Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages - Irrtum über Zustelldatum bei Zustellung mittels FinanzOnline
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Ilse Rauhofer, die Richterin Mag. Diana Sammer sowie die fachkundigen Laienrichter Alexander Kuba und Christian Gerzabek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***STB1*** ***STB1Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages zu ***ErfNr***, Steuernummer ***STNR*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Maria Anna Stojaspal zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Antrag auf Wiedereinsetzung
Am brachte die ***BF*** (deren Firmenwortlaut zunächst auf ***BF alt** und dann auf ***Bf1*** geändert wurde - ***FN1***, kurz Bf.) beim Finanzamt Österreich (kurz FA) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO betreffend die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom (Festsetzung der Grunderwerbsteuer gem. § 201 BAO zu ***ErfNr***, StNr. ***STNR***) ein, der auszugsweise wie Folgt begründet wurde:
"Sachverhalt
Mit Bescheid gem § 201 BAO über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer vom , wurde abweichend von der Selbstberechnung iHv 4.086,84 EUR die Grunderwerbsteuer von der Abgabenbehörde iHv 111.445,68 EUR festgesetzt. Folglich kam es zu einer Nachforderung iHv 107.358,84 EUR.
Der oa Bescheid (Beilage ./1) wurde der ***KOMPLEMÄNTERIN*, … (Komplementärin der ***X*** GmbH & Co ***xxx*** KG als Bescheidadressatin) - wie die steuerliche Vertretung allerdings erst im Nachhinein (dazu ausführlich unten) erfahren hat - mittels FinanzOnline am in deren Inbox auf elektronischem Wege zugestellt.
Die ***KOMPLEMÄNTERIN* wird von der Kanzlei ***STB2*** Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die Bescheidadressatin von der ***STB1*** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft steuerlich vertreten (allgemeine Steuervollmacht - siehe Beilage./2), wiewohl unter dieser Steuernummer für Sonderzuständigkeiten keine Vollmacht im FinanzOnline hinterlegt war.
Wie dem beiliegenden Bescheid zu entnehmen ist, wurde dieser mit einem Eingangsstempel der ***X*** GmbH (als Vertreter der ***X*** - Gruppe) und dem Kürzel "***ABC***" (kurz für ***GF***, den verantwortlichen Geschäftsführer) und dem "Eingangsdatum: " versehen. Dieser Stempel wurde von der Mitarbeiterin von Herrn ***GF***, Frau ***ASSISTENTIN***, angebracht und ins Posteingangsfach von Herrn ***GF*** gelegt.
Wie im Nachhinein eruiert werden konnte, wurde der Bescheid nicht postalisch zugestellt, sondern vom Buchhalter der ***X*** - Gruppe, Herrn ***BUCHHALTER***, nachdem er mittels E-Mail über FinanzOnline informiert wurde - am , um 11:44 Uhr, aus dem Posteingangsfach des FinanzOnline der ***KOMPLEMÄNTERIN* (dh der Komplementärin der Bescheidadressatin) heruntergeladen (siehe Beilage ./3) und in den Posteingang von Frau ***ASSISTENTIN*** gelegt. Diese versah den Bescheid mit dem - wie sich im Nachhinein herausstellte und für Frau ***ASSISTENTIN*** auch nicht ohne weiteres erkennbar war - falschen Eingangsdatum .
Der generelle Ablauf ist derart festgelegt, dass jedes Poststück durch eine der drei Assistentinnen mit einem Poststempel unter Angabe des Tages der Entgegenahme sowie mit dem zuständigen Mitarbeiter-Kürzel versehen wird. Zusätzlich wird im Anschluss ein eingescanntes Exemplar angefertigt und im elektronischen Archiv abgelegt.
Dieser Bescheid wurde am mittels beiliegendem Mail (Beilage./4) von Frau ***ASSISTENTIN*** der steuerlichen Vertretung der Bescheidadressatin zugestellt, welche am die Vollmacht auch unter der besagten Steuernummer (neben der bereits seit dem Jahr 2021 bestehenden Vollmacht unter der Steuernummer ***BF1StNr1***) im FinanzOnline setzte.
Bis dahin war weder der steuerlichen Vertretung der Antragstellerin noch jener der ***X*** ***.*** GmbH bekannt, dass eine entsprechende Steuernummer vergeben wurde, da der gesamte den Sachverhalt betreffende Rechtsakt von der Rechtsanwaltskanzlei ***RA*** geführt und auch die Selbstberechnung durch diese Kanzlei durchgeführt wurde. Ferner war der steuerlichen Vertretung der Antragstellerin auch nicht bekannt, dass die ***KOMPLEMÄNTERIN* (eingetragener steuerlicher Vertreter: ***STB2*** Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) überhaupt einen eigenen FinanzOnline-Zugang besaß. Im Verfahren scheint die Rechtsanwaltskanzlei ***RA*** keine Zustellvollmacht - weder im eigenen Namen oder für eine der beiden Steuerberatungskanzleien, geltend gemacht zu haben.
Die steuerliche Vertretung der Antragstellerin setzte auf Basis des übermittelten Bescheides im eigenen Fristenverwaltungssystem eine Rechtsmittelfrist . Hintergrund dafür war einerseits die Aussage von Frau ***ASSISTENTIN***, dass der Bescheid am zugestellt worden sei, andererseits ließ auch die letzte Seite des per mail übermittelten Bescheides (siehe Beilage ./1 - dabei handelte es sich wohl um das Deckblatt) keine Zweifel aufkommen, dass der Bescheid postalisch zugestellt wurde. Während auf Seite eins des Bescheides unter der Anschrift des Absenders - soweit aus der Praxis ersichtlich - von der bescheiderlassenden Behörde automatisiert (Anm.: bei Zustellung über FinanzOnline aber ohne jegliche erdenkliche Relevanz) ein Retourenvermerk ("Retouren an: 1000 Wien, Postfach 254 - DSt Nr. 10") angebracht wird, hätte eine eigene Deckseite mit dieser Information bei Zustellung über FinanzOnline keinerlei Funktion.
Mit Antrag vom - noch innerhalb der vermeintlichen Rechtsmittelfrist - beantragte die steuerliche Vertretung die Beschwerdefrist aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und des umfangreichen Aktes bis zum zu verlängern. Dieser Antrag wurde mit verfahrensleitendem Bescheid vom zurückgewiesen. Ab diesem Zeitpunkt war der steuerlichen Vertretung und dem Abgabepflichtigen bekannt, dass die Versäumung einer abgabenrechtlichen Frist droht. In Folge wurde daher der Sachverhalt erhoben und der Hergang - wie oben dargestellt - rekonstruiert.
Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung
Gem § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110 BAO) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gem § 308 Abs 3 BAO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war, einzubringen. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) gilt § 249 Abs 1 dritter Satz BAO sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.
Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind somit
die Versäumung einer Frist,
ein dadurch entstandener Rechtsnachteil,
ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis,
kein grobes Verschulden und
ein rechtzeitiger Antrag auf Wiedereinsetzung.
Dazu ist im Einzelnen wie folgt auszuführen:
1. Versäumung einer Frist
Durch die Zustellung des Bescheides in die Databox des FinanzOnline wurde - sofern durch die unmittelbare Zustellung an den Komplementär des Steuerpflichtigen eine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt ist (das Schriftstück wurde selbst keiner steuerlichen Vertretung übergeben, die Übermittlung erfolgte bloß als E-Mail) - die Zustellung im Zeitpunkt des Einlangens, sohin am bewirkt (§ 37 Abs 1 ZustG). Durch die Stellung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdefrist am wurde die Rechtsmittelfrist, welche am um 24 Uhr abgelaufen war, um drei Tage versäumt.
Beschwerdefristen sind grundsätzlich wiedereinsetzbar (vgl ; BMF-010103/0019-VI/2006).
