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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.11.2024, RV/6100273/2018

Antrag auf Aufhebung von Einkommensteuerbescheiden gemäß § 299 BAO wegen Liebhabereibeurteilung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch zobl.bauer.Salzburg Steuerberatung und WP GmbH, Mildenburggasse 4A, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg - Stadt, Aigner Straße 10, 5020 Salzburg (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2011 - 2014 zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang

A/1. Die mittlerweile verstorbene Beschwerdeführerin C.N. (kurz: Bf.) war die Ehefrau und unbedingt erbsantrittserklärte Erbin des Herrn H.N., der am xx.yy.2014 verstorben ist. Weitere Erbin ist die Tochter des Verstorbenen, S.N.. Diese ist auch die Erbin nach ihrer im Jahr 2022 verstorbenen Mutter.

H.N. bezog neben anderen Einkünften auch solche aus Vermietung und Verpachtung und wurde dafür zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Februar 2017 fand eine Außenprüfung über die Jahre 2011 - 2014 statt, in deren Zuge der Prüfer die Vermietung eines Geschäftslokales in der X-Gasse in Ort Y als Liebhaberei beurteilte. Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens am entsprechende Einkommensteuerbescheide für 2011 - 2014, die in Rechtskraft erwuchsen. Die Bescheide wurden adressiert an C.N. als Erbin des H.N..

Mit Schreiben vom und - in Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages mit Frist bis zum - vom beantragte der steuerliche Vertreter der Bf. die Aufhebung dieser Einkommensteuerbescheide gemäß § 299 BAO und die Erlassung neuer Einkommensteuerbescheide, mit denen die Verluste aus der Vermietung des Geschäftslokales anerkannt werden.

A/2. Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt den Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2011 - 2014 als unbegründet ab. Die dagegen innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist eingebrachte Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom als verspätet zurückgewiesen.

Das Finanzamt hob diese Beschwerdevorentscheidung mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO auf und erließ am gleichen Tag eine neue Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde gegen die Abweisungsbescheide als unbegründet abgewiesen wurde.

A/3. Dagegen richtet sich der Antrag vom auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, in dem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde. Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

A/4. Am fand vor dem Bundesfinanzgericht ein Erörterungstermin statt, in dessen Zuge die steuerliche Vertreterin den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückzog. Dabei legte die steuerliche Vertreterin eine Prognoserechnung vor, die die Mängel der ursprünglichen Prognoserechnung beheben sollte und die Aufwendungen etwas detaillierter darstellt. Weiters kündigte die steuerliche Vertretung die Vorlage einer überarbeiteten Version der Prognoserechnung an.

Der Mieter des Geschäftslokales habe ab dem Jahr 2011 nicht mehr regelmäßig gezahlt, habe aber das Lokal auch nicht geräumt, sodass im Oktober 2012 die Räumungsexekution gegen ihn vollzogen wurde. Nach Auffassung der Bf. handle es sich dabei sehr wohl um Unwägbarkeiten. Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsunwilligkeit könne sich nicht zu Lasten des Vermieters auswirken und könne daher in der Prognoserechnung nicht dargestellt werden. Bei den in der Ertragsrechnung für 2014 erklärten Einnahmen könne es sich nur um Beträge handeln, die im Zuge der Exekution eingebracht wurden.

Der Vertreter des Finanzamtes wandte gegen die vorgelegte Prognoserechnung ein, dass er die prozentuelle Aufteilung der sonstigen Ausgaben nach der Nutzfläche für nicht richtig erachte, da die sonstigen Ausgaben ja auch die Betriebskosten beinhalten. Dies spreche gegen die Gewissheit der Rechtswidrigkeit der Einkommensteuer.

A/5. Mit Schreiben vom legte die steuerliche Vertretung eine überarbeitete Version der Prognoserechnung samt Beilagen vor und erläuterte, dass ausgehend von den tatsächlich erwirtschafteten Einnahmen des Geschäftslokals für die Jahre 2008 bis 2010 die Einnahmen beginnend ab 2011 alle drei Jahre um einen Indexsprung von 7,5% erhöht worden seien. Es sei ein Leerstandsrisiko mit 4% der Mieteinnahmen angesetzt worden. In den Hausertragsrechnungen für die X-Gasse seien die Ausgaben für die beiden Objekte Wohnung und Geschäftslokal nicht getrennt dargestellt worden. Die Aufteilung sei nach den Nutzwerten der beiden Einheiten vorgenommen worden. Die Betriebskosten für das Geschäftslokal seien für 2007 bis 2013 aus den Überschussrechnungen übernommen worden und mit 85% der Gesamtkosten dem Geschäftslokal zugeordnet worden. Diese Zuteilung könne mit den Betriebskosten der Wohnung im Jahr 2015 verprobt werden, zu diesem Zeitpunkt sei das Geschäftslokal bereits verkauft worden. Die Betriebskosten seien ab 2015 um 2,5% jährlich indexiert worden. Die Zinsen seien mit 82% dem Geschäftslokal zugeordnet worden. Die laufenden Reparaturen seien mit 74,4% dem Geschäftslokal zugeordnet worden und ab 2014 prognostiziert worden.

