Bindung bei Festsetzung der Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben an den Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf2*** und ***Bf1***, vertreten durch ***Bf2***, ***1***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Beiträge u. Abgabe von land- u. forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2020 bis 2022, ***2***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
Mit Kaufvertrag vom erwarben die Beschwerdeführer (Bf), Frau ***3*** und Herr ***Bf1***, das Grundstück ***4***, idF Eröffnung der neuen ***8***.
In der Folge erließ das Finanzamt am einen Nachfeststellungsbescheid gemäß § 22 Abs. 1 BewG 1955, stellte den Einheitswert mit 150 € fest und rechnete den Forstwirtschaftlichen Betrieb (forstwirtschaftlich genutzte Flächen) je zur Hälfte ***5*** und ***6*** zu. Der Bescheid erging an ***5*** als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 Abs. 2 BAO.
Mit Grundsteuermessbescheid zum vom wurde die Nachveranlagung gemäß § 22 GrStG 1955 vorgenommen.
Diese Bescheide blieben unbekämpft und erwuchsen in Rechtskraft.
Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom setzte das Finanzamt von dem unter dem Einheitswert-Aktenzeichen ***7*** erfassten Grundbesitz Abgabe und Beiträge von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2020 bis 2022 in folgender Höhe fest:
Das Finanzamt begründete, die Änderung der Vorschreibung sei infolge der Neufestsetzung des Hebesatzes bzw. des Grundsteuermessbetrages erforderlich gewesen. Der jeweilige Abgabenbetrag ergebe sich aus der Multiplikation des Grundsteuermessbetrages mit dem jeweiligen Hebesatz.
Am brachte ***Bf2*** dagegen Beschwerde ein.
Die Beschwerdeführerin (Bf) brachte im Wesentlichen vor, dass sie in den Jahren 2019 und 2020 keine Land- und Forstwirtschaft auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft betrieben hätte, auch zukünftig keine betreiben werde und auch Dritten keine Bewirtschaftung gestatten werde. Die Liegenschaft diene ausschließlich der persönlichen Erholung und solle unberührt bleiben. Eingegriffen werde lediglich wenn es unbedingt notwendig sei. Des Weiteren sei diese Fläche mit 0,9 ha für eine sinnvolle Bewirtschaftung zu klein. Es werde daher beantragt die Abgabe nach der tatsächlichen Nutzung zu berechnen und für den Zeitpunkt ab der Besitzübertragung vorzuschreiben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führt dazu aus, dass gemäß § 252 Abs. 1 BAO ein Bescheid, welchem Entscheidungen zugrunde liegen würden, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden seien, nicht mit der Begründung angefochten werden könnten, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien. Einwendungen gegen die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen könnten nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Würden Einwendungen dieser Art im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so sei die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (; , 2000/15/0001; , 2002/14/0005; , 2004/13/0069).
Informativ wurde vom Finanzamt darauf hingewiesen, dass auf Grund des Erwerbsvorganges mit Kaufvertrag vom des Waldgrundstückes ***9*** gem. § 22 Abs. 1 BewG eine Nachfeststellung zum Nachfeststellungszeitpunkt gem. § 22 Abs. 2 BewG erforderlich gewesen sei.
Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht und eingewandt, es sei seinerzeit ein Liebhaberpreis für die Liegenschaft bezahlt worden, obzwar klar gewesen sei, dass der wahre Wert der Liegenschaft deutlich niedriger liege, zumal der Bestand vom Borkenkäfer bereits sehr stark reduziert gewesen sei und die Fläche bereits eine große Brachfläche aufgewiesen habe. Mit dem höheren Kaufpreis hätte verhindert werden sollen, dass sich doch ein Forstwirt für den Ankauf der Liegenschaft interessieren und eine Mono-Plantage anlegen könnte. Tatsächlich werde die Liegenschaft - wie vorgesehen - ausschließlich als Erweiterung des Gartens genutzt und um der Natur ein dringend benötigtes, ungestörtes Rückzugsgebiet zu ermöglichen. Gerade forstwirtschaftliche Geräte sollten nie wieder diese Fläche befahren dürfen. Sie selbst wären nicht einmal in der Lage, Bäume zu schlägern und zu verwerten, was auch definitiv nicht gewollt oder geplant sei. Auch wäre dies bei dieser Fläche ohnehin nicht wirtschaftlich durchführbar, gebe es gar keine rechtlich abgesicherte Zufahrtsmöglichkeit etc. Nunmehr würden, basierend auf dem ihres Erachtens zu hoch angesetzten Einheitswert, Beiträge zur Unfallversicherung in der Höhe von € 210,72/Jahr (aktuelle Vorschreibung 2023) vorgeschrieben. Der festgesetzte Einheitswert sei ihres Wissens die absolute Untergrenze; darunter bestehe keine Versicherungspflicht. Der festgesetzte Einheitswert und der darauf basierende Beitrag zur Unfallversicherung sei aus den genannten Gründen unverhältnismäßig hoch für so eine kleine Fläche und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass aufgrund der tatsächlichen Nutzungsart niemals auch nur einen Cent aus dieser Fläche lukriert würde.
Der Vorlageantrag wurde maschinell geschrieben und unterschrieben. Die Fertigung lautet "***10***". Am hat das h.o. Gericht einen Beschluss über den Auftrag zur Mängelbehebung erlassen, wonach die Unterschriften mit Schreiben vom (Postaufgabe) nachgeholt wurden. Die Beschwerde ist daher zu behandeln.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt stellt sich wie unter I. ausgeführt dar.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Für das Bundesfinanzgericht haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundefinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 195 Bundesabgabenordnung (BAO) werden die Steuermessbeträge und die anderen Feststellungen, die in den Messbescheiden enthalten sind (§ 194 Abs. 3), den Abgabenbescheiden zugrunde gelegt, auch wenn die Messbescheide noch nicht rechtskräftig geworden sind.
