Aufteilung des Familienbonus Plus
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum noch mit ***KM*** verheiratet. Seine Ehefrau bezog für das gemeinsame, am x.2015 geborene Kind ***K*** Familienbeihilfe. Im Jahr 2021 war die Familie laut Eintragungen im Zentralen Melderegister noch an der Wohnadresse des Beschwerdeführers wohnhaft.
Der Beschwerdeführer war im Jahr 2021 bei der Firma ***H*** GmbH vollzeitbeschäftigt und hatte gegenüber seinem Arbeitgeber die Inanspruchnahme des ganzen Familienbonus Plus geltend gemacht (§ 129 EStG 1988), den dieser im Zuge der laufenden Lohnverrechnung in voller Höhe für alle zwölf Kalendermonate des Jahres 2021 berücksichtigte.
Die Kindesmutter war im Jahr 2021 beim ***L*** teilzeitbeschäftigt und machte gegenüber ihrem Arbeitgeber den Familienbonus Plus nicht geltend, sondern beantragte diesen - ebenfalls in voller Höhe - erst im Zuge der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021, die am beim Finanzamt einlangte.
Im Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurde bei der Kindesmutter der Familienbonus Plus mit 1.122,26 € berücksichtigt, da die Steuer vor Abzug der Absetzbeträge nur in dieser Höhe festgesetzt wurde (§ 33 Abs. 2 Z 1 EStG 1988).
Der Beschwerdeführer wurde vom Finanzamt am aufgefordert, bis eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 einzureichen, da sein Arbeitgeber den Familienbonus Plus steuermindernd berücksichtigt habe und zu prüfen sei, ob dieser zu Recht gewährt wurde.
Da der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nicht nachkam, erging am der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, in dem der Familienbonus Plus nicht mehr berücksichtigt wurde. Aus dem Bescheid ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 1.499 €. Die Differenz von 1 € auf den vom Arbeitgeber berücksichtigten Familienbonus Plus von 1.500 € ist auf eine Rundungsdifferenz (§ 39 Abs. 3 EStG 1988) zurückzuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , die damit begründet wurde, dass der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt worden sei.
Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass der Familienbonus Plus bereits zur Gänze bei der Frau des Beschwerdeführers berücksichtigt worden sei. Ein nochmaliger Abzug sei daher nicht möglich.
Im Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Frau und er in Scheidung leben würden. Es sei eine einvernehmliche Scheidung geplant gewesen und festgelegt worden, dass nur er den Familienbonus Plus beantrage und vollständig erhalten solle. Erst durch den Bescheid habe er erfahren, dass seine "zukünftige Exfrau" den Familienbonus Plus ebenfalls beantragt und anscheinend ja auch schon erhalten habe. Den gesamten Unterhalt für seine Tochter ***K*** habe er bezahlt, sowohl Essen als auch Kleidung und auch die Miete für die Familienwohnung. Das "Kindergeld" (gemeint offenkundig: die Familienbeihilfe) habe seine Frau immer für sich verwendet, er habe nicht einmal die Höhe dieser Unterstützung vom Staat gekannt. Nachdem er alles für seine Tochter bezahlt habe, stehe ihm allein der Familienbonus Plus zu.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen sowie den Eintragungen im Abgabeninformationssystem, der Beihilfendatenbank und dem Zentralen Melderegister.
2. Rechtliche Beurteilung
Der mit dem Jahressteuergesetz 2018, BGBl I 62/2018, eingeführte Abs. 3a des § 33 EStG 1988 normiert idF BGBl I 96/2020 auszugsweise:
Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
2. […]
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) […]
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.
Der Familienbonus Plus steht somit für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird, wobei nicht darauf abgestellt wird, dass die Familienbeihilfe dem Steuerpflichtigen, sondern "für das Kind" gewährt wird. Das war gegenständlich der Fall. Für das Kind ***K*** wurde der damaligen Ehefrau des Beschwerdeführers im Jahr 2021 durchgehend Familienbeihilfe gewährt.
Anspruch auf Gewährung des Familienbonus Plus hatten im vorliegenden Fall im Jahr 2021 die familienbeihilfenberechtigte Kindesmutter und der Beschwerdeführer. Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Familienbonus Plus je Kind zur Gänze von einem anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen oder je zur Hälfte von zwei anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen beantragt werden. Die Aufteilung erfolgt entsprechend der Antragstellung in der Veranlagung. Dies gilt auch, wenn bereits eine Berücksichtigung im Rahmen der Lohnverrechnung erfolgte. Im Rahmen der Veranlagung kann das Wahlrecht über die Aufteilung erneut ausgeübt werden. Die Möglichkeiten der Aufteilung bestehen für jedes Kind gesondert und stellen sich wie folgt dar:
Steht für das Kind kein Unterhaltsabsetzbetrag zu, kann der Familienbeihilfenberechtigte oder dessen (Ehe)Partner den vollen Absetzbetrag beantragen; alternativ kann der Absetzbetrag von beiden je zur Hälfte beantragt werden.