Das Geschäftslokal sei im Zeitpunkt der Delogierung in einem desolaten Zustand gewesen. Nach Aussagen von S.N. sei das Lokal "total verdreckt, verstunken und verraucht" gewesen. Für den schlechten Zustand spreche auch der Kaufpreis in Höhe von EUR 165.000, der letztlich beim Verkauf des Lokals im Jahr 2014 erzielt wurde. Die anteiligen Anschaffungs- und Instandsetzungskosten hätten rund EUR 285.000 betragen.

Es habe immer eine langfristige Vermietungsabsicht bestanden, dies sei auch durch den teuren Umbau und die langfristige Finanzierung der erworbenen Einheit X-Gasse dokumentiert. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Delogierung des Mieters seien keinesfalls vorhersehbar gewesen und daher auch dann nicht in einer Prognoserechnung zu berücksichtigen, wenn sich diese Unwägbarkeit bereits vor Erstellung der Prognoserechnung ereignet hat.

Dass sich H.N. entgegen seinen Gewohnheiten nicht für die nochmalige Sanierung und Wiedervermietung, sondern für einen Verkauf des Geschäftslokals entschieden hat, sei neben wirtschaftlichen Überlegungen auch dem Umstand geschuldet, dass er schwerkrank gewesen sei und seiner Familie keine "offenen Baustellen" hinterlassen wollte.

Das Finanzamt führte in seiner Stellungnahme dazu aus, dass im Antrag nicht angeführte Aufhebungsgründe im anschließenden Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden könnten. Allein aus den im Aufhebungsantrag angeführten Gründen müsse dargelegt werden, dass der Spruch des Bescheides mit Gewissheit nicht richtig ist. Die nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgelegte neu erstellte zweite Prognoserechnung gegen die Abweisung der Aufhebungsanträge könne nicht für die Begründung der Unrichtigkeit der Einkommensteuerbescheide 2011-2014 herangezogen werden. Es müsse allein aufgrund der im Aufhebungsantrag vorgebrachten Begründung die Rechtswidrigkeit der Abgabenbescheide (mit Gewissheit) nachgewiesen werden. Mit der im Aufhebungsantrag vorgelegten ersten (grob mangelhaften) Prognoserechnung sei eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der Bescheide nicht aufgezeigt worden.

Aber auch die nunmehr vorgelegte Prognoserechnung könne die Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide nicht mit Gewissheit belegen. Es seien nämlich für bereits abgeschlossene Jahre Umsätze prognostiziert worden, die tatsächlich nicht erzielt worden seien. Auch lasse die Prognoserechnung außer Acht, dass nach der Delogierung des Mieters erhöhte Instandsetzungskosten anzusetzen gewesen wären. Die angesetzten Mieterlöse erscheinen deutlich zu hoch, da die Vermietungssituation in Ort Y sehr schwierig sei und nach dem von der Bf. im Rahmen des Aufhebungsantrages vorgelegten Schreiben eines Immobilienmaklers vom "gerade für den gastronomischen Bereich als katastrophal zu bezeichnen war und noch immer ist".

B. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zugrunde, der aus den Akten des Finanzamtes (Veranlagungsakten und Prüfungsakten) sowie dem Parteienvorbringen vor dem Bundesfinanzgericht hervorgeht:

B/1. Im Jahr 2007 erwarb H.N. im Haus X-Gasse in Ort Y ein ebenerdig gelegenes Geschäftslokal und eine davon getrennte Wohnung um einen gemeinsamen Kaufpreis von EUR 196.000. Im Jahr 2007 führte er an den Objekten Instandsetzungsarbeiten im Betrag von EUR 51.600 durch. Im Jahr 2008 sanierte er das Geschäftslokal um EUR 100.292 und adaptierte es, weil der Betrieb einer Shishabar geplant war. Ab 2008 vermietete er beide Objekte, wobei der Pächter im Geschäftslokal eine Shishabar betrieb. Pächter war der Ehemann der Inhaberin eines benachbart gelegenen italienischen Lokales, welches ebenfalls im Eigentum von H.N. steht und von diesem vermietet wird.

In den Jahren 2008 bis 2010 konnten Mieterlöse von rund EUR 23.100 jährlich erzielt werden. Bereits 2011 wurde der Pächter der Shishabar mit seinen Mietzahlungen säumig, was nach Darstellung der Bf. auf das im Juli 2010 wirksam gewordene partielle Rauchverbot in der Gastronomie zurückzuführen gewesen sei. Im Jahr 2011 wurden noch Mieterlöse von EUR 7.000 erzielt, 2012 rund EUR 3.300, und ab 2013 - nach der im Oktober 2012 erfolgten Zwangsräumung - keine Einnahmen mehr.

