Einheitswertbescheid aufzuheben, weil an den Pächter ergangen und kein wirtschaftliches Eigentum
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***19***, vertreten durch ***20***, über die Beschwerde vom ***1*** gegen den Bescheid des Finanzamtes ***29*** vom ***21*** betreffend die Berichtigung des Einheitswertes für den gärtnerischen Betrieb zum 1. Jänner ***6***, Einheitswertaktenzeichen ***2***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt hatte mit Einheitswertbescheid vom ***4*** an die beschwerdeführende Gesellschaft den Einheitswert zum 1. Jänner ***5*** für den "Grundbesitz gärtnerischen Betrieb mit Sitz in der ***23***" in Höhe von ***24*** Euro festgestellt. Mit Bescheiden vom ***25*** hatte es das Verfahren wiederaufgenommen und in dem neuen Sachbescheid durch die Berechnung des Reinertrages in Höhe von 1%, anstatt bisher 2%, des Umsatzes den Einheitswert auf ***26*** Euro verringert. Mit Antrag vom ***27*** beantragte die Beschwerdeführerin, den Einheitswert der wirtschaftlichen Einheit zu berichtigen, da es sich bei ***32*** um Gemüse und es sich folglich um gärtnerisches Vermöge handle, das nach der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertung des gärtnerischen Vermögens - Gemüse-, Blumen-, Zierpflanzenbau und Baumschulbetriebe vom zu bewerten sei. Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ***21*** ab, weil die vom Bewertungsbeirat bestimmten pauschalen Zuschläge für Sonderkulturen nur für die taxativ aufgezählten Feldgemüsesorten, sowie Arznei-, Tee- und Gewürzpflanzen, Hopfenkulturen und Christbaumkulturen auf landwirtschaftlichen Flächen gelten würden. Dagegen richtet sich die dem Bundesfinanzgericht am ***28*** zur Entscheidung vorgelegte Beschwerde.
Nach einem Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes um Klarstellung, ob der Antrag vom ***27*** gegen den Einheitswertbescheid des Finanzamtes ***29*** zum 1. Jänner ***5*** vom ***4*** oder auf Fortschreibung des Einheitswertes zum 1. Jänner ***6*** gerichtet war, teilte die beschwerdeführende Gesellschaft in einem Schreiben vom ***30*** mit, es gehe um einen Antrag auf Neufeststellung des Einheitswertes zum 1. Jänner ***6***.
Das Bundesfinanzgericht ersuchte die belangte Behörde mit Beschluss vom ***8*** um eine Stellungnahme, aufgrund welcher Tatsachenfeststellungen und aus welchen rechtlichen Erwägungen sie das den Gegenstand der Bewertung bildende Grundstück der beschwerdeführenden Gesellschaft zugerechnet hatte.
Das Finanzamt antwortete mit Schreiben vom ***3***, die wirtschaftliche Einheit sei der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Einheitswertbescheid (Nachfeststellung) zum 1. Jänner ***5*** vom ***4*** zugerechnet worden. Die Nachfeststellung an die beschwerdeführende Gesellschaft sei aufgrund des Schreibens des damaligen steuerlichen Vertreters und des beigelegten Pachtvertrages erfolgt. Aus dem Pachtvertrag sei ersichtlich, dass die Anschaffungskosten der Produktionsstätte von der beschwerdeführenden Gesellschaft getragen wurden und somit die Produktionsstätte im Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft stehe. Die Zurechnung sei gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO in Verbindung mit § 24 Abs. 2 BAO erfolgt.
Das Bundesfinanzgericht brachte der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Beschluss vom ***7*** die mit dem Beschluss vom ***8*** der belangten Behörde gestellte Frage und deren Antwort samt Beilagen zur Kenntnis und forderte die beschwerdeführende Partei auf, jeweils für den Beginn der Kalenderjahre ***5*** und ***6*** dem Bundesfinanzgericht den Nachweis für die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit an sie zu erbringen und die für die Feststellung der Höhe des Einheitswertes maßgeblichen Verhältnisse bekanntzugeben.
Die beschwerdeführende Gesellschaft antwortete mit einem Schreiben ihres Vertreters vom ***9***, ein Nachweis für die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit an die Antragstellerin sei angesichts der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht möglich, da in diesem Sinne die von der Einheitswertfeststellung betroffene Immobilie "Geschäftsgrundstück" ihr auf Grundlage dieser Judikatur nicht zuzurechnen sei.
Damit könnten aber auch keine für die Feststellung der Höhe des Einheitswertes maßgeblichen Verhältnisse bekanntgegeben werden.
Mit Pachtvertrag vom ***10*** habe die beschwerdeführende Gesellschaft das Geschäftsgrundstück von Herrn ***31***, der zu diesem Zeitpunkt zu ***11***% Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft gewesen sei, gepachtet. Herr ***31*** sei seinerseits fruchtgenussberechtigt hinsichtlich dieser Liegenschaft, die im grundbücherlichen Eigentum von Herrn ***12*** stehe.
