Normalsteuersatz bei Betrieb eines Escape Rooms
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Alexander Marent, Quadraweg 1/1, 6714 Nüziders, vertreten durch ZKS Steuerberatung Bludenz GmbH & Co KG, Werdenbergstraße 14, 6700 Bludenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 01/2022, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende OG betreibt die drei Escape-Räume "***Raum1***", "***Raum2***" und "***Raum3***" in ***Ort***, in welchen Krimi-/Rätselspiele für Kleingruppen von 2 bis 6 Personen veranstaltet werden. Die Teilnehmenden haben 60 Minuten Zeit um ein Rätsel zu lösen und aus dem Escape-Room zu entkommen.
In der am elektronisch über FinanzOnline eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 2022 beantragte die Beschwerdeführerin den ermäßigten Steuersatz in Höhe von 13% für die erzielten Umsätze aus dem Betrieb eines Escape-Rooms.
Im Einkommensteuerbescheid vom unterzog das Finanzamt Österreich das Entgelt die erbrachten Leistungen dem Normalsteuersatz. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
"§ 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 bestimmt, dass sich die Steuer für Zirkusvorführungen sowie die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller auf 13% ermäßigt. Schausteller im Sinne des UStG 1994 sind Personen, die gewerbsmäßig Jahrmärkte und Volksfeste mit ihrem der Unterhaltung und Belustigung dienenden Unternehmen beschicken. Für die Tätigkeit als Schausteller ist maßgebend, ob die Leistungen entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen oder aber im Rahmen von ortsgebundenen festen Rummelplätzen erbracht werden. Erst die Vielfalt der bei solchen Anlässen gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art macht jene Personen, die bei einer solchen Veranstaltung Schaustellungsleistungen erbringen, zu Schaustellern gemäß § 10 Abs 3 Z 8 UStG 1994 (vgl. , ). Das Veranstalten von "Krimi-Rätselspielen" in Kleingruppen in einem Escape Room erfüllt die nach der Judikatur geforderte Vielfalt an Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art nicht. Diese Umsätze unterliegen somit dem Steuersatz von 20%."
In der Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:
"Wir beantragen die Umsatzsteuer möge mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 10 Abs. 3 Z 8 UStG anstatt mit dem Normalsteuersatz von 20% festgesetzt werden.
Die Leistung eines escape rooms fällt unter den ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs 3 Z 8 bzw. Z 6 bis Z 8 UStG die ihre rechtliche Fundierung im Anhang 3 Z 7 der MwSt-RL findet. Diese beinhaltet Theater, Museum, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Kino und ähnliche Ereignisse und Einrichtungen (siehe Ruppe5, §10 TZ 163). Das von der Finanzverwaltung angeführte Erfordernis der Vielfalt an Belustigungen (zitiert wird ) ist uE kein geeignetes Abgrenzungskriterium. So auch VwGH, , 2011/15/0079, der bei einem Indoorspielplatz in unionsrechtskonformer Interpretation zum Schluss kommt, dass die Begünstigung unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob die Leistung alleine oder im Verbund mit anderen angeboten wird (Neutralitätspostulat, vgl. Ruppe5, §10 Tz 183). Auch teleologisch ist ein Escape Room vergleichbar zB einem Spiegelkabinett in einem Vergnügungspark. Die Anwendung eines anderen Umsatzsteuersatzes ist uE sachlich nicht gerechtfertigt, da es sich bei beiden um Volksbelustigung handelt und andenfalls das Neutralitätspostulat verletzt würde. Auch in der Praxis wird derzeit überwiegend der ermäßigte Umsatzsteuersatz angewandt - siehe zB https://www.schallaburg.at/de/escape-room-2022/Escape- Room-2022-Vorschau. Die vorliegende Beschwerde wird auch zur Erlangung von Rechtssicherheit und Wettbewerbsneutralität eingebracht."