Im September 2014 verkaufte H.N. das Geschäftslokal um einen Verkaufspreis von EUR 165.000. Einer von der Bf. vorgelegten Aktennotiz des Rechtsanwaltes des H.N. vom ist zu entnehmen, dass S.N. bereits einen Immobilienmakler mit dem Verkauf des Geschäftslokales beauftragt hat. "Denkbar wäre", so die Aktennotiz - "auch ein Mietvertrag, doch geht eben die Gastronomie in Ort Y schlecht". Für den Verkauf des Geschäftslokales samt darüber liegender Wohnung hatte H.N. Preisvorstellungen von EUR 400.000.

In einem ebenfalls von der Bf. vorgelegten Schreiben eines weiteren Immobilienmaklers vom führt dieser aus, dass er beauftragt gewesen sei, für die gastronomisch genutzten Räume einen Mieter zu finden, dass er aber nicht erfolgreich gewesen sei. Schließlich konnte ein Käufer gefunden werden, dessen Kaufanbot allerdings weit unter den Preisvorstellungen der Bf. lag. Der Makler empfahl jedoch, das Kaufanbot über EUR 165.000 "aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen und auch unter Einbeziehung der Situation in Ort Y, die wie auch Ihnen bekannt war, gerade für den gastronomischen Bereich als katastrophal zu bezeichnen war und auch noch immer ist", anzunehmen.

B/2. In den Überschussrechnungen der Jahre 2007 bis 2014 erklärte H.N. durchgehend Verluste, wobei für die Vermietung beider Objekte (Geschäftslokal und Wohnung) nur eine gemeinsame Hausertragsrechnung erstellt wurde.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 2011 bis 2014 legte die Bf. erstmals eine Prognoserechnung vor, die nach einer prognostizierten Laufzeit von 18 Jahren einen geringen Einnahmenüberschuss ausweist. Das Finanzamt beurteilte diese Prognoserechnung jedoch als nicht geeignet, die Gewinnerzielungsabsicht ausreichend zu dokumentieren. Vielmehr qualifizierte das Finanzamt die Vermietung des Geschäftslokales als Liebhaberei und erließ im März 2017 entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2014.

B/3. Mit Schreiben vom stellte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung einen Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2011 - 2014 gemäß § 299 BAO mit folgender Begründung:

"Im Zuge der BP bei der HG N. wurde für die Vermietung der Immobilie X-Gasse, Ort Y, die einen Gesamtverlust erwirtschaftete, die Liebhabereivermutung erhoben. Die Vermietung dieses Objektes teilt sich auf in die Vermietung eines Geschäftslokales sowie einer Wohnung. Die BP hat festgestellt, dass es im Beobachtungszeitraum (2010 bis 2014) bei beiden Vermietungen zu keinem Gesamtgewinn gekommen ist. Darüber hinaus wurde das Geschäftslokal im Jahr 2014 mit Verlust veräußert.

Geschäftslokal (Einkunftsquellenvermutung):
Die Immobilie wurde im Jahr 2006 erworben. Der Erwerb der Immobilie (Wohnung und Lokal) ist im Zusammenhang mit der Vermietung des Objektes
Z-Gasse zu sehen. Das Objekt Z-Gasse besteht aus der Vermietung eines Restaurants sowie eines Wein-Lokales und schließt baulich direkt an das Objekt X-Gasse an. Die Kaufentscheidung wurde daher auf Grund der Überlegung getroffen, diese drei Lokale gemeinsam bestmöglich zu vermieten, ohne dass dabei eine direkte Konkurrenzsituation der Lokale entsteht.

Nach dem Ankauf wurde das Lokal X-Gasse im Jahr 2008 umfangreich umgebaut (Investition rund T€ 100). Geplant war der Betrieb einer Shisha Bar. Als Pächter war Herr A. vorgesehen. Dabei handelt es sich um den Ehemann der Pächterin des oben angeführten Lokals in der Z-Gasse. Auch diese persönliche Überschneidung der zwei Pächter weist auf die Absicht hin, den gesamten Komplex bestmöglich zu bewirtschaften, ohne dass es zu Störungen, sei es durch direkte Konkurrenz oder durch die enge Verbauung, kommt.

Wie die BP feststellte, wurden ab dem Jahr 2008 Mieteinnahmen für dieses Lokal in Höhe rund T€ 23,2 erzielt. Das Ergebnis verbesserte sich von T€ -29,4 (im Jahr 2008) auf T€ -3,6 (im Jahr 2010). Unter normalem Verlauf und Berücksichtigung der 10tel Abschreibungen ergibt sich bei einem Beobachtungszeitraum von 18 Jahren ein kalkulierter Gesamtgewinn (siehe beiliegende Berechnung).

