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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2024, RV/7101215/2019

Vermietung von Wohnraum als steuerlich beachtliche Einkunftsquelle - keine Liebhaberei aufgrund positiver Prognoserechnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch CJH Steuerberatungs GmbH, Papagenogasse 1A Tür 6A, 1060 Wien, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend

- Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2015 (Bescheide vom ) und

- Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2017 (vorläufige Bescheide vom ),

zu Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die Bescheide werden abgeändert und endgültig erklärt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erklärte in den Jahren 2011 bis 2022 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zweier Wohnungen (Top 1 und 2) in ***Adresse***.

Nach Durchführung einer Nachschau betreffend die Jahre 2011 - 2014 versagte das Finanzamt die Anerkennung als steuerliche Einkunftsquelle und beurteilte die Vermietung als Liebhaberei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Tätigkeit aufgrund der vorgelegten Prognoserechnung - unter Berücksichtigung der 15tel Abschreibung für Instandsetzungsaufwendungen - nicht geeignet sei, in absehbarem Zeitraum einen Gesamtüberschuss zu erwirtschaften.

In den beschwerdeanhängigen Jahren 2015 und 2017 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv 0,00 € festgestellt und die damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuern nicht anerkannt (Bescheide vom und ). Die Bescheide 2017 wurden gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen.

Dagegen richteten sich die jeweils fristgerecht eingebrachten Beschwerden. Der Bf. führte ua. aus, dass nach Überprüfung des Sachverhaltes in den Jahren 2011 bis 2015 Finanzierungs-zinsen zu korrigieren seien. Ein Mieter habe die Mietzahlungen eingestellt und die Wohnung devastiert, dies sei unter "force majeur" zu würdigen. Weiters wurde ausgeführt, dass entsprechend der Liebhabereirichtlinien die Abschreibung gemäß § 28 Abs. 3 EStG nunmehr auf die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt worden sei. Die neue Prognoserechnung zeige einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bereits im 16. Jahr auf. Die Vermietung sei daher als steuerliche Einkunftsquelle anzuerkennen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom änderte das Finanzamt die Bescheide betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2015 insofern ab, als sie nunmehr vorläufig gemäß § 200 Abs. 1 BAO erlassen wurden.

Die Beschwerde gegen die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 2017 wurde mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte dazu aus, dass sich der Gesamtverlust laut Liebhabereiüberprüfung bis einschließlich 2017 auf einen Betrag iHv -53.010,99 € belaufe.

Mit Schreiben vom bzw. beantragte der Bf. fristgerecht die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Dem Bundesfinanzgericht wurden die Akten am bzw. vorgelegt, wobei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung der Fall am zur Bearbeitung zugewiesen wurde.

Nach Durchsicht des Aktes forderte die Richterin den Bf. mit Beschluss vom zur Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere zur Erstellung einer realitätsnahen Prognoserechnung unter Berücksichtigung der tatsächlichen bisher erklärten Ergebnisse, Mietausfallswagnis, Leerstehung, laufende Instandhaltung und zukünftige Instandsetzung auf.

Nach diversen Fristverlängerungen übermittelte der Bf. die angeforderten Unterlagen mit Mails vom , und . Die vorgelegten Dokumente wurden dem Finanzamt mit Beschluss vom weitergeleitet und es um Stellungnahme mit Fokus auf die Prognoserechnung ersucht. Mit Schreiben vom replizierte die Abgabenbehörde darauf und zog die Prognoserechnung weiterhin in Zweifel. Es seien für abgelaufene Zeiträume die tatsächlichen Verhältnisse und keine marktkonformen Mieten anzusetzen, Mietausfalls- und Leerstehungsrisiko zu berücksichtigen und prognostizierte Einnahmen und Werbungskosten einer Indexanpassung zu unterziehen. Dies sei in der übermittelten Prognoserechnung nicht erfolgt.

Die zuständige Richterin erstellte nunmehr zwei adaptierte Prognoserechnungen, wobei der ersten Berechnung fiktive marktkonforme Mieteinnahmen in allen Jahren entsprechend der VwGH-Judikatur zugrunde lagen. Die zweite Berechnung berücksichtigte die tatsächlichen Einnahmen der Jahre 2011-2022. Diese Prognosen wurden den Parteien mit Beschluss vom zur Kenntnis gebracht und um allfällige Stellungnahme ersucht.

