Pendlerpauschale
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2014 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) pendelte im Jahr 2014 von ihrer Wohnung in Stadt A, Str.A Nr., zur Arbeitsstätte nach Stadt B, Str. ***1*** Nr.x1. Laut Routenplaner beträgt die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte etwa 43 km.
Die Bf. gab in ihrer Erklärung für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales folgende Fahrtstrecke zur Arbeitsstätte (Dienstbeginn: 08:00 - Dienstende: 17:00) an:
Fahrtstrecke PKW von Stadt A Str.A Nr. - P+R S bei Stadt A - Bahnhaltest.: 5,4km
Umstiegspunkt P+R S - Stadt A/S Bahnhof: 0,1 km
REX 1733 Regionalexpress Stadt A/S - Stadt A Bahnh.***1***: 2,0 km
Umstiegspunkt Stadt A Bahnh.***1***: 0,1 km
Railjet Stadt A Bahnh.***1*** - Stadt B Bahnh.***1***: 39,2 km
Umstiegspunkt Stadt B Bahnh.***1***: 0,5 km Stadtbus Linie 41 Bahnh.***1*** - Platz Na.: 2,1 km
Gehweg Platz Na. - Str. ***1*** 51A Stiege 1: 0,4 km
Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte: 50 km.
Der Einkommensteuerbescheid 2014, datierend mit , ergab eine Gutschrift in Höhe von Euro 683,00.
Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. das Ergebnis des Pendlerrechners, in welchem die Fahrtstrecke mit PKW von der Wohnung zum Bahnh.***1*** über einen örtlich namhaft gemachten Platz führe, der lediglich von Linienbussen, Fußgängern und Radfahrer benützt werden darf. Für Privatfahrzeuge (PKW) gelte an diesem Platz ein Fahrverbot.
Schriftlich führte die Bf. dazu aus:
"Laut Pendlerverordnung § 3 Z 5 ist das Ergebnis des Pendlerrechners nicht heranzuziehen, wenn unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden, wie in diesem Fall das Fahren auf dem N.Platz, wo ein Durchfahrtsverbot für alle Fahrzeuge, außer Linienbusse und Radfahrer besteht.
Infolgedessen wäre die Verbindung nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu berücksichtigen, und laut dieser (117min) fällt man in die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels, da die entfernungsmäßige Höchstdauer lt. Pendlerverordnung § 2 Abs. 1 Z 2c überschritten wird."
Auf die in der Beilage dargestellte Wegstrecke (laut Pendlerrechner) mit dem PKW (Fahrtstrecke Wohnung - P+R -- Hauptbahnhof) wurde hingewiesen.
Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom setzte das Finanzamt eine Gutschrift in Höhe von Euro 683,00 fest. Berücksichtigt wurde das "kleine" Pendlerpauschale iHv Euro 1.356,00.
Beschwerde vom :
In der Beschwerde wendet die Bf. ein, dass die Pendlerpauschale laut Pendlerrechner berechnet worden sei. Die zugrunde gelegte Fahrtstrecke Wohnung - P+R mit dem Privat-PKW sei realitätsfremd. Die Wegbeschreibung müsse so realitätsnah sein, dass man ihr zumindest folgen könne. Führe die vorgeschlagene Wegstrecke den Fahrer in eine Einbahnstraße, könne diese Wegstrecke nicht benützt und das Ergebnis des Pendlerrechners nicht berücksichtigt werden.
Schriftlich wurde ausgeführt:
"Somit ist jene Fahrzeit mit den öffentlichen Verkehrsmittelns zu berücksichtigen, welche laut Ausdruck, die entfernungsabhängige Höchstdauer übersteigt, womit mir die große Pendlerpauschale (mehr als 40 km) zustünde."
Die Aufhebung des Bescheides wurde beantragt.
Beschwerdevorentscheidung vom :
Das Finanzamt wies mit BVE die Beschwerde als unbegründet ab.