Im Jahr 2010 kam allerdings der Pächter des Shisha-Lokales durch das im Juli 2010 in Kraft getretene Rauchverbot in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Zahlungen der Pacht wurden verschleppt, dies ist an den EAR des Jahres 2010 und fortlaufend zu erkennen. Mit Ende 2010 wurde bereits begonnen, den Pächter zu mahnen und zur Zahlung der offenen Mieten zu bewegen. Im Juni 2011 wurde bereits ein Exekutionsantrag gestellt. Mit wurde vom Rechtsanwalt ein Räumungsexekutionsantrag an den Pächter übermittelt. Dieser wurde mit bewilligt und beträgt eine Summe iHv 28.284,00 €. Der Räumungstermin war der . Eine endgültige Delogierung des Pächters konnte somit im Oktober 2012 erreicht werden. Ab diesem Moment war das Lokal prinzipiell für eine Neuvermietung wieder bereit. Aus dem Schreiben des Rechtsanwaltes vom ist deutlich ersichtlich, dass die *** mit dem Verkauf der Liegenschaft mit Preisvorstellungen von 400.000,00 € bereits beauftragt wurde. Beauftragt wurde der Immobilienmakler Makler. Hr. Makler bestätigt mit Schreiben vom die Suche eines Mieters oder Käufers über Printmedien und Internetplattformen. Trotz intensiver Bemühungen konnte allerdings aufgrund der speziellen Einrichtung des Lokales keine Pächter gefunden werden, sodass sich die Eigentümer im Jahr 2014 für den Verkauf entschieden haben, dieser erfolgte im September 2014.

Gemäß RZ 16 LRL ist die objektive Eignung einer Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines Gewinnes zu prüfen. Unerwartete Umstande (wie zB die Zahlungsunfähigkeit eines Mieters) sind dabei der Qualifizierung als Einkunftsquelle nicht abträglich. Wie oben ausgeführt hatte die Vermietung in einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren jedenfalls einen Gesamtgewinn erwirtschaften können.

Zur Beendigung einer Tätigkeit vor Erzielung eines Gesamtgewinnes führen die LRL aus: RZ 19: bei unvorhergesehen Unwägbarkeiten bzw. Betätigungsrisiken liegt eine Einkunftsquelle vor, wenn die Absicht einen Gesamtgewinn zu erzielen nachvollziehbar bestanden hat. Die Absicht, den gesamten Gebäudekomplexes einheitlich positiv zu bewirtschaften, wurde oben dargestellt. Auch die Veräußerung des Lokales ist hier unter dem Beispiel "Veräußerung einer desolaten Wohnung" vorgesehen. Im vorliegenden Fall erfolgte die Veräußerung aufgrund der (nach dem Wirksamwerden des Rauchverbotes) untauglichen Einrichtung. Darüber hinaus war das Lokal bei Übergabe in einem äußerst desolaten Zustand.
RZ 20: sieht vor, dass eine Tätigkeit rechtzeitig einzustellen ist, damit die Qualifizierung als Liebhaberei nicht zum Tragen kommt. Diese Rechtzeitigkeit ist uE gegeben, da im Zeitraum Oktober 2012 bis ins Jahr 2014 erkannt wurde, dass sich das Lokal mit der bestehenden ungeeigneten Einrichtung, ohne wiederum hohe Investitionen vorzunehmen, nicht wieder vermieten lasst. Wir sind daher der Ansicht, dass die Vermietung des Lokales in der
X-Gasse nicht der Liebhabereivermutung unterliegt. Vielmehr bestand von Beginn an die Absicht und anfänglich auch die Möglichkeit der Erzielung eines Gesamtgewinnes. In Ergänzung senden wir Ihnen als Beilage die dazugehörige Korrespondenz des Rechtsanwaltes sowie des Immobilienmaklers, in denen deutlich die Zahlungsschwierigkeiten und die Details zur Räumungsklage sowie die Verkaufsabsichten der Damen N. erläutert werden."

Als Beilage wurde dem Antrag eine als "Hausertragsrechnung X-Gasse 2007 - 2023" bezeichnete Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben vorgelegt. Es handelt sich dabei um die bereits während der Außenprüfung vorgelegte Prognoserechnung.

Diese beinhaltet prognostizierte Einnahmen und Ausgaben für beide vermieteten Objekte im Haus X-Gasse, wobei die Einnahmen getrennt dargestellt und dann summiert werden, die Ausgaben aber kumuliert dargestellt werden, nämlich "Ausgaben sonstige" ohne weitere Details in einem Betrag, "Abschreibung allgemein" ebenfalls für beide Objekte kumuliert und "Abschreibung Lokal" mit EUR 10.029,21 für die Jahre 2008 bis 2016. Die Gesamtausgaben wurden von den Gesamteinnahmen abgezogen und die Differenz aufgeteilt mit 74,4% auf das Lokal und mit 25,6% auf die Wohnung.

