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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.12.2024, RV/2100185/2024

Verspätete Beschwerde bei Bescheidzustellung per E-Mail (Erstattungsverfahren ausl. Unternehmer)

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ICON Wirtschaftstreuhand GmbH, Stahlstraße 14, 4020 Linz,

betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Vorsteuererstattung 2017 beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden kurz: Bf.) ist ein schwedisches Unternehmen, das mit Antrag vom die Vorsteuererstattung für das Jahr 2017 beantragt hat.
Am wurde um 10:47 Uhr ein Ersuchen um Ergänzung an die im Erstattungsantrag angegebene Adresse: ***E-Mail*** versendet. Diese Mail wurde laut dem vom steuerlichen Vertreter vorgelegtem E-Mailverkehr am selben Tag um 11:33 Uhr firmenintern weitergeleitet und in weiterer Folge erst verspätet bearbeitet.

Mit Bescheid vom wurde der Erstattungsbetrag mit Null festgesetzt. Der Bescheid wurde laut EDV-automatisch erstelltem Vermerk des Finanzamtes am von der schwedischen Finanzverwaltung an die Bf. zugestellt.

Am übermittelte die Bf. die vom Finanzamt mit Mail vom angeforderten Belege. Diese wurden vom Finanzamt postalisch an die Bf. zurückgesendet. Im Begleitschreiben vom verwies das Finanzamt auf den zwischenzeitig rechtskräftigen Bescheid vom .

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingelangt am , brachte die Bf. eine Beschwerde ein. Von der Erstattung mit Null habe sie erst durch das Schreiben des Finanzamtes vom Kenntnis erlangt, mit dem die vorgelegten Belege retourniert wurden. Den streitgegenständlichen Bescheid vom habe sie nie erhalten, zumal trotz interner Nachforschungen weder ein Posteingang noch der Erhalt eines entsprechenden E-Mails festgestellt werden konnte. Eine Zustellung per Mail würde unter einem Zustellmangel leiden.

Das Finanzamt forderte die Bf. auf, eine Bestätigung der schwedischen Finanzverwaltung beizubringen, die eine verspätete oder keine Zustellung des Bescheides belegen. Mit Schreiben vom erklärte die Bf. dass sie über das mit FinanzOnline vergleichbare Portal in Schweden die Nachricht erhalten habe: "Sie haben keine digitale Mailbox ".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als verspätet zurück.

Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf. ihr Vorbringen und fügte folgendes hinzu:
Die Beweislast über die erfolgte Zustellung des beschwerdegegenständlichen Vorsteuererstattungsbescheides liege bei der Behörde. Ein Beweis über das tatsächliche Einlangen des Bescheides sei nie vorgelegt worden.

"In diesem Zusammenhang dürfen wir insbesondere auf das Ergänzungsersuchen vom hinweisen im Zuge dessen Beantwortung vom dem Finanzamt mitgeteilt wurde, dass für die ***Bf1*** kein elektronisches Postfach bei der schwedischen Finanzverwaltung eingerichtet ist. (…)

Das schwedische Finanzamt hat auf die entsprechende Anfrage seitens ***Bf1*** sinngemäß geantwortet, dass es hinsichtlich des fraglichen Bescheides nicht fündig geworden ist."

Im Zuge der Vorlage der Beschwerde hat das Finanzamt über die Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit, dem Central Liaison Office (CLO) eine Anfrage an Schweden gerichtet. Die schwedische Finanzverwaltung hat mit formalisierter Antwort vom bekannt gegeben, dass der über die elektronische Erstattungsplattform Mammut eingegangene Bescheid vom am um 8:30 Uhr an die auf der schwedischen Mammut-Plattform registrierte Adresse: ***E-Mail*** gesendet wurde.

In der beigelegten Benachrichtigungsmail der schwedischen Finanzverwaltung heißt es wörtlich:

"Sent: 08:30:38 +0200

To: ***E-Mail***

From: email.from.vatrefund@skatteverket.se

Subject: Forwarded, notice of decision on the refund of foreign VAT

The Swedish Tax Agency hereby forwards a decision regarding your application for VAT refund from Austria"

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat nach Bekanntgabe. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung.

