Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung gem § 2 Abs 1 lit a GrStG 1955 des Geburtshauses von Adolf Hitler
Rechtssätze
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RV/5100343/2024-RS1 | Tatsächlich dient die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr 15, Braunau am Inn (Geburtshaus von Adolf Hitler) mit dem Bundesgesetz BGBl I 4/2017 dem „Herrichten für steuerbegünstigte Zwecke“, weil der Bund nur so durch die uneingeschränkte Ausübung des Eigentumsrechts eine der möglichen Optionen entsprechende Nutzung der Liegenschaft iSd Empfehlung des Abschlussberichtes der Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers umsetzen kann (). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache Republik Österreich (Bundesministerium für Inneres), ***Bf1-Adr***, vertreten durch Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Einheitswert zum , Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955, und Grundsteuermessbescheid zum , Fortschreibungsveranlagung gemäß § 21 GrStG 1955, beide zu EWAZ: EW-AZ zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der Einheitswertbescheid zum vom , dahingehend abgeändert, dass der zum Einheitswert in Höhe von € 0,00 festgestellt wird.
II. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der Grundsteuermessbescheid zum vom aufgehoben.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
- Einheitswertbescheid (zugestellt )
- Grundsteuermessbescheid (zugestellt )
- Beschwerde
- Beschwerdevorentscheidung (Abweisung)
- Vorlageantrag
Die Grundstücke Nr 73/1, 326/1, 395/16 und 395/17, EZ 217 KG 40005 Braunau am Inn (Geburtshaus Adolf Hitler) wurden mit mittels Bundesgesetz (Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn, BGBl I 4/201) enteignet.
Mit Einheitswertbescheid vom , EWAZ: EW-AZ stellte die belangte Behörde den Einheitswert der Grundstücke Nr 73/1, 326/1, 395/16 und 395/17, EZ 217 KG 40005 Braunau am Inn gem § 21 BewG iVm §§ 186 und 193 BAO fest.
IdF wurde mit Grundsteuermessbescheid vom der Grundsteuermessbetrag iHv 113,35 Euro festgesetzt.
Dagegen brachte die beschwerdeführende Partei rechtzeitig eine Bescheidbeschwerde ein, in welcher das Vorliegen des Befreiungstatbestandes des § 2 Z 1 lit a GrStG 1955 geltend gemacht wird. Zur Begründung führte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen aus:
Es handle sich um Grundbesitz, der vom Bund für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, der nach den bundesgesetzlichen Vorschriften der Grundsteuer unterliegt. Der Einheitswert wäre daher infolge genannter Steuerbefreiung gemäß § 21 Abs 3 BewG 1955 zum im Weiteren näher dazulegenden Zeitpunkt auf den Wert Null fortzuschreiben gewesen.
Die Enteignung diente der dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahende Gedenkens und damit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit iSd Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG (vgl § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes bzw ErläutRV 1250 BlgNR 25. GP, 1) und erfüllt damit den Befreiungstatbestand des § 2 Z 1 lit a GrStG 1955.
Gerade an der Zweckbindung durch § 2 des Enteignungsgesetzes zeige sich deutlich, dass die Ausübung der öffentlichen Gewalt bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes und Eigentumsübergang gegeben sei, da der Bund seit diesem Zeitpunkt dazu verpflichtet ist, dem Gesetz entsprechend mit der Liegenschaft zu verfahren. Die Inanspruchnahme des Eigentums an der Liegenschaft zum Zweck der dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus (§ 1 des Enteignungsgesetzes) fand zu diesem Zeitpunkt ihre Vollendung und begründete damit unmittelbar die Ausübung öffentlicher Gewalt.
Der Vorgang der Enteignung durch Hoheitsakt sei selbst bereits Ausdruck der Ausübung öffentlicher Gewalt.
Das "Herrichten für steuerbegünstigte Zwecke" iSd § 4 Abs 5 GrStG sei bereits im Vorgang der Enteignung zu erblicken.