Dergestalt ermittelt die Prognoserechnung für das Geschäftslokal kumulierte Verluste bis 2015 von EUR 74.604,57, ab 2016 einen geringen Einnahmenüberschuss von EUR 951 und ab 2017 - nach Wegfall der Zehntelabsetzung für das Lokal - einen Einnahmenüberschuss von EUR 10.980. Die prognostizierten Ergebnisse für 2018 - 2023 werden ohne nähere Erläuterungen in einer einzigen Summe mit EUR 65.882,66 beziffert, womit für jedes dieser Jahre exakt vom prognostizierten Ergebnis 2017 ausgegangen wird. Nach 18 Jahren sollte so ein Gesamtüberschuss der Einnahmen von EUR 3.209,77 erzielbar gewesen sein.

B/4. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht legte die steuerliche Vertretung eine überarbeitete und verbesserte Prognoserechnung vor. Diese enthält nun nur mehr die prognostizierten Mieterlöse für das Geschäftslokal (die Einkunftsquelleneigenschaft der vermieteten Wohnung steht außer Streit). Dabei sind für alle Jahre bis einschließlich 2032 Erlöse auf Basis der tatsächlichen Einnahmen der Jahre 2008 bis 2010 angesetzt und alle drei Jahre um 7,5% valorisiert worden. Abgezogen wurde ein Ausfalls- und Leerstandsrisiko von 4% jährlich. Die Ausgaben, die in den Hausertragsrechnungen für beide Mietobjekte gemeinsam angeführt sind, wurden nach Nutzwerten aufgeteilt, sodass auf das Geschäftslokal 74,4% der Ausgaben entfällt. Die Fremdkapitalzinsen wurden laut gesondert dargestellter Berechnung mit 82% und die Betriebskosten mit 85% dem Geschäftslokal zugeordnet. Die solcherart modifizierte Prognoserechnung ergibt nach insgesamt 26 Jahren einen Gesamtüberschuss der Einnahmen von EUR 137.496,97.

C. Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

C/1. Rechtsgrundlagen/Allgemeines

C/1.1. Verfahrensrecht

Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

Bei der Aufhebung auf Antrag bestimmt die betreffende Partei den Aufhebungsgrund. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig hält (Ritz/Koran, BAO7, § 299 Tz 28a).

Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (etwa ). Die antragstellende Partei hat also bereits im Aufhebungsantrag die Gründe zu nennen und dafür eine ausreichende Begründung darzulegen, aus denen die Gewissheit der Rechtswidrigkeit erkennbar ist.

Die Sache, über die im Rechtsmittelverfahren gegen den den Antrag abweisenden Bescheid zu entscheiden ist, wird durch die Partei im Aufhebungsantrag festgelegt (zB ; , 2012/13/0123; ; , RV/5101287/2018). Im Rechtsmittelverfahren darf kein anderer Aufhebungsgrund herangezogen werden (etwa ).

C/1.2. Materielles Recht

§ 2 Abs. 1 und 2 EStG 1988 lauten:
"(1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104, 105 und 106a."

Gemäß § 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 28 EStG 1988.

Aus dem Begriff des Einkommens sowie der Umschreibung der Einkünfte als Gewinn bzw. Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten wird abgeleitet, dass nur eine Tätigkeit, die auf Dauer ein positives wirtschaftliches Gesamtergebnis erbringt, als Einkunftsquelle in Betracht kommt. Das Gesetz sieht eine menschliche Betätigung nur dann als Einkunftsquelle an, wenn sie mit einem Streben nach einem Reinertrag verbunden und nach den Verhältnissen des einzelnen Falles geeignet ist, auf Dauer nachhaltig einen Gewinn oder einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten abzuwerfen ().
Ist dies nicht der Fall, ist die Betätigung als Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinne anzusehen. Die Frage der Liebhaberei ist nach der Liebhabereiverordnung (LVO, BGBl. II 33/1993 idF BGBl. II 358/1997 und BGBl. II 15/1999) zu beurteilen.

Gemäß § 1 Abs 1 LVO liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen und die nicht unter Abs. 2 fällt.
Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

Für unter § 1 Abs 1 LVO fallende entgeltliche Gebäudeüberlassungen sieht § 2 Abs 3 LVO folgenden Modus zur Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht vor:
Das Vorliegen einer Absicht im Sinn des § 1 Abs. 1 ist in diesem Fall nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss geplant ist, zu einem absehbaren Zeitraum zu beurteilen. Als absehbarer Zeitraum gilt nach der im Streitzeitraum geltenden Fassung ein Zeitraum von 25 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 28 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

Aus dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten, dass die Vermietung eines Gebäudes dann als Liebhaberei zu qualifizieren ist, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung ein Gesamtgewinn bzw. Gesamt-Einnahmenüberschuss innerhalb eines absehbaren Zeitraumes nicht erzielbar ist (; ). Beginnt der Steuerpflichtige mit der Vermietung eines Gebäudes und führt dies zum Entstehen von Jahresverlusten, erfolgt sohin die Prüfung, ob Liebhaberei vorliegt, nicht anhand einer Kriterienprüfung nach § 2 Abs 1 LVO. Bei einer solchen Vermietung (in Form der sog. "großen Vermietung" nach § 1 Abs 1 LVO) kommt es ausschließlich darauf an, ob die Betätigung (in der konkret gewählten Bewirtschaftungsart) geeignet ist, innerhalb des absehbaren Zeitraumes einen Gesamtgewinn bzw. Gesamt-Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften (; ; ; siehe auch Fuchs/Renner in Doralt et al, EStG22, § 2 Tz 514).

