Keine Werbungskosten für Schäden, die von Kaskoversicherung ersetzt wurden
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
In der am elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 wurden Werbungskosten in Höhe von 306,40 € (für Arbeitsmittel) und 1.772,29 € (für Reisekosten) geltend gemacht.
In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes vom gab der Beschwerdeführer am bekannt, dass er bei der Firma ***1*** an seinem Dienstort in ***2*** die Funktion eines Betriebsleiters für das Distributionszentrum (Verteillager) bekleide. Dort wären im Kalenderjahr 2021 ca. 160 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Für die Abteilungsleiter habe er näher aufgegliederte Weihnachtsgeschenke in Höhe von insgesamt 306,40 € gekauft. Ferner seien Differenzwerbungskosten für näher dargestellte Fahrten in Höhe von zweimal 16,80 € angefallen. Zu den geltend gemachten "Reisekosten" von 1.772,29 € gab der Beschwerdeführer an, dass sich dieser Betrag auf 2.840,62 € erhöhen würde, da es in seinem Berechnungsformular Excel einen Berechnungsfehler gegeben habe. Auf der Heimfahrt von der Arbeitsstelle sei am ein Auffahrunfall passiert, für den der Dienstgeber keinen Kostenersatz geleistet habe. Die KFZ-Reparatur sei am erfolgt, dafür seien Kosten laut vorgelegter Werkstattrechnung in Höhe von 2.840,62 € angefallen.
Aufgrund eines weiteren Vorhaltes des Finanzamtes vom gab der Beschwerdeführer am bekannt, dass der Dienstgeber für den Schaden am KFZ keinen Kostenersatz geleistet habe. Der Schaden, der am Heimweg von der Arbeit passiert wäre, sei auch nicht an den Dienstgeber gemeldet worden, weil dieser zu keinem Schadenersatz verpflichtet sei. Der Unfall sei an einer Ampel passiert, die auf Grün geschaltet habe. Da der PKW vor ihm noch nicht losgefahren sei, wäre er mit 5 bis 10 km/h auf diesen aufgefahren. Da er diesen Auffahrunfall verschuldet habe, gäbe es keine Ersatzleistung der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Der Unfallbericht wurde vorgelegt. Seine Kaskoversicherung habe den Schaden bis auf einen Selbstbehalt von 350 € übernommen. Dieser "Kostenansatz samt der Versicherungsprämie" sei für ihn jedoch "falsch". Bei der Kaskoversicherung handle sich um eine freiwillige Höherversicherung, die jeder nach freiem Willen und Entscheiden abschließen könne. Die Kaskoversicherung für den PKW sei kein Absetzposten im Sinne von Werbungskosten, und daher in den letzten Jahren nie als Werbungskostenposten geltend gemacht worden. In den zwei Jahren davor habe es keinen Kaskoschaden gegeben, weshalb hier die Prämie für ihn ein "Verlustgeschäft" gewesen sei. Hätte er keine Kaskoversicherung gehabt, hätten die vollen Reparaturkosten geltend gemacht werden können. Es liege daher eine Ungleichstellung mit anderen Steuerzahlern vor, die auch einen Unfall auf dem Arbeitsweg aber keine Kaskoversicherung haben. Daher sei für ihn der Ansatz der vollen Reparaturkosten von Relevanz. Da es seitens des Dienstgebers keine entsprechenden Bestätigungen gäbe, lege er mit diesem Schreiben eine "eidesstaatliche" Erklärung ab, dass der Unfall auf dem Heimweg von seinem Arbeitsort erfolgt sei.
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer zur Einkommensteuer 2021 veranlagt (Arbeitnehmerveranlagung). Die als Werbungkosten geltend gemachten Weihnachtsgeschenke wurden mit der Begründung nicht anerkannt, dass diese den nicht abzugsfähigen Aufwendungen der privaten Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zuzuordnen wären. Die KFZ-Reparaturkosten wurden nur mit einem Betrag von 350,00 € (Selbstbehalt aus der Kaskoversicherung) anerkannt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der die Nichtanerkennung der vollen KFZ-Reparaturkosten angefochten wurde. Hier liege eine klare Ungleichstellung zu anderen österreichischen Steuerzahlern, die sich keine Vollkaskoversicherung aus ihrem versteuerten Einkommen geleistet haben, vor. All diese österreichischen Steuerzahler, die ein ähnliches Schicksal, jedoch ohne Vollkaskoversicherung erleiden würden, könnten die vollen Reparaturkosten als Werbungskosten ansetzen. Bei ihm sei jedoch nur der Selbstbehalt, der nur einen Bruchteil des Schadens darstelle, anerkannt worden. Er habe durch eine auf seine persönlichen Kosten getragene Vollkaskoversicherung das Risiko zu minimieren versucht. Jahrelang sei dies im Nachhinein betrachtet eine "Verlustinvestition" gewesen. Es könne jedoch nicht die Folge sein, dass er als rechtschaffender Steuerzahler dann auch noch diskriminiert, ungleich behandelt und finanziell benachteiligt werde.
Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Als Werbungskosten könnten nur tatsächlich geleistete Zahlungen berücksichtigt werden, weshalb der Selbstbehalt von 350 € bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden sei. Die von der Kaskoversicherung getragenen Kosten wären keine Werbungskosten.