Vorlageantrag vom :
Im Vorlageantrag vom weist die Bf. darauf hin, dass der Pendlerrechner bei Benützung des PKWs (Wegstrecke Wohnung P+R S/Stadt A) eine Wegvariante über einen Platz vorschlägt, die lediglich für den öffentlichen Verkehr und Radfahrer zugelassen sei. Damit entspreche diese Wegstrecke nicht der STVO und sei diese daher rechtswidrig.
Bei Benützung des Öffenlichen Verkehrsmittels würde es bei einer Wegstrecke von 40 bis 60 km zu einer Überschreitung der entfernungsabhängige Höchstdauer kommen. Daher stehe ihr das große Pendlerpauschale zu.
Vorlagebericht vom :
Das Finanzamt führte aus, dass die durch den Pendlerrechner dargestellte Fahrtstrecke mit dem PKW zum P+R S/Stadt A einen kurzen für privaten PKW Verkehr nicht zugelassenen Streckenabschnitt beinhalte.
Für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist oder nicht, sei für die Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom BMF im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Im Beschwerdefall bleiben durch den Pendlerrechner die Wegzeiten zwischen Wohnung und Zustiegsstelle unberücksichtigt, sodass das Vorbringen der Bf. nicht geeignet sei, das Bescheidergebnis in Frage zu stellen. Im Übrigen sei die Wegstrecke "Wohnung - P+R S" auch auf frei befahrbaren Fahrtstrecken (Streckenvarianten) zurücklegbar, welche entfernungsmäßig der vom Pendlerrechner errechneten Fahrtstrecke entsprechen. Auf zwei mögliche Wegvarianten zu P+R Parkplätzen in Nähe zum Bahnh.***1*** Stadt A wurde hingewiesen.
Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen, wie er im Verfahrensgang dargestellt wurde. Die Entfernung Wohnung - Arbeitsstätte beträgt laut Routenplaner ca. 43 km. Die laut Erklärung gewählte Fahrtstrecke beträgt bei kombinierter Benützung des PKWs in Verbindung mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel etwa 50 km.
Aus der Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales 2014 ergibt sich für die erste Fahrtstrecke Wohnung "Str.A Nr. - P+R Bahnhaltestelle S" eine Wegstrecke von 5,4 km. Die Bf. wendet ein, dass die angebotene Fahrtstrecke über den N.Platz in Stadt A gegen die STVO verstoße und somit rechtswidrig sei. Daher sei sie auf das öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und dabei überschreite sie für die angebotene Fahrtstrecke die entfernungsabhängige Höchstdauer.
Laut Vorlagebericht des Finanzamtes gibt es weitere Streckenvarianten für die Fahrtstrecke "Str.A Nr. - P+R Bahnhaltestelle S". Erhebungen im Routenplaner ergeben dazu bei Nutzung des PKW eine Streckenlänge von ca. 5 km bzw. 5,9 km (lt. Routenplaner).
Laut Pendlerrechner ist die Wegstrecke Wohnung - Arbeitsstätte mittels öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar (Pendlerrechner), wobei die Fahrzeit für gerundet 44 km etwa 75 dauert.
2. Beweiswürdigung
Dem Verfahren liegen die Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales, der Einkommensteuerbescheid, die Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung mitsamt Vorlagenantrag, Vorlagebericht und der Auszug aus dem Pendlerrechner zugrunde.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 idF BGBl I 53/2013 gilt ab der Veranlagung für das Jahr 2013 für die Berücksichtigung von Ausgaben/Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte folgendes:
"6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten."
"c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale: Bei mindestens 20 km bis 40 km … 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km … 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km … 2 016 Euro jährlich.
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km … 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km … 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km … 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km ……………….. 3 672 Euro jährlich."
"e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt…."
Der VwGH führt zur Frage der "Zumutbarkeit" iS des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988, wie folgt aus:
"Demgegenüber hat die belangte Behörde die Gesetzesmaterialen zur Auslegung des unbestimmten Begriffes der "Zumutbarkeit" herangezogen. Die amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:
"'Unzumutbar" sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. d EStG 1988 fordert, dass die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der "halben" Fahrtstrecke nicht zumutbar ist.