Aus anwaltlicher Vorsicht werden folgend weitere Stichtage für die Befreiung angeführt:
- Planungsvereinbarung Umbau für eine Nutzung im öffentlichen Interesse
- Entscheidung, das Gebäude zukünftig als Polizeidienststelle zu nutzen
- Ausschreibung Architekturwettbewerb
- Projektvergabe
- Einreichung des Bauvorhabens bei der Baubehörde
- Baubewilligung
- Baubeginn
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus:
Die Befreiung für eine Nutzung im öffentlichen Dienst oder Gebrauch treffe bei einer Nutzung durch die Polizei auf jeden Fall zu. Durch den derzeitigen Leerstand liege eine unmittelbare Benutzung iSd § 4 Abs 5 GrStG nicht vor. Ab dem Beginn der (Um-)bauarbeiten für den Polizeidienst liege diese vor, eine Grundsteuerbefreiung wäre zum nächsten 01.01. (Stichtag ) zu gewähren.
Der bloße Eigentumserwerb sowie die weiteren angeführten Handlungen (Planungsvereinbarung, Ausschreibung Architekturwettbewerb, Projektvergabe oder die Einreichung des Bauvorhabens) stellen aus Sicht der Behörde keinen Befreiungstatbestand dar. Damit sei ausschließlich das Vorhaben und der Wille dokumentiert, das Gebäude zukünftig als Bezirkspolizeikommando samt Polizeiinspektion nutzen zu wollen.
Da beschwerdegegenständlich nur die Verhältnisse zum entscheidungsrelevant seien, werde nur dem Eigentumserwerb und der Vereinbarung vom Bedeutung zugemessen. Wenn die beschwerdeführende Partei jedoch vermeint das bloße öffentliche Interesse alleine am Gebäude, das zur Enteignung geführt hat oder die Enteignung und Eigentumsbegründung stellen einen Befreiungstatbestand dar, liege sie falsch.
Dagegen richtet sich der rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag vom .
Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am brachte der Vertreter der belangten Behörde ergänzend vor, dass die Umbaumaßnahmen erst im Oktober 2023 begonnen wurden. Es wurde auf die §§ 2 und 6 GrStG verwiesen. § 4 GrStG sehe die unmittelbare Benutzung des Steuergegenstandes als Voraussetzung für die Steuerbefreiung vor. Hier stehe der entscheidende Satz: "der Steuergegenstand wird dann für steuerbegünstige Zwecke benutzt, indem er dem Benutzungszweck tatsächlich zugeführt worden ist".
Als steuerbegünstigte Nutzung sehe die belangte Behörde nur die Nutzung als Polizeibehörde an. Das bloße Enteignen stelle keinen Befreiungstatbestand dar. Gemäß § 4 Abs 5 GrStG liege unmittelbare Benutzung dann vor, wenn der Gegenstand für den begünstigten Zweck hergerichtet wird, darunter seien nur die Umbauarbeiten zu verstehen.
Zum Vorhalt des Richters, ob die Vermeidung des Gedenkens an Adolf Hitler nicht schon als öffentlicher Gebrauch anzusehen sei, verneinte dies der Vertreter der belangten Behörde.
Der Richter hielt zentrale Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G53/2017 im Normenprüfungsverfahren zum Bundesgesetz über die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr 15, Braunau am Inn, BGBl I 4/2017 vor.
Der Vertreter der belangten Behörde entgegnete, dass die Enteignung im öffentlichen Interesse ist, sei sinnvoll, erfülle jedoch nicht den Befreiungstatbestand iSd Gesetzes.
Ergänzend führt der Vertreter der beschwerdeführenden Partei aus:
Es werde davon ausgegangen, dass durch die gesetzliche Enteignung bereits der Befreiungstatbestand verwirklicht wird. Es sei bereits ein Ausdruck der Nutzung, öffentlicher Gewalt. Durch die Enteignung werde das Betreten der Stätte wirksam unterbunden. Bereits ab dem gesetzlichen Eigentumswerwerb der Republik seien die Voraussetzungen des § 6 GrStG zur Unterbindung der Pflege, Förderung und Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts gegeben und somit die Befreiungstatbestände erfüllt. Nicht die Nutzung als Polizeidienststelle alleine sei ausschlaggebend. Es handle sich um einen Einzelfall. Das Finanzamt sei auch der Meinung, dass mit Beginn der Bauarbeiten die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gegeben seien. Allerdings sage der Gesetzgeber sowie der VfGH, dass bereits durch den Eigentumserwerb selbst die Unterbindung der Pflege, Förderung und Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes gegeben ist.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Grundstücke Nr 73/1, 326/1, 395/16 und 395/17, EZ 217 KG 40005 Braunau am Inn (Geburtshaus Adolf Hitler) wurden mit mittels Bundesgesetz (Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn, BGBl I 4/201) enteignet.
