Neu errichteter Entwässerungsgraben als Teil des örtlichen Kanalsystems
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Steuerberater über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Monat September 2015 - nunmehr gemäß § 253 BAO gegen den auf Basis des § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2015 vom gerichtet -, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Umsatzsteuer für das Jahr 2015 wird in Höhe einer Gutschrift von 17.912,71 Euro festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die Festsetzung der Umsatzsteuer 2015 erfolgt gemäß § 200 Abs. 2 erster Satz BAO endgültig.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Umsatzsteuernachschau 1/2015 bis 4/2016
Im Zuge der bei der Bf. durchgeführten Umsatzsteuernachschau traf die Prüferin für den Voranmeldungszeitraum 9/2015 in der Tz 7 lit. a des mit datierten Berichtes nachstehend verfahrensrelevante Feststellung:
Im Umsatzsteuernachschauzeitraum 2015 wurden auf dem Kto. ***1*** Wasser- und Kanalisationsbauten Aufwendungen von gesamt netto € 69.026,92 verbucht und Vorsteuern i.H. von € 13.805,38 geltend gemacht.
Diese Aufwendungen betreffen die Errichtung des Oberflächenentwässerungsgrabens "***2***".
In den vorgelegten behördlichen Bewilligungsverfahren (Naturschutz, Wasserrecht) wird als Zweck und Veranlassung des Projektes angeführt:
Bei Regen sammelt sich das Oberflächenwasser am Südrand von ***3*** auf dem asphaltierten Güterweg "***4***" und rinnt in Richtung bebautes Ortsgebiet. Im Bereich ***7*** endet der Güterweg und das Wasser sucht sich in der Tiefenlinie seinen weiteren Weg durch die Wiesen und Gärten und vorbei an den Gebäuden zum bestehenden Entwässerungsgraben entlang der ***5***.
Durch den Bau eines neuen Entwässerungsgrabens soll das Wasser am ***4*** außerhalb des Ortsgebiets abgefangen und auf direktem Weg in den bestehenden Entwässerungsgraben entlang der ***5*** eingeleitet werden. Auf diese Weise soll das Siedlungsgebiet im Regenfall wirkungsvoll gegen Überflutungen geschützt werden.
Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde ein Schreiben der ***6***-GmbH (Projektaufsicht) vom beigebracht, in dem ausgeführt wird:
"Bei Regen sammelt sich das Oberflächenwasser am Südrand von ***3*** auf dem Güterweg "***4***" und rinnt auf diesem in das bebaute Ortsgebiet. Im Bereich ***7*** wird das Wasser durch einen Regenwasserkanal gefasst und abgeleitet.
Bei starken Regenereignissen wurde der Regenwasserkanal durch die großen Wassermengen regelmäßig überlastet und es kam zu einem Rückstau und zu Überflutungen im Ortsgebiet.
Durch den Bau des Grabens ***8*** wird das Wasser jetzt bereits außerhalb des Ortsgebietes abgefangen und abgeleitet. Auf diese Weise wird der Regenwasserkanal wirksam vor Überlastungen geschützt.
Der Graben ist damit zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Regenwasserabfluss- und Kanalsystems in ***3*** geworden."
Grundsätzlich sind Aufwendungen zum Zweck der Errichtung von Hochwasserschutzanlagen eine hoheitliche Tätigkeit und berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug.
Wie aus den vorangegangenen Ausführungen zu entnehmen ist, wird durch den Graben das Wasser bereits vorher abgefangen und abgeleitet, dies hat mit dem Kanal unmittelbar nichts zu tun.
Der Entwässerungsgraben selbst dient dem Hochwasserschutz (hoheitliche Tätigkeit) und nicht der Einnahmenerzielung oder unternehmerischen Nutzung, Der Vorsteuerabzug steht daher nicht zu.
Die bisher geltend gemachten Vorsteuern werden in der UVA 9/2015 i.H. von € 13.805,38 gekürzt.