Mit Schreiben vom nahm das Finanzamt von einer weiteren Stellungnahme Abstand. Auch der Bf. verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom hat der Bf. einen ½-Anteil der Liegenschaft ***Adresse*** (EZ ******, Grundbuch ******) erworben. Das sich darauf befindliche Gebäude wurde 1896 errichtet, verfügt über eine Nutzfläche von ~ 500m² und gliedert sich in vier Geschoße: Souterrain, Hochparterre, 1. Obergeschoß und Dachboden. Bis zum Jahr 2011 war der Bf. Hauptmieter der Wohnung im Hochparterre. Die Liegenschaft liegt in der Villengegend von ***Stadt***, in unmittelbarer Nähe zum Naherholungsgebiet ******. Das Zentrum ***Stadt*** ist fußläufig erreichbar.

Mit Vertrag vom hat der Bf. - in Hinblick auf den bevorstehenden Kauf des ½- Anteils - eine Benützungsvereinbarung und Vereinbarung über die Begründung von Wohnungseigentum mit dem damaligen anderen Hälfteeigentümer ***A*** abgeschlossen. Darin wird dem Bf. das alleinige Nutzungs-, Verwertungs- und Verfügungsrecht an der Wohnung im Hochparterre sowie an Keller- und Souterrainflächen eingeräumt. Auf die bisherigen Mietrechte an der Wohnung im Hochparterre hat der Bf. rückwirkend mit verzichtet. Das Nutzungs-, Verwertungs- und Verfügungsrecht an der Wohnung im 1. Obergeschoß und am Rohdachboden wird alleinig dem anderen Hälfteeigentümer ***A*** eingeräumt.

In weiterer Folge wurden durch den Bf. Umbau- und Sanierungsarbeiten im Souterrain zur Errichtung zweier Wohnungen in Auftrag gegeben. Die Wohnung Top 1 umfasst 44,89m² und beinhaltet einen Vorraum, ein Bad inklusive WC, eine Küche und ein Wohn-Schlafzimmer. Das Objekt Top 2 ist 43,10 m² groß und besteht ebenfalls aus einem Vorraum, einem Bad inklusive WC, einer Küche und einem Wohn- und Schlafzimmer. Die Umbau- und Sanierungsarbeiten wurden im Februar 2014 abgeschlossen.

Die Wohnung im Hochparterre wird vom Bf. selbst bewohnt. Die Wohnungen Top 1 und 2 werden seit März 2014 jeweils befristet auf fünf Jahre vermietet, wobei die Mietverträge dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen. Die Vermietung ist auf Dauer angelegt.

Betreffend die Wohnung Top 2 stellte der damalige Mieter ab August 2014 seine Mietzahlungen ein und brachte im November 2014 Klage gegen den Bf. auf rückwirkende Auflösung des Mietvertrages ein. Nach Angaben des Mieters habe es erhebliche Beeinträchtigungen in der Benutzung des Mietobjekts sowie Schimmelbildung gegeben. Im Jahr 2014 machte der Bf. erhöhten Instandhaltungsaufwand iHv ~ 9.000,- € in seiner Steuererklärung geltend. Mit Erkenntnis vom wurde das Klagebegehren des Mieters abgewiesen und dem Bf. ein Ersatz der Verfahrenskosten zugesprochen. Mit Mietvertrag vom Februar 2016 wurde die Wohnung Top 2 neu vermietet.

Der Ankauf des ½-Anteils sowie die Umbaukosten wurden durch den Bf. fremdfinanziert, wobei der Bf. zwei Investitionskredite - getrennt nach Privatnutzung und Vermietung anhand eines m²-Schlüssels - aufgenommen hat.

In den Jahren 2011 bis 2022 erklärte der Bf. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wobei den Einnahmen Werbungskosten in folgender Höhe gegenüberstanden:

Entsprechend der Umsatzsteuererklärungen machte der Bf. 2011 bis 2022 Vorsteuern geltend:

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens beim Finanzamt legte der Bf. am eine Prognoserechnung vor, die einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 16. Jahr zeigte. Die Prognoserechnung berücksichtigte für die Jahre 2011 bis 2016 die tatsächlichen Einnahmen und Aufwendungen, ab dem Jahr 2017 wurden indexierte fiktive Mieterträge iHv ~10,50 €/m² für die beiden Wohnungen angesetzt. Ausgabenseitig wurde die laufende Abschreibung für Abnutzung, Zinsaufwand und sonstige Werbungskosten (mit Indexierung) geltend gemacht. Der erklärte Instandsetzungsaufwand gemäß § 28 Abs. 3 EStG wurde entsprechend der VwGH-Judikatur auf die Gebäude-Abschreibung umgelegt. Nicht berücksichtigt wurden Kosten für Leerstehung und Mietausfall, laufende Instandhaltung und zukünftige Reparatur- und Instandhaltung.