2. Rechtsnachteil
Durch die Versäumung der Beschwerdefrist entstand dem Abgabepflichtigen insofern ein Rechtsnachteil, als er an der Durchsetzung seines Rechtsinteresses an einer rechtsrichtigen Entscheidung durch das zuständige Bundesfinanzgericht gehindert wird (Rechtsnachteil, dass die befristete Prozesshandlung nicht mehr nachgeholt werden kann). Dies insbesondere dadurch, dass die bescheidmäßig festgesetzte Grunderwerbsteuer von der selbstberechneten Grunderwerbsteuer beträchtlich zuungunsten des Abgabepflichtigen abweicht.
3. Unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis
Ein Ereignis ist jedes Geschehen, ein Vorgang in der Außenwelt, aber auch ein psychischer Vorgang wie Vergessen, Verschreiben, sich irren usw (; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz8).
Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (; Ritz/Koran, BAQ7§ 308 Rz 9).
Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 9).
Die Unkenntnis einer gesetzmäßig bewirkten Zustellung (zB durch Hinterlegung) kann ein Ereignis iSd § 308 Abs 1 sein (; ; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 11), gleiches gilt für einen Rechtsirrtum oder mangelnde Rechtskenntnis, soweit es sich dabei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (; , Ra 2015/09/0145, Ra 2016/09/0016; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 12).
Im konkreten Fall handelt es sich um eine Verkettung von Zufällen aufgrund voneinander unabhängigen Handlungen bzw Unterlassungen verschiedener Beteiligter, die dazu geführt haben, dass ein Irrtum über die erfolgte Zustellung in die Databox des FinanzOnline zur Versäumung der Rechtsmittelfrist geführt haben:
1. Der erfolgte Download seitens des Buchhalters des (im Übrigen von einem anderen Steuerberater vertretenen) Komplementärs der Gesellschaft am und Einlieferung durch ihn in das Posteingangsfach des Geschäftsführers am selben Tag.
2. Die Abstempelung des vermeintlich per Post eingelangten Bescheides - der im Übrigen alle Elemente eines per Post zugestellten Schriftstückes aufweist, die bei einer Zustellung mittels FinanzOnline völlig inhaltslos wären (zB Deckblatt, Retourenangabe) - im Zeitpunkt des Einlangens in der physischen Postablage durch die Sekretärin der Gesellschaft.
3. Die Übermittlung per Mail an den Steuerberater der Gesellschaft mit dem Hinweis, dass das Schriftstück am entsprechend dem Eingangsstempel "eingelangt" sei.
4. Die Nichtsetzung einer Zustellvollmacht im konkreten Verfahren durch den das Verfahren betreuenden Rechtsanwalt.
5. Die Tatsache, dass dem Steuerberater, selbst nach Setzung der Vollmacht im konkreten Verfahren, die erfolgte Zustellung über FinanzOnline durch Einsicht in FinanzOnline nicht ersichtlich ist.
Im Ergebnis kann wohl festgehalten werden, dass es sich bei der irrtümlichen Annahme, dass der Bescheid, der alle Hinweise auf eine postalische Zustellung aufweist und der einen Eingangsstempel mit Datum aufweist, auch am per Post zugestellt wurde und nicht bereits am durch Einlieferung in das FinanzOnline Medium des in dem Verfahren (irrtümlich?) nicht vertretenen Komplementärs des grundsätzlich steuerlich vertretenen Bescheidadressaten um ein unvorhersehbares Ereignis iSd der gesetzlichen Bestimmung handelt.
4. Kein grobes Verschulden
Liegt nur ein minderer Grad des Versehens vor, so schließt dies eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus. Ein minderer Grad des Versehens ist leichter Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB gleichzusetzen (). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (; , B 1948/97; , B 2290/96, G 176/96; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 13 f).
Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (), wobei an rechtskundige Parteienvertreter grundsätzlich ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (, RZ 1998, 68; ,0078; Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 15).
Hingegen ist ein Verschulden von Kanzleiangestellten berufsmäßiger Parteienvertreter (/0177f, 0185) nicht schädlich (; aM zu § 146 ZPO Ertl, RZ 1998, 9). Maßgebend ist diesfalls, ob den Parteienvertreter ein (den minderen Grad des Versehens übersteigendes) Verschulden trifft. Das Verschulden eines Kanzleibediensteten stellt dann einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleibediensteten nachgekommen ist (). Der Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt sind ().
Auch die Büroorganisation von Kapitalgesellschaften muss in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen (). Maßgebend ist somit, ob dem Parteienvertreter ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle () anzulasten sind. Zur Kanzleiorganisation gehört die Führung eines Fristenvormerks (). Hinsichtlich des Fristenvormerks besteht eine besondere Überwachungspflicht (vgl ), allerdings ist eine Überwachung "auf Schritt und Tritt" nicht nötig (, 0174). Kein Organisationsversagen stellt ua dar, wenn Fristverlängerungsansuchen erst am letzten Tag der Frist eingereicht werden sollen ().
Dazu ist auszuführen, dass es sich bei der Fristversäumnis um eine Verkettung von unglücklichen Zufällen handelt (siehe schon die Ausführungen zum Vorpunkt), die dadurch bedingt war, dass mehrere Personen in verschiedenen Organisationen (Abgabepflichtiger, Komplementär des Abgabepflichtigen, unterschiedliche steuerliche Vertreter, eine Rechtsanwaltskanzlei), darunter auch - in unterschiedlicher Abstufung - "rechtliche Laien" (zB die Sekretärin und der Buchhalter beim Abgabepflichtigen) in den Prozess eingebunden waren. Ferner auch, dass die Behörde bei der Bescheidausstellung den äußeren Eindruck einer postalischen Zustellung erweckt hat.
Hinsichtlich den oben angeführten Anforderungen an ein Kanzleimanagement kann generell ausgeführt werden, dass bei der steuerlichen Vertretung eine Fristenevidenz im BMD geführt wird, die eine Fristenwahrung gewährleistet, worauf schon hindeutet, dass bis dato noch kein Schadensfall eingetreten ist. So wurde auch die Rechtsmittelfrist in diesem Fall im BMD-System erfasst. Da es sich jedoch um keinen unmittelbar im (eigenen) FinanzOnline zugestellten Bescheid handelte, wurde die Frist seitens des zuständigen Steuerberaters, Herrn ***Stb1***, nach Erhalt des mails an die für die Fristenevidenz verantwortliche Mitarbeiterin weitergegeben, die diese Frist auch - auf Basis der vorhandenen Informationen - korrekt im System erfasst hat. Da der der Fristversäumnis zugrundeliegende Irrtum beim fehlerhaften Eingangsstempel ansetzte, konnte dieser der Mitarbeiterin nicht auffallen. Sowohl bei Herrn ***Stb1***, als auch der für die Fristenevidenz zuständigen Mitarbeiterin, handelt es sich um erfahrene Mitarbeiter, die sich bisher kein Fehlverhalten zu Schulde kommen ließen, ein erhöhter Überwachungsbedarf war somit nicht erforderlich.
Dass auf Seite des Abgabepflichtigen ein Eingangsstempel falsch erfasst wurde, liegt ua daran, dass einer Sekretärin die Konsequenzen einer Zustellung per Post und FinanzOnline in der Regel nicht bekannt sind, insbesondere wenn sie in die Bearbeitung des FinanzOnline - Systems nicht involviert ist. Jedenfalls aber hat die Form der Ausfertigung des Bescheides (siehe Ausführungen bereits oben) am postalischen Eingang keinen Zweifel gelassen.