Die Beschwerde vom wurde vom Finanzamt Österreich mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
"Die beschwerdeführende OG betreibt die drei Escape Räume "***Raum1***", "***Raum2***" und "***Raum3***". Zu den angebotenen Leistungen siehe auf der Homepage (https://www.***.at/): "Ein Escape Room ist ein spannendes Rätselspiel für 2-6 Personen. Gemeinsam als Team werdet ihr einen Raum erforschen und die darin enthaltenen Rätsel lösen. Sobald sich die Tür hinter euch schließt, habt ihr genau 60 Minuten Zeit."
In der am elektronisch über FinanzOnline eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 2022 beantragte die Beschwerdeführerin den ermäßigten Steuersatz in Höhe von 13% für die erzielten Umsätze aus dem Betrieb eines Escape Rooms. Das Finanzamt verneinte in der Folge die Berechtigung der Beschwerdeführer zur Inanspruchnahme des begünstigten Umsatzsteuersatzes für die angebotenen Leistungen iZm den drei Escape Räumen unter Hinweis auf die höchstgerichtlichen Erkenntnisse vom , 93/13/0263 und vom , 84/15/0073, und erließ am den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01/2022, in welchem die erzielten Entgelte dem Normalsteuersatz unterzogen wurden.
Am erhob die steuerliche Vertretung im Namen und Auftrag der Mandantin das Rechtsmittel der Beschwerde gem. § 243 BAO gegen den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 01/2022. Es wurde beantragt, dass die Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 anstatt mit dem Normalsteuersatz von 20% festgesetzt werden möge. Begründend führte die Beschwerdeführerin aus: "Die Leistung eines escape rooms fällt unter den ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 3 Z 8 bzw. Z 6 bis Z 8 UStG die ihre rechtliche Fundierung in Anhang 3 Z 7 der MwSt-RL findet. Diese beinhaltet Theater, Museum, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Kino und ähnliche Ereignisse oder Einrichtungen (siehe Ruppe5, § 10 Tz 163). Das von der Finanzverwaltung angeführte Erfordernis der Vielfalt an Belustigungen (zitiert wird ) ist uE kein geeignetes Abgrenzungskriterium. So auch , der bei einem Indoorspieipiatz in unionsrechtskonformer Interpretation zum Schluss kommt, dass die Begünstigung unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob die Leistung alleine oder im Verbund mit anderen angeboten wird (Neutralitätspostulat, vgl. Ruppe5, §10 Tz 183). Auch teleologisch ist ein Escape Room vergleichbar zB einem Spiegelkabinett in einem Vergnügungspark. Die Anwendung eines anderen Umsatzsteuersatzes ist uE sachlich nicht gerechtfertigt, da es sich bei beiden um Volksbelustigung handelt und andernfalls das Neutralitätspostulat verletzt würde. Auch in der Praxis wird derzeit überwiegend der ermäßigte Umsatzsteuersatz angewandt - siehe zB https://www.schallaburg.at/de/escape-room-2022/ Escape-Room-2022-Vorschau. Die vorliegende Beschwerde wird auch zur Erlangung von Rechtssicherheit und Wettbewerbsneutralität eingebracht."
Gemäß § 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 ermäßigt sich der Steuersatz für Zirkusvorführungen sowie die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller auf 13%.
Zum Begriff des Schaustellers wird in den Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Randziffer 1431 unter Verweis auf die höchstgerichtliche Judikatur ausgeführt: Schausteller sind Personen, die gewerbsmäßig Jahrmärkte und Volksfeste mit ihrem der Unterhaltung und Belustigung dienenden Unternehmen beschicken. Für die Tätigkeit als Schausteller ist maßgebend, ob die Leistungen entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen oder aber im Rahmen von ortsgebundenen festen Rummelplätzen erbracht werden. Erst die Vielfalt der bei solchen Anlässen gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art macht jene Personen, die bei einer solchen Veranstaltung Schaustellungsleistungen erbringen, zu Schaustellern gemäß § 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 (bis : § 10 Abs. 2 Z 11 UStG 1994) (vgl. ). Leistungen von Schaustellern sind unabhängig davon vom ermäßigten Steuersatz erfasst, ob sie von einem oder von mehreren Unternehmern (Schaustellern) erbracht werden (vgl. ).