Nach der Verwaltungspraxis (vgl. LStR 2002, Rz. 255) liegt eine Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit vor, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:
Bei einer einfachen Wegstrecke unter 20 Kilometer 1,5 Stunden, ab 20 Kilometer 2 Stunden und ab 40 Kilometer 2,5 Stunden.
Im vorliegenden Sachverhalt legt die Bf. im kombinierten Verkehr (PKW, öffentlichers Verkehrsmittel) eine Fahrtstrecke mit einer Länge von etwa 50 km zurück (Erklärung Pendlerpauschale). Laut ÖBB beträgt die Fahrzeit für die Zugstrecke zwischen Bahnh.***1*** Stadt A und Bahnh.***1*** Stadt B etwa 25 Minuten. Laut Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales beträgt die Fahrtstrecke zwischen beiden Bahnhöfen ca. 39 km. Geht man nun von der gesamten Fahrtstrecke Wohnung - Arbeitsstätte im kombinierten Verkehr im Ausmaß von etwa 50 km aus, wird deutlich sichtbar, dass der Bf. die Benützung eines Massenbeförderungsmittels (Zug/Stadtbus) hinsichtlich eines überwiegenden Großteils der Entfernung zumutbar ist. Die Bf. legt in Stadt B eine weitere Strecke von 2,1 km mit dem Stadtbus zurück. Auch dies ist angesichts der kurzen Distanz für die Bf. zumutbar.
Die Entscheidung findet auch im Pendlerrechner Deckung, nach der die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel für zumutbar festgestellt wird:
Demnach ist für die Hinfahrt in der Zeit von 06:45-08:00 eine Strecke von 44,3 km zurückzulegen (75min.);
für die Rückfahrt in der Zeit von 17:00 bis 18:33 eine Strecke von 43 km zurückzulegen.
Soweit die Bf. darauf verweist, die Benützung des PKWs führe laut Pendlerrechner zu einem rechtswidrigen Ergebnis, weil laut Pendlerrechner über einen Platz zu fahren wäre, der für den privaten PKW-Verkehr gesperrt ist, ist auf die Alternativrouten, welche geringfügig kürzer bzw. geringfügig länger sind zu verweisen (siehe Punkt 1.-Sachverhalt).
Angesichts der Streckenverhältnisse ist im Beschwerdefall die Benützung von Massenbeförderungsmitteln auf dem weitaus überwiegenden Teil der einfachen Fahrtstrecke möglich und zumutbar, beträgt doch die Strecke zwischen der Wohnung und dem Bahnhof (Park & Ride-Abstellplatz) lediglich etwa 5 km. Die Benützung privater Verkehrsmittel im ersten Streckenteil führt ebenfalls dazu, dass die Gesamtfahrzeit zur Erreichung der Arbeitsstätte rund 75 Minuten beträgt.
Eine derartige Anfahrtsdauer ist nach den von der belangten Behörde zur Gesetzesauslegung herangezogenen Gesetzesmaterialien nicht als unzumutbar anzusehen. Dies entspricht auch der dargestellten Verwaltungspraxis. Selbst nach der in Literatur vertretenen Ansicht, wonach die Frage der Zumutbarkeit für jeden Dienstnehmer gleich - unabhängig von der Entfernung - auszulegen sei, wird eine Fahrtdauer von unter 90 Minuten für die einfache Wegstrecke als zumutbar angesehen (vgl. in diesem Sinne Doralt, EStG9, § 16 Tz. 107).
Das Zurücklegen einer Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (etwa 50 km) in einer Zeit von etwa 75 Minuten ist bei optimaler Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel jedenfalls zumutbar.
Aufgrund der möglichen Nutzung der optimalen Zugverbindung zwischen beiden Städten auf einer Fahrtstrecke von etwa 39 km, und der Stadtbusse liegt eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht vor, sodass es an der Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 fehlt. Auf die Erkenntnisse des Zl. 2006/15/0319; vom , Zl. 2007/15/0053; vom , Zl. 2012/15/0149 wird verwiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100003.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at