Das Finanzamt überprüfte die Prognose anhand der eingereichten Beschwerdebeilagen und Steuererklärungen und schätzte die Einkünfte der Jahre 2017 bis 2033 anhand der Angaben des Bf.. Dabei berücksichtigte die Behörde zusätzlich 4% Mietausfallsrisiko und laufende Instandsetzung iHv 15% der geschätzten Mieteinnahmen der Jahre 2016-2033. Laut der adaptierten Berechnung hätte die Vermietung einen Gesamtverlust im 20. Jahr, jedoch einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 23. Jahr erzielt. Diese Kontrollberechnung diente als Grundlage für die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2015 vom .

Nach Aufforderung der zuständigen Richterin mit Beschluss vom legte der Bf. schließlich am eine neue, realitätsnahe Prognoserechnung vor, die einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 15. Jahr aufzeigte. Der Bf. setzte hierbei ab Beginn der Vermietung im Jahr 2014 fiktive marktkonforme Mieteinnahmen an. Ansonsten wurden die tatsächlichen Aufwendungen aus den Steuererklärungen bis zum Jahr 2022 übernommen. Der erklärte Instandsetzungsaufwand gemäß § 28 Abs. 3 EStG wurde entsprechend der VwGH-Judikatur auf die Gebäude-Abschreibung umgelegt. Nicht berücksichtigt wurden weiterhin Leerstands- und Mietausfallswagnis sowie zukünftige Instandhaltung/setzung. Es erfolgte auch keine Indexierung der geschätzten Werbungskosten.

Zur Überprüfung der Liebhabereibeurteilung der Wohneinheiten erstellte die Richterin am zwei eigene adaptierte Prognoserechnungen anhand der ausschlaggebenden VwGH-Judikatur (vgl. ; , 2010/15/0106; , 2009/15/0192; , 2010/15/0167).

Die erste Prognoserechnung beinhaltet fiktive marktkonforme Mieteinnahmen ab Beginn der Vermietung und ergibt entsprechend der Adaptierungen nachfolgendes Bild:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Einnahmen (fiktive Mieterträge)
Ausgaben lt Erklärungen
Ausgaben prognostiziert
Ergebnis (prognostiziert)
2011
-4.855,32
-4.855,32
2012
-11.021,70
-11.021,70
2013
-8.790,76
-8.790,76
2014
11.108,16
-23.496,37
-12.388,21
2015
11.330,32
-12.754,12
-1.423,80
2016
11.556,93
-10.427,10
1.129,83
2017
11.788,07
-7.164,53
4.623,54
2018
12.023,83
-6.230,70
5.793,13
2019
12.264,31
-7.963,17
4.301,13
2020
12.509,59
-6.220,01
6.289,58
2021
12.759,78
-9.852,96
2.906,82
2022
13.014,98
-6.274,22
6.740,76
2023
11.753,28
-8.221,44
3.531,84
2024
11.988,35
-8.200,95
3.787,40
2025
12.228,11
-8.182,05
4.046,06
2026
12.472,67
-8.164,77
4.307,90
2027
12.722,13
-8.149,15
4.572,98
2028
12.976,57
-8.135,22
4.841,36
2029
13.236,10
-8.123,00
5.113,10
2030
13.500,82
-8.112,54
5.388,28
2031
13.770,84
-8.103,88
5.666,96
2032
14.046,26
-8.097,04
5.949,22
2033
14.327,18
-8.092,06
6.235,12

Nach dieser Prognoserechnung hätte die Vermietung der Wohnungen bereits im 14. Jahr des maximal 23-jährigen Beobachtungszeitraumes einen Gesamtüberschuss erzielt.