Nach Ruppe/Achatz, UStG5, § 10 Tz 183 ist der Begriff der Schaustellerei zwar in § 2 Abs 1 Z 17 GewO angesprochen (Schaustellungen jeder Art), ohne jedoch näher erläutert zu werden. Der VwGH hat das Wesen des Schaustellers in der Rsp zum UStG 1972 darin gesehen, dass Leistungen zur Volksbelustigung und Unterhaltung entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen und dgl oder im Rahmen von ortsgebundenen Rummelplätzen in Gemeinschaft mit anderen Schaustellern erbracht werden (; , 85/15/0117; , 93/13/0263). Nach Ruppe/Achatz ist die Entscheidung vom , 93/13/0263 möglicherweise überholt durch das VwGH-Erkenntnis vom , 2011/15/0079. Dazu wird ausgeführt, dass der VwGH in unionsrechtskonformer Interpretation (unter Beachtung des Neutralitätspostulats) zu einem weiteren Begriffsinhalt kommt: Leistungen von Schaustellern sind demnach von der Steuersatzermäßigung unabhängig davon erfasst, ob sie von einem Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit anderen Unternehmern erbracht werden.
Nach kommt es für die Beurteilung, ob jemand Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller erbringt, entscheidend darauf an, ob die Leistungen entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen oder aber im Rahmen von ortsgebundenen festen Rummelplätzen in Gemeinschaft mit anderen Schaustellern erbracht werden, weil erst die Vielfalt der bei solchen Anlässen gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art jenen, der bei einer solchen 3 von 6 Veranstaltung Schaustellungsleistungen erbringt, zum Schausteller iSd § 10 Abs 2 Z 18 UStG 1972 macht. Isoliert von anderen Anbietern erbrachte Leistungen belustigender oder unterhaltender Art sind nicht solche aus einer Tätigkeit als Schausteller; die daraus bezogenen Entgelte unterliegen nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 10 Abs 2 Z 18 UStG 1972.
Im Erkenntnis vom , 2011/15/0079 hat der VwGH ausgesprochen, dass es zutrifft, dass der Verwaltungsgerichtshof in noch zum UStG 1972 ergangenen Erkenntnissen wiederholt ausgesprochen hat, dass es für die Beurteilung, ob jemand Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller erbringt, entscheidend darauf ankommt, ob die Leistungen entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen oder aber im Rahmen von ortsgebundenen festen Rummelplätzen in Gemeinschaft mit anderen Schaustellern erbracht werden, weil erst die Vielfalt der bei solchen Anlässen gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art denjenigen, der bei einer solchen Veranstaltung Schaustellungsleistungen erbringt, zum Schausteller im Sinne § 10 Abs. 2 Z 18 UStG 1972 macht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 84/15/0073, VwSlg 6026 F/1984, vom , 85/15/0117, VwSlg 6164 F/1986, und vom , 93/13/0263, VwSlg 6907 F/1994). Im Streitfall liegt die geforderte Vielfalt an Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art vor. Die von der Unternehmerin erbrachten Leistungen fielen daher, für den Fall, dass sie in Gemeinschaft mit anderen Unternehmern (Schaustellern) erbracht worden wären, jedenfalls unter die Begünstigung des § 10 Abs. 2 Z 11 UStG 1994. Im Bereich der Umsatzsteuer kommt im Grundsatz der steuerlichen Neutralität das Gebot der Gleichbehandlung konkurrierender Unternehmer zum Ausdruck, welches es verbietet, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln, es sei denn, eine Differenzierung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. , Europäische Kommission gegen Königreich Schweden; , LVK - 56 EOOD). Die Regelung des UStG 1994 betreffend den ermäßigten Steuersatz für die Leistungen als Schausteller (§ 10 Abs. 2 Z 11) ist in Umsetzung des Richtlinienrechts der EU erlassen worden. Solcherart kommt bei Auslotung des Bedeutungsinhaltes der "Leistungen als Schausteller" das Gebot der unionsrechtskonformen Interpretation zur Anwendung. Im Rahmen dieser Interpretation darf dem Tatbestandsmerkmal "Schausteller" nicht ein so enger Inhalt beigemessen werden, dass die nationale Regelung eine Ungleichbehandlung von miteinander konkurrierenden Unternehmern zur Folge hätte. Vor diesem Hintergrund ist die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 11 UStG 1994 dahin gehend auszulegen, dass sie Leistungen von Schaustellern unabhängig davon erfasst, ob sie von einem oder von mehreren Unternehmern (Schaustellern) erbracht werden.