Nach § 3 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 158/2014 (im Folgenden kurz: Erstattungsverordnung), können Bescheide im Erstattungsverfahren elektronisch, über das in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal, zugestellt werden. Die Zustellung kann auch mit E-Mail erfolgen. Über die Art der Zustellung entscheidet der Ansässigkeitsstaat.

In Schweden ist ein elektronisches Portal eingerichtet. Über dieses Portal hat die Bf. auch den Antrag gestellt. Für die Bf. ist in Schweden zwar kein elektronisches Postfach aktiviert (siehe Vorbringen der Bf. vom ), aber die im Antrag angegebene E-Mailadresse ***E-Mail*** ist auch im elektronischen Portal in Schweden hinterlegt. An diese Adresse wurde am um 08:30 Uhr von der schwedischen Finanzverwaltung der Bescheid vom übermittelt (Auskunft über das CLO Büro samt beigelegter E-Mailbestätigung).

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0026 entschieden, dass im Fall der Zustellung über das elektronische Portal im Ansässigkeitsstaat der Abschluss der Zustellung an den Empfänger nachzuweisen ist, während für Zustellungen per E-Mail die gesetzliche Vermutung des § 3 Abs 1 letzter Satz Erstattungsverordnung gilt, derzufolge die Zustellung des E-Mails mit dessen Absendung als bewirkt gilt, ausgenommen der Antragsteller weist nach, dass ihm das E-Mail nicht zugestellt worden ist.

Im Beschwerdefall wurde der Bescheid von der schwedischen Finanzverwaltung per E-Mail an ***E-Mail*** abgesandt. Damit gilt die Zustellung gem. § 3 Abs 1 Erstattungsverordnung als bewirkt.

Gegenteiliges konnte die Bf. nicht nachweisen.

Dabei ist im Rahmen der Beweiswürdigung (Nachweis, dass das E-Mail nicht zugestellt worden ist) zu beachten, dass an die Adresse ***E-Mail*** am vom Finanzamt Österreich erfolgreich ein Ergänzungsersuchen verschickt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Zustellung an diese E-Mailadresse grundsätzlich möglich ist.
Die schwedische Finanzverwaltung hat dazu über das CLO bekannt gegeben, den Bescheid am um 08:30 Uhr per E-Mail an die Bf. zugesendet zu haben. Dies steht nicht im Widerspruch zur von der Bf. vorgelegten Auskunft des schwedischen Finanzamtes, das keine Zustellung über das elektronische Postfach finden konnte. Im Gegenteil: Da diese Form der Zustellung (in das elektronische Postfach) in Schweden technisch nicht möglich war, ist die Zustellung per E-Mail die einzig logisch denkbare Folge.
Können E-Mails nicht zugestellt werden, erfolgt idR eine Information an den Versender. Die schwedische Finanzverwaltung hat eine solche Benachrichtigung offenbar nicht erhalten und so auch keinen Grund anzunehmen, dass das E-Mail nicht angekommen ist.
Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Anfrage des Finanzamtes vom erst verspätet am beantwortet wurde, spricht dafür, dass auch im Fall der Zustellung des Bescheides ein internes Versehen der Grund für die Unkenntnis vom Erhalt des Bescheides sein kann.
Nicht zuletzt hat die Bf. selbst angegeben, von der Existenz des Bescheides und dessen Inhalt seit dem Schreiben des Finanzamtes vom zu wissen. Ein Ersuchen um nochmalige Zustellung ist nicht aktenkundig und die firmeninterne Suche nach dem Bescheid dauerte offenbar mehr als 3 Monate, da die Beschwerde erst am verfasst wurde. Bei dieser Sachlage liegt es nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen, dass sich die Bf. bei der Bearbeitung ihrer Anliegen mehr Zeit lässt, als es das Gesetz vorsieht.

Die Beschwerdefrist ist 1 Monat nach Bekanntgabe des Bescheides abgelaufen. Da der Bescheid am Dienstag, rechtswirksam bekannt gegeben wurde, ist die Beschwerdefrist am Freitag abgelaufen. Die Beschwerde vom war daher verspätet, weshalb die Beschwerde gem. § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen war.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall wird ausdrücklich der Rechtsprechung des VwGH Ra 2019/15/0026 gefolgt, weshalb keine Rechtsfrage grundlegender Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 3 Abs. 3 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Verweise
VwGH, Ra 2019/15/0026
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100185.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at