In diesem Sinne sei auch auf BFG RV/7100022/2018 verwiesen, wo bei einem gleichgelagerten Fall (bescheidmäßige Festsetzung der GrESt, Zustellung an den Geschäftsführer der Gesellschaft, eingetretene Fristversäumnis) von Seiten des Finanzamtes aufgrund verspäteter Zahlung ein Säumniszuschlag festgesetzt wurde. Gegen den Bescheid wurde Beschwerde erhoben, da ein grobes Verschulden nach Ansicht des Abgabepflichtigen nicht vorlag. Auch in diesem Fall lag eine "Verkettung von Missverständnissen und Versehen" vor (Unterlassen der Anmerkung einer Zustellvollmacht, Zustellung unmittelbar an den GF des Abgabepflichtigen, Kommunikationsversagen zwischen Abgabepflichtigem und Notar), welche zur Fristversäumnis geführt hat. Entsprechend ist auch im konkreten Verfahren nur von einem minderen Grad des Versehens auszugehen.
5. Fristenwahrung
Der Wiedereinsetzungsantrag ist nach § 308 Abs 3 BAO rechtzeitig, wenn er binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses eingebracht wird. Besteht das Hindernis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf einer Frist, so hört das Hindernis auf, sobald die Partei den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte oder musste (zB ; , 0128; BMF-010103/0019-VI/2006).
Ein Wiedereinsetzungsantrag ist (dem § 309 BAO zufolge) weiters nur rechtzeitig, wenn er innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende der versäumten Frist eingebracht wird. Der Wiedereinsetzungsantrag ist bei der Abgabenbehörde einzubringen, bei der die Frist wahrzunehmen war. Bei Versäumung der Beschwerdefrist ist er bei der Abgabenbehörde erster Instanz oder zweiter Instanz einzubringen (nach § 308 Abs 3 erster Satz BAO).
Die zu adressierende Behörde ist das Finanzamt Österreich als bescheidausstellende Behörde.
Die Fristenwahrung ist gegeben, da mit Bekanntgabe des verfahrensleitenden Zurückweisungsbescheides vom gegen den Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist vom dem Vertreter des Abgabepflichtigen die Zustellung in die Databox des FinanzOnline beim Komplementär des Abgabepflchtigen bekannt wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt war der steuerlichen Vertretung und dem Abgabepflichtigen bekannt, dass die Versäumung einer abgabenrechtlichen Frist droht. Da das Hindernis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf einer Frist bestand, hört das Hindernis auf, sobald die Partei den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte oder musste - dies ist der .
Die dreimonatige Antragsfrist endet somit am .
6. Nachholung der versäumten Handlung
Spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen (§ 308 Abs 3 zweiterSatz BAO). In diesem Sinne erheben wir gemäß § 243 BAO gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom das Rechtsmittel der
Beschwerde.
… [Es folgt der Inhalt der Beschwerde] ..."
Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Zur Begründung wurde darin nach Zitierung von Rechtsprechung ausgeführt wie folgt:
"Maßgebend ist, ob dem Parteienvertreter bzw. den Organen juristischer Personen ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der (Kanzlei)Organisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle anzulasten sind. Der Umfang der zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflichten ist dabei stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Von einem bloß minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn Organisationsmängel vorliegen, wodurch die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen nicht gewährleistet ist, wenn das Kontrollsystem unzureichend ist oder wenn das Bestehen der Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt wird.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Kanzleikraft den Bescheid vom mit einem unrichtigen Eingangsdatum versehen hat, welcher Umstand für die Fristversäumung maßgeblich war. Zwar kann ein solcher Fehler auch einem sorgsamen Menschen unterlaufen, jedoch sind in einer Kapitalgesellschaft insoweit organisatorische Vorkehrungen zu treffen, dass in Folge menschlichen Versagens eine Fristversäumung möglichst unterbunden wird. Dass bei der Wiedereinsetzungswerberin wirksame Kontrollmechanismen zur korrekten Erfassung von eingehenden - mit Fristen verbundenen - Erledigungen bestehen, wurde im Wiedereinsetzungsantrag weder behauptet noch kann aus dem Vorbringen auf solche geschlossen werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen, dass der Bescheid seitens des Buchhalters ausgedruckt und an die Kanzleikraft weitergegeben wurde, welche diesen - ungeprüft - mit einem unrichtigen Eingangsdatum versehen hat. Irgendwelche wirksame Kontrollmechanismen bei der Wiedereinsetzungswerberin, die geeignet wäre, eine unrichtige Erfassung des Posteingangs des erkennbar mit einer Rechtsmittelfrist verbundenen Bescheides zu unterbinden, wurden nicht aufgezeigt.
Ergänzend wird darauf verwiesen, dass der gegenständliche Bescheid - im Gegensatz zu den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag - inhaltlich nicht einem postalisch versendeten Bescheid entspricht, zumal er keine Unterschrift enthält, sondern, wie diese bei elektronisch gefertigten Bescheiden vorgesehen ist, mit einer elektronischen Signatur versehen ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber das Fehlen jeglicher effektiver Kontrolleinrichtungen in der Büroorganisation als ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzusehen. Da nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 308 Abs. 1 BAO erfüllt sind, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen."
Beschwerde
Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. am nach Fristerstreckung Beschwerde ein, in der ua Folgendes ausgeführt wurde:
"Wenn die Abgabenbehörde nun meint, dass keine Kontrollmechanismen zur Verhinderung falscher Eintragungen im Posteingangsbuch vorliegen ("das Fehlen irgendwelcher wirksamen Kontrollmechanismen"), so verkennt sie die Tatsache, dass es sich bei der gegenständlichen Frist um einen gänzlich unüblichen Sachverhalt handelt. Üblicherweise werden nämlich die Abgabenbescheide einem beruflichen Parteienvertreter zugestellt, sei es der Steuerberater oder in grunderwerbsteuerlichen Erledigungen dem befassten Rechtsanwalt. Bei rechtskundigen Parteienvertretern mag es auch legitim sein, dass ein erhöhter Maßstab an Mitarbeiter anzulegen ist (vgl ). Weder bei der Geschäftsführung des Abgabepflichtigen, noch der betroffenen Mitarbeiterin handelt es sich aber um rechtskundige Personen. Aus der Tatsache, dass es bei der Gesellschaft noch zu keinen Fristversäumnissen gekommen ist, kann auch abgeleitet werden, dass die Kontrollen bisher ausreichend waren, jedoch in diesem von der Norm abweichenden Fall eben versagt haben. Dies entspricht auch der jüngeren Judikatur des VwGH, der davon ausgeht, dass die einmalige Versäumung einer Frist für sich alleine jedenfalls noch nicht den Schluss zulässt, dass die richtige Vormerkung von Terminen und die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist (). So darf das Maß der dem (Anm.: im ausjudizierten Fall, /0213) Rechtsvertreter obliegenden gehörigen Aufmerksamkeit nicht überspannt werden. Bei eingearbeiteten, gut geschulten und zuverlässigen Mitarbeitern (wie der langjährigen Sekretärin) muss bei entsprechenden organisatorischen Vorsorgen durch Einreichung eines Sicherheits- und Nachprüfungssystems, das sich in der Vergangenheit bewährt hat, bei angemessener Überwachung und stichprobenartigen nachprüfenden Kontrollen, die zu keiner Beanstandung geführt haben, etwaigen vereinzelten Verstößen kein schwererer Schuldvorwurf gemacht werden, als der eines minderen Grades des Versehens. Wenn die Abgabenbehörde nun davon ausgeht, dass "jegliche effektive Kontrolleinrichtungen in der Büroorganisation fehlen", so verkennt sie die Tatsachen bzw trifft unzulässige Sachverhaltsannahmen.
