Außergewöhnliche Belastungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 unter anderem als außergewöhnliche Belastung bei Behinderung (Grad der Behinderung 40 %) unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel wie zum Beispiel Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel oder Kosten der Heilbehandlung wie ärztliche Kosten, Medikamente in Höhe von EUR 5.370,92 geltend.
Die belangte Behörde bewilligte im Bescheid vom die nachgewiesen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von EUR 1972,44 und begründete dies wie folgt:
"Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung sei erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliege, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit stehe und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstelle.
Unter Krankheit sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordere. Nicht abzugsfähig seien daher Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit. Daher können folgende Kosten nicht als Krankheitskosten anerkannt werden: Vitamine, Nahrungsergänzungsmittel, Verhütungsmittel, Mundpflegeprodukte, Ohrkerzen, Kosmetika, Impfungen, Tablettenteiler, Sonnencreme, Make-up Entferner, Badesalz.
Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nicht ärztliches Personal (zB Physiotherapeuten) seien grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt worden werden. Daher können die Kosten für Massagen nicht berücksichtigt werden.
Liegt eine Krankheit vor, so seien abzugsfähig:
-Arzt- und Krankenhaushonorare,
-Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen (einschließlich medizinisch verordnete alternativmedizinische Präparate), Rezeptgebühren,
Behandlungs-, Kostenbeiträge und Selbstbehalte (einschließlich Akupunktur und Psychotherapie), soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen habe.
( 1532/73).
Da die alternativmedizinischen Produkte nicht ärztlich verordnet worden seien, können diese Kosten nicht berücksichtigt werden.
Dagegen richtet sich die Bescheidbeschwerde vom . Die Beschwerdeführerin führt dazu sinngemäß zusammengefasst aus:
Die beantragten Behandlungen seien nicht aus einer Willkür oder gar als Wohlfühlfaktor erfolgt, sondern zur Aufrechterhaltung der Mobilität und der Erträglichkeit der Schmerzen (ZB Fingerpolyarthrosen …) Dies könne durch detaillierte Arztbriefe diverser Fachärzte nachgewiesen werden.
Zusätzlich sei zu erwähnen, dass regelmäßig in einem Fachambulatorium diverse Behandlungen mit gleichen Diagnosen (während der Dienstzeit) in Anspruch genommen würden. Diese seien vom zeitlichen Ausmaß aber nicht ausreichend, es sei daher nötig zusätzlich in der Privatzeit Behandlungen (ZB Massagen, Physiotherapien, Lymphdrainagen,…) in Anspruch zu nehmen.
Eine handschriftliche Stellungnahme vom eines Arztes sei vorgelegt worden und könne die Erforderlichkeit bestätigen.
Dazu führt die belangte Behörde in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom aus:
"Wie bereits im Erstbescheid und im Ersuchen um Ergänzung ausgeführt worden sei, seien Kosten für Behandlungen durch nicht ärztliches Personal ausschließlich dann steuerlich abzugsfähig, wenn die Behandlung von Beginn ärztlich verordnet worden sei oder Kosten (teilweise) von der Krankenkasse ersetzt worden wären.
Die eingereichte Bestätigung von ***2*** datiert vom entspreche nicht diesen Kriterien.
Die ebenfalls von ***2*** ausgestellten Überweisungen seien ohne Datum und daher nicht als Beweismittel tauglich.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.
Mittels Vorlageantrag vom beantragt die Beschwerdeführerin die Beschwerde der Rechtsmittelinstanz gemäß § 262 BAO vorzulegen.
Mit Beschluss vom beauftragte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde nachvollziehbar und zahlenmäßig aufgeschlüsselt dem Bundesfinanzgericht darzulegen, welche geltend gemachten Kosten der Beschwerdeführerin als außergewöhnliche Belastung nicht anerkannt wurden. Zudem wurde der belangten Behörde aufgetragen, die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom näher zu erläutern, wonach die von ***2*** ausgestellten Überweisungen ohne Datum und daher nicht als Beweismittel tauglich seien. Nach der Aktenlage enthalten diese doch teilweise Datumsangaben der behandelnden Ärzte bzw. des überweisenden Arztes.