Mittels Vereinbarung vom wurde die Bundesimmobiliengesellschaft (inf BIG) von der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres (inf BMI) mit Planungsarbeiten hinsichtlich Umbau des Gebäudes für eine Nutzung im öffentlichen Interesse beauftragt. Das Gebäude sollte zukünftig als Polizeidienststelle genutzt werden. Mit erging die Baubewilligung.
Mit Einheitswertbescheid vom , EWAZ: EW-AZ stellte die belangte Behörde den Einheitswert der Grundstücke Nr 73/1, 326/1, 395/16 und 395/17, EZ 217 KG 40005 Braunau am Inn gem § 21 BewG iVm §§ 186 und 193 BAO fest. IdF wurde mit Grundsteuermessbescheid vom der Grundsteuermessbetrag iHv 113,35 Euro festgesetzt.
Strittig ist im gegenständlichen Fall ob für die o.a. Grundstücke die Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung gem § 2 Abs. 1 lit. a GrStG 1955 zum Stichtag mit der Enteignung der Grundstücke erfüllt sind oder ob die Befreiung erst ab dem konkreten Baubeginn anwendbar ist.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtsgrundlagen
§ 21 Bewertungsgesetz 1955, (BewG) Fortschreibung
"[…]
(3) Fällt eine wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit, für die ein Einheitswert bereits festgestellt ist, weg oder ist gemäß § 25 ein Einheitswert nicht mehr festzustellen oder tritt für den ganzen Steuergegenstand eine Steuerbefreiung ein, so ist der Einheitswert auf den Wert Null fortzuschreiben."
§ 2 Grundsteuergesetz 1955, (GrStG)
"Keine Grundsteuer ist zu entrichten für:
1. Grundbesitz
a) des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes, wenn der Grundbesitz vom Eigentümer für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird (§ 6) […]"
§ 4 GrStG 1955
"[…]
(5) Ein Steuergegenstand wird für steuerbegünstigte Zwecke erst von dem Zeitpunkt ab unmittelbar benutzt, in dem er dem Benutzungszweck tatsächlich zugeführt worden ist. Unmittelbare Benutzung liegt vor, sobald der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck hergerichtet wird."
§ 6 GrStG lautet:
"(1) Öffentlicher Dienst oder Gebrauch im Sinne des § 2 Z 1 lit. a ist die Ausübung der öffentlichen Gewalt oder der Gebrauch durch die Allgemeinheit.
(2) Eine im öffentlichen Interesse getroffene Regelung des Allgemeingebrauches oder die Forderung eines Entgeltes schließt die Annahme eines öffentlichen Dienstes oder Gebrauches nicht aus. Notwendig ist jedoch, daß der bestimmungsgemäße Gebrauch der Allgemeinheit tatsächlich freisteht und daß das Entgelt nicht in der Absicht, Gewinn zu erzielen, gefordert wird.
(3) Als öffentlicher Dienst oder Gebrauch ist nicht anzusehen die Herstellung oder Gewinnung von Gegenständen, die für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet werden sollen. Dagegen fällt die Lagerung derartiger Gegenstände nach ihrer Übernahme aus dem Betrieb, in dem sie hergestellt oder gewonnen sind, unter den Begriff des öffentlichen Dienstes oder Gebrauches, wenn die Lagerung dem Zweck dient, die Gegenstände für eine Verwendung im öffentlichen Dienst oder Gebrauch bereitzustellen.
(4) Öffentlicher Dienst oder Gebrauch ist nicht anzunehmen bei Betrieben, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem öffentlichen Hafenbetrieb dienen."