Im Vorlageantrag vom wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und fasst dies damit zusammen, dass er eine Gleichstellung und Gleichbehandlung mit allen anderen österreichischen Steuerzahlern möchte, die keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen haben und die vollen Reparaturkosten steuermindernd als Werbungskosten absetzen können.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
In Beantwortung eines Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes gab der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom an, dass der Unfall vom bereits am an seine Versicherung gemeldet worden sei. Es wäre damals an der Stoßstange äußerlich kein Schaden erkennbar gewesen. Erst bei einem späteren Werkstattaufenthalt sei eine gebrochene Montageaufhängung der Stoßstange festgestellt und dies der Versicherung am gemeldet worden. Seitens der Versicherung wurde eine Übernahme des Schadens (laut Rechnung 2.840,62 €) im Umfang von 2.490,62 €, somit nach Abzug des Selbstbehaltes von 350,00 €, bestätigt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Auf der Heimfahrt vom Arbeitsort am verursachte der Beschwerdeführer mit seinem Kraftfahrzeug einen Auffahrunfall, für den der Dienstgeber keinen Kostenersatz geleistet hat. Der am Fahrzeug des Beschwerdeführers entstandene Schaden (gebrochene Montageaufhängung der Stoßstange) wurde erst bei einem Werkstattaufenthalt im Jahr 2021 festgestellt. Die angefallenen Reparaturkosten von 2.840,62 € wurden von der Kaskoversicherung des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes von 350 € im Umfang von 2.490,62 € getragen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den dazu vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
So führt auch ein Verkehrsunfall mit Beschädigung des Autos des Arbeitnehmers auf der beruflich veranlassten Fahrt zu Werbungskosten, es sei denn, der berufliche Veranlassungszusammenhang ist durch private Umstände unterbrochen (z.B. alkoholisiertes Lenken etc.). Dabei sind auch (direkte) Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beruflich veranlasste Fahrten (vgl. ). Lässt der Steuerpflichtige das beschädigte Arbeitsmittel reparieren, gilt: Ereignete sich der Schaden im beruflichen Einsatz, führt die Reparatur zur Werbungskosten; im Falle einer privaten Veranlassung ist der Reparaturaufwand steuerlich nicht zu berücksichtigen. Bis zu dem Betrag, mit dem die Beschädigung des Arbeitsmittels zu Werbungkosten führt, sind Ersatzleistungen Dritter (Versicherung) beim Zufluss als Einnahmen im Rahmen der betreffenden Einkunftsquelle zu erfassen (). Steht von vorneherein fest, dass eine Ersatzzahlung erfolgt (z.B. wegen des Vorliegens einer Kaskoversicherung), liegen im Ausmaß des Ersatzes gar keine Werbungskosten vor (Doralt, EStG, § 16 Rz 133/4 mwN; in diesem Sinne auch LStR 2002, Rz 373; ebenso Büsser u.a., EStG, § 16 Rz 303).
Das Finanzamt hat daher zutreffend den geltend gemachten Aufwand aus der KFZ-Reparatur nur in dem Ausmaß als Werbungskosten anerkannt, in dem kein Ersatz aufgrund der Kaskoversicherung erfolgte (Selbstbehalt von 350 €).
Die Argumentation des Beschwerdeführers, mit der er eine volle Berücksichtigung der Reparaturkosten zu begründen versucht, überzeugt nicht. Eine Versicherung hat verschiedene Aufgaben. Sie bewertet Risiken, sammelt Prämien und leistet Zahlungen im Schadensfall. Darüber hinaus hilft sie, die finanziellen Risiken ihrer Versicherungsnehmer zu minimieren oder zu vermeiden und bietet ihnen finanzielle Sicherheit. Die Leistung von Zahlungen durch den Versicherer im Schadensfall ist dabei nicht davon abhängig, ob der Versicherte bereits mehrere Jahre Prämien einbezahlt hat oder der Schaden kurz nach Abschluss der Versicherung eintrat; in beiden Fällen wird der Schaden ersetzt. Für die steuerrechtliche Beurteilung kann es daher nicht darauf ankommen, ob der Abschluss einer Kaskoversicherung im Nachhinein betrachtet ein "Gewinn" oder "Verlustgeschäft" ist, je nachdem ob die in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Prämien die Leistungen des Versicherers im Schadensfall übersteigen oder nicht. Eine solche Betrachtungsweise würde zu unsachlichen Ergebnissen führen, wenn etwa bereits kurz nach Abschluss der Kaskoversicherung ein Schadensfall eintritt und der Versicherer Leistungen erbringt, die ein Vielfaches der einbezahlten Prämie betragen; in diesem Fall käme zum "Gewinn" aus der Versicherung noch der "Gewinn" aus der steuerlichen Absetzbarkeit des Reparaturaufwandes. Die Ansicht des Beschwerdeführers würde im Ergebnis dazu führen, dass grundsätzlich steuerlich nicht zu berücksichtigende Ausgaben für seine Kaskoversicherung im Schadensfall faktisch dann doch zu steuerliche Auswirkungen führen würden, wenn von der Versicherung getragene Aufwendungen zusätzlich als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten: ein Teil der geleisteten Versicherungsprämien würde durch diese Werbungskosten ersetzt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (z.B. mwN).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100461.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at