Familienbeihilfenanspruch im Fall der Doppelresidenz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung Kinderabsetzbeträge und Familienbeihilfe 07.2022-03.2023 für ***A*** ***T***, SVNr. ***124***; ***B*** ***T***, SVNr. ***125*** und ***C*** ***T***, SVNr. ***126*** - Ordnungsbegriff ***123*** zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird für den Zeitraum Juli 2022 bis November 2022 betreffend ***C*** ***T***, SVNr. ***126***, ersatzlos aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom wurden die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die drei Kinder ***B***, ***A*** und ***C*** ***T*** für Juli 2022 bis März 2023 von der Beschwerdeführerin zurückgefordert. Begründet wurde die Rückforderung wie folgt:
"Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am , in der die Beschwerdeführerin wie folgt vorbringt:
"Ich befand mich ab April 2022 in einem schwierigen und komplexenScheidungsverfahrenund war schweren Konfliktenmit meinem Ex-Mann, Herrn ***X***,ausgesetzt.Die laufendenProvokationenund Übergriffe belastetennicht nur mich, sondernauch meine Kinder. Trotz Einbindung des Gewaltschutzzentrums,des autonomen Frauenzentrums und der Polizei, konnte keine Abhilfe geschaffenwerden. Ich mietete daher ab ein Haus, um den Konflikten aus dem Weg gehen zu könnenund die für mich bedrohliche Situation zu reduzierenund auch mit dem Hintergrund, die Kinder zu entlasten. Meinengemeinsamen Hauptwohnsitzmit den Kindern habe ich nicht aufgegeben und ich binauch bis einschließlich Februar 2023 für den Lebensunterhalt meiner Kinder aufgekommen. So habe ich das Taschengeld und die Gebühr für das Fitnessstudio von ***A*** laufend übernommen, für ***B*** die Handygebühr und für alle Kindergemeinsam die Kosten für gemeinsameFreizeitaktivitäten, Urlaube sowie Kleidung, Spielsachen, Lebensmittel uvm. Eine entsprechendeAufstellungmit Belegenkann ich bei Bedarf jederzeit nachreichen.Sohn ***C*** hat mich fast immer, wenn ich in dem gemieteten Haus war, begleitet, er war somit zu mehr als 90% in meiner Obhut.Die bezogeneFamilienbeihilfe habe ich für die Belangemeiner Kinder verwendet und benötigt. Seit habe ich einenneuenHauptwohnsitz und die Kinder müssen nun vom Vater versorgt werden, da ich mich für die alleinigeObsorge des Kindesvaters ausgesprochen habe.
Aufgrund der Tatsache, dass ich bis einschließlich Februar 2023 für meine Kinder den Lebensunterhalt in weiten Teilen bestritten habe, ist die Rückforderung der Familienbeihilfe für alle drei Kinder nicht nachvollziehbar und ich erhebe aus diesem Grund Beschwerde gegen den Bescheid. Die Rückforderung für März 2023 ist berechtigt, allenfalls auch die Rückforderung für Februar 2023 für ***A***, da diese seit Schließung der bisher besuchtenSchule mit keine Schule mehr besucht oder eine anderweitigeAusbildung macht. Sie ist seit nur zu Hause beim Vater."
3. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesbestimmung des § 2 Abs. 2 und Abs. 5 FLAG begründend wie folgt ausgeführt:
"Es liegt in der Absicht des Gesetzgebers, die Familienbeihilfe dem Haushalt zuzuleiten, in dem das Kind lebt. Die Familienbeihilfe soll die mit der Betreuung des Kindes verbundenen Mehrbelastungen - zumindest teilweise - ausgleichen. Die Betreuung eines Kindes stellt in jedem Fall eine vermögenswerte Leistung dar und steht der Erfüllung der Sorgepflicht durch Geldleistungen gleich. Es ist somit davon auszugehen, dass die Betreuung, Erziehung und Pflege eines Kindes dem Geldunterhalt des anderen Elternteiles gleichkommt und durch Leistung des reinen Geldunterhaltes keine überwiegende Leistung des Unterhaltes vorliegen kann.