Die belangte Behörde übermittelte eine Aufstellung der bewilligten Kosten und nahm wie oben Stellung.
Mit Beschluss vom wurde die Stellungnahme der belangten Behörde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und nochmals die Gelegenheit gegeben weitere Beweise für die Absetzbarkeit der Ausgaben vorzulegen.
Die Beschwerdeführerin legte daraufhin eine fachärztliche Stellungnahme ausgestellt am vor.
Die fachärztliche Stellungnahme wurde der belangten Behörde zur allfälligen Stellungnahme mittels Beschluss vom zur Kenntnis gebracht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig ist die Berücksichtigung von Kosten für Behandlungen und Medikamente und andere Präparate im Zusammenhang mit der Behinderung.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung in Höhe von EUR 5370,92
Dazu wurden der belangten Behörde nachstehend aufgelistete Rechnungen vorgelegt:
Laut Übersicht der verrechneten Artikel der ***3*** Apotheke KG im Zeitraum bis bezog die Beschwerdeführerin Medikamente und sonstige Präparate in der Höhe von EUR 1450,33. Dieser Betrag setzt sich aus EUR 79,80 an Rezeptgebühren welche die Krankenkasse als Selbstbehalt verrechnet; EUR 149,63 an verschriebenen Präparaten, deren Wert unter der Rezeptgebühr liegt und sonstigen Artikeln in Höhe von EUR 1220,90, die nicht auf Krankenkassenrezept verschrieben waren zusammen.
Die weiteren Kosten betreffen die aufgelisteten Rechnungen:
Ein Teil dieser Kosten wurde bereits von der Gebietskrankenkasse erstattet. (Ausgewiesen in der Spalte Erstattung GKK EUR)
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum | Bezeichnung | Betrag EUR | Erstattung GKK EUR | |
Orthopädie ***4*** GmbH, Selbstbehalt Einlagen | 75,60 | |||
***5*** Orthopädietechnik GmbH; Kompressionsband | 37,80 | |||
Orthopädie ***4*** GmbH, Finn Comfort Pantoffel Größe 38 | 89,25 | |||
***5*** Orthopädietechnik GmbH; Lymphstrümpfe | 37,80 | |||
, , | Massage-Fachinstitut ***6***; 3 x Teilmassage 25min je EUR 33,00 | 99,00 | ||
05.01.202225.03.202207.04.202208.06.202230.08.202212.09.202228.09.202213.10.202202.11.202223.11.2022 | ***7***; 10 x MassageJe EUR 39,00 | 390,00 | ||
01.02.202217.02.2022 | Massage ***8*** EUR 55,00Massage ***8*** EUR 42,00 | 97,00 | ||
Ganzheitliche 3D Körperarbeit | 90,00 | |||
Fuss Zehenanalyse | 120,00 | |||
28.06.202222.08.2022 | 8 Feldenkrais Behandlungen zu je einer Stunde je EUR 70,00 | 560,00 | ||
30.06.202220.12.2022 | ***9*** Heilmasseur 17 Behandlungen zu je EUR 35,00 | 595,00 | ||
***10*** Physikalische Leistungen | 70,00 | 18,25 | 51,75 | |
***11***, Neurologische Leistungen | 100,00 | 25,06 | 74,94 | |
11.01.202220.01.202231.01.202209.02.202207.03.202214.06.202215.09.2022 | ***2*** medizinische Leistungen | 100,0020,0040,0050,0085,0080,0050,00 | 26,3214,7707,4708,5624,8334,3815,04 | 73,6805,2332,5341,4460,1745,6234,96 |
Heilmassage ***12*** 3x Lymphdrainage 2+3/2022Überweisung vom von ***2*** | 126,00 | 43,41 | 82,59 | |
***13*** | 200,00 | 23,42 | 176,58 | |
***14***, orthopädische Leistungen | 135,00 | |||
Augenoptik Gleitsichtbrille | 787,00 | |||
Von ***2*** (Facharzt für Unfallchirurgie) liegt eine Überweisung vom für sechs Mal Lymphdrainage für je 45 min vor.
Des Weiteren wurden von ***2*** zwei Überweisungen ohne Datum für je 10x Massagen, Lymphdrainagen und Heilgymnastik ausgestellt.