Festsetzung der Umsatzsteuer für den Monat September 2015
Die belangte Behörde folgte obigen Ausführungen der Prüferin und setzte mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für den Monat September 2015 - unter Hinweis auf den mit datierten Bp. Bericht - ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Vorsteuern von 13.805,38 Euro fest.
Beschwerde vom
Mit per Finanz Online am eingebrachter Eingabe erhob die steuerliche Vertretung der Bf. gegen vorangeführten Bescheid nachstehend begründete - in ihren relevanten Passagen wiedergegebene - Beschwerde:
Die Beschwerde richtet sich gegen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides. Wir stellen daher den Beschwerdeantrag, die UVA für den Zeitraum 09-2015 dahingehend zu ändern, dass die Vorsteuer für Abwasserbeseitigung 2015 in der Höhe von EUR 13.805,38 anerkannt wird oder durch Bescheide zu ersetzen, die den untenstehenden Beschwerdegründen Rechnung tragen.
Begründung: Bei dieser Festsetzung wurde Vorsteuer idH von EUR 13.805,38 aufgrund einer Rechnung betreffend Errichtung einer Erweiterung des örtlichen Kanalsystems in Form eines Entwässerungsgrabens nicht anerkannt. Die Behörde ist der Ansicht, dass es sich bei diesem Bauwerk um eine Hochwasserschutzanlage handelt und somit die Anlage der hoheitlichen Tätigkeit zuzuordnen ist.
Im Rechnungstext ist von Entwässerungsmaßnahmen ***8*** (***9*** s. Beilage) die Rede. Es handelt sich um eine Anlage welche verhindern soll, dass bei Starkregen das örtliche Kanalsystem außer Betrieb gesetzt bzw. empfindlich gestört wird und damit ist der Graben zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Regenwasserabfluss- und Kanalsystems in ***3*** geworden (siehe Schreiben ***6*** GmbH vom - siehe BP-Bericht Tz 7 18510 Abwasserbeseitigung 2015 vom ). Dieser Ansicht hat sich fernmündlich auch die Wasserrechtsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung angeschlossen, welche die wasserrechtliche Genehmigung erteilt hat (B. vom ). Wir ersuchen um antragsgemäße Erledigung."
Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom
Die belangte Behörde schloss sich den Ausführungen in der Beschwerde nicht an und wies das Rechtsmittel via BVE vom mit nachstehender - ebenfalls in ihren relevanten Passagen wiedergegebener Begründung - ab:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 sind die Körperschaften öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftseuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets Wasserwerke, Schlachthöfe, Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.
Gemäß § 2 Abs. 1 KStG 1988 ist Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jede Einrichtung, die wirtschaftlich selbständig ist und ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und nicht der Land- und Forstwirtschaft (§ 21 des Einkommensteuergesetzes 1988) dient Die Absicht Gewinn zu erzielen ist nicht erforderlich. Die Tätigkeit der Einrichtung gilt stets als Gewerbebetrieb.
Nach § 2 Abs. 5 KStG 1988 liegt eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb).
Als Indiz für die Ausübung öffentlicher Gewalt wird in § 2 Abs. 5 KStG 1988 das Merkmal des Annahmezwangs angeführt. Darüber hinaus muss die Körperschaft öffentlichen Rechts zum Erreichen ihres Zieles in der Rechtsordnung des öffentlichen Rechts begründete Hoheitsakte setzen und sich nicht der gleichen Mittel bedienen, wie sie das Privatrecht jedermann zur Verfügung stellt.
Nach Art. 13 Abs. 1 RL 2006/112/EG gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen,
auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Gemäß § 40 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, bedürfen Entwässerungsanlagen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern es sich um eine zusammenhängende Fläche von mehr als 3 ha handelt oder eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse des Vorfluters oder fremder Rechte zu befürchten ist.