Lt. Ihren eigenen Angaben sind Sie am aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Die gemeindeamtliche Ummeldung erfolgte am (Anmeldung Nebenwohnsitz). Eine Änderung des Wohnsitzes der Töchter ***B*** und ***A*** erfolgte nicht. ***C*** war vorübergehend bei Ihnen gemeldet, überwiegend jedoch im Haushalt des Kindesvaters wohnhaft - It. Aufstellung des Kindesvaters 56,8%. Am wurde vom Bezirksgericht Urfahr das alleinige Sorgerecht an den Vater übertragen.
Da die Kinder zum Haushalt des Kindesvaters gehören, besteht ab Juli 2022 kein Anspruch auf die Familienbeihilfe."
4. Im Vorlageantrag vom wird von der Beschwerdeführerin wie folgt ausgeführt:
"Es entspricht nicht der Wahrheit und nicht den Fakten, dass Sohn ***C*** überwiegend im Haushalt des Kindesvaters wohnhaft war, im Gegenteil. Entgegen den Angaben des Kindesvaters befand sich der gemeinsame Sohn, ***C*** ***T***, geb. am ***Datum*** - nachweislich - in der Zeit von bis zu 72% bei der Kindesmutter, in der Zeit von bis war der Aufenthaltsort des Sohnes zu mehr als 60% bei der Mutter und dies, obwohl laut richterlichem Beschluss der Aufenthaltsort jeweils zu 50% beim Vater und zu 50% bei der Mutter hätte sein sollen. Der Kindsvater hielt jedoch den richterlichen Beschluss nicht ein! Wie bereits erwähnt war die Kindesmutter aufgrund der häuslichen Gewalt gezwungen, das familiäre Haus mit zu verlassen. Während die Töchter ***A*** und ***B*** ***T*** beim Vater verblieben, befand sich der Sohn zu einem Anteil von 72% und ab 50%iger Kontaktrechtsregelung zu 60,5% bei der Kindesmutter. Dies belegen zahlreiche Aktivitäten wie Eintritte ins Freibad, Kinobesuche, Einkäufe wie Kleidung, Spielwaren, Lebensmitteleinkäufe und können auch Verwandte der Kindesmutter, wie die Eltern, (die Großmutter des Sohnes führte eigene Aufzeichnungen über die Aufsichten), Geschwister, die ebenso ab und an Aufsichten übernahmen oder zu Familienfeiern luden und Freunde, die mit der Kindesmutter und deren Sohn (ebenso der Tochter) zwei Urlaube verbrachten.
Neben den beiden Urlaubswochen, die mit dem Sohn im Halltal sowie in Italien verbracht wurden, befand sich der Kindsvater mit den gemeinsamen Töchtern mehr als 10 Tage auf Urlaub - in diesem Zeitraum wurde der Sohn ebenso von der Mutter beaufsichtigt. Und dann auch noch weitere zwei Wochen, von denen der Kindesvater eine Kontaktpflichtswoche zu übernehmen hatte, die Betreuung - allerdings ohne vorheriger Absprache - an die Mutter übergab, den Sohn einfach zurückließ. Es gibt auch vielerlei Fotos und Videoaufnahmen von gemeinsamen Spielsequenzen zwischen Mutter und Sohn oder Sohn und Freunden - im angemieteten Haus im ***Adr*** - die belegen, dass der Sohn zu angegebenen Zeitpunkten bei der Mutter verweilte.