Weiters schrieb Herr ***2*** eine handschriftlich Noitz am für die Vorlage an das Finanzamt Linz, dass aufgrund der chronischen Erkrankung der Beschwerdeführerin im Jahr 2022 Physiotherapien und Heilmassagen nötig sind. Am erklärte Herr ***2*** mittels fachärztlicher Stellungnahme, dass es sich bei der vorgelegten handschriftlichen Stellungnahme vom nicht um eine Verordnung handelt, sondern nur eine Erklärung zu den entsprechenden Verordnungen, welche auf Wunsch der Beschwerdeführerin dargebracht wurden.
Die den Überweisungen für Physiotherapie aus dem Zeitraum Frühjahr bis Herbst 2022 ist auf zwei Überweisungen bewusst kein Datum eingetragen, da aufgrund der Terminunsicherheit bei Physiotherapieterminen erst das Datum eingetragen werden kann, wenn die Therapie zu laufen beginnt. Bei den Behandlungen handelt es sich um Lymphdrainagen um Heilgymnastik und Massagen. Diese Behandlungen sind laut ***2*** von der Beschwerdeführerin durchgeführt worden.
Weitere zwei Überweisungen mit Datum und liegen von ***10*** vor, welche manuelle Lymphdrainagen vorschreibt.
Ein Therapieplan vom des Instituts für physikalische Medizin und Rehabilitation beginnend mit - enthält unter anderem die oben genannten Behandlungen. (17 Ergotherapiebehandlungen; 23 Lymphdrainagen; 9 klassische Massagen)
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin EUR 1972,44 von den beantragten Kosten der Heilbehandlung wie ärztliche Kosten und Medikamente anerkannt.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin, sowie die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde.
Die Überweisungen ohne Datum, ausgestellt von ***2*** wurden im Zuge des zweiten Ergänzungsersuchens vom durch die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin übermittelt.
Die belangte Behörde teilte in diesem Ergänzungsersuchen der Beschwerdeführerin mit, dass Behandlungen durch nicht ärztliches Personal wie Massagen, Lymphdrainagen etc. nur dann steuerlich abzugsfähig sind, wenn diese Behandlungen ärztlich verordnet wurden oder die Krankenkasse die Kosten (teilweise) ersetzt.
Eine Verordnung muss naturgemäß vor Absolvierung der Behandlung erfolgen. Und ersuchte die Beschwerdeführerin für alle beantragten Behandlungen eine ärztliche Verordnung nachzureichen und/oder die Kostenersätze der Krankenkasse bekanntzugeben.
Nachdem bei zwei dieser Überweisungsscheine das Ausstellungsdatum fehlt, kann man bei diesen Überweisungsscheinen nicht feststellen wann sie tatsächlich ausgestellt worden sind und daher als Beweis untauglich.
Der Beruf des Heilmasseurs umfasst die eigenverantwortliche Durchführung unter anderem klassischer Massage und Spezialmassagen zu Heilzwecken nach ärztlicher Anordnung.
Laut § 29 MMHmG Medizinisches Masseur- und Heilmasseurgesetz trägt der anordnete Arzt die Verantwortung für die Anordnung (Anordnungsverantwortung), der Heilmasseur trägt die Verantwortung für die Durchführung der angeordneten Tätigkeit (Durchführungsverantwortung). Die ärztliche Anordnung hat schriftlich zu erfolgen. Die erfolgte Durchführung der angeordneten Tätigkeit ist durch den Heilmasseur durch Datum und Unterschrift zu bestätigen. Eine Übermittlung der schriftlichen Anordnung per Telefax oder im Wege automationsunterstützter Datenübertragung ist zulässig, sofern die Dokumentation gewährleistet ist.
Gemäß § 7 Abs 4 Krankenhausordnung der ÖGK 2020 ist der Patient (Versicherte) nach Überweisung oder Zuweisung durch den Arzt berechtigt innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an dem diese ausgestellt wurde, die entsprechende Leistung bei einem Vertragsfacharzt/einer Vertragsfachärztin, einer Vertragsgruppenpraxis bzw. einem Facharzt/einer Fachärztin, einer sonstigen Vertragseinrichtung oder einer kasseneigenen Einrichtung in Anspruch zu nehmen.