Das Gesetz sieht für keinen der Anspruchsberechtigten eine Priorität vor. Der Familienbeihilfenberechtigte und dessen (Ehe)Partner sind hinsichtlich der Antragstellung gleichberechtigt. Sind mehrere Personen anspruchsberechtigt, sollten sich diese daher bei der Beantragung des Familienbonus Plus untereinander abstimmen. Dies kann bei getrennt oder in Scheidung lebenden Eltern de facto schwierig sein. Wird der Absetzbetrag in einer Höhe beantragt, die den Höchstbetrag des Familienbonus Plus für ein Kind insgesamt überschreitet (zwei Anspruchsberechtigte beantragen für ein Kind beispielsweise jeweils den gesamten Absetzbetrag), so ist ex lege jeweils die Hälfte des Absetzbetrages zu berücksichtigen. Die Beantragung in einer den Gesamtbetrag überschreitenden Höhe wird nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Jahressteuergesetz 2018 (190 der Beilagen XXVI. GP) in Bezug auf einen bereits an einen Anspruchsberechtigten ergangenen Bescheid als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO behandelt (ebenso zum Antrag eines Unterhaltsverpflichteten nach Ergehen des Bescheides an den Familienbeihilfenberechtigten).
Beispiel (aus Jakom, EStG14, § 33 Tz 40): A (Ehepartner der familienbeihilfenberechtigten Person) beantragt in seiner Veranlagung für das gemeinsame Kind den gesamten Familienbonus Plus und wird erklärungsgemäß veranlagt. B (familienbeihilfenberechtigt) beantragt zeitlich nachgelagert in der Veranlagung den halben Familienbonus Plus oder alternativ ebenfalls den gesamten Familienbonus Plus. Mit dem Antrag von B wird das Höchstausmaß des Familienbonus Plus in beiden Fällen überschritten. Dies ist als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO anzusehen und führt zur amtswegigen Abänderung des Bescheides von A und Zuerkennung des halben Familienbonus Plus an A. Bei B wird ebenfalls der halbe Familienbonus Plus berücksichtigt.
Für den beschwerdegegenständlichen Fall bedeutet dies:
Die familienbeihilfenberechtigte Kindesmutter hat im Rahmen ihrer Veranlagung für das Jahr 2021 den vollen Familienbonus Plus beantragt und im rechtkräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid vom auch im zulässigen Höchstausmaß erhalten. Der Beschwerdeführer hat den vollen Familienbonus Plus gegenüber seinem Arbeitgeber geltend gemacht. In einem solchen Fall kommt es im Wege der Veranlagung zu einer Korrektur und zu einer zwingenden Hälfteaufteilung (Kufner/Ruhdorfer, Familienbonus Plus - Antworten auf häufige Fragen, RdW 2018/348, Punkt 7.5). Der Gesetzgeber hat in § 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 normiert, dass der Familienbonus Plus "in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen" zu berücksichtigen ist. Der Beschwerdeführer hat zwar trotz Aufforderung durch das Finanzamt keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 abgegeben, aber im gegenständlichen Beschwerdeverfahren den Antrag gestellt, dass der Familienbonus Plus in seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 2021 - diese ist gerade Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens - berücksichtigt wird. Das genügt für einen wirksamen Antrag im Sinne des § 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988, der das Antragsrecht nicht etwa auf eine entsprechende Beantragung ausschließlich in der Abgabenerklärung (z.B. Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung) beschränkt, sondern ausdrücklich normiert, dass "in der Veranlagung" - somit auch in einem aufgrund einer Beschwerde noch offenen Veranlagungsverfahren - ein entsprechender Antrag (etwa als Antrag iSd § 250 Abs. 1 lit. c BAO oder auch als Antrag iSd § 270 BAO) gestellt werden kann. Es liegen daher gegenständlich zwei Anträge auf Gewährung des vollen Familienbonus Plus vor: je ein Antrag der Kindesmutter und des Beschwerdeführers. Mit dem zeitlich nachgelagerten Antrag des Beschwerdeführers wird das Höchstausmaß des Familienbonus Plus überschritten. Dies ist als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO anzusehen. Beiden Anspruchsberechtigten steht in einem solchen Fall nach der Anordnung des Gesetzgebers der Familienbonus Plus je zur Hälfte zu. Dem Beschwerdeführer wird der halbe Familienbonus Plus im Zuge des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens zuerkannt, der an die Kindesmutter ergangene Einkommensteuerbescheid 2021 ist gemäß § 295a BAO von Amts wegen dahin abzuändern, dass nur mehr der halbe Familienbonus Plus berücksichtigt wird.
3. Revisionsbegründung
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt gegenständlich im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 und die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2023/13/0017, nicht vor, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100476.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at