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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.11.2024, RV/7102344/2024

Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***BE*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid Anrechnung des Finanzamtes Österreich vom betreffend Kinderabsetzbetrag (KG) und Ausgleichszahlung gem. Verordnung (EG) 883/2004 (DZ) für die Kinder ***1*** für den Zeitraum März 2023 - Mai 2023, ***2*** für den Zeitraum Juli 2022 und für ***3*** für den Zeitraum Jänner 2023 - Mai 2023 (KG) und August 2022 (DZ), OB ***4***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit Rückforderungsbescheid Anrechnung vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer (Bf) Kinderabsetzbetrag und Ausgleichszahlung gem. Verordnung (EG) 883/2004 iHv 990,28 Euro zurück. Die elektronische Signatur des Bescheides datiert mit , 07:42:46+02:00

Dieser Bescheid wurde am elektronisch in die FinanzOnline-Nachrichten des Bf zugestellt.

Am übermittelte der Bf dem Finanzamt über FinanzOnline unter "Sonstige Anbringen und Anfragen" Unterlagen und teilte mit, dass sie vor kurzem die Mitteilung über den Bezug der Differenz und den Bescheid über die Rückforderung mit Datum bekommen hätten. Es gehe um den Betrag von 3.173,84. Nach längerem Suchen hätten sie herausgefunden, wie sich der Betrag zusammensetze. Es werde um nochmalige Überprüfung ersucht. Sie könnten die Bescheide nicht aufmachen und würden ersuchen, diese noch einmal zu schicken.

Das Finanzamt versendete am über FinanzOnline eine Zweitschrift des gegenständlichen Rückforderungsbescheides.

Am brachte der Bf über FinanzOnline Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid ein und wiederholte dabei das Anbringen vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung, das Beschwerdebegehren sei nicht fristgerecht innerhalb eines Monats eingebracht worden, gemäß § 260 BAO zurück. Die Zustellung erfolgte am elektronisch in die FinanzOnline-Nachrichten des Bf.

Dagegen brachte der Bf am über FinanzOnline eine als Vorlageantrag gewertete Beschwerde ein. Vorgebracht wurde: "Sehr geehrte Damen und Herren, vor kurzem habe ich von Ihnen einen Bescheid bekommen. Dieser Bescheid wurde am eingebracht und am habe ich eine Rückmeldung bekommen. Da wurde ich darauf hingewiesen, dass die Frist abgelaufen ist. Für uns ist es schwer Fristen einzuhalten, weil alle Bescheide, die wir erhalten, sind schon nach Ablauf der Frist. Oft kommen Mitteilungen sehr spät und wichtige Bescheide kommen in schriftlicher Form, als eingeschriebene Briefe, überhaupt nicht mehr. Obwohl ich in Österreich angemeldet bin. Bei diesem Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogenen Geldes vom war es schwierig herauszufinden wie Sie auf diesen Betrag gekommen sind. In polnischen Ämtern konnte man auch nicht herausfinden wie dieser Betrag entstanden ist. Nach längerer Suche hat sich herausgestellt, dass das Einkommen von meiner Frau dazugerechnet wurde. Für uns ist es nicht verständlich, wieso es dazugerechnet wurde. Deswegen haben wir angesucht, dass das jemand nochmal anschaut und wir haben auch gebeten, ob wir einen Bescheid über die Rückforderung nochmal bekommen könnten oder eine Kopie von diesem. Es ist nichts gekommen. Meine Frau hat ein paar mal angerufen, wurde aber sehr unfreundlich und ablehnend behandelt. Es gab einen Vorfall, bei dem das Gespräch einfach abgebrochen, aufgelegt wurde."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1 gesetzliche Grundlagen

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 97 Abs. 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.

Nach § 5b Abs. 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Gemäß § 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 hat jeder an der elektronischen Zustellung Teilnehmende in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Angabe einer unrichtigen, ungültigen oder gar keiner E-Mailadresse hindert nicht die wirksame Zustellung.

§ 5b Abs. 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 sieht für andere Teilnehmer als bestimmte Unternehmer in FinanzOnline die Möglichkeit des Verzichtes auf die elektronische Form der Zustellung vor. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

2 Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Bf ist seit FinanzOnline-Teilnehmer und die Zustimmung zur elektronischen Zustellung ist seit , abgesehen von einer kurzzeitigen Unterbrechung im November 2023, durchgehend aktiviert.

Der gegenständliche Rückforderungsbescheid vom wurde am elektronisch in die FinanzOnline-Nachrichten des Bf zugestellt.

Am versendete das Finanzamt via FinanzOnline eine Zweitschrift dieses Rückforderungsbescheides.

Die Beschwerde gegen diesen Rückforderungsbescheid wurde mittels FinanzOnline am vom Bf eingebracht.

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt, der elektronischen Grunddatenverwaltung und der unbedenklichen Zustellinformation des BMF.

3 rechtliche Würdigung

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (nunmehr "Nachrichten"), zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox bzw. Nachrichten durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. , , Ritz/Koran, BAO7 § 98 Rn 4). Es kann jedoch auf die elektronische Form der Zustellung auch (jederzeit) verzichten werden (vgl. § 5b Abs. 3 FOnV 2006).

Das Finanzamt durfte die Zustellung des Rückforderungsbescheides vom am im Einklang mit § 5b Abs 1 FOnV 2006 aufgrund der Teilnahme des Bf an FinanzOnline und seiner Zustimmung zur elektronischen Zustellung im Wege von FinanzOnline vornehmen.

Tatsächlich wurde der Rückforderungsbescheid vom am in die FinanzOnline-Nachrichten des Bf eingebracht.

Eine Ortsabwesenheit wurde vom Bf nicht behauptet. Er behauptet auch nicht, dass er keinen Zugang zu den FinanzOnline-Nachrichten infolge technischer Systemfehler des Verfahrens FinanzOnline gehabt habe (vgl. ).

Damit gelangte der Bescheid am in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf und gilt daher gemäß § 98 Abs 2 BAO am als zugestellt. Daran ändert nichts, dass es dem Bf nicht gelang, den Bescheid zu öffnen. Es liegt in seiner Verantwortung, für die technischen Voraussetzungen zu sorgen, um einen in seinen elektronischen Verfügungsbereich gelangten Bescheid öffnen zu können.

Die Übermittlung einer Zweitschrift des Bescheides am löste keinen neuerlichen Beginn einer Rechtsmittelfrist aus.

Der Rückforderungsbescheid wurde daher am Tag des Einlangens in die FinanzOnline-Nachrichten, also am , zugestellt. Die Beschwerde wurde am - nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist - eingebracht. Die Beschwerde war somit nicht fristgerecht eingebracht und gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolge der Zurückweisung bei nicht fristgerecht eingebrachter Bescheidbeschwerde ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102344.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at