Der Verweis der Abgabenbehörde, dass der Bescheid inhaltlich nicht einem postalisch versendeten Bescheid entspricht, zumal er keine Unterschrift enthält, sondern mit einer elektronischen Signatur versehen ist, mag vielleicht einer rechtskundigen Person geläufig sein, die mit Erledigungen von Abgabenbehörden befasst ist; dies von einer Sekretärin zu erwarten, würde dazu führen, dass man derartiges Fachpersonal in Zukunft von juridischen Fakultäten akquirieren müsste. Zumindest erleichternd wäre es aber jedenfalls, wenn die Abgabenbehörde elektronisch zugestellte Sendungen nicht im Falle der Unzustellbarkeit zurück an 1000 Wien, Postfach 254 - 10 senden ließe. Wie dies funktionieren soll, erhellt sich einem durchschnittlich begabten Rechtsanwender - anders als der Abgabenbehörde - nämlich nicht."
Abschließend stellte die Bf. folgende Anträge
1. auf Entscheidung durch den gesamten Senat gem § 272 Abs 2 Z 1 BAO,
2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO sowie
3. auf Ausschluss der Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung gemäß § 275 Abs 3 Z 1 BAO
Auf den Erlass einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs 9 BAO wurde verzichtet.
Ergänzung zur Beschwerde
Mit Schreiben vom brachte die Bf. eine Sachverhaltsergänzung zu Beschwerde ein. Darin wurde ergänzend auf einen dem steuerlichen Vertreter postalisch mittels eingeschriebenen RSb-Briefes zugestellten Bescheid eines anderen Klienten verwiesen, der sich vom Aufbau her in keiner Weise unterscheide und auch eine elektronische Signatur seitens der Finanzverwaltung aufweise. Die Abgabenbehörde wisse offensichtlich selbst nicht, dass Erledigungen völlig uneinheitlich erfolgen. Dieser Umstand verstärke die Argumente der am eingebrachten Bescheidbeschwerde hinsichtlich des Vorliegens eines minderen Grads des Versehens: Wenn schon die Abgabenbehörde selbst nicht wisse, in welcher Form Erledigungen postalisch zugestellt werden, wie soll es dann erst ein nicht rechtskundiger Rechtsanwender erkennen?
Vorlage der Beschwerde ans BFG
Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Darin wurde zum Sachverhalt vom FA ua wie folgt ausgeführt:
"Im Rahmen einer Prüfung wurden bei ***RÄ*** Rechtsanwälte GmbH div. Schenkungsverträge zu einem Projekt der ***EZ1*** ***KG1*** überprüft.
Daraus folgend wurde am an die ***X*** GmbH & Co ***xxx*** KG, z.H. ***KOMPLEMÄNTERIN* ein Bescheid gem. § 201 BAO über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer erlassen. Für die ***X*** GmbH & Co ***xxx*** KG war, nach Abfrage in den "Finanzanwendungen/Grunddatenverwaltung", die ***KOMPLEMÄNTERIN* als "Vertreter nach § 81 BAO" angemerkt und keine weitere Vollmacht zur GVG-Steuernummer im FinanzOnline hinterlegt. Für die ***KOMPLEMÄNTERIN* besteht keine GVG-Steuernummer. Die Zustellung des Bescheides erfolgte elektronisch am um 07:49:16 an den Ausgangskanal "Databox" an die ***X*** GmbH & Co ***xxx*** KG, z.H. ***KOMPLEMÄNTERIN*,…. Eine elektronische Versendung mit Zustellnachweis (RSb) war technisch nicht möglich ("Fehler beim Aufruf Zustellkopf"), die Versendung erfolgte daher elektronisch ohne Zustellnachweis.
Weiters gab das FA noch Stellungnahme mit auszugsweise folgendem Inhalt ab:
"Ergänzend wird auf das Erkenntnis des , verwiesen, wonach das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgegeben wird (vgl ). Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, nicht nur auszuführen, warum im vorliegenden Fall aus Sicht des Wiedereinsetzungswerbers nur ein geringes Verschulden der Mitarbeiterin, die den Bescheid mit dem Eingangsvermerk versehen hat, vorliegt, sondern auch darzustellen, welche wirksamen Kontrollmechanismen unternehmensintern bestanden haben, damit Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen in Bezug auf eine Fristversäumnis aller Voraussicht nach ausgeschlossen werden können. Letztlich führte der Mangel an Kontrollmechanismen zu dem Umstand, dass die Mitarbeiterin zu Unrecht von einem postalisch am selben Tag eingelangten Schriftstück ausging, obwohl dieses bereits einige Tage zuvor über FinanzOnline zugestellt und lediglich an diesem Tag ausgedruckt worden war.
Beweiserhebung durch das BFG
Von der zuständigen Berichterstatterin des BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.
Mit verfahrensleitendem Beschluss vom wurde das FA aufgefordert, dem Bundesfinanzgericht die im Zuge der Außenprüfung zu ***ABNr*** mit der ***RA*** Rechtsanwälte GmbH am aufgenommene Niederschrift samt den das Grunderwerbsteuerverfahren der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit dem Projekt "***EZ1*** ***KG1***" betreffenden Schriftsätze vorzulegen. Weiters wurde das Finanzamt um Auskunft gebeten, wie es zur Löschung der bis bei den Grunddaten der Bf. zur StNr. ***STNR*** angemerkten Zustellvollmacht der ***RÄ*** ***RA*** Rechtsanwälte GmbH gekommen ist.
Die vom FA am übermittelte Stellungnahme, der die darin genannten Unterlagen angeschlossen wurde, hat auszugsweise folgenden Inhalt:
1) Unter ***ABNr*** erfolgte im Rahmen einer Außenprüfung die Überprüfung der durchgeführten Selbstberechnungen. Die Überprüfung erfolgte stichprobenartig. Dabei wurden unter anderem auch die durchgeführten Selbstberechnungen der Grunderwerbsteuer für die ***......*** zur Überprüfung ausgewählt.
Im Rahmen einer Zwischenbesprechung vom wurde an ***RÄ*** ein Fragenkatalog übergeben, der unter anderem auch Fragen zu dem gegenständlichen Projekt "***EZ1*** ***KG1***" enthielt. …
Die entsprechenden Feststellungen zu gegenständlichem Projekt sind in der Niederschrift vom enthalten.
• Auszüge aus Niederschrift vom betreffend ***BF alt** (vormals ***X*** GmbH & Co ***xxx*** KG)
• Unterlagen aus Arbeitsbogen sowie
• "Zusammenfassung ***RÄ***" zum Grunderwerbsteuerverfahren - ohne der im Datenraum zur Verfügung gestellten Unterlagen zu diesem Projekt (sehr umfangreich!)
2) In einem Telefonat vom wurde ***RA*** Rechtsanwälte GmbH mitgeteilt, dass die Prüfung soweit abgeschlossen ist. Betreffend Projekt "***EZ1*** ***KG1***" geht das FA von tauschähnlichen, GrESt-pflichtigen (entgeltlichen) Vorgängen aus.
Mit Email vom an die ***RA*** Rechtsanwälte GmbH wurde unter anderem ersucht bekanntzugeben, ob in allen beanstandeten Fälle eine aufrechte Vollmacht inkl. Zustellvollmacht besteht.
Mit Email vom wurde mitgeteilt, dass hinsichtlich der am Projekt "***EZ1*** ***KG1***" Beteiligten (siehe Email) keine aufrechten Zustellvollmachten vorliegen.
Dies wurde in der Niederschrift vom festgehalten.
Vor Bescheiderlassung erfolgte eine Abfrage in der GDV (unter ON 9 hochgeladener Ausdruck einer Abfrage GDV u AIS).
Die unter der StNr. ***STNR*** für die ***RA*** Rechtsanwälte GmbH angemerkte Zustellvollmacht wurde im Rahmen der Erledigung eines Kaufvertrages zu ***ErfNr...*** angemerkt.
