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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.11.2024, RV/5100104/2024

Zurücknahmeerklärung bei verspäteter Mängelbehebung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verwaltungsbehördliches und -gerichtliches Verfahren

Am langte beim Finanzamt Österreich (in der Folge: FAÖ) im Wege des Finanzonline ein Schreiben des Herrn ***Bf1*** (in der Folge: Beschwerdeführer: Bf) ein. Es handelte sich dabei um eine Kopie des Einkommensteuerbescheides 2022 vom mit der handschriftlichen Anmerkung "Hallo, ich habe eine Beschwerde gegen diesen Bescheid im Finanzonline eingereicht, , Paraphe, die fehlenden Unterlagen werden mitgesandt." Mitvorgelegt wurden eine mehrseitige Aufstellung betreffend Tankrechnungen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2022 (jeweils mit Angabe der Tankstelle, des Datums, eines €-Betrages sowie dem Hinweis, dass mit der Karte bezahlt wurde), die Kopie eines Kaufvertrages betreffend einen PKW sowie eine Rechnung betreffend eine " 57a-Überprüfung".

Nach dem bekämpften Bescheid des FAÖ vom hätten nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden können. Aus dem Vorlagebericht des FAÖ vom ergibt sich, dass ein beantragtes Pendlerpauschale sowie der Pendlereuro nicht anerkannt worden seien, weil die dazu erforderlichen und auch mit Vorhalt vom angeforderten Ausdrucke aus dem Pendlerrechner nicht vorgelegt worden seien.

Mit Bescheid des FAÖ vom wurde dem Bf gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 250 Abs. 1 BAO aufgetragen, folgende Mängel der Beschwerde vom bis zum zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Es fehle eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid - konkret(!) - angefochten werde; die Erklärung, welche Änderungen - konkret und betraglich(i) - beantragt werden würden sowie eine Begründung. Mit der Behebung der angeführten Mängel mögen auch alle Nachweise zu den begehrten Änderungen vorgelegt werden.
Ausdrücklich wurde festgehalten, dass bei Versäumung dieser Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.

Der vorgenannte Bescheid (Mängelbehebungsauftrag) wurde nach den Angaben am Rückschein (RSb) am beim Postamt Post-LZ hinterlegt und eine diesbezügliche Verständigung von der Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung des Bf eingelegt. Die Zustellung gilt somit gemäß § 17 Abs. 3 ZustG spätestens als am (am ersten Tag der möglichen Abholung, einem Mittwoch) als zugestellt. Am wurde der Bescheid als nicht behoben an das FAÖ retourniert.

Am teilte der Bf dem FAÖ über FinanzOnline mit, dass er "ein Brief geschickt" habe. Am langte beim FAÖ eine Kopie des Mängelbehebungsauftrages vom ein, auf dem handschriftlich und unter Vorlage eines Ausdruckes aus dem Pendlerrechner die vom FAÖ festgestellten Mängel behoben wurden.

Das FAÖ erließ daraufhin am eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) in der die Behörde ausführte, dass die Beschwerde "gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt" werde, da der Bf dem Auftrag zur Mängelbehebung innerhalb der gesetzten Frist bis nicht nachgekommen sei.

Gegen diese BVE brachte der Bf am einen Vorlageantrag ein, in dem er im wesentlichen ausführte, dass er die BVE und den Hinweis auf die nicht erfolgte fristgerechte Reaktion nicht verstehe, da er innerhalb der im Bescheid genannten Rechtsmittelfrist eine Beschwerde eingebracht habe. Der Vorlageantrag enthält zwar keine konkrete Bezeichnung der BVE, gegen die sie sich richtet. Aus dem zeitlichen Zusammenhang und dem Hinweis auf die nicht fristgerechte Reaktion ergibt sich eindeutig, gegen welchen Bescheid sich der Vorlageantrag richtet.

Die Beschwerde wurde sodann vom FAÖ mit einem Vorlagebericht vom dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Mit einem Vorhalt vom wurde dem Bf das bisherige Verfahren dargestellt und versuchte das BFG dem Bf die geltende Rechtslage zu erläutern und teilte mit, dass infolge der Nichterfüllung des zugestellten Mängelbehebungsauftrages innerhalb der gesetzten Frist die Beschwerde als zurückgenommen erklärt werden müsse. Nach Schilderung des auch oben dargestellten Sachverhaltes wurde der Bf um eine Stellungnahme dazu ersucht. Weiters wurde er im Interesse der Erlangung einer vollständigen Kenntnis des Richters von den Geschehnissen ersucht, aufzuklären, wie es möglich sei, dass er auf einer Kopie des Mängelbehebungsauftrages, der doch wegen Nichtbehebung an das FAÖ retourniert worden sei, diesem (verspätet) entsprochen hat. Beiden Ersuchen mögen innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes entsprochen werden.