Die zweite Prognoserechnung beinhaltet die tatsächlichen Mieteinnahmen ab Beginn der Vermietung bis 2022 und ergibt entsprechend der Adaptierungen nachfolgendes Bild:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Einnahmen (fiktive Mieterträge ab 2023)
Ausgaben lt Erklärungen
Ausgaben prognostiziert
Ergebnis (prognostiziert)
2011
-4.855,32
-4.855,32
2012
-11.021,70
-11.021,70
2013
-8.790,76
-8.790,76
2014
7.018,27
-23.496,37
-16.478,10
2015
5.200,00
-12.754,12
-7.554,12
2016
9.056,32
-10.427,10
-1.370,78
2017
9.754,49
-7.164,53
2.589,96
2018
10.536,31
-6.230,70
4.305,61
2019
8.481,77
-7.963,17
518,60
2020
10.254,48
-6.220,01
4.034,47
2021
9.818,13
-9.852,96
-34,83
2022
11.163,58
-6.274,22
4.889,36
2023
11.753,28
-8.221,44
3.531,84
2024
11.988,35
-8.200,95
3.787,40
2025
12.228,11
-8.182,05
4.046,06
2026
12.472,67
-8.164,77
4.307,90
2027
12.722,13
-8.149,15
4.572,98
2028
12.976,57
-8.135,22
4.841,36
2029
13.236,10
-8.123,00
5.113,10
2030
13.500,82
-8.112,54
5.388,28
2031
13.770,84
-8.103,88
5.666,96
2032
14.046,26
-8.097,04
5.949,22
2033
14.327,18
-8.092,06
6.235,12

Nach dieser Prognoserechnung hätte die Vermietung der Wohnungen im 20. Jahr des maximal 23-jährigen Beobachtungszeitraumes einen Gesamtüberschuss erzielt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den beigebrachten Unterlagen und Stellungnahmen.

Sowohl der Kaufvertrag des ½-Anteils als auch die Benützungsvereinbarung mit dem Hälfteeigentümer ***A*** wurden eingesehen. Daraus ist das alleinige Nutzungs-, Verwertungs- und Verfügungsrecht an der Wohnung im Hochparterre sowie an Keller- und Souterrainflächen der Liegenschaft zugunsten des Bf. ablesbar. Unstrittig ist weiters, dass die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen der Souterrainflächen zu zwei Wohneinheiten (Top 1 und 2) erfolgt sind und die Wohnungen seit März 2014 vermietet werden. Die entsprechenden, jeweils auf fünf Jahre befristeten Mietverträge (bis aktuell) wurden vorgelegt und eingesehen. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Vermietung der Wohnungen seitens des Bf. nicht auf Dauer angelegt ist. Dies wird auch vom Finanzamt nicht in Abrede gestellt.

Die Mietschwierigkeiten mit dem Mieter betreffend Top 2 (Mietvertrag abgeschlossen am ) sind durch das Erkenntnis des Bezirksgerichts ***Stadt*** vom , GZ ******, belegt.

Diesem BG-Erkenntnis ist auch zu entnehmen, dass das Gebäude, in dem sich die vermieteten Wohnungen befinden, im Jahr 1896 errichtet wurde. Es gibt für das Gericht keinen Grund, den durch das Bezirksgericht festgestellten Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Zudem hat der Bf. durch die Vorlage von Plänen und Ansichten aus einem Verkehrswertgutachten zum Stichtag für das Wohnhaus in ***Adresse***, das Alter des Gebäudes nachgewiesen. Aufgrund des Errichtungsjahres des Gebäudes und der Größe der Wohnungen unterliegen die Mietverträge daher dem Mietrechtsgesetz.

Der Fremdfinanzierungsaufwand wurde anhand der Kreditverträge und Tilgungspläne nachgewiesen. Die Aufteilung der Kosten anhand eines m²-Schlüssels der Nutzfläche ist nachvollziehbar und wurde auch seitens des Finanzamtes nicht beanstandet. Die Nutzflächen sind aus den vorliegenden Plänen ablesbar. Das Gericht sieht keine Veranlassung von dieser Aufteilung abzugehen.

Die seitens des Bf. am übermittelte Prognoserechnung wurde überprüft und aufgrund des Fehlens wesentlicher Eckpunkte wie Mietausfallswagnis, Leerstehung sowie laufende und zukünftige Instandhaltung/setzung adaptiert.