Beginnend von übernahm die Kindesmutter sämtliche Ausgaben, wie Kleidung, Spielwaren, Schulausstattung, Eintritte für Aktivitäten und vieles mehr, für den Sohn, sowie die Kosten für je 1-wöchige Urlaube für die älteste Tochter, die mittlere Tochter und den gemeinsamen Sohn. Die Kosten übernahm die Kindesmutter bis zum , jenem Tag, an dem die Obsorge - aufgrund der Initiierung der Kindesmutter - an den Kindsvater übertragen wurden. Grund für die Übertragung der Obsorge für alle Kinder an den KV war nämlich genau die Tatsache, dass der KV den Sohn laufend aus gemeinsamen Aktivitäten mit den Schwestern ausschloss, er für den Sohn kaum erreichbar war und die Geschwistertrennung immer mehr voranschritt. Die KM hat sich gegen eine Geschwistertrennung ausgesprochen und dem Gericht daher den Vorschlag unterbreitet, alle Kinder beim KV zu lassen. Aktuell erfolgt jedoch eine Begutachtung, ob das Kindeswohl dort gewährleistet ist, da neben mehreren Ereignissen auch nachzuweisen ist, dass die ältere Tochter, ***A***, die Ausbildungspflicht erfüllt hat und erfüllt. Die bezogene Familienbeihilfe habe ich für die Belange meiner Kinder verwendet und benötigt. Seit habe ich einen neuen Hauptwohnsitz und die Kinder müssen nun vom Vater versorgt werden, da ich mich für die alleinige Obsorge des Kindesvaters ausgesprochen habe. Bis einschließlich Februar 2023 habe ich für alle meine Kinder den Lebensunterhalt in weiten Teilen bestritten. Laut richterlichen Beschluss war der Wohnsitz des Sohnes per an den Nebenwohnsitz der Mutter, in den ***Adr***, zu verlegen. Beginnend mit wurde das Kontaktrecht vom Bezirksgericht Urfahr beschlossen. Sohn ***C*** sollte in der ungeraden Woche von Freitag, 14 Uhr bis Sonntag 18 Uhr bei der Mutter sein und in der geraden Woche beim Vater. Der Vater hielt die Kontaktrechtszeiten nicht ein, sodass der Sohn überwiegend bei der Mutter war. Letztlich führte die Vorgehensweise des Vaters zum Antrag der KM, auf alleinige Obsorge durch den KV. Angemerkt wird noch, dass das Unterhaltsverfahren im Hinblick auf ***C*** noch offen ist, da für ihn auch der Unterhaltsanspruch erst ab Übernahme der alleinigen Obsorge durch den KV besteht und dieser nun sein Einkommen vorzulegen hat."
5. Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hat im Streitzeitraum die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für ihre drei minderjährigen Kinder ***A*** (geb. am ***tt***.06.2006), ***B*** (geb. am ***tt***.12.2009) und ***C*** (geb. am ***Datum***) bezogen.
Aufgrund des Antrages des Kindesvaters auf Familienbeihilfe für den streitgegenständlichen Zeitraum und den daraufhin erfolgten Ermittlungen der belangten Behörde kam es zur Rückforderung der Familienbeihilfe bei der Beschwerdeführerin.
Bis Juli 2022 lebte die Beschwerdeführerin mit ihrem Ex-Gatten/Kindesvater und den drei Kindern im gemeinsamen Haushalt in ***Familienadresse***. Die Beschwerdeführerin hat den gemeinsamen Familienwohnsitz am verlassen.
Die beiden Töchter der Beschwerdeführerin ***A*** und ***B*** waren unstrittig im streitgegenständlichen Zeitraum beim Kindesvater haushaltszugehörig.
Der Sohn ***C*** hat sich teilweise im Haushalt der Beschwerdeführerin und teilweise bei seinem Vater aufgehalten, wobei er in den Monaten Juli bis November überwiegend bei seiner Mutter und ab Dezember 2022 überwiegend bei seinem Vater genächtigt hat.
Mit Vergleichsausfertigung vom wurde die alleinige Obsorge für die drei Kinder dem Kindesvater übertragen.
2. Beweiswürdigung
Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen basieren auf den eigenen Angaben der Bf., den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und den vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Erhebungen im Zentralen Melderegister sowie den Datenbanken der Finanzverwaltung.
Von der Beschwerdeführerin wurden Aufzeichnungen über den Aufenthalt von ***C*** von - vorgelegt, vom Kindesvater für den Zeitraum -.
Die detaillierten Aufzeichnungen des Vaters (gegliedert in: vormittags, nachmittags, abends, nachts) betreffend die Betreuung des Sohnes ***C*** stimmen bis auf 2 Tage mit den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin überein. Das Bundesfinanzgericht ging daher ohne Bedenken die restlichen Monate von den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin aus.
Von weiteren Zeugeneinvernahmen konnte gemäß § 183 Abs. 3 BAO wegen Unerheblichkeit abgesehen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
3.1.1. Rechtsgrundlagen
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder, […]
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. […]
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967: Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. […]
§ 7 FLAG 1967: Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt.