Soweit dies zur Unterstützung der Umsetzung der planerischen Vorgaben des Hochwasserrisikomanagementplanes erforderlich ist, ist gemäß § 43 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in Gebieten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von Hochwasser überflutet werden können, durch die Bildung einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes für die Ausführung von Maßnahmen des Hochwasserrisikomanagements Sorge zu tragen oder es sind die von Fall zu Fall durch Bundesgesetz bestimmten anderweitigen Vorsorgen zu treffen.
Hochwasserschutz ist in Planung, Anordnung und Durchführung hoheitliche Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Herstellung von Schutz- und Regulierungswasserbauten zum Hochwasserschutz zählt somit zum Hoheitsbereich.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Bau eines Entwässerungsgrabens außerhalb des Ortsgebietes, der zum Schutz des Siedlungsgebietes vor Überflutungen dienen soll.
In der Zeitung der ***10*** ***3*** "Gemeinsam für ***3*** Dezember 2014" wird auf Seite 6 unter "Kurze Vorschau auf 2015 - Große Projekte" angeführt: "Umsetzung Entwässerung ***8***: Auch der Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen wird im Jahr 2015 Formen annehmen. Nach der erfolgreichen wasserrechtlichen Prüfung sowie der Überprüfung durch das Umweltamt konnte im November die Baugenehmigung erteilt werden."
Auch in den Bewilligungen wird angeführt, dass der Bau des Entwässerungsgrabens zum Schutz vor Überflutungen durchgeführt werden soll.
Der Entwässerungsgraben dient dem Hochwasserschutz und nicht der Einnahmenerzielung oder unternehmerischen Nutzung.
Für hoheitliche Tätigkeiten besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug. Daher war die Beschwerde abzuweisen."
Vorlageantrag vom
In der Folge wurde mit Eingabe vom gegen die - der Bf. am zugestellten BVE - ein Vorlageantrag nachstehenden Inhalts erhoben:
"Die befasste Behörde hat den Vorsteuerabzug hinsichtlich der Aufwendungen für den "Entwässerungsgraben ***8***" für die Kanalisationsanlage der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgelehnt, dass "Hochwasserschutz" per se eine hoheitliche Tätigkeit darstelle und damit nicht in den unternehmerischen Bereich der Beschwerdeführerin falle.
Gemäß § 2 Abs. 5 KStG 1988 liegt eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb).
Als Hoheitsbetriebe gelten insbesondere Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen.
Zufolge § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 sind Körperschaften des öffentlichen Rechts zwar grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig; allerdings gelten zufolge Abs. 3 leg. cit. Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen stets als Betriebe gewerblicher Art im Anwendungsbereich dieser Norm.
Unter einer "Anstalt zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen" ist eine (Ortsanlage) Kanalisationsanlage zu verstehen ( G 9/80, und E , 89/17/0194).
Nach hg. Ansicht kommt dem Umstand, welcher Art die in den jeweiligen Kanalisationsanlagen entsorgten Abwässer sind - nämlich Niederschlagswässer oder Schmutzwässer - keine entscheidende Bedeutung zu, weil eine Kanalisationsanlage sowohl im Hinblick auf den wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Zusammenhang als auch nach der Verkehrsauffassung einen einheitlichen Betrieb darstellt (VwGH, GZ 93/14/0033).
Der gegenständliche Entwässerungsgraben dient dazu, große Niederschlagsmengen aufzufangen und geordnet abzuführen. Das Regenwasser- und Kanalsystem der Beschwerdeführerin stellen eine Einheit dar und bedingen einander gegenseitig: schließlich wurden die gegenständlichen Aufwendungen primär deswegen getätigt, weil tatsächliche Überlastungen des Systems durch Regenwasser in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass Fäkal- und sonstige Abwässer bis in die Gebäude der Kanalanschlussinhaber zurückgedrängt wurden. Zufolge der Stellungnahme des ausführenden bzw. planenden Ziviltechnikers (***6*** GmbH) stellt der gegenständliche Graben "einen unverzichtbaren Bestandteil des Regenwasserabfluss- und Kanalsystems" der Beschwerdeführerin dar.