Zum Zwecke der Beurteilung der Ertragsfähigkeit einer Gebäudevermietung innerhalb dieses absehbaren Zeitraumes ist eine Prognose anzustellen. Es obliegt dem Vermieter, der Abgabenbehörde mittels einer Planung iSd § 2 Abs. 3 LVO objektiv nachvollziehbar zu vermitteln, dass seiner Vermietungstätigkeit eine Einnahmenüberschusserzielungsabsicht zugrunde liegt. § 2 Abs. 3 LVO schränkt damit im Ergebnis die für den Bereich des § 1 Abs. 1 LVO grundsätzlich geltende Einkunftsquellenvermutung ein und bürdet dem Vermieter eine Nachweispflicht auf ( RV 5102017/2015 mwN).

Gegenstand der Prognose sind nicht Wunschvorstellungen des Vermieters, sondern wirtschaftliche Ergebnisse, die bei der gegebenen Bewirtschaftungsart realistischerweise erzielbar sind (; ).

Die Prognose muss mit ihren Sachverhaltsannahmen ausreichend gesichert sein (; ). Sie darf nicht von den zu Beginn der Vermietung tatsächlich bestehenden Verhältnissen losgelöst sein (). Bei Beurteilung der konkreten Art der Bewirtschaftung und der Erstellung der Prognose ist auf die tatsächlichen Umstände Bedacht zu nehmen, die sich in einem Beobachtungszeitraum eingestellt haben ().

Der Beobachtungszeitraum dient der Gewinnung von Erkenntnissen über die konkret gewählte Bewirtschaftungsart und den Realitätsbezug der Prognose sowie gegebenenfalls der Korrektur der Prognose (vgl , mwN; siehe Zorn, RdW 2/2024 zu ). Die Prognoserechnung muss die Ertragsfähigkeit der Vermietung in der vom Steuerpflichtigen konkret ausgeübten Art der Bewirtschaftung belegen.

Bei Beurteilung der objektiven Ertragsfähigkeit einer Vermietung können im Rahmen der Prognose allenfalls dann "fiktive" Einnahmen berücksichtigt werden, wenn nachträglich Unwägbarkeiten, die nicht vorhersehbar waren, eingetreten sind und zu Einnahmenausfällen geführt haben (; ).

C/2. Erwägungen

C/2.1. Bei Beendigung der Vermietung vor Ablauf eines absehbaren Zeitraumes ist nach der Rechtsprechung zu unterscheiden, ob der Plan des Steuerpflichtigen von vorherein auf die Vermietung für den nur kurzen Zeitraum gerichtet war oder ob erst am Ende dieses Zeitraumes - entgegen dem ursprünglichen Plan - die vorzeitige Einstellung der Vermietung beschlossen wurde. Im Falle einer von vornherein auf den kurzen Zeitraum geplanten Vermietung liegt Liebhaberei vor, wenn die Betätigung innerhalb dieses Zeitraumes kein positives Gesamtergebnis erwirtschaften kann. War hingegen die Vermietung unbefristet geplant, kommt es darauf an, ob eine seriöse Prognose aufzeigt, dass die Betätigung - in der gewählten Bewirtschaftungsart - innerhalb eines Zeitraumes von 25 Jahren ein positives Gesamtergebnis abwerfen wird. Die Beweislast für das Vorliegen einer (zunächst) unbefristet geplanten Vermietung trägt der Vermieter. Die Behörde hat sich aber mit allen vorgetragenen Argumenten/Beweismitteln auseinanderzusetzen ().

Wird eine auf Dauer geplante Vermietung aufgrund eines späteren Entschlusses vorzeitig eingestellt, ist für die Liebhabereiprüfung dennoch auf einen absehbaren Zeitraum abzustellen ().

C/2.2 Die Bf. brachte Argumente vor, die dafür sprechen, dass die Vermietung des Geschäftslokales auf Dauer geplant war, vor allem die Tatsache, dass der Vermieter in die Sanierung und Adaptierung des Geschäftslokales einen nicht unerheblichen Betrag investierte. Auch die persönliche Beziehung des Mieters zur Mieterin des benachbarten, ebenfalls dem Vermieter gehörigen Restaurants ist ein Indiz dafür.