Der zugrundeliegenden Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , ZI. RV/1355-L/09, miterledigt RV/1356-L/09, ist folgender Stammrechtssatz 2 zu entnehmen: Für die Subsumtion unter den Begriff "Tätigkeit als Schausteller" ist es nicht schädlich, wenn nur ein Unternehmer Unterhaltungs- und Belustigungsleistungen anbietet, soweit diese nach ihrem Umfang und ihrer Vielfalt mit jenen vergleichbar sind, die auf einem Jahrmarkt erbracht werden. In der rechtlichen Würdigung wird ausgeführt: Im Vergleich zu einem Jahrmarkt bzw zum Wiener Prater unterscheidet sich der gegenständliche Freizeitpark darin, dass gegenüber den Besuchern nicht mehrere Anbieter von Unterhaltungs- und Belustigungsgeschäften auftreten, sondern nur ein einziger Unternehmer. Dieser Umstand wird wohl in Wirklichkeit keine tragenden Auswirkungen mit sich ziehen, da es für den Besucher in der Regel unerheblich und auch nicht bekannt sein wird, ob eine oder eine Mehrzahl von Unternehmen die von ihm gewünschten Leistungen anbieten. Für den Besucher spielt vielmehr der Unterhalts- und Spaßeffekt - gleich einer (ebenfalls unter den ermäßigten Steuersatz fallenden) Zirkusaufführung - die entscheidende und wesentliche Rolle, für den er auch bereit ist, Eintritt zu zahlen. An diesem (Spaß)Effekt ändert sich im Allgemeinen auch nichts, wenn nur ein Anbieter vor Ort ist, solange dieser ein gleichwertiges und attraktives Angebot aufweisen kann. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof angesprochene Vielfalt der Unterhaltungsmöglichkeiten und Belustigungen, die eine Leistung aus der Tätigkeit als Schausteller erfordert, ist festzuhalten, dass - wie im Sachverhalt beschrieben - diese Vielfalt doch unzweifelhaft vorliegt und hier kein Unterschied zum Angebot eines Jahrmarktes oder Rummelplatzes erblickt werden kann. Wesentlich ist vielmehr die gesamte Atmosphäre, die ein Jahrmarkt mit seinem breit gefächerten Unterhaltungsprogramm ausmacht und die ist in im Allgemeinen unabhängig von der Anzahl der Anbieter.
In diesem Sinne ist auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0263 zu verstehen nämlich, dass eine von anderen Attraktionen isoliert angebotene Unterhaltungsleistung, wie etwa das Aufstellen eines Kinderreitautomaten außerhalb eines Jahrmarktes oder Freizeitparks - wie etwa vor einem Supermarkt - noch nicht den Umfang und die Vielfalt einer allgemeinen Unterhaltung und Belustigung ausmacht und deshalb auch nicht als Tätigkeit eines Schaustellers angesehen werden kann.
Die Einrichtung der Beschwerdeführerin mit drei Escape Räumen erscheint mit einem Jahrmarkt oder Rummelplatz (anders als im oben genannten Erkenntnis des ) nicht vergleichbar. Es handelt sich um ein Freizeitgelände und nicht um einen Jahrmarkt oder Rummelplatz, weswegen einer Anwendung des § 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.
Ein Escape Room zählt nicht zu "Jahrmärkten, Volksfesten, Messen bzw Rummelplätzen", denn es fehlt, an der geforderten Vielfalt von Belustigungsgeschäften und Fahrgeschäften aller Art. Da es sich nicht um eine Schaustellertätigkeit gemäß § 10 Abs. 3 Z 8 UStG 1994 handelt, kann in diesem Zusammenhang der ermäßigte Steuersatz nicht angewendet werden.
Diese verschiedensten Arten von Belustigungen sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Auch der Webauftritt des Unternehmens vermittelt nicht den Eindruck, als dass es sich bei der angebotenen Leistung des Unternehmens um einen Rummelplatz handelt.