Die Verhältnisse hätten sich unter anderem insofern verändert, als Herr ***31*** als Gesellschafter aus der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgeschieden sei. Der Einheitswert gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft sei mit Null festzusetzen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Zum 1. Jänner ***6*** bestand die wirtschaftliche Einheit, deren Einheitswert die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte, aus dem Grundstück mit der Nummer ***13*** in der Einlagezahl ***14*** des am Bezirksgericht ***15*** geführten Grundbuches samt der darauf errichteten Betriebsanlage an der Adresse ***16*** in der Katastralgemeinde ***33***. Eigentümer des Grundstückes war aufgrund eines am ***17*** abgeschlossenen Schenkungsvertrages ***18***.
Die beschwerdeführende Gesellschaft war aufgrund eines mit dem an dem Grundstück Fruchtgenussberechtigten abgeschlossenen Pachtvertrages zur Nutzung des Grundstückes berechtigt. Schon vor Abschluss des Pachtvertrages waren über Veranlassung der beschwerdeführenden Gesellschaft auf deren Kosten diverse bauliche Anlagen zum Betrieb einer ***32***-Produktionsanlage auf dem Grundstück errichtet worden. Diese baulichen Anlagen bildeten keinen Bestandteil des Pachtvertrages.
Der Pachtvertrag bildete die einzige Grundlage für die Verfügung über und Verwendung des Grundstückes durch die beschwerdeführende Gesellschaft.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den widerspruchsfreien Vorbringen der Verfahrensparteien, die mit den vorgelegten Dokumenten und dem Grundbuchsstand übereinstimmen.
Das Finanzamt verwies nach einem Hinweis des Bundesfinanzgerichtes auf die in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthaltenen Voraussetzungen für eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung zum Nachweis der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit an die beschwerdeführende Gesellschaft lediglich erneut auf das Pachtverhältnis und die Kostentragung für die Errichtung der Betriebsanlage durch die beschwerdeführende Gesellschaft. Der rechtskundige Vertreter der beschwerdeführenden Partei verneinte letztlich eine solche Zurechnung.
Da sich aus dem Vorgebrachten auch sonst keine Hinweise auf weitergehende Verfügungsmöglichkeiten der beschwerdeführenden Gesellschaft über die wirtschaftliche Einheit ergeben, steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass sich ihre Stellung zu der den Gegenstand der Bewertung bildenden Einheit auf die einer schlichten Pachtnehmerin beschränkte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung und Aufhebung)
Gemäß § 2 Abs. 2 BewG (Bewertungsgesetz) 1955 kommen mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
Gemäß § 29 Zif. 4 BewG 1955 gehört zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen das gärtnerische Vermögen.
Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 BewG 1955 gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonder- und Obstkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb).
Gemäß ***11*** gehören zum gärtnerischen Vermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem gärtnerischen Hauptzweck dient (gärtnerischer Betrieb).
Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d Bundesabgabenordnung (BAO) gilt für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist, dass Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet werden.
Gemäß § 24 Abs. 2 BAO gelten die Bestimmungen des Abs. 1 auch für wirtschaftliche Einheiten im Sinne des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148.
Gemäß § 186 Abs. 3 BAO sind mit der Feststellung des Einheitswertes Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung und darüber zu verbinden, wem dieser zuzurechnen ist (§ 24).
Der Feststellungsbescheid ergeht gemäß § 190 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 186 an denjenigen, dem die wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) zugerechnet wird.
Der im Ertragsteuerrecht bestehende, kaufmännischer Bilanzierung entsprechende Grundsatz, wonach der Bestandnehmer, der Verbesserungen am Bestandgegenstand vornimmt, die als Bestandteil in das Eigentum des Bestandgebers übergehen, bis zur Beendigung des Mietverhältnisses als deren wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, kann auf das Bewertungsrecht nicht übertragen werden.
Ob wirtschaftliches Eigentum anzunehmen ist, ist aus den Umständen des Einzelfalles zu schließen. Bei Pachtverhältnissen wird in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum des Pächters am Pachtgegenstand gegeben sein, weil der Pächter im Allgemeinen schon auf Grund des Pachtvertrages und der damit verbundenen Verpflichtungen über den Pachtgegenstand nicht die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausüben kann (vgl. ).
Die Abänderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der Abgabenbehörde bildete. Das Bundesfinanzgericht ist daher nicht befugt, die Person auszutauschen, an die der angefochtene Bescheid adressiert ist (vgl. ).
Nach den getroffenen Feststellungen, steht die durch den angefochtenen Bescheid angesprochene wirtschaftliche Einheit nicht im zivilrechtlichen Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft. Das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Tragen der Anschaffungskosten der auf dem Grundstück errichteten Produktionsstätte durch die beschwerdeführende Gesellschaft und der mit dem Fruchtgenussberechtigten des Grundstückes abgeschlossene Pachtvertrag vermitteln nicht die Herrschaft über die wirtschaftliche Einheit, die der eines Eigentümers gleicht. Das Bundesfinanzgericht stellte auch sonst keine Umstände fest, die zu einer Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit an die beschwerdeführende Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO führen. Der Gegenstand der Einheitsbewertung ist der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht zuzurechnen im Sinne des § 190 Abs. 1 lit. a BAO. Der dessen ungeachtet an sie gerichtete Feststellungsbescheid ist durch das Bundesfinanzgericht mangels Befugnis zum Austausch des Bescheidadressaten aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretenen Rechtsfragen wurden anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Erkenntnis liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 29 Z 4 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 30 Abs. 1 Z 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 49 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 24 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 186 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 186 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 190 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 190 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100498.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at