Die adaptierte Prognoserechnung 1 beinhaltet nun die tatsächlichen Kosten laut Erklärungen für die Jahre 2011 bis 2022 sowie AfA, Zinsaufwand und sonstige Werbungskosten entsprechend der vom Bf. vorgelegten Prognose. Angesetzt werden auch Ausgaben für laufende Instandhaltung iHv 5% der Mieteinnahmen, künftige Reparatur- und Instandhaltungskosten iHv 15% der Mieteinnahmen sowie Mietausfallwagnis und Leerstehung. Leerstehung und Mietausfallswagnis werden pauschal mit 5% der Mieteinnahmen berechnet. Dies entspricht den in der Literatur für das Mietausfallswagnis angenommenen 3 - 5% des Jahresrohertrages bei Wohnobjekten (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7 (2017) 91).

Aufgrund der Indexierung der Mieteinnahmen werden daher automatisch auch die pauschal damit in Zusammenhang angesetzten Aufwendungen (Mietausfallwagnis, Leerstehung und laufende bzw. zukünftige Instandhaltung) regelmäßig erhöht. Die vom Bf. angesetzten 1/15tel für Instandsetzungsaufwand für die Wohnungen werden auf die laufende Abschreibung für Abnutzung umgerechnet.

Einnahmenseitig werden in der Prognoserechnung fiktive marktkonforme Mieten für beide Wohneinheiten (in Summe ca. 88m² Nutzfläche) angesetzt. Diese Werte basieren auf dem Immobilienpreisspiegel der WKO für den Bezirk ***Stadt*** für Mietwohnungen bis 60m² mit frei vereinbartem Mietzins in sehr guter Wohnlage. Aufgrund der Standorts des Hauses in der Villengegend ***Stadt***, nahe des Erholungsgebietes ****** und trotzdem fußläufig zum Zentrum der Stadt ***Stadt*** ist die Lage als sehr gut einzustufen. Für das Jahr 2014 wurde aufgrund des neuwertigen Zustandes der Wohnungen ein Mietzins iHv 11,20 €/m² Nutzfläche angesetzt. Im Jahr 2023 wurde - aufgrund der zwischenzeitlichen Verwohnung - ein brauchbarer Zustand der Wohnungen angenommen und ein Mietzins iHv 11,66 €/m² Nutzfläche angesetzt. Die Indexierung erfolgte für die Jahre pauschal mit 2%. Laut Rechtsprechung des VwGH ist für den Fall, dass preisrechtliche Zwangsvorschriften, im besonderen gesetzliche Zwangsregelungen über Obergrenzen des Mietzinses, der marktüblichen Preisbildung entgegenstehen, die objektive Ertragsmöglichkeit unter Ausblendung der gesetzlichen Mietzinsbeschränkung ausschlaggebend. Die Prognose ist daher ausgehend von der vom Vermieter tatsächlich ausgeübten Art der Vermietung unter Heranziehung fiktiver marktkonformer Mieten zu erstellen, soweit der Vermieter den durch preisrechtliche Zwangsvorschriften vorgegebenen Rahmen (im Wesentlichen) ausgeschöpft hat (; , 2004/14/0082). In diesem Sinne ist das Gericht den Vorgaben des VwGH gefolgt. Da das Finanzamt die angesetzten fiktiven Mietzinse pro m² nicht bemängelt hat, geht das Gericht davon aus, dass auch die Abgabenbehörde die Marktkonformität der Mieterträge anerkennt.

Die adaptierte Prognoserechnung 1 zeigt einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 14. Jahr auf und dient als Grundlage für die Beurteilung der Vermietung als Liebhaberei bzw. Einkunftsquelle.

Zur Untermauerung der objektiven Ertragsfähigkeit der zwei Wohnungen erstellte die Richterin eine Prognoserechnung 2. Ausgabenseitig darf auf obenstehende Ausführungen (zur adaptierten Prognoserechnung 1) verwiesen werden.

Einnahmenseitig werden in der Prognoserechnung diesmal die tatsächlichen Mieterträge für die Jahre 2011 bis 2022 angesetzt. Ab dem Jahr 2023 werden wiederum fiktive marktkonforme Mieten angesetzt. Es gelten auch hierfür die obigen Ausführungen.