Nach Ansicht des Finanzamtes erfüllt das Unternehmen mit den angebotenen Leistungen nicht die Voraussetzungen einer begünstigten Schaustellertätigkeit, womit die erzielten Umsätze der Besteuerung mit dem Normalsteuersatz unterliegen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der genannte Vergleichsbetrieb offensichtlich 10% Umsatzsteuer in Rechnung stellt (vgl. den angebotenen Gutschein um 150,00 € inkl. 10% USt laut Homepage: https://www.schallaburq.at/de/escape-room-2022/Escape-Room-2022-Vorschau).
Das Vorbringen, dass ein Vergleichsbetrieb einen 10%-igen Umsatzsteuersatz anwendet, vermag dem Standpunkt der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht zum Durchbruch zu verhelfen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Leistungen eines Escape Rooms nicht unter § 10 Abs. 3 Z 6 und 7 UStG 1994 zu subsumieren sind. § 10 Abs. 3 Z 6 lit a bis c UStG 1994 erfasst Leistungen, die regelmäßig mit dem Betrieb eines Theaters verbunden sind, Musik- und Gesangsaufführungen, sowie Leistungen, die regelmäßig mit dem Betrieb eines Museums, eines botanischen oder zoologischen Gartens sowie eines Naturparks verbunden sind. Gemäß § 10 Abs. 3 Z 7 UStG 1994 unterliegen Filmvorführungen dem ermäßigten Steuersatz von 13%."
Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:
"Wie ausgeführt, handelt es sich beim Betrieb eines Escape Rooms um ein Belustigungsgeschäft, welches unter die Tätigkeit der Schausteller fällt. So auch Umsatzsteuerrichtlinien, Rz 142 - Zu den Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller gehören Belustigungsgeschäfte und Fahrgeschäfte aller Art, wie zB .... Geschicklichkeitsspiele. In unionsrechtskonformer Interpretation spielt es keine Rolle ob dieses Belustigungsgeschäft ortsgebunden ist oder ob es durch einen Unternehmer oder eine Mehrzahl von Unternehmern betrieben wird. Der Escape Room tritt als Volksbelustigungsveranstaltung in Konkurrenz mit Jahrmärkten, Kinos etc. Beim Escape Room treten die Schausteller auch helfend auf und betreuen die Rätselgruppe beim Lösen der Rätsel des escape rooms. Auch in teleologischer Interpretation erscheint eine umsatzsteuerliche Benachteiligung von modernem Formen der Volksbelustigung gegenüber Theater, Kinos und Indoor- Kindergärten nicht angebracht."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin betreibt die drei Escape-Räume "***Raum1***", "***Raum2***" und "***Raum3***" in ***Ort***, in welchen Krimi-/Rätselspiele für Kleingruppen von 2 bis 6 Personen veranstaltet werden. Die Teilnehmenden haben 60 Minuten Zeit um ein Rätsel zu lösen und aus dem Escape-Room zu entkommen.
Strittig ist, ob dafür der begünstigte Steuersatz gemäß § 10 Abs 3 Z 8 UStG 1994 oder der Normalsteuersatz anzuwenden ist.
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt steht außer Streit.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 10 Abs 1 UStG 1994 beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 20% der Bemessungsgrundlage. Nach Absatz 3 Z 8 leg.cit. ermäßigt sich die Steuer auf 13% für die Zirkusvorführungen sowie die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller.
Der Begriff des "Schaustellers" findet weder im Umsatzsteuergesetz noch in anderen Gesetzen eine Definition. Nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht man darunter Personen, die gewerbsmäßig Jahrmärkte und Volksfeste mit ihrem der Unterhaltung und Belustigung dienenden Unternehmen beschicken. Das typische Berufsbild des Schaustellers hat sich jedoch im Laufe der Zeit verändert. Während Schausteller in früherer Zeit Angehörige einer vielgestaltigen Berufsgruppe waren, die ihre Künste im Umherziehen ("Fahrendes Volk"), auf dem Jahrmarkt oder im Tingeltangel ausübten und seit dem 20. Jahrhundert meist im Zirkus, Varieté oder Entertainment auftreten, werden heute auch solche Unternehmen als Schausteller bezeichnet, die nicht Künste, sondern Belustigungsgeschäfte, Schaustellungen und Fahrgeschäfte aller Art (wie etwa Schießbuden, Grotten- und Geisterbahnen, Ringelspiele, Schaukeln, usw) anbieten und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um sesshafte oder nicht sesshafte Schausteller handelt (vgl. Berger/Wakounig, in: Online Kommentar UStG 1994, Kommentar zu § 10 Rz 153; Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer 1972, § 10 Anm 353).