Auf die Ausführungen in der vorgehenden Beschwerde wird hingewiesen."
Darüber hinaus wurde der Antrag auf Behandlung des Rechtsmittels durch den Senat unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Vorlage der Beschwerde an das
Mit Vorlagebericht vom wurde das Rechtsmittel der Bf. dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Erlassung eines gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufigen Bescheideszur Umsatzsteuer für das Jahr 2015
In der Folge wurde am der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen wobei begründend ausgeführt wurde, dass der Ausspruch der Vorläufigkeit auf der bis dato unerledigten - gegen die bescheidmäßig verfügte Umsatzsteuerfestsetzung für den Monat September 2015 erhobenen Beschwerde - fußt, respektive vorgenannte Beschwerde ob der Norm des § 253 BAO nunmehr als gegen den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 2015 gerichtet gilt.
Vorhalt des
Mit Vorhalt des wurde die Bf. aufgefordert die in der Beschwerde ins Treffen geführte Eigenschaft des Entwässerungsgrabens "***8***" als unverzichtbaren Bestandteil des (Orts)Kanalsystems mittels Nachreichung aussagekräftiger Unteralgen zu konkretisieren.
Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme der Wasserechtabteilung des Landes Burgenland vom
In Beantwortung des Vorhaltes wurde seitens der Bf. eine mit datierte gutachterliche Stellungnahme betreffend das Projekt Entwässerungsgraben ***8*** nachgereicht, wobei deren Inhalt wortwörtlich wie folgt lautet:
Datum:
Sachbarbeiterin: ***20***
Zahl: ***12***
Betreff: Gemeinde ***3***, Entwässerungsgraben ***8***
Stellungnahme
OE: ***14***
Sehr geehrte Damen und Herren!
Entsprechend dem do. Ersuchen vom , Zl.: ***13***, ergeht zum Vorhaben der Gemeinde ***3***, Entwässerungsgraben "***8***", auf Basis der Einreich- und Ausführungsunterlagen folgende Beurteilung aus wasserfachlicher Sicht.
Befund
Die Gemeinde ***3*** hat mit Bescheid vom , Zl.: ***15*** die wasserrechtliche Bewilligung hinsichtlich des Entwässerungsgrabens "***8***" mit einer Länge von ca. 400 m erteilt bekommen. Gemäß Bescheid vom , Zl.: ***16*** wurde diese Anlage wasserrechtlich überprüft. Hierbei wurde festgestellt, dass die Ausführung des Entwässerungsgrabens mit der erteilten Bewilligung im Wesentlichen übereinstimmt.
Gutachten
Der gegenständliche Entwässerungsgraben dient dazu, große Niederschlagsmengen aufzufangen und geordnet abzuführen. Dabei wird das anfallende Wasser am ***4*** außerhalb des Ortes aufgefangen und auf direktem Weg in den bestehenden Entwässerungsgraben entlang der ***5*** ***17*** eingeleitet. Das Regen- und Kanalsystem der Beschwerdeführerin stellt ein funktional zusammenhängendes Mischwassersystem dar. Aufgrund von tatsächlich aufgetretenen hydraulischen Überlastungen des Systems infolge von Regenwassereintrag, die in der Vergangenheit zum Rückstau von Fäkal- und sonstigen Abwässern in die Gebäude der Kanalanschlussinhaber führten, wurde der gegenständliche Entwässerungsgraben erforderlich.
Zufolge der Stellungnahme des ausführenden bzw. planenden Ziviltechnikers (vorm. ***6*** GmbH, nunmehr ***18*** GmbH. in 7000 Eisenstadt) stellt der gegenständliche Graben "einen unverzichtbaren Bestandteil des Regenwasserabfluss- und Kanalsystems" der Gemeinde ***3*** dar. Diese Einschätzung wird von der unterfertigten wasserfachlichen Amtssachverständigen vollumfänglich bestätigt.