Trotz Ansatz der tatsächlichen, geringeren Mieteinnahmen ist aus der adaptierten Prognoserechnung 2 ersichtlich, dass ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 20. Jahr des maximal 23-jährigen Beobachtungszeitraumes erzielt wird.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3.1.1 Einkommensteuer

Die Liebhabereiverordnung (LVO) 1993 (idF BGBl. II 1999/15) unterscheidet zwischen Betätigungen mit Einkunftsquellenvermutung (§ 1 Abs. 1 LVO; das sind solche, die durch die Absicht veranlasst sind, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und nicht unter Abs. 2 fallen) und Betätigungen mit Liebhabereivermutung (§ 1 Abs. 2 LVO).

Nach § 1 Abs. 2 Z 3 LVO ist Liebhaberei auch bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LVO ausgeschlossen sein.

§ 2 Abs. 4 LVO lautet:

Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird.Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

Dieser Zeitraum kommt dann zur Anwendung, wenn der Plan des Steuerpflichtigen dahin geht, die Vermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Ist hingegen die Vermietung von vornherein nur auf einen begrenzten Zeitraum gerichtet, so muss das positive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraumes erzielbar sein ().

Für den vorliegenden Fall ergibt sich folgendes:

Nach dem Akteninhalt, dem Beschwerdevorbringen bzw. der vom Bf. vorgelegten Prognoserechnung hätte die streitgegenständliche Vermietung innerhalb eines Zeitraumes von maximal 23 Jahren ab erstmaligem Anfallen von Aufwendungen, ja bereits im 16. Jahr einen Gesamtüberschuss ergeben, sodass die Liebhabereivermutung gemäß § 1 Abs. 2 LVO widerlegt wäre.

Das Finanzamt zweifelte die Realitätsnähe der übermittelten Prognoserechnung an, da wesentliche Eckpunkte wie Mietausfallswagnis, Leerstehung und zukünftige Instandhaltung fehlten. Im Zuge der Beschwerdevorentscheidung erstellte das Finanzamt eine Prognosekontrollrechnung und errechnete einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im 23. Jahr des 23-jährigen Beobachtungszeitraumes.

Zur Überprüfung der Liebhabereivermutung erstellte die Richterin am eine eigene adaptierte Prognoserechnung anhand der ausschlaggebenden VwGH-Judikatur (vgl. ; , 2010/15/0106; , 2009/15/0192; , 2010/15/0167). Zusätzlich wurde auch noch eine Kontrollberechnung (Prognoserechnung 2) anhand der tatsächlichen Einnahmen ausgeführt. Diese Überprüfung hat - wie oben dargelegt - jedenfalls einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (entweder im 14. bzw. im 20. Jahr) innerhalb des 23-jährigen Beobachtungszeitraumes ergeben. Nach Ansicht des Gerichts ist daher vomVorliegen einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle auszugehen.

Die in den Streitjahren aus der Vermietung erzielten Werbungskostenüberschüsse iHv - 12.321,30 € (2015) und - 2.177,22 € (2017) sind daher anzuerkennen und setzen sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015
2017
Einnahmen
5.200,00 €
9.754,49 €
Absetzung für Abnutzung
- 8.647,86 €
- 8.321,99 €
Fremdfinanzierungskosten
- 3.177,57 €
- 2.109,65 €
Instandhaltung/Instandsetzung
- 1.075,76 €
- 246,33 €
übrige Werbungskosten
- 4.620,11 €
- 1.253,74 €
Summe Einkünfte V+V
- 12.321,30 €
- 2.177,22 €

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.2 Umsatzsteuer

Nach § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 gilt nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei).

Gemäß § 6 LVO 1993 kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO 1993, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.

Ob bei der Vermietung von privat nutzbarem Wohnraum iSd § 1 Abs. 2 LVO 1993 ("kleine Vermietung") umsatzsteuerlich Liebhaberei anzunehmen ist oder nicht, ist nach den oben für den Bereich des Einkommensteuerrechts dargelegten Grundsätzen zu beurteilen (vgl. ). Die aus den unter Punkt 3.1.1 angeführten Gründen erfolgte ertragsteuerliche Beurteilung der Vermietungstätigkeit als steuerlich beachtliche Einkunftsquelle, gilt damit auch für Zwecke der Umsatzsteuer.

Der Beschwerde war daher auch in Bezug auf die Umsatzsteuer stattzugeben und die Vorsteuern iHv 908,12 € (2015) und 829,58 € (2017) anzuerkennen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam, zumal die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Frage, ob die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei anzusehen ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Es war daher die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at