Zwar üben Schausteller in aller Regel ihr Gewerbe nicht in einer ortsgebundenen festen Anlage aus, dennoch gibt es Ausnahmen, wie etwa bei Themen- und Freizeitparks (Westerncitys, Erlebniswelten, etc.) oder auch beim Wiener Prater, bei denen die einzelnen Unterhaltungsstationen ortsgebunden angeboten werden. Dieser Umstand der Ortsgebundenheit des Gewerbes stellt auch für den Verwaltungsgerichtshof (im Gegensatz zum BFH, Urteil vom , V R 67/70) kein Hindernis für eine begünstigende Einstufung als Schausteller dar.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes () kommt es für die Beurteilung, ob jemand Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller erbringt, entscheidend darauf an, ob die Leistungen entweder auf gelegentlich stattfindenden Jahrmärkten, Volksfesten, Messen oder aber im Rahmen von ortsgebundenen festen Rummelplätzen in Gemeinschaft mit anderen Schaustellern erbracht werden, weil erst die Vielfalt der bei solchen Anlässen gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäften aller Art jenen, der bei einer solchen Veranstaltung Schaustellungsleistungen erbringt, zum Schausteller im Sinne des § 10 Abs 2 Z 18 UStG 1972 macht.
Im Zusammenhang mit im örtlichen Bereich von Kaufhäusern, Einkaufszentren und Supermärkten (einzeln) aufgestellten Kinderreitautomaten erkannte der Gerichtshof, dass für die Beurteilung einer Leistung als solcher aus der Tätigkeit als Schausteller nicht bloß die Art der Leistung isoliert betrachtet werden kann, sondern dass es konstituierendes Merkmal schaustellerischer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn sei, dass diese Leistung im örtlichen Umfeld anderer Schausteller angeboten werde. Gerade die Vielfalt der entweder auf Jahrmärkten oder an ortsgebundenen festen Rummelplätzen gebotenen Belustigungen sei es, welche eine Leistung grundsätzlich schaustellerischer Art erst zu einer Leistung aus der Tätigkeit als Schausteller im Sinne des § 10 Abs Z 18 UStG 1972 mache. Isoliert von anderen Anbietern erbrachte Leistungen belustigender oder unterhaltender Art seien daher nicht solche aus einer Tätigkeit als Schausteller.
Die gewerbe-, veranstaltungs- und vergnügungssteuerrechtliche Beurteilung der Tätigkeit sei hingegen für die umsatzsteuerliche Beurteilung ebenso wenig bedeutsam wie die Zugehörigkeit zu Interessensvertretungen.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass es für die Subsumtion unter den Begriff "Tätigkeit als Schausteller" grundsätzlich nicht schädlich ist, wenn nur ein Unternehmer Unterhaltungs- und Belustigungsleistungen anbietet, soweit diese einen Umfang und eine Vielfalt erreichen, die einem Jahrmarkt oder Rummelplatz entsprechen.
Die Beschwerdeführerin bietet drei Escape-Rooms an. Es mangelt daher an einer Vielfalt von gebotenen Belustigungen. Da aber diese Vielfalt an Belustigungen eine Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer Tätigkeit als Schausteller iSd § 10 Abs 3 Z 7 UStG darstellt und diese Vielfalt im gegenständlichen Fall nicht gegeben ist, ist eine Subsumierung unter § 10 Abs 3 Z 7 UStG nicht möglich.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen in angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da alle im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen vom Verwaltungsgerichtshof geklärt sind, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 10 Abs. 3 Z 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100154.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at