Die wasserfachliche Amtssachverständige:
eigenhändige Fertigung
***19***
Rücknahme der Anträge auf Entscheidung durch Senat und mündliche Verhandlung
Mit per Telefax eingebrachter Eingabe vom hat die steuerliche Vertretung der Bf. obige im Vorlageantrag vom (richtig Poststempel ) gestellten Anträge zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden auf der Aktenlage basierenden Sachverhalt zugrunde:
Die Bf. eine im Burgenland domizilierte Gemeinde hat - basierend auf den im Juli 2014 erstellten Plänen des Ziviltechnikerbüros ***6*** GmbH - im Jahr 2014 betreffend das Projekt Entwässerungsgraben ***8*** bei den zuständigen Behörden Anträge auf wasserrechtliche sowie naturschutzrechtliche Bewilligung eingebracht, wobei diesen mittels Bescheiden vom bzw. vom entsprochen wurde. Hierbei ist vorgenannten Bescheiden unter den Punkten "Zweck und Veranlassung des Projektes" das einerseits via Bau des Entwässerungsgrabens intendierte Abfangens des Regenwassers außerhalb des Ortsgebietes inklusive dessen direkter Einleitung in den bestehenden Wassergraben zu entnehmen, anderseits ob der im Punkt "Detailbeschreibung" getätigten technischen Ausführungen eine untrennbare Verbindung des Entwässerungsgrabens ***8*** mit dem bestehenden Kanalsystem der Bf. evident.
Als Ergebnis einer - unter anderem - den Monat September 2015 betreffenden Umsatzsteuernachschau wurde der Bf. mit der Begründung, dass - ungeachtet der im Prüfungsverfahren nachgereichten, mit datierten Stellungnahme des Ziviltechnikerbüros, wonach der Entwässerungsgraben ***8*** einen unverzichtbaren Bestandteil der Ortskanalisation darstellt - dieses Projekt die Errichtung einer in den Hoheitsbereich der Bf. fallenden Hochwasserschutzanlage umfasst, der Abzug der in vorgenanntes Projekt betreffenden Fakturen vom , vom sowie vom im Gesamtbetrag von 13.805,38 Euro ausgewiesenen Umsatzsteuern als Vorsteuern verwehrt.
Während dem laufenden - den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Monat September 2015 betreffenden Beschwerdeverfahren -, wurde die Bf. zur Umsatzsteuer für das Jahr 2015 veranlagt, wobei die Festsetzung diese Abgabe vermittels Bescheid vom gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erfolgte.
In der - als Substrat ergänzender Ermittlungen des Verwaltungsgerichtes - zu qualifizierenden gutachterlichen Stellungnahme vom wird der Status des Kanalsystems der Bf. als ein aus der Zusammenschau des Entwässerungsgrabens ***8*** mit dem bestehenden Entwässerungsgraben resultierendes funktional zusammenhängendes Mischwassersystem bestätigt, das dahingehend ausgerichtet ist, hydraulischen, sprich auf nichtkanalisiertem Regenwasser fußenden Überlastungen verbunden mit den in der Vergangenheit aufgetretenen Folgen eines Rückstaus von Fäkalien und Abwässern in die Gebäude der Kanalanschlussinhaber effektiv entgegenzuwirken. Ergo dessen ist aus gutachterlicher Sicht - den gleichlautenden, in der Stellungnahme des Ziviltechnikerbüros zum Ausdruck gebrachten Erwägungen folgend -, die Eigenschaft des Entwässerungsgraben ***8*** als unverzichtbarer Bestandteil des Kanalsystems außer Streit gestellt.
2. Beweiswürdigung
Der unter Punkt 1 dargestellte Sachverhalt ist unstrittig und beruht dieser vor allem auf den Bescheiden der als Wasserechtbehörde fungierenden Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt - Umgebung vom , dem Bescheid des als Naturschutzbehörde fungierenden Landes Burgenland vom , der Stellungnahme des Büros ***6*** GmbH vom sowie der zum Projekt Entwässerungsgraben ***8*** ergangenen gutachterlichen Stellungnahme vom .