§ 22 GrStG 1955, Nachveranlagung
"(1) Im Falle einer Nachfeststellung des Einheitswertes (§ 22 des Bewertungsgesetzes 1955) ist der nachträglichen Veranlagung des Steuermeßbetrages (Nachveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen, der auf den Nachfeststellungszeitpunkt festgestellt worden ist. Entsprechendes gilt für die anderen im Nachfeststellungsbescheid getroffenen Feststellungen.
(2) Die Nachveranlagung gilt von dem Kalenderjahr an, das mit dem Nachfeststellungszeitpunkt beginnt.
(3) Der Steuermeßbetrag ist auch dann nachträglich zu veranlagen, wenn der Grund für die Befreiung des Steuergegenstandes von der Grundsteuer wegfällt, eine Nachfeststellung des Einheitswertes aber deswegen nicht in Betracht kommt, weil ein Einheitswert auf den letzten Haupt- oder Neufeststellungszeitpunkt oder einen späteren Feststellungszeitpunkt bereits festzustellen war.
(4) Die Nachveranlagung gilt in den Fällen des Abs. 3 vom Beginn des auf den Wegfall des Befreiungsgrundes folgenden Kalenderjahres."
Bundesgesetz über die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn
"§ 1. Zur dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus nimmt der Bund das Eigentum lastenfrei an der Liegenschaft EZ 217 KG 40005 Braunau am Inn in Anspruch.
Verpflichtung der Republik Österreich
§ 2. (1) Der Bund verpflichtet sich, die enteignete Liegenschaft in seinem Eigentum zu behalten und diese einer Nutzung zuzuführen, die der dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus dient. Den Maßnahmen, die für eine solche Nutzung der Liegenschaft erforderlich sind, stehen gesetzliche und behördliche Beschränkungen zur unveränderten Erhaltung der darauf errichteten Gebäude, die auf bundesgesetzlichen Grundlagen beruhen, nicht entgegen.
(2) Wenn bestimmte Teile der Liegenschaft für die Erfüllung des Zweckes gemäß Abs. 1 nicht oder nicht mehr benötigt werden, sind diese dem bisherigen Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger zum Erwerb anzubieten.
(3) Dem Bundesministerium für Inneres obliegt die Verwaltung der Liegenschaft."
3.2. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G53/2017 im Normenprüfungsverfahren zum Bundesgesetz über die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr 15, Braunau am Inn, BGBl I 4/2017 unmissverständlich ausgesprochen:
"Die Liegenschaft ist geeignet, als "Pilger"- oder Identifikationsstätte zur Pflege (neo-)nationalsozialistischen Gedankengutes besucht zu werden; ihr kommt diesbezüglich sogar ein "Alleinstellungsmerkmal" zu. Die damit verbundene besondere Symbolkraft kann nachhaltig und effektiv nur beseitigt werden, wenn es zu einer tiefgreifenden architektonischen Umgestaltung kommt, um dem Objekt den Wiedererkennungswert und die Symbolkraft zu entziehen.
Da Besuche der Liegenschaft auch oder geradezu regelmäßig von rechtsextremen Gruppierungen und Personen zur Verherrlichung der in Österreich verfassungsrechtlich verpönten Ideologie des Nationalsozialismus genutzt werden bzw werden könnten, ist der Staat dazu verpflichtet, selbst sicherzustellen, dass dieser strafrechtsbewehrte Missbrauch nicht stattfinden kann.
Entscheidet sich der Gesetzgeber zur Enteignung durch Gesetz, liegt dies im öffentlichen Interesse, weil er nur so durch die uneingeschränkte Ausübung des Eigentumsrechts eine der möglichen Optionen entsprechende Nutzung der Liegenschaft iSd Empfehlung des Abschlussberichtes der Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers umsetzen kann. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Staat der Verpflichtung, jegliche nationalsozialistische Wiederbetätigung und bejahende Gedanken an den Nationalsozialismus dauerhaft zu unterbinden, im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes nachkommen kann. Daher ist der Bedarf zur Enteignung gegeben."