Das Bundesfinanzgericht geht also nicht davon aus, dass die Liebhabereibeurteilung nur anhand der Verluste des abgeschlossenen Zeitraumes zu erfolgen hat. Somit kommt der vorgelegten Prognoserechnung entscheidende Bedeutung zu, denn sie ist maßgeblich für die Beurteilung der Ertragsfähigkeit der Gebäudevermietung.

C/2.3. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass im Zuge des Aufhebungsantrages eine mangelhafte und unvollständige Prognoserechnung vorgelegt wurde. Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte, verbesserte Prognoserechnung hat insoferne Mängel ausgemerzt, als sie einerseits nur noch Ergebnisse des Geschäftslokales (und nicht auch der Wohnung) berücksichtigt und andererseits die Ausgaben detaillierter aufschlüsselt, ein Ausfalls- und Leerstandsrisiko ansetzt, die Betriebskosten und Zinsen nach dem Verursacherprinzip mit einem höheren Prozentsatz dem Geschäftslokal zurechnet und die sonstigen Werbungskosten dem Geschäftslokal nach der Nutzfläche zuordnet.

Der Grund für die beantragte Aufhebung, nämlich dass der Tatbestand der Liebhaberei bei der Vermietung des Geschäftslokales nicht vorliege, wird durch die verbesserte Prognoserechnung nicht geändert. Es wurde lediglich der behauptete Aufhebungsgrund durch eine besser dargelegte Argumentation zu begründen versucht. Eine derartige Sanierung von Begründungsmängeln ist auch im Beschwerdeverfahren möglich, solange kein anderer Aufhebungsgrund herangezogen wird.

C/2.4. Die Prognoserechnung soll darlegen, dass die Betätigung in der konkret ausgeübten Art der Bewirtschaftung geeignet ist, einen Gesamteinnahmenüberschuss zu erzielen. Dabei ist es erforderlich, dass das Vorbringen der Bf. samt der vorgelegten Prognoserechnung insgesamt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide erkennen lässt. Es darf also nicht nur möglich, sondern es muss sicher sein, dass die vom Finanzamt verneinte Einkunftsquelleneigenschaft der Vermietungstätigkeit doch gegeben ist und die Einkommensteuerbescheide somit rechtswidrig sind.

Die Prognoserechnung wurde erstmals im Jahr 2017, also während der abgabenbehördlichen Prüfung und somit erst nach dem Verkauf des Geschäftslokales erstellt. Die Prognoserechnung geht für den gesamten Zeitraum von den in den Jahren 2008 - 2010 erzielten Mieterlösen (samt Indexsteigerungen) aus und negiert die bereits ab 2011 eingetretenen Mietausfälle gänzlich. Damit entspricht die Prognoserechnung nicht der von Lehre und Rechtsprechung einhellig geforderten Voraussetzung, dass sie von tatsächlich bestehenden Verhältnissen nicht losgelöst sein darf. Zwar setzt die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Prognoserechnung ein Leerstands- und Mietausfallswagnis an, doch kommt dieses den tatsächlichen Mietausfällen der Jahre 2011 bis 2014 nicht annähernd nahe.

Wird eine Prognose erst nach Beginn der Tätigkeit aufgestellt, sind die tatsächlichen Ergebnisse bereits abgelaufener Jahre in die Prognose aufzunehmen (erforderliche Adaptierungen der tatsächlichen Ergebnisse). Ein Zurückbleiben der tatsächlichen Einnahmen hinter den prognostizierten sowie das Auftreten höherer als der prognostizierten Werbungskosten ist daher bei der Liebhabereibeurteilung zu beachten, da es ansonsten keines Beobachtungszeitraumes bedürfte, innerhalb dessen die Richtigkeit der Prognose zu prüfen ist (Fuchs/Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 Tz 515/2 mwN sowie Tz 517/3).

Nur wenn Unwägbarkeiten in den tatsächlichen Ergebnissen vergangener Jahre zu steuerlichen Auswirkungen führten, sind diese für die Prognoserechnung einnahmen- und ausgabenseitig zu neutralisieren (Fuchs/Renner, aaO, Tz 517/12). Unwägbarkeiten sind das Ergebnis negativ beeinflussende Ereignisse, die nicht dem üblichen Wirtschaftsverlauf entsprechen und keinen Kausalzusammenhang zu einem gewollten Verhalten des Steuerpflichtigen aufweisen. Unwägbarkeiten sind von gewöhnlichen Risken abzugrenzen, die bei einer unternehmerischen Tätigkeit typischerweise anfallen. Dazu zählen etwa wirtschaftliche Risiken und Unsicherheiten wie Umsatzerwartung, Konkurrenzsituation oder Preisbildung (Fuchs/Renner, aaO, Tz 379).