§ 10 Abs. 4 FLAG 1967: Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988: Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichs-gesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
3.1.2. Erwägungen
3.1.2.1. Haushaltszugehörigkeit
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).
Eine derartige einheitliche Wirtschaftsführung im Rahmen einer Wohngemeinschaft bestand im Beschwerdezeitraum betreffend Sohn ***C*** beim Vater und auch bei der Mutter. Die Töchter der Beschwerdeführerin waren unstrittig beim Kindesvater haushaltszugehörig.
3.1.2.2. Betreuung in mehreren Haushalten
Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.
So wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, auch gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. ; ).
Die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) sind monatsbezogene Leistungen. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ; ).
Da der Gesetzgeber von einem Vorrang der Haushaltszugehörigkeit gegenüber der Unterhaltskostentragung ausgeht, ist im Fall einer "Doppelresidenz" monatsbezogen zu prüfen, wessen Haushalt des Kind jeweils überwiegend angehört hat. Der für einen Monat nur einfach gebührende Beihilfenanspruch steht daher, wenn das Kind im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten gehört hat, in Anwendung des Überwiegensprinzips demjenigen zu, der für den längeren Zeitraum den Haushalt geführt hat oder nach § 2a FLAG 1967 als Haushaltsführender vermutet wird (vgl. ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei einem Kind, das von mehreren Personen jeweils in deren Haushalten betreut wurde, die Ansicht vertreten, dass "die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, ganz wesentlich davon abhängt, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z.B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt" (vgl. ).
Zu ***A*** und ***B***:
Die beiden Töchter der Beschwerdeführerin ***A*** und ***B*** waren unstrittig im streitgegenständlichen Zeitraum beim Kindesvater haushaltszugehörig.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie für den Unterhalt der Kinder aufgekommen ist und ihr daher Familienbeihilfe zustehe.
Dazu ist anzumerken, dass einer Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe hat, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Das bedeutet, dass lediglich dann, wenn keiner anderen Person ein Familienbeihilfenanspruch zustünde, die Beschwerdeführerin iSd § 2 Abs 2 zweiter Satz FLAG 1967 als diejenige, der den (überwiegenden) Unterhalt für die Kinder trägt, subsidiär als Familienbeihilfenanspruchs-berechtigter in Betracht käme.
Diese Voraussetzung liegt jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie für ihre Kinder die überwiegenden Unterhaltskosten trage, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann.
Zu ***C***:
Der Sohn ***C*** hat sich teilweise im Haushalt seiner Mutter und teilweise bei seinem Vater aufgehalten, wobei er in den Monaten Juli bis November überwiegend bei seiner Mutter und ab Dezember 2022 überwiegend bei seinem Vater genächtigt hat.
3.1.2.3. Rückforderung
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungspflicht normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (u.a. ). Auch ob die Beschwerdeführerin im guten Glauben war, ihr stehe Familienbeihilfe zu, ist im Rückforderungsverfahren nicht von Bedeutung. Insofern geht der Einwand der Beschwerdeführerin ins Leere, sie habe die Familienbeihilfe für die Belange ihrer Kinder verwendet.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, sind auch die Kinderabsetzbeträge zurückzufordern.
3.1.2.4. Zum "in eventu" Antrag auf mündliche Verhandlung:
Nach herrschender Ansicht ist das Verfahrensrecht im Allgemeinen bedingungsfeindlich, weshalb bedingte Parteienerklärungen - und im Gegenzug auch bedingte behördliche oder gerichtliche Erledigungen - unzulässig sind.
Anträge, die mit einer unklaren Bedingung verknüpft werden, wie zB die Durchführung einer mündlichen Verhandlung "falls erforderlich", "allenfalls" oder "in eventu" sind unwirksam (vgl Hell in SWK 35/2023, 1322; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 274 E 15 ff).
Die Entscheidung oblag der Einzelrichterin, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da es der Judikatur des VwGH entspricht, dass dann, wenn das Kind im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten gehört hat, Familienbeihilfe in Anwendung des Überwiegensprinzips demjenigen zusteht, der für den längeren Zeitraum den Haushalt geführt hat (vgl. ).
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100556.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at