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
3.1.1. Anfechtungsgegenstand
Aus der Bestimmung des § 253 erster Satz BAO, wonach für den Fall, dass ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid ist abzuleiten, dass nunmehr der gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassene Umsatzsteuerbescheid 2015 vom den Anfechtungsgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildet.
In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass entsprechend dem zweiten Satz des § 253 BAO, der Umstand, dass der in Beschwerde gezogene Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid exklusiv den Monat September 2015 sprich sohin einen kürzeren Zeitraum umfasst hat, an obigem Anfechtungsgegenstand letztendlich keine Änderung herbeizuführen vermag.
3.1.2. Streitfrage
Vor dem Hintergrund des unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalts steht in Streit ob der von der Bf. errichtete Entwässerungsgraben ***8*** als Bestandteil einer Anlage zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen im Sinne des § 2 Abs. 3 Teilstrich 4 UStG 1994 zu qualifizieren und ergo dessen als dem unternehmerischen Bereich der Bf. zugehörig dieser einen Anspruch auf Abzug der aus den Planungs- und Errichtungskosten herrührenden Umsatzsteuern als Vorsteuern vermittelt, oder dieser- der Ansicht der belangten Behörde folgend -, als eine eigenständige, in den Hoheitsbereich der Bf. fallende Hochwasserschutzanlage zu erachten ist.
3.1.3. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 sind Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetz 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetztes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig;
Nach Abs. 3 Teilstrich 4 leg. cit. gelten Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen stets als Betriebe gewerblicher Art im Anwendungsbereich dieser Norm.
3.1.4.Rechtliche Würdigung
3.1.4.1. Kanalisationsanlagen als Anlagen zur Abfuhr von Spülwasser
Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sind unter Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser unter anderem (Orts-) Kanalisationsanlagen zu subsumieren ( G 9/80; ). Im Erkenntnis vom , 93/14/0033 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass Kanalisationsanlagen unabhängig davon, in wievielen Kreisen das System ausgeführt ist im Hinblick auf den wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Zusammenhang als einheitlicher Betrieb anzusehen sind. Demzufolge steht daher auch der Vorsteuerabzug auch insoweit zu, als die Vorleistungen mit jenem Teil der Anlage in Zusammenhang stehen, der lediglich der Ableitung des Niederschlagswassers dient.
3.1.4.2. Entwässerungsgraben ***8*** - Bestandteil des Kanalsystems der Bf.
Ausgehend von den Ausführungen unter Punkt 3.1.4.1. der Stellungnahme des Ziviltechnikerbüros vom sowie der gutachterlichen Stellungnahme vom gelangt das Verwaltungsgericht - aus nachstehend angeführten Erwägungen - zur Überzeugung, dass der Entwässerungsgraben ***8*** als unverzichtbarer Bestandteil der Kanalisationsanlage zu qualifizieren ist.
Obige Schlussfolgerung gründet vor allem auf den schlüssigen Ausführungen der Stellungnahmen betreffend die Funktion des Entwässerungsgrabens als "geordnete" Ableitung des Niederschlagswassers in den bestehenden Kanal. Der Umstand, dass nämliche - in technischer Hinsicht mittels Verrohrung umgesetzte - Ableitung im Falle Starkregens einer sich in Abwasser- und Fäkaleintrittes in die Gebäude der Kanalanschlussinhaber äußernden Überlastung des bestehenden Kanals entgegenwirken soll, stellt nach Auffassung des BFG einen weiteren Mosaikstein für die Verifizierung der Eigenschaft des Entwässerungsgrabens ***8*** als unverzichtbaren Bestandteil des Kanalsystems dar.
Im Lichte obiger Ausführungen ist dem Argument der belangten