Auch aus diesen Gesetzesbestimmungen geht hervor, dass eine Überweisung oder Zuweisung bzw. ärztliche Anordnung verpflichtend ein Ausstellungsdatum enthalten muss.
Überweisungen ohne Ausstellungsdatum sind ungültig.
Es liegen demnach drei gültige Überweisungen eines Arztes die Lymphdrainagen anordnen vor. Diese angeordneten Lymphdrainagen wurden laut Therapieplan im Institut für physikalische Medizin und Rehabilitation und von Heilmasseurin ***12*** durchgeführt.
Weitere gültige ärztliche Verordnungen für Heilmassagen oder andere alternative Behandlungen wurden nicht vorgelegt.
Darüber hinaus ist es nicht relevant, ob die Behandlungen wie die Beschwerdeführerin ausführt, aus Willkür oder für den Wohlfühlfaktor erfolgt sind, sondern es geht darum, ob die Kosten einer Behandlung von der Allgemeinheit getragen werden sollen, oder selbst zu tragen sind.
Medizinisch notwendige Behandlungen trägt im österreichischen Sozialsystem grundsätzlich die Allgemeinheit. Es steht jedoch jedem Staatsbürger frei zusätzliche und auch alternative Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Der Kostenersatz solch zusätzlicher Behandlungen ist aber an strenge Voraussetzungen geknüpft, welche in diesem Fall nicht gegeben sind.
Rechtliche Beurteilung
§ 34 Abs. 1 EStG 1988 normiert, dass bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Laut § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass § 34 EStG eine Begünstigungsbestimmung ist und daher die Behauptungen und der Beweis des Vorbringens vornehmlich der Beschwerdeführerin obliegt. Überdies gelten dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, für die Nachweisführung besonders strenge Anforderungen (; , 93/13/0057).
Nicht jede Aufwendung, die einem positiven therapeutischen Zweck dienen, können als Heilbehandlungskosten im Sinne der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen angesehen werden.
Kosten der Heilbehandlung umfassen etwa in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehende Kosten für Ärzte und Therapien (vgl. ), mit einer konkreten Heilbehandlung im Zusammenhang stehende ärztlich verordnete Medikamente (vgl. ) ärztlich angeordnete Therapien oder Kuren (vgl. ), etc.
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung der Krankheit nachweislich notwendig ist.
Aus diesem Grund fordern Lehre und Rechtsprechung für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen als Nachweis jedenfalls eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat (; UFS RV/0973-L/07; UFS RV/2462-W/07; BFG RV/7104255/2014).
Die ärztliche Verordnung verlangt daher ein Ausstellungsdatum.
Die Stellungnahmen des Arztes vom und , als auch die Überweisungsanordnungen ohne Ausstellungsdatum erfüllen - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - diese Voraussetzungen nicht.
Das Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplanes ist insbesondere bei Kosten, die durch die allgemeine Lebensführung verursacht sein können ( mwN) wie Massagen, unerlässlich, um eine nachweisbare Abgrenzung von Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, die nach einhelliger Rechtsmeinung nicht abzugsfähig sind, treffen zu können (vgl. Doralt, EStG, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten").
Zu derartigen (nicht abzugsfähigen) allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählen auch Aufwendungen für Stärkungsmittel, Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel, etc. außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert, was der Steuerpflichtige nachzuweisen hat.
Aufwendungen, die bei der Mehrzahl der Abgabepflichtigen auftreten, die also im täglichen Leben üblich sind stellen keine außergewöhnliche Belastung dar. In Hinblick auf das heute in der Bevölkerung allgemein gestiegene Gesundheitsbewusstsein kann es daher bei verschiedenen Kosten, selbst wenn sie in einem hinreichenden Zusammenhang mit einer Krankenbehandlung stehen, dennoch am Merkmal der Außergewöhnlichkeit fehlen.
Es ist aus diesem Grund mangels geeigneter Beweismittel eine Außergewöhnlichkeit der betreffenden Aufwendungen Artikel bzw. Präparate im Sinne des § 34 EStG nicht zu erkennen.