C/2.5. Die Bf. führte in ihrem Aufhebungsantrag an, dass das im Sommer 2010 eingeführte Rauchverbot in der Gastronomie zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Mieters geführt hätte und dies eine Unwägbarkeit darstellen würde. Nähere Ausführungen dazu erfolgten nicht.

Dem ist entgegenzuhalten, dass Shishabars erst im Jahr 2019 verboten wurden. Aus dem Antrag ist nicht erkennbar, inwieweit sich das Rauchverbot in der Gastronomie auf den Betrieb der Shishabar auswirkte. Zudem war bereits im Jahr 2008 - das Jahr, in dem die Sanierung und Adaptierung des Lokales erfolgte und die Vermietung begann - bekannt, dass ab 2009 ein Rauchverbot geplant war. Dieses ist - mit Ausnahmeregelungen und einer Übergangsfrist - am in Kraft getreten und betraf die gesamte Gastronomiebranche.

Nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts handelt es sich dabei nicht um Unwägbarkeiten im Sinne von nachträglich eingetretenen, unerwarteten Umständen. Zudem ist nicht erkennbar, dass sich das Rauchverbot auf den Betrieb der Shishabar auswirkte.

C/2.6. Die Prognoserechnung geht über einen Zeitraum von 27 Jahren von ständig steigenden Mieteinnahmen aus und setzt ein Mietausfalls - und Leerstehungsrisiko von 4% an. Dabei hat bereits der Beobachtungszeitraum gezeigt, dass das Risiko uneinbringlicher Mietrückstände viel höher war.

Weder aus der Aktenlage noch aus dem Parteienvorbringen sind objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der ursprünglich angesetzte Mietpreis (indexgesichert) tatsächlich über 27 Jahre erzielbar gewesen wäre. Im Gegenteil weisen die von der Bf. selbst vorgelegten Schreiben des Rechtsanwaltes und des Immobilienmaklers auf die "katastrophale Situation imgastronomischen Bereich" und die damit verbundenen Schwierigkeiten, ein Lokal zu gastronomischen Zwecken zu vermieten, hin.

Vor diesem Hintergrund mutet der Ansatz von Mieteinnahmen in der von der Bf. gewählten Höhe unrealistisch oder zumindest unwahrscheinlich an. Auf die genannten Schwierigkeiten im Gastronomiesektor geht die Prognose in keiner Weise ein.

Für derartige Schwierigkeiten spricht auch die Tatsache, dass das Lokal nach dem Freiwerden über zwei Jahre leerstand. Ob ein Nachmieter tatsächlich gesucht wurde, blieb offen. Nachweise in Form von Inseraten oder ähnlichem wurden nicht vorgelegt. Dass kein Mieter mehr gefunden werden konnte, weil das Lokal völlig desolat gewesen sei, blieb auf der Behauptungsebene. Dass es "verraucht und verstunken" gewesen sei, erscheint allerdings bei einer Shishabar nicht wirklich ungewöhnlich. Die fehlende Vermietungsmöglichkeit wurde auch mit der ungeeigneten Einrichtung des Lokales begründet. Daraus geht aber hervor, dass die Bf. keinerlei Bemühungen unternommen hat, der Marktsituation gerecht zu werden und die Einrichtung gegebenenfalls zu adaptieren oder den Mietzins zu senken. Derartige Bemühungen sind aber nach herrschender Ansicht wesentlich für die nach außen tretende Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen (etwa Jakom/Laudacher, EStG 2021, § 2 Rz 253).

Erst zwei Jahre nach Beendigung der Vermietung konnte ein Käufer gefunden werden, wobei sich die Preisvorstellungen der Verkäufer als viel zu hoch erwiesen. Alle diese Tatsachen untermauern die Darstellung des schwierigen Gastronomiesektors in Ort Y und sprechen dagegen, dass die Vermietung des Geschäftslokales zu gastronomischen Zwecken geeignet war, einen Gesamteinnahmenüberschuss zu erzielen. Die über zwei Jahre hinweg vorliegende Leerstehung des Geschäftslokales sowie der niedrige Kaufpreis, der beim Verkauf des Lokales erzielt wurde, deuten auf eine fehlende Vermietbarkeit zu den ursprünglich gewählten Bedingungen hin (überhöhter Mietpreis).

C/2.7. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Aufhebungsantrag auch mit der verbesserten Prognoserechnung nicht geeignet war, die Gewissheit der Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2014 darzulegen. Dass die Eignung der Vermietung als Einkunftsquelle möglich (gewesen) sein könnte, reicht für eine Aufhebung nach § 299 BAO nicht aus. Die aufgeworfenen Zweifel an der Tragfähigkeit der Prognoserechnung sprechen gegen die Annahme der vom Gesetz geforderten Gewissheit.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Die Frage der Ertragsfähigkeit einer Betätigung ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die jeweils nur im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende Geschehen beantwortet werden kann. Das gegenständliche Erkenntnis war sohin nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig.

Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 und 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100273.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at