Da mit Email vom von ***RA*** Rechtsanwälte GmbH bekanntgegeben wurde, dass keine aufrechte Zustellvollmacht besteht und zu Erfnr. ***ErfNr...*** kein offenes Verfahren mehr anhängig war (Fall abgeschlossen im April 2018), wurde die zur StNr. ***STNR*** angemerkte Zustellbevollmächtigung für ***RA*** Rechtsanwälte GmbH per vom FA gelöscht.
• Ausdruck AIS vom - Auskunft ***ErfNrxxx*** mit Vermerk"
Weiteres wurden noch Firmenbuchabfragen getätigt und ergibt sich daraus, dass der Firmenwortlaut der Bf. am auf ***Bf1*** geändert wurde und sie nunmehr von der ***Y*** (deren einziger Geschäftsführer Herr ***GF*** ist) vertreten wird.
Mündliche Verhandlung vor dem Senat
Zu der am durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist für die Bf. kein vertretungsbefugtes Organ persönlich erschienen. Für die Bf. nahmen Herr ***Stb1*** sowie Herr ***Stb2*** (kurz Stb) unter Berufung auf die an die ***STB1*** erteilte Vollmacht, die eine Zustellvollmacht umfasst, an der Verhandlung teil.
Nach Vortrag der Sache durch die Berichterstatterin und Bericht über die Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahmen wie in der den Parteien ausgehändigten Beilage ./1 zur Niederschrift, antworten die Parteien auf die Frage, ob es zum vorgetragen Sachverhalt noch Ergänzungen gibt, wie folgt:
"Stb: Am Bescheid-Ausdruck wurde nicht nur das Kürzel "***ABC***" angebracht, sondern neben dem Eingangsdatum ein Eingangstempel in roter Schrift, weshalb er am Ausdruck fast nicht sichtbar, aber am Original erkennbar ist.
FA: Zum Sachverhalt gibt es keine Ergänzung."
Zur rechtlichen Beurteilung verwiesen die Parteien auf die bisherigen Schriftsätze und antworteten auf die Frage, ob es Ergänzungen gibt:
"Stb: Es gibt keine Ergänzungen von unserer Seite.
FA: Es gibt keine Ergänzungen von unserer Seite."
Auf die Frage der Beisitzerin, welches Dokument der E-Mail vom noch angeschlossen war, antwortete der Stb:
"Das betraf eine andere Gesellschaft, die am Projekt ***EZ1*** ***KG1*** beteiligt war. Dieses Verfahren ist noch anhängig. Da war die Beschwerde rechtzeitig."
Die Parteien stellten keine weiteren Fragen und Beweisanträge.
Die Vertretung des Finanzamtes beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.
Die steuerliche Vertretung beantragte der Beschwerde Folge zu geben.
Die Vorsitzende verkündete den Beschluss, dass die Entscheidung der schrftlichen Ausfertigung vorbehalten wird.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei (kurz Bf.) ist eine im Jahr 2016 gegründete Kommanditgesellschaft mit dem Geschäftszweig Erwerb, Umbau und Verkauf von Liegenschaften und ist sie unter ***FN1*** im Firmenbuch eingetragen. Ihre einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin war im maßgeblichen Zeitraum die ***KOMPLEMÄNTERIN* (nunmehr ***+++***, ***FN...***) und vertrat diese die Bf. ab bis selbständig.
Handelsrechtliche Geschäftsführer der ***KOMPLEMÄNTERIN* waren im maßgeblichen Zeitraum ***GF***, ***...*** und vertraten diese Personen die GmbH jeweils gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer.
Die ***RA*** Rechtsanwälte GmbH (kurz ***RÄ***) führte über FinanzOnline unter den ***ErfNr....*** die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer für insgesamt 4 durch die Bf als Erwerberin mit 4 Gesellschaften als Veräußererinnen abgeschlossene "Schenkungsverträge" durch (Schenkungsverträge vom mit der ***...***, vom mit der ***...***, vom mit der ***...*** und vom mit der ***,,,***). Die Selbstberechnung für diese Erwerbsvorgänge erfolgte jeweils ausgehend vom Wert der durch die Bf. erworben Liegenschaftsanteile für jeden "Schenkungsvertrag" gesondert, eine Zusammenrechnung wurde nicht berücksichtigt. Insgesamt wurde bei den Selbstberechnungen für die von der Bf. erworbenen Anteile an der ***EZ1*** ***KG1*** als Bemessungsgrundlage ein Betrag iHv € 682.897,64 angesetzt und dem FA Abgabenbeträge von insgesamt € 4.086,84 bekannt gegeben.
Im Zuge der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer für diese Erwerbsvorgänge wurde dem FA weder von der ***RA*** Rechtsanwälte GmbH noch von der nunmehrigen steuerlichen Vertretung ***STB1*** das Vorliegen einer Zustellvollmacht bekannt gegeben.
Im Rahmen einer bei ***RA*** Rechtsanwälte GmbH unter der ***ABNr*** geführten Außenprüfung überprüfte das FA stichprobenartig die durchgeführten Selbstberechnungen. Dabei wurden ua. die oben genannten "Schenkungsverträge" zum Projekt ***EZ1*** ***KG1*** ausgewählt. Das FA kam zum Ergebnis, dass Tauchverträge (Ringtausch) vorlägen und ermittelte die von der Bf. (insgesamt) erbrachte Gegenleistung ausgehend vom Wert der von der Bf. hingegeben Liegenschaftsanteile mit € 3.184.162,42, sodass nach Ansicht des Finanzamtes die Grunderwerbsteuerschuld für den Erwerb durch die Bf. insgesamt € 111.445,68 betrage.
Auf die Frage des Finanzamtes, ob in allen beanstandeten Fällen eine aufrechte Vollmacht inklusive Zustellvollmacht besteht, teilte die ***RA*** Rechtsanwälte GmbH dem FA mit Email vom mit, dass hinsichtlich der Bf. keine aufrechte Zustellvollmacht vorliegt.
Am nahm das FA unter der ***ABNr*** mit der ***RA*** Rechtsanwälte GmbH eine Niederschrift auf, in der unter Punkt i) Feststellungen zum Projekt "***EZ1*** ***KG1***" (das ua die 4 gegenständlichen Erwerbsvorgänge umfasst) getroffen wurden. Unter Punkt Q) mit der Überschrift "Zustellung" wurde in der Niederschrift festgehalten wie folgt:
"Die Vorschreibung erfolgt mittels gesonderter Bescheide gem. § 201 BAO bzw. betreffend der Zessionsgebühr gem. §198 BAO.
Hinsichtlich der Zustellvollmachten wurde bekanntgegeben, dass den Grunderwerbsteuerfällen Punkt 6a), 6c), 6d), 6g), 6h) sowie hinsichtlich der Zessionsgebühr Pkt. 8) 1) die Bescheide zu Händen ***RA*** Rechtsanwälte GmbH, zu ***....*** zugestellt werden können (Zustellvollmacht liegt vor). In allen übrigen Fällen erfolgt die Zustellung an die jeweiligen Abgabepflichtigen direkt."
Infolgedessen hat eine Mitarbeiterin des Finanzamtes die unter der StNr. ***STNR*** für die ***RA*** Rechtsanwälte GmbH angemerkte Zustellvollmacht per gelöscht. Zur Anmerkung einer Zustellvollmacht der ***RA*** Rechtsanwälte GmbH bei der StNr. ***STNR*** ist es im Rahmen der Erledigung eines Kaufvertrages vom zu ***ErfNr...*** gekommen. Dieses Verfahren wurde im April 2018 abgeschlossen.
Auch die nunmehrige steuerliche Vertretung ***STB1*** gab dem FA vor Erlassung des Grunderwerbsteuerbescheides nicht bekannt, dass für das gegenständliche Grunderwerbsteuerverfahren eine Zustellvollmacht vorliegt.