Die Finn Comfort Pantolette der Größe 38 über EUR 89,25 ist ebenso nicht abzugsfähig, da dieser ein normaler bequemer Hausschuh ist und kein Heilmittel im Sinne des § 34 EstG darstellt. Auch diesem geht keine medizinische Verordnung voran.
Aktenkundig konnte die Beschwerdeführerin keine ärztlichen Verordnungen vorlegen, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Behandlungen und Produkte klar ergeben und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen erfolgt sind.
Aus diesem Grund sind die Kosten für die Massagen, die ganzheitliche 3 D Körperarbeit, die Fuss Zehenanalyse, die Feldenkreis Behandlungen und die orthopädischen Hausschuhe der Marke Comfort Pantoffel Größe 38, sowie die Medikamente bzw. Präparate welche nicht verschrieben waren, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.
Es ergibt sich folgende Aufstellung der anerkannten außergewöhnlichen Belastungen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum | Bezeichnung | Betrag EUR | Erstattung GKK EUR | |
Orthopädie ***4*** GmbH, Selbstbehalt Einlagen | 75,60 | 75,60 | ||
***5*** Orthopädietechnik GmbH; Kompressionsband | 37,80 | 37,80 | ||
***5*** Orthopädietechnik GmbH; Lymphstrümpfe | 37,80 | 37,80 | ||
***10*** Physikalische Leistungen | 70,00 | 18,25 | 51,75 | |
***11***, Neurologische Leistungen | 100,00 | 25,06 | 74,94 | |
11.01.202220.01.202231.01.202209.02.202207.03.202214.06.202215.09.2022 | ***2*** medizinische Leistungen | 100,0020,0040,0050,0085,0080,0050,00 | 26,3214,7707,4708,5624,8334,3815,04 | 73,68 05,23 32,53 41,44 60,17 45,62 34,96 |
Heilmassage ***12*** 3x Lymphdrainage 2+3/2022Überweisung vom von ***2*** | 126,00 | 43,41 | 82,59 | |
***13*** | 200,00 | 23,42 | 176,58 | |
***14***, orthopädische Leistungen | 135,00 | 135,00 | ||
Augenoptik Gleitsichtbrille | 787,00 | 787,00 | ||
1-12/2022 | Apotheke | 229,43 | 229,43 | |
Gesamt | 1982,21 |
Die belangte Behörde hat in der Beschwerdevorentscheidung einen Betrag von EUR 1972,44 anerkannt, die Differenz entsteht ausfolgenden Gründen: Im Erstbescheid und in der Beschwerdevorentscheidung wurden die Finn Comfort Pantoffel Größe 38 in Höhe von EUR 89,25 berücksichtigt, nicht jedoch die verschriebenen der Medikamente deren Wert unter der Rezeptgebühr liegt, in Höhe von EUR 149,63. Bei den Leistungen von ***10*** und ***11*** wurde die Erstattung der Gebietskrankenkasse in Höhe von gesamt EUR 43,31 nicht abgezogen. Zudem unterlag der belangten Behörde ein Rechenfehler von EUR 7,30 zugunsten der Beschwerdeführerin. Dieser Betrag ist ebenfalls abzuziehen.
Es ergibt sich folgende Steuerberechung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte | 40.044.08 | |
Freibetrag Behinderung |
| |
Aufwand ohne SB |
| |
Einkommen | 37.897,87 | |
0% von 11.000,00 | 0,00 | |
20% von 7.000,00 | 1.400,00 | |
35,5% von 13.000,00 | 4.225,00 | |
42% von 6.897,87 | 2.897,11 | |
Verkehrsabsetzbetrag |
| |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 8.122,11 | |
Steuer sonstige Bezüge | 425,19 | |
Summe Einkommensteuer | 8.547,30 | |
Anrechenbare Lohnsteuer |
| |
Festgesetzte Einkommensteuer |
| |
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (gerundet) | 3.044,00 | |
Abgabengutschrift | 4,00 |
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die vorliegenden Rechtsfragen wurden bereits vom Verwaltungsgerichtshof behandelt (siehe oben), weshalb nicht davon ausgegangen wird, dass ihnen eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100016.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at