Gemäß § 252 BAO kann, wenn einem Bescheid Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind (Abs. 1). Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß (Abs. 2). Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unrichtig sind (Abs. 3).
Gemäß § 295 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist (Abs. 1). Ist ein Bescheid von einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, so gilt Abs. 1 sinngemäß (Abs. 2).
Gemäß § 298 BAO ist ein Abgabenbescheid, in dem der Abgabenbetrag auf Grund eines Steuermessbetrages unter Anwendung eines Hundertsatzes (Hebesatzes) berechnet wurde, im Falle einer nachträglichen Änderung des Hebesatzes von Amts wegen durch einen neuen Abgabenbescheid zu ersetzen.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall:
Mit Einheitswertbescheid vom wurde zum eine Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG 1955 durchgeführt, der Einheitswert für den Forstwirtschaftlichen Betrieb mit 150 Euro festgestellt und ***Bf2*** sowie ***6*** je zur Hälfte zugerechnet.
Mit Grundsteuermessbescheid vom wurde dementsprechend zum eine Nachveranlagung gemäß § 22 GrStG 1955 durchgeführt und der Grundsteuermessbetrag mit 0,24 Euro festgesetzt. Der Grundsteuermessbescheid war auf Grund der (Nach-)feststellung des Einheitswertes zu erlassen.
Am wurden die Bescheide über die Beiträge und die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2020 bis 2022 erlassen und ein Jahresbetrag von 2,46 Euro, insgesamt somit 4,92 Euro erlassen.
Der zum Feststellungszeitpunkt mittels Bescheid festgestellte Grundsteuermessbetrag ist ein Bescheid nach § 295 BAO. Der festgesetzte Grundsteuermessbetrag von 0,24 Euro ist die Grundlage zur Berechnung der Beiträge und Abgabe von land-undforstwirtschaftlichen Betrieben für den unter ***11*** erfassten Grundbesitz.
Das Bundesgesetz vom über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben(BGBl. Nr. 166/1960) lautete in der maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:
"§ 1. Gegenstand der Abgabe
Gegenstand der Abgabe sind
1. die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Grundsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 149, und
2. die Grundstücke im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 2 des Grundsteuergesetzes 1955, soweit es sich um unbebaute Grundstücke handelt, die nachhaltig land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.
§ 2. Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage für die Abgabe ist
a) hinsichtlich der im § 1 Z 1 angeführten Betriebe der für Zwecke der Grundsteuer festgesetzte Meßbetrag und …….
§ 3. Festsetzung des Jahresbetrages
Die Abgabe beträgt …. ab 600 v.H. der Bemessungsgrundlage nach § 2. Der Jahresbetrag der Abgabe ist mit Bescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermessbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Bescheid zu erlassen ist.
§ 4. Abgabenschuldner
Abgabenschuldner ist derjenige, der für den im § 1 bezeichneten Abgabegegenstand gemäß § 9 des Grundsteuergesetztes 1955 Schuldner der Grundsteuer ist. Für Grundbesitz, den der Abgabeschuldner nicht selbst bewirtschaftet, kann der Abgabeschuldner von demjenigen, der den Grundbesitz bewirtschaftet, die Rückerstattung der Abgabe verlangen."
Gemäß § 44 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Beitrag von land-undforstwirtschaftlichen Betrieben u.a. (lit. a) von allen land-undforstwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 des Grundsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 149, im Ausmaß von 125 vH der Beitragsgrundlage zu entrichten.
Gemäß § 22 Abs. 2 lit. b Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 559/1978, sind die Mittel der Unfallversicherung u.a. durch einen Zuschlag gemäß § 30 Abs. 3 bis 5 aufzubringen. Der Beitrag zur Unfallversicherung ist gemäß § 30 Abs. 3 Z 1 Bauern-Sozialversicherungsgesetz für alle land(forst)wirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 des Grundsteuergesetzes 1955, in einem Hundertsatz der Beitragsgrundlage zu entrichten. Beitragsgrundlage hinsichtlich der in Z. 1 angeführten Betriebe ist der für Zwecke der Grundsteuer ermittelte Messbetrag. Den Zuschlag gemäß Abs. 3 hebt das örtlich zuständige Finanzamt ein. Für die Veranlagung, Festsetzung und Einhebung gelten die abgabenrechtlichen Bestimmungen. Die Beiträge sind vom Grundstückseigentümer zu entrichten (Abs. 4).
Bemessungsgrundlage für die Bescheide hinsichtlich Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist daher der laut Grundsteuermessbetragsbescheid festgesetzte Steuermessbetrag in Höhe von 0,24 Euro. Nach der Bestimmung des § 252 Abs. 2 BAO können aber die Bescheide über die Beiträge und Abgabe von land-undforstwirtschaftlichen Betriebenfür die Jahre 2020 - 2022 nicht mit der Begründung angefochten werden, dass der Einheitswert zu hoch angesetzt worden sei und in der Folge die Unfallversicherung unverhältnismäßig hoch sei für so eine kleine Fläche.
Zurecht hat die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO hingewiesen (vgl. auch).
§ 252 Abs. 1 bis 3 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB ; ; ; und hinsichtlich des Beitrages von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe sowie hinsichtlich der Unfallversicherung bei der Sozialversicherung der Bauern in ).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall unzulässig, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und eine diesbezügliche Rechtsprechung vorhanden ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 298 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 195 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103863.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at