Die ***KOMPLEMÄNTERIN* wird in steuerlichen Angelegenheiten ansonsten von der Kanzlei ***STB2*** Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die Bf. von der ***STB1*** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vertreten und ist eine allgemeine Steuervollmacht bei der Steuernummer ***....*** der Bf. hinterlegt. Unter der Steuernummer der Bf. bei der DSt für Sonderzuständigkeiten war vor Erlassung des GrESt-Bescheides keine Vollmacht im FinanzOnline-System hinterlegt.
Die Adressierung des Grunderwerbsteuerbescheides vom - Festsetzung gemäß § 201 BAO unter der (neuen) ***ErfNr*** - erfolgte deshalb an die Bf. zu Handen der Komplementärin (***KOMPLEMÄNTERIN* - die auch bei den Grunddaten der Bf. als Vertreterin gemäß § 81 BAO angemerkt ist).
Der Bescheid enthält ein Deckblatt mit folgender Gestaltung:
[...]
Sodann folgt der eigentliche Bescheid, der am Beginn wie folgt gestaltet ist:
[...]
und nach der insgesamt 5 Seiten umfassenden Begründung eine elektronische Signatur.
Die elektronische Zustellung des Bescheides über FinanzOnline an die als Vertreter gemäß § 81 BAO bei der Bf. angemerkte ***X*** ***.*** GmbH erfolgte am , in dem der Bescheid in die Databox des Vertreters eingestellt wurde.
Eine Benachrichtigung von Zustellungen über FinanzOnline per E-Mail ist von der ***X*** ***.*** GmbH aktiviert worden und ist auch tatsächlich eine Benachrichtigung an die hinterlegte E-Mailadresse erfolgt.
Der Buchhalter der "***X***-Gruppe", Herr ***BUCHHALTER***, hat die E-Mail Nachricht gelesen und wurde von ihm, nach dem er über die Zugangsdaten der ***X*** ***.*** GmbH in das FinanzOnline System eingestiegen ist, am , um 11:44 Uhr der Bescheid aus dem elektronischen Posteingangsfach der ***KOMPLEMÄNTERIN* heruntergeladen und sodann ausgedruckt. Auf dem Ausdruck wurde vom Buchhalter weder ein Vermerk angebracht, dass er den Bescheid über das FinanzOnline System heruntergeladen hat, noch wurde von ihm ein Datumsvermerk über den elektronischen Eingang angebracht.
Der Ausdruck des Bescheides wurde dann vom Buchhalter in den Posteingang von Frau ***ASSISTENTIN***, einer Mitarbeiterin des verantwortlichen Geschäftsführers ***GF***, gelegt. Diese versah den Ausdruck mit einem Eingangstempel und vermerkte darauf handschriftlich das Kürzel "***ABC***" (kurz für ***GF***) und brachte daneben in roter - schlecht leserlicher Schrift aber erkennbar - einen Datumsstempel mit an und legte den Ausdruck ins Posteingangsfach von Herrn ***GF***.
Der generelle Ablauf ist derart festgelegt, dass jedes Poststück durch eine der drei Assistentinnen mit einem Poststempel unter Angabe des Tages der Entgegenahme sowie mit dem zuständigen Mitarbeiter-Kürzel versehen wird. Zusätzlich wird im Anschluss ein eingescanntes Exemplar angefertigt und im elektronischen Archiv abgelegt.
Am wurde der eingescannte Bescheid (sowie ein weiteres eingescanntes Dokument, das eine andere Gesellschaft, die am Projekt ***EZ1*** ***KG1*** beteiligt war, betraf. In diesem noch anhängigen Verfahren war die Beschwerde rechtzeitig, weil der Bescheid später zugestellt worden war) mittels Mail von Frau ***ASSISTENTIN*** an Herrn ***Stb1*** von der ***STB1*** Steuerberatung unter Hinweis auf ein am Tag davor geführtes Gespräch übermittelt. Auf dem Scann des Bescheides ist neben dem Eingangsstempel der ***X*** GmbH sehr schwach leserlich eine Eintragung im Feld "Eingangsdatum" ersichtlich (siehe dazu die Beilage ./1 des Wiedereinsetzungsantrages, S. 2).
[...]
Bis dahin war weder der steuerlichen Vertretung der Bf. noch jener der ***X*** ***.*** GmbH bekannt, dass für die Bf. eine Steuernummer für Angelegenheiten der Grunderwerbsteuer vergeben wurde, da die Selbstberechnung und die Überprüfung der Selbstberechnung von der Rechtsanwaltskanzlei ***RA*** geführt wurde. Ferner war der steuerlichen Vertretung der Bf. auch nicht bekannt, dass die ***KOMPLEMÄNTERIN* überhaupt einen eigenen FinanzOnline-Zugang besaß.
Die steuerliche Vertretung der Bf. setzte auf Basis des übermittelten Bescheides im eigenen Fristenverwaltungssystem eine Rechtsmittelfrist . Hintergrund dafür war die Aussage von Frau ***ASSISTENTIN***, dass der Bescheid am zugestellt worden sei sowie die Gestaltung des Bescheides.
Am setzte die ***STB1*** Steuerberatung auch unter der Steuernummer ***STNR*** (neben der bereits seit dem Jahr 2021 bestehenden Vollmacht unter der Steuernummer ***BF1StNr1***) im FinanzOnlineSystem das Vorhandensein einer Zustellvollmacht.
Ebenfalls am brachte die steuerliche Vertretung für die Bf. beim FA den Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum ein.
Dieser Antrag wurde vom FA mit verfahrensleitendem Bescheid vom zurückgewiesen und wurde dadurch der steuerlichen Vertretung und der Bf. bekannt, dass im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Fristerstreckung die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war.
Die ***X*** ***.*** GmbH erhielt im Zeitraum bis insgesamt 5 Dokumente über das FinanzOnline System zugestellt und sind aus dem elektronischen Posteingangsbuch für den gegenständlichen Bescheid folgende Daten ersichtlich (siehe dazu die als Beilage ./3 dem Wiedereinsetzungsantrag angeschlossenen Abfrage vom ):
[...]
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Angaben der Bf. in ihren Schriftsätzen und bei der mündlichen Verhandlung sowie die damit im Einklang stehenden Unterlagen, die von der Bf. bzw vom FA vorgelegt wurden.
Auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Ermittlungen steht für den Senat fest, dass der Grunderwerbsteuerbescheid durch die Zustellung in die databox der Komplementärin als Vertreterin nach § 81 BAO am wirksam wurde, zumal bis dahin dem FA das Vorliegen einer Zustellvollmacht durch die ***STB1*** Steuerberatung nicht bekannt gegeben worden war und die ***RÄ*** Rechtsanwälte das Vorliegen einer Zustellvollmacht sogar ausdrücklich verneint hat. Diese Tatsachen wurden bei der mündlichen Verhandlung auch von der Bf. nicht in Frage gestellt.
Der Geschehensablauf, der zur Fristversäumung geführt hat, wurde in Ergänzung zu den im Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Sachverhaltsangaben in der mündlichen Verhandlung von der steuerlichen Vertretung der Bf. gut nachvollziehbar dargestellt. Der Senat geht bei der rechtlichen Beurteilung von folgendem Ablauf aus:
• Der Buchhalter ***BUCHHALTER*** hat die an die ***X*** ***.*** GmbH (kurz GmbH) gerichtete E-Mail Benachrichtigung gelesen, ist über die Zugangsdaten der GmbH in das FinanzOnline System eingestiegen und hat am , um 11:44 Uhr den Bescheid aus dem elektronischen Posteingangsfach heruntergeladen und sodann ausgedruckt. Er hat auf dem Ausdruck weder einen Vermerk angebracht, dass er den Bescheid über das FinanzOnline System heruntergeladen hat, noch wurde von ihm ein Datumsvermerk über den elektronischen Eingang angebracht.
