fremdpflege betragen € 75,-- pro Tag ohne Verwaltungsaufwand und sonstigen Einmalgebühren. Zum Nachweis legen wir einerseits die Vorschreibung der BH Mistelbach und andererseits die Rechnungen der Malteser Car-Ring GmbH bei. Bei einer Hochrechnung der Fremdkosten mit € 75,-- pro Tag beträgt die Monatssumme € 2.250,--. Demgegenüber steht das Pflegegeld mit monatlich € 1.200,--. Als wesentliches Argument für die Gewährung des Freibetrags neben dem Pflegegeld ist anzuführen, dass mit diesem Pauschalbetrag jene jährlich anfallenden Kosten abgedeckt werden sollen, deren belegmäßigen Überprüfung sehr aufwendig ist. Im gegenständlichen Fall sind dies unter anderem: Die Anschaffung eines Pflegebettes im Betrag von € 1.697,--, die Wartungskosten des Aufzuges mit € 1.010,22, diverse Fahrten zu Ärzten darüber hinaus Medikamentenkosten und Pflegeprodukte. Ein Großteil des Pflegegeldes wird z.B. für das Tagesheim und für die Gebühren im Tagesheim aufgewendet.

Weiters führte der steuerliche Vertreter aus, dass bei dieser Rechtsauslegung der Umstand vollständig unberücksichtigt bliebe, dass auch die pflegende Mutter für diese besondere Tätigkeit eine entsprechende Vergütung erhalten sollte. Im konkreten Fall sei die Berufsunfähigkeitspension der Mutter befristet gewesen und wurde bis gewährt. Die Pensionshöhe habe rd. € 585,-- betragen. Wenn daher vom Verordnungsgeber eine Aufrechnung des Freibetrages mit dem Pflegegeld normiert werde, um vermutlich eine "Überforderung" von Familien mit schwer behinderten Kindern zu vermeiden, so können wir nur anregen, dass alle mit der Entscheidung zu dieser Sache betrauten Organe mit der Mutter einige Zeit tauschen und gehen davon aus, dass dies die Entscheidung wesentlich beeinflussen würde.

Es wurde der Antrag gestellt den Freibetrag zusätzlich zum Pflegegeld zu berücksichtigen.

Beigelegt waren der Beschwerde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom , in dem für die Wohnunterbringung ein Kostenbeitrag aus dem Pflegegeld von insgesamt € 5.739,97 für den stationären Aufenthalt der Tochter im *** in *** vom bis vorgeschrieben wurde. Vermindert um den bereits bezahlten Betrag wurde 2014 noch € 3.502,92 an die BH in Mistelbach überwiesen.

Auf der ebenfalls vorgelegten Zahlungsanweisung wurde handschriftlich vermerkt, dass es sich um eine Kurzzeitunterbringung nach der Operation der pflegenden Person (Mutter) gehandelt habe.

Die ebenfalls vorgelegte Rechnung der Malteser Car-Ring GmbH war für den Leistungszeitraum bis .

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO am als unbegründet abgewiesen.

In der dazu ergangenen zusätzlichen Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind durch Gewährung eines Freibetrages gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten in Höhe von 262 Euro monatlich, vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen, zu berücksichtigen (vgl. ).

Unter Bezugnahme auf die höchstgerichtliche Entscheidung sind somit nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bei Ermittlung eines Abzugsbetrages für außergewöhnliche Belastungen von den Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte, erheblich behinderte Personen pflegebedingte Geldleistungen abzuziehen, der das Pflegegeld übersteigende Betrag ist steuerlich abzugsfähig.

Neben dem Freibetrag von 262 Euro bzw. bei Bezug höheren Pflegegeldes ohne Berücksichtigung des Freibetrages sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen:

• Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel,

• Kosten der Heilbehandlung sowie

• das Entgelt für die Unterrichterteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte.

Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel).