Der Bf teilte daraufhin in einer Eingabe (vom FAÖ offensichtlich irrtümlich mit einem Eingangsstempel vom , tatsächlich laut Aufgabestempel der Post vom ) mit, dass "der Vorhalteantrag gegen Bescheid vom und ist. Ich möchte endlich die Pendlerpauschale, Pendlereuro und den Alleinverdienerabsetzbetrag bekommen."

Festgestellter Sachverhalt und Beweiswürdigung

Wie sich aus der oben dargestellten und unwidersprochen gebliebenen Aktenlage eindeutig ergibt, war die Beschwerde gegen den ESt-Bescheid 2022 mangelhaft und der ordnungsgemäß zugestellte Mängelbehebungsauftrag mit der Fristsetzung sowie der Androhung der Zurücknahmeerklärung, falls die angeführten Mängel nicht bis behoben werden würden, erfolgte zu Recht. Die Behebung der Mängel durch den Bf erfolgte nach Ablauf der gesetzten Frist am . Dieser festgestellte und für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt wurde dem Bf auch vom BFG nochmals mitgeteilt. Der Bf widersprach den aufgezählten Fakten, die sich überdies auch aus den vom FAÖ vorgelegten Unterlagen ergeben, nicht.

Dass der Bf trotz Ersuchens nicht aufgeklärt hat, wie er auf einer Kopie oder dem Original des Mängelbehebungsauftrages, der an sich seitens der Post dem FAÖ retourniert wurde, diesem verspätet entsprechen konnte, vermag an der Feststellung des wesentlichen Sachverhaltes nichts zu ändern.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Bescheidbeschwerde zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, ist die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO verpflichtet, dem Beschwerdeführer unter Setzung einer Frist die Behebung der Mängel aufzutragen (vgl. , und ).

Im ordnungsgemäß zugestellten Mängelbehebungsauftrag hat das Finanzamt dem Bf zu Recht vorgehalten, dass der Beschwerde nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, gegen welche Punkte sich die Beschwerde konkret richtet, welche Änderungen beantragt und wie diese begründet werden. Unbestritten ist auch, dass diese Mängel bis zur gesetzten Frist am nicht behoben wurden, da der Bf. den Auftrag erst am erfüllte.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass ein Beschwerdeantrag die Behörde in die Lage versetzen soll, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Beschwerdeführer dem Bescheid anlastet (; , 99/14/0104; ,99/13/0120). Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, muss somit einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (; , 2004/14/0035), wobei sich die Bestimmtheit aus der Beschwerde ergeben muss (zB ). Es muss sich der Beschwerde, allenfalls im Zusammenhang mit dem bekämpften Bescheid oder mit anderen aktenkundigen Erklärungen des Abgabepflichtigen entnehmen lassen, welchen normativen Inhalt die von ihm angestrebte Beschwerdevorentscheidung bzw das von ihm angestrebte Erkenntnis haben soll (​ ; ​ ). Die beantragten Änderungen sind konkret zu bezeichnen, es sind konkrete Beträge zu nennen (​ ). Aus dieser Sicht hat der Bf. mit dem Hinweis in der Beschwerde, ein ordentlich gesetzlich und rechtlich abgeführtes Verfahren hätte zu einem für den Bf. günstigeren Ergebnis geführt, die belangte Behörde im Sinne des § 250 Abs. 1 BAO berechtigt, einen Auftrag zur Mängelbehebung zu erteilen.

Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Beschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge kann daher auch durch - wie hier- nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (vgl. ).

Im Beschwerdefall hat der Bf. dem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes nicht fristgerecht entsprochen und wurde infolgedessen die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als gemäß § 256 Abs. 3 gegenstandslos erklärt. Hier unterlag das FAÖ offensichtlich einem Irrtum, in dem es annahm, dass die Rechtsfolge einer Zurücknahmeerklärung gemäß § 85 Abs. 2 BAO dazu führe, dass gem. § 256 Abs. 3 BAO eine Beschwerde als gegenstandslos zu erklären sei, wenn sie zurückgenommen wurde. Aus § 278 Abs. 1 lit b BAO ergibt sich allerdings eindeutig, dass hier zwei unterschiedliche Rechtsfolgen normiert werden (wenn die Beschwerde weder gem. § 85 Abs. 2 als zurückgenommen noch gem. § 256 Abs. 3 als gegenstandslos zu erklären ist, dann….). Nach § 264 BAO entscheidet das BFG nach Stellung eines Vorlageantrages aber ohnehin über die Beschwerde gegen den Bescheid und nicht über die BVE. Durch die Stellung des Vorlageantrages gilt die Beschwerde wieder als unerledigt und das BFG hat über diese zu entscheiden.

Nach Stellung eines Vorlageantrages hat demzufolge das Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen zu erklären (vgl. , ).

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100104.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at