Die Republik Österreich (BMI) hat überdies mittels der am geschlossenen Planungsvereinbarung über die Erarbeitung der Kostengrundlage für die Erstellung eines GF-Vertrages Planungsarbeiten im Hinblick auf den Umbau des Gebäudes für eine Nutzung im öffentlichen Interesse beauftragt, um eine solche Umgestaltung zu bewirken, dass Räume zum Zwecke sozialer Einrichtungen oder zum Zwecke von Verwaltungseinrichtungen des BMI dienen. Die Benutzung des Grundbesitzes durch den Bund für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch gemäß § 2 Z 1 lit. a iVm § 6 GrStG 1955 war damit spätestens durch Beginn der Planungsarbeiten für den Umbau gegeben, zumal zu diesem Zeitpunkt erste konkrete Schritte zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrags gesetzt wurden. Jene Arbeiten sind durch den Abschluss der Planungsvereinbarung vom belegt, sodass sich hieraus ebenfalls ergibt, dass die Fortschreibung des Einheitswerts gemäß § 21 Abs. 3 BewG 1955 mit Fortschreibungszeitpunkt auf den Wert Null zu erfolgen hat. Gerade der im gegebenen Fall besonders sensible verfolgte Zweck, die Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus dauerhaft zu unterbinden, bedingt die Notwendigkeit entsprechend sorgfältiger Vorarbeiten.
Nach § 4 Abs. 5 GrStG wird ein Steuergegenstand für steuerbegünstigte Zwecke erst von dem Zeitpunkt ab unmittelbar benutzt, in dem er dem Benutzungszweck tatsächlich zugeführt worden ist. Unmittelbare Benutzung liegt vor, sobald der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck hergerichtet wird.
Tatsächlich dient jedoch bereits die Enteignung dem "Herrichten für steuerbegünstigte Zwecke", weil der Bund nur so durch die uneingeschränkte Ausübung des Eigentumsrechts eine der möglichen Optionen entsprechende Nutzung der Liegenschaft iSd Empfehlung des Abschlussberichtes der Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers umsetzen kann (). Auch die Planungsvereinbarung vom dient diesem Zweck. Die tatsächlich endgültige Benutzung ist somit in diesem Zusammenhang nicht relevant, solange der Zweck des Enteignungsgesetzes nicht unterlaufen wird. Auffällig ist, dass sich die belangte Behörde weder mit dem Bundesgesetz über die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr 15, Braunau am Inn, BGBl I 4/2017 noch mit dem dazu ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 53/2017 auseinandergesetzt hat, obwohl dies ein zentrales Vorbringen im Beschwerdeverfahren war.
Der Einheitswert ist daher infolge genannter Steuerbefreiung gemäß § 21 Abs. 3 BewG 1955 zum auf den Wert Null fortzuschreiben gewesen.
Zum Grundsteuermessbescheid ist auszuführen, dass nach § 2 Z 1 lit. a Grundsteuergesetz keine Grundsteuer für Grundbesitz des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes zu entrichten ist, wenn der Grundbesitz vom Eigentümer für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird (§ 6 GrStG).
Bei der Erlassung der Grundsteuermessbescheide sind die in den §§ 2 ff GrStG geregelten Befreiungen zu beachten (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 194 Rz 6 ff und ). Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Dies gilt gemäß § 252 Abs. 2 BAO sinngemäß, wenn einem Bescheid Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind. Auf dem Boden der eben dargestellten Rechtslage ist über bundesgesetzliche Befreiungen von der Grundsteuer schon im Grundsteuermessbescheid abzusprechen. In der Festsetzung des Grundsteuermessbetrages liegt bereits der Abspruch über die Grundsteuerpflicht, ohne dass es eines besonderen Hinweises auf die Steuerpflicht bedarf ().
Der angefochtene Grundsteuermessbescheid war daher aufzuheben.
3.3. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Den im gegenständlichen Fall zu klärenden Rechtsfragen kommt über den Einzelfall hinaus keine Bedeutung zu, da eine derartige Konstellation einzigartig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 2 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 § 4 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 § 22 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100343.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at