Als Kosten der Heilbehandlung (§ 4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, ab ) gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Ebenso stellen die in diesem Zusammenhang anfallenden Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten (zB Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels oder Taxikosten) oder des amtlichen Kilometergeldes (ohne Zuschlag für mitbeförderte Personen) bei Verwendung des (familien)eigenen Kraftfahrzeuges Kosten der Heilbehandlung dar.

Wird der Freibetrag gemäß § 3 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, von 190 Euro für ein eigenes KFZ in Anspruch genommen, können für Fahrten mit diesem im Zusammenhang mit Heilbehandlungen zusätzlich Fahrtkosten (zB in Form des Kilometergeldes) geltend gemacht werden ().

Nicht als Kosten der Heilbehandlung sind Aufwendungen anzusehen, die regelmäßig durch die Pflegebedürftigkeit verursacht werden, wie Kosten für Pflegepersonal, Bettwäsche, Hygieneartikel usw. Diese Kosten werden durch das Pflegegeld abgegolten. Fallen sowohl Kosten für Pflegepersonal als auch für pflegebedingtes Material an, sind die Gesamtkosten zu ermitteln und diese mit Ausnahme von Kosten für Heilbehandlung und nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel um pflegebedingte Geldleistungen zu kürzen.

Es steht dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, anstelle der Pauschbeträge die tatsächlichen Kosten geltend zu machen. Dann sind jedoch die Mehrkosten auf Grund sämtlicher Behinderungen nachzuweisen.

Aufgrund der ha. bekannten Grundlagen hat das gewährte Pflegegeld unbestrittenermaßen den in § 5 Abs. 1 der genannten Verordnung angeführten Pauschbetrag überstiegen.

Da über diesen Betrag bzw. den Betrag des erhaltenen Pflegegeldes hinausgehende Aufwendungen nicht beantragt bzw. nachgewiesen wurden, war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Am brachte der steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag ein, in dem er die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat beantragte.

Der steuerliche Vertreter führte aus, dass nachdem der beschwerdegegenständliche Bescheid über mehrere Jahre steuerliche Auswirkungen habe und der Klient derzeit Alleinverdiener sei, alle steuermindernden Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten.

Es wurde weiters auf die Ausführungen in der Beschwerde vom verwiesen und keine weiteren Belege vorgelegt.

In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung führte der steuerliche Vertreter ergänzend aus, dass es nach Meinung des Bf. einen großen Unterschied mache, ob die Pflege innerhalb der Familie oder durch einen professionellen Dienst erfolgt. Erfolgt die Pflege durch einen professionellen Dienst, so geht das Pflegegeld zur Gänze dafür auf, während im Falle der Pflege durch eine familiennahe Person, dies nicht abgegolten wird. Das könne auch an der Berufsunfähigkeitsperson der das Kind pflegenden Mutter erkannt werden.

Erfolgt die Pflege durch eine familiennahe Person, entstehen keine Kosten für eine professionelle bzw. institutionelle Pflege. Dies bedeutet, dass es bei einer Anrechnung des Pauschalbetrages von monatlich € 262,00 auf das Pflegegeld zu einer Schlechterstellung der pflegenden Angehörigen komme, im Vergleich zu einer institutionellen Pflege.

Im Fall der institutionellen Pflege geht das Pflegegeld zur Gänze an diese, der Pauschalbetrag von monatlich € 262,00 verbleibt jedoch beim Pflichtigen.

Die Vertreterin der Amtspartei wendet ein, dass das Finanzamt sich an Gesetze und Verordnungen zu halten habe. Sinn und Zweck der Verordnung sei nicht die Verkürzung von Pflegeleistungen, sondern der Pauschbetrag sei vielmehr ein Instrument der vereinfachten Handhabung der Berücksichtigung von nicht nachgewiesenen Aufwendungen. Dies ergebe sich daraus, dass die Verordnung im Bereich der Einkommensteuer ergangen ist und sich nicht mit der Förderung von Pflegedienstleistungen - dazu sind andere staatliche Stellen berufen - beschäftigt. Entweder wird der Pauschbetrag oder werden die tatsächlichen Kosten berücksichtigt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Verordnung und steht auch in der (Wahl)Autonomie des Betroffenen. Sollte eine Gegenrechnung nicht erfolgen, würde man die Bestimmung der Verordnung durch die gänzliche Nichtberücksichtigung des Pflegegeldes ausheben, dort wo das Pflegegeld die tatsächlichen Aufwendungen nicht abdeckt.