• Dann hat der Buchhalter den Ausdruck in das Posteingangsfach von Frau ***ASSISTENTIN***, der Assistentin des verantwortlichen Geschäftsführers ***GF***, gelegt. Diese versah den Ausdruck mit einem Eingangstempel mit dem Kürzel "***ABC***" (kurz für ***GF***), dem Datumsstempel und legte den Ausdruck ins Posteingangsfach von Herrn ***GF***. Zusätzlich wurde ein eingescanntes Exemplar angefertigt und im elektronischen Archiv abgelegt.
• Der generelle Ablauf ist derart festgelegt, dass jedes Poststück durch eine der drei Assistentinnen mit einem Poststempel unter Angabe des Tages der Entgegenahme sowie mit dem zuständigen Mitarbeiter-Kürzel versehen wird. Zusätzlich wird im Anschluss ein eingescanntes Exemplar angefertigt und im elektronischen Archiv abgelegt.
• Am wurde der eingescannte Bescheid (sowie ein weiteres eingescanntes Dokument, das eine andere Gesellschaft betraf) mittels Mail von Frau ***ASSISTENTIN*** an Herrn ***Stb1*** von der ***STB1*** Steuerberatung unter Hinweis auf ein am Tag davor geführtes Gespräch übermittelt.
• Auf Nachfrage erhielt Herr ***Stb1*** von Frau ***ASSISTENTIN*** die Auskunft, dass die Zustellung des Bescheides am erfolgt ist entsprechend dem auf dem "Original" des aus FinanzOnline angefertigten Bescheidausdruckes angebrachten Datumsstempel.
Der Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Angaben darüber, ob bzw welche Anweisungen der Buchhalter von der Geschäftsleitung erhielt, was bei elektronischen Eingängen im FinanzOnlineSystem festzuhalten bzw zu kontrollieren ist. Bei einer Einsicht in das elektronische Eingangsbuch des FinanzOnlineSystems wäre ersichtlich gewesen, dass die Zustellung des Bescheides bereits am (und nicht erst am ) erfolgt ist. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält auch keine Angaben darüber, ob das elektronische Eingangsbuch - zumindest stichprobenartig - von der Geschäftsleitung kontrolliert wird.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage
Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 308 Abs. 3 BAO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw.bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen."
Gemäß § 309a Abs. 1 BAO hat der Wiedereinsetzungsantrag zu enthalten:
a) die Bezeichnung der versäumten Frist;
b) die Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (§308 Abs.1);
c) die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Fristversäumung oder der Versäumung der mündlichen Verhandlung notwendig sind;
d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind.
Im gegenständlichen Fall enthält der Wiedereinsetzungsantrag alle in § 309a Abs. 1 BAO genannten formellen Erfordernisse.
Da die Bf. zur Fristversäumung in ihrer Beschwerde andeutet, dass der Grunderwerbsteuerbescheid nicht wirksam zugestellt sein könnte, ist vorab die Wirksamkeit des Grunderwerbsteuerbescheides zu überprüfen:
Wirksamkeit des Grunderwerbsteuerbescheides
Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind die abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.
Wer für eine KG zur Führung der Geschäfte iSd § 81 Abs. 1 BAO bestellt ist, ergibt sich primär aus dem betreffenden Gesellschaftsvertrag. Subsidiär gelten die entsprechenden Bestimmungen des UGB und ist demnach bei einer KG jeder Komplementär einzelvertretungsbefugt (§§ 161 und 164 UGB; siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, Rz 1 zu § 81).
Bei der Bf. ist die einzige Komplementärin die ***KOMPLEMÄNTERIN* und vertritt diese die Bf. selbständig und ist sie somit die Vertreterin der Bf. iSd § 81 Abs. 1 BAO.
Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Gemäß § 83 Abs. 2 BAO richten sich Umfang und Inhalt der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht.
§ 97 Abs 1 BAO bestimmt, dass Erledigungen dadurch wirksam werden, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung;
Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Die FinanzOnline-Verordnung 2006 enthält ua. folgende Bestimmungen über die elektronische Zustellung (siehe § 5b FOnV 2006)
"(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert."
Gemäß 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).
Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.
Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden. Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (vgl. ua. mwN).
Die gesetzliche Bevollmächtigung von Notaren und Rechtsanwälten betrifft gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG nur die Vornahme der Selbstberechnung an sich, umfasst aber nicht eine Vertretungsmacht im Verfahren betreffend die Erlassung eines Grunderwerbsteuerbescheides (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall ist vor der Erlassung des gegenständlichen Grunderwerbsteuerbescheides weder von dem die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durchführenden Rechtsanwalt noch von der nunmehrigen steuerlichen Vertretung bekanntgegeben worden, dass die Bf. für das gegenständliche Grunderwerbsteuerverfahren eine Zustellvollmacht erteilt hätte.
Im Zuge der Außenprüfung hat das FA sogar dezidiert beim Rechtsanwalt nachgefragt, ob eine Zustellvollmacht vorliegt und wurde dies ausdrücklich verneint.
Die steuerliche Vertretung ist erstmals im Beschwerdeverfahren (Antrag auf Fristerstreckung) sowie anschließend im Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Bf. eingeschritten.
Die Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides ist daher zu Recht vom FA direkt an die Komplementärin der Bf. als Vertreterin nach § 81 Aba. 1 BAO und nicht zu Handen des Rechtsanwaltes oder des Steuerberaters vorgenommen worden.
Mit der elektronischen Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides durch Eingang in die DataBox der Komplementärin der Bf. am wurde der Grunderwerbsteuerbescheid wirksam. Der Bescheid ist an diesem Tag in den elektronischen Verfügungsbereich der Vertreterin der Bf. gelangt und ist es für die Wirksamkeit unerheblich, dass das Dokument erst am aus der Databox abgerufen wurde. Bei Einbringung des Antrages auf Erstreckung der Beschwerdefrist am war die 1-monatige Beschwerdefrist daher bereits abgelaufen und liegt somit ein Fristversäumnis vor.
Wiedereinsetzungsgrund - minderer Grad des Versehens
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stecken die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss bereits im Antrag glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden (vgl. , mwN).
Unstrittig ist hier, dass sowohl für die Bf. als auch die steuerliche Vertretung erst durch die am erfolgte Zurückweisung des Antrages auf Fristerstreckung vom die Versäumung der Beschwerdefrist bekannt wurde und ist der Wiedereinsetzungsantrag vom somit innerhalb der 3 Monatsfrist des § 308 Abs. 3 BAO eingebracht.
Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl ua ).
Der Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Angaben darüber, ob bzw welche Anweisungen der Buchhalter von der Geschäftsleitung erhielt, was bei elektronischen Eingängen im FinanzOnlineSystem festzuhalten bzw zu kontrollieren ist. Bei einer Einsicht in das elektronische Eingangsbuch des FinanzOnlineSystems wäre ersichtlich gewesen, dass die Zustellung des Bescheides bereits am (und nicht erst am ) erfolgt ist. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält auch keine Angaben darüber, ob das elektronische Eingangsbuch - zumindest stichprobenartig - von der Geschäftsleitung kontrolliert wird.
Bei der Lösung der Frage, ob bloß ein minderer Grad des Versehens die Fristversäumung bewirkt hat, kommt es nicht auf das Verschulden oder das Erkennen können der Fristversäumnis durch die Assistentin des Geschäftsführers an. Maßgebend ist, ob die zur Vertretung der Bf. berufenen Organe ihre Kontrollaufgaben in ausreichender Weise wahrgenommen haben oder ob grobe Organisationsmängel vorgelegen sind, wodurch die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen nicht gewährleistet war.