Der steuerliche Vertreter wendet ein, dass dies im Großen und Ganzen richtig sei, jedoch bleibt darauf hinzuweisen, dass die tatsächlichen Kosten der Pflege durch familiennahe Personen nicht ermittelbar sind, sondern im Wege einer Schätzung berücksichtigt werden sollen.

Die Vertreterin des FA entgegnet, dass die tatsächlichen Kosten auf alle Fälle berücksichtigt werden, unberücksichtigt blieben jedoch Pflegetätigkeiten, die durch einen familiennahen Angehörigen erbracht werden, somit (geschätztes) Pflegeentgelt der Familienangehörigen.

Der steuerliche Vertreter erwidert, dass man den Stellenwert dieser Verordnung auch in Betracht ziehen müsse, wonach Pauschalbeträge aufgrund dieser Verordnung auch ohne Pflegegeldbezug gewährt werden, so zB für Diätverpflegung, etc. Wir unterstellen dem Gesetzgeber, dass dieser Pauschbetrag auch für das "fiktive Pflegeentgelt der Familienangehörigen" gilt, weil das ist der Pauschalbetrag für Behinderung.

Die Vertreterin des Finanzamtes kontert dieser Auffassung und führt aus, dass laut § 1 der Verordnung, die in § 2-4 der Verordnung genannten Mehraufwendungen nicht der Kürzung unterliegen. Daraus ergibt sich nach Dafürhalten des Finanzamtes, dass alle anderen Pflegeaufwendungen der Kürzung des Pauschbetrages unterliegen.

Für den Bf. ist somit klar, dass diese Auffassung dazu führt, dass familiennahe Pflege steuerlich nicht berücksichtigt wird und mit fremdfinanzierter Pflege nicht gleichgesetzt ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Vom Bundesfinanzgericht wird folgender Sachverhalt der Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt:

Der Bf. ist Alleinverdiener und bezog im Jahr 2014 für seine 1989 geborene Tochter ganzjährig erhöhte Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Das Bundespflegegeld für die Tochter betrug im Jahr 2014 € 13.360,00.

Im Jahr 2014 war die Tochter für einige Monate im *** in *** untergebracht. Dafür wurde ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass die Tochter vom bis sich dort aufgehalten hat und dafür ein Kostenbeitrag aus dem Pflegegeld von insgesamt € 5.739,97 für den stationären Aufenthalt vorgeschrieben wurde. Es wurde 2014 der Restbetrag in Höhe von € 3.502,92 mit dem Hinweis, dass es sich dabei um eine Kurzzeitunterbringung nach der Operation der Mutter gehandelt habe, bezahlt.

Die weitere Rechnung (Malteser Car-Ring GmbH), die vorgelegt wurde, betrifft nicht das berufungsgegenständliche Jahr (2014),sondern das Jahr 2016 und ist somit gegenständlich nicht relevant.

Weitere Rechnungen bzw. Zahlungsbestätigungen wurden nicht vorgelegt.

In der Beschwerde stellt der Bf. den Antrag den Freibetrag zusätzlich zum Pflegegeld zu berücksichtigen. Als strittig stellt sich im gegenständlichen Beschwerdeverfahren die Frage, ob das Pflegegeld vom pauschalen Freibetrag von 3.144 € (12x262 € monatlich) in Abzug zu bringen ist.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich nach Dafürhalten des Bundesfinanzgerichts aus den vorgelegten Akten des Abgabenverfahrens, der Einsicht in die Datenbanken, dem Vorbringen des Bf. in seiner Beschwerde sowie den in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht getätigten Angaben und sind zwischen den Parteien nicht strittig.

Für das Bundesfinanzgericht ergeben sich in freier Beweiswürdigung keine Anhaltspunkte an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhalts zu zweifeln.

3. Rechtliche Grundlagen

§ 34 EStGlautet:.

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5)vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7 300 Euro ………………………………………………………….….….….
6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….…………………………
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………………….…...........
10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..…………..……………...
12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

  • wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

  • wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

  • für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

  • Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

  • Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.

  • Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.

  • Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

  • Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

  • Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

(8) Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:

1. Die Betreuung betrifft

- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder

- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.

2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.

4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.

Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu.

§ 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen idF BGBl II 2001/416 lautet:

(1) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.

(2) Bei Unterbringung in einem Vollinternat vermindert sich der nach Abs. 1 zustehende Pauschbetrag pro Tag des Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel.

(3) Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

4. Rechtliche Würdigung

3. 1. Zu Spruchpunkt I

Für Unterhaltsleistungen an Kinder gilt nach § 34 Abs. 7 Z 1 und 4 EStG folgendes:

Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c EStG abgegolten. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

In Abs. 6 dieser Gesetzesstelle ist geregelt, welche Aufwendungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden können. Es sind dies ua. Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, und Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) erhält, soweit sie jeweils die Summe der pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

Die zu dieser gesetzlichen Regelung ergangene Verordnung (VO) über außergewöhnliche Belastungen idF BGBl II 2001/416 normiert in § 5 Abs. 1, dass Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 € vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen zu berücksichtigen sind.

Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen (§ 4 VO), wobei diese Aufwendungen gemäß § 1 Abs. 3 VO nicht um eine pflegebedingte Geldleistung zu kürzen sind.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des VwGH verwiesen (zB VwGH 99/13/0190, vom ) wonach Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts nach § 34 Abs. 6 dritter Teilstrich EStG 1988 in der ab geltenden Fassung des StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201 (vgl § 124b Z. 11 EStG) abgezogen werden können, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen. Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Der VwGH führt in diesem Erkenntnis (VwGH 99/13/0190, vom ) weiter aus:

Nach § 5 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich S 3.600,-- vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.

Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in der ab anzuwendenden Fassung sind somit bei Ermittlung eines Abzugsbetrages für außergewöhnliche Belastungen von den Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte, erheblich behinderte Personen pflegebedingte Geldleistungen abzuziehen. Das dem Sohn des Beschwerdeführers gewährte Pflegegeld hat unbestrittenermaßen den in § 5 Abs. 1 der genannten Verordnung angeführten Pauschbetrag überstiegen. Da im Verwaltungsverfahren keine über diesen Betrag bzw den Betrag des erhaltenen Pflegegeldes hinausgehenden Aufwendungen nachgewiesen worden sind, entsprechen damit die angefochtenen Bescheide dem Gesetz.

Betrachtet man den gegenständlichen Sachverhalt unter obigen Ausführungen so ergibt sich, dass für die Mehraufwendungen auf Grund der Behinderung der Tochter gemäß § 5 Abs. 1 VO der Pauschalbetrag von 262 € monatlich bzw. 3.144 € jährlich vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen zu berücksichtigen ist.

Vermindert man das Pflegegeld 2014, um die Kosten der Unterbringung zur Kurzzeitpflege die 2014 an die BH Mistelbach bezahlt wurden, so verbleibt (Pflegegeld € 13.360,00 - € 3.502,92) noch € 9.857,98 Pflegegeld. Dieser verbleibende Teil übersteigt den zustehenden Pauschalbetrag (€ 3.144) gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen idF BGBl II 2001/416. Daher steht kein Freibetrag für ein erheblich behindertes Kind zu.

Da im Verwaltungsverfahren keine über diesen Betrag bzw den Betrag des erhaltenen Pflegegeldes hinausgehenden Aufwendungen nachgewiesen worden sind, entspricht der angefochtenen Bescheide dem Gesetz.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4.2. Zu Spruchpunkt II (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100173.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at