Nach der Judikatur des VwGH entspricht die Büroorganisation eines Unternehmers iSd § 2 UGB nur dann dem maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab, wenn sichergestellt ist, dass schon unmittelbar bei der Zustellung fristauslösender Schriftstücke von Gerichten und Verwaltungsbehörden die - im Falle der Erhebung eines Rechtsmittels allenfalls - zu beachtenden Rechtsmittelfristen, wie sie sich auch in der Rechtsmittelbelehrung finden, auf geeignete (dh eine Fristversäumnis nach menschlichem Ermessen vermeidende) Weise vorgemerkt und evident gehalten werden. Von einem bloß minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn das Kontrollsystem, wodurch Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind, unzureichend ist oder wenn das Bestehen der Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt wird (zB ; ; ; ).
Wenn in keiner Weise dargelegt wird, ob jemals eine Kontrolle der manipulativen Vorgänge im Kanzleibetrieb oder der Kanzleiangestellten erfolgte bzw. wie das diesbezügliche Kontrollsystem eingerichtet ist, kann von einer Organisation des Kanzleibetriebes, die eine fristgerechte Setzung von Vertretungshandlungen mit größtmöglicher Zuverlässigkeit sicherstellt, und von einer wirksamen Überwachung keine Rede sein. Fehlt es an einem diesbezüglichen Vorbringen, liegt jedenfalls kein bloß minderer Grad des Versehens vor. Daher sind bereits mangels einer Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages nicht erfüllt (vgl. dazu bis 0112).
Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag gab es im Unternehmen nur für den Posteingang in Papierform eine Regelung der Abläufe, nicht aber für elektronische über das FinanzOnline System einlangende Geschäftstücke. Weiters dürfte nicht geregelt gewesen sein, was mit den Kuverts beim Posteingang passiert, dh. ob diese dem Papierdokument angeschlossen und auch miteingescannt werden. Auch eine diesbezügliche Regelung hätte dazu beigetragen, dass bereits das Fehlen des Kuverts auffällig gewesen wäre und hätte Anlass zur Nachfrage durch die Geschäftsleitung gegeben, auf welchem Weg und damit an welchem Tag der Bescheid in den Verfügungsbereich der GmbH gelangt ist. Auch eine regelmäßige - zumindest stichprobenartige - Kontrolle des elektronischen Posteingangsbuches durch die Geschäftsleitung wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal behauptet.
Überdies trifft den Buchhalter hier eine besondere Sorgfaltspflicht, da er über die Zugangsdaten der GmbH bei FinanzOnline verfügte. § 1 Abs. 3 FOnV 2006 bestimmt ua., dass für Parteien und deren Vertreter, die an FinanzOnline teilnehmen und dafür von den Abgabenbehörden Zugangsdaten erhalten haben, die Ausstellung von weiteren Zugangsdaten und deren Weitergabe zum Zweck der Einräumung von Zugriffsrechten an andere Personen im eigenen Verantwortungsbereich des Teilnehmers zulässig ist, wobei die so berechtigten Personen dieselben Sorgfaltspflichten wie der Teilnehmer haben. Wie der mit dem Wiedereinsetzungsantrag als Beilage .3/ angeschlossene Ausdruck des elektronischen Posteingangsbuches zeigt, erhielt die GmbH im März 2023 über die Databox insgesamt 5 Dokumente zugestellt und ist damit entkräftet, dass der GmbH nur der Grunderwerbsteuerbescheid über das FinanzOnline System zugegangen ist, weil ansonsten alles an den Steuerberater gehe. Bei einem Buchhalter mit FinanzOnline Zugangsberechtigung ist zu erwarten, dass er der Zustellung eines Bescheides mit einem Nachforderungsbetrag von über € 100.000,00 eine besondere Aufmerksamkeit widmet, weil es allgemein bekannt ist, dass etwaige Rechtsmittel fristgebunden sind.
Dass die steuerlichen Agenden ansonsten nicht von der Bf. bzw der Komplementärin selbst besorgt werden stellt per se kein Ereignis dar, dass eine Wiedereinsetzung rechtfertigt. Gerade das Tätigwerden mehrerer Personen, die sich an verschiedenen Orten befinden und die nicht sämtliche Unterlagen im Original bei der Bearbeitung zur Hand haben, würde eine exakte Dokumentation der Abläufe und besondere Sorgfalt bei der Informationsweitergabe indizieren (zu einer Beschwerdeführerin mit mehreren Abgabestellen vgl. ). So wie bei Vorlage der einlangenden Geschäftsstücke zuerst an den Bürgermeister und Anbringung der Einlaufstampiglie erst nach Rücklangen von diesem die Gefahr von Irrtümern bei der Anbringung der Einlaufstampiglie besonders groß ist (vgl. VwGH 97/08/0405, ), erhöht sich auch beim "Mischen" der an mehreren Tagen eingelangten Post das Risiko, dass bei der Ermittlung des tatsächlichen Zustelldatums ein Irrtum erfolgt (vgl. ). Auch das hier erfolgte "Mischen" von mittels Post einlangende Briefsendungen mit Ausdrucken von elektronisch eingelangten Dokumenten erhöht das Risiko, dass das Zustelldatum falsch festgehalten wird.
Nach Ansicht des erkennenden Senates liegt eine Verletzung der zumutbaren Sorgfalt vor, wenn Ausdrucke der elektronisch einlangenden Post offensichtlich ohne weitere Vermerke oder weitere Hinweise auf die Form der Zustellung in das Posteingangsfach der Assistentin des Geschäftsführers gelegt werden. Dass der Irrtum beim Festhalten des Zustelldatums dem Geschäftsführer und in weiterer Folge dem steuerlichen Vertreter nicht aufgefallen ist, wird hier auch dadurch begünstigt, dass offensichtlich auch sonst für das Eingangsdatum von Poststücken hilfreiche Dokumente wie das Kuvert nicht mithochgeladen werden. Eine konkrete Nachfrage über die Art der Zustellung (Post oder elektronisch) und des sich daraus ergebenden Zustelldatums ist offensichtlich weder seitens des Geschäftsführers noch in weiterer Folge seitens des steuerlichen Vertreters erfolgt.
Wenn der Antragsteller das Bestehen einer Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt hat, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden (vgl. ).
Zum Hinweis auf die Entscheidung ist zu bemerken, dass es dort um eine Säumnis bei der Entrichtung der Grunderwerbsteuer auf Grund einer Verkettung von Irrtümern und nicht um ein Verfahren auf Wiedereinsetzung ging. In diesem Sonderfall ist der Abgabenbetrag vom Abgabenpflichtigen gleich bei Vertragserrichtung an den Rechtsanwalt bezahlt worden, wie es bei einer Selbstberechnung der GreSt üblich ist. Anstatt einer Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte eine Anzeige des Vertrages beim FA ohne Hinweis auf eine Zustellvollmacht und ohne Hinweis auf eine fehlende grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Dadurch erfolgte noch vor dem Entstehen der Grunderwerbsteuerschuld (die grundverkehrsbehördliche Genehmigung stellte eine aufschiebende Bedingung dar) zur Erlassung des Bescheides direkt an den Abgabepflichtigen und zu einer Säumnis trotz einer im Ergebnis "verfrühten" formellen Fälligkeit der Steuer. Der gegenständliche Fall ist bereits insofern anders gelagert, als hier eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte und nicht bloß irrtümlich vom Selbstberechner keine Zustellvollmacht im FinanzOnline gesetzt wurde, sondern hier im Zuge der Überprüfung der Selbstberechnung durch das FA auf dezidierte Nachfrage des Finanzamtes das Vorliegen einer Zustellvollmacht verneint wurde.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher vom Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht abgewiesen und ist somit die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Frage, ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Fristversäumung geführt hat oder ob ein Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt ist, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt worden wäre (vgl. etwa ; ; ). Eine Revision ist daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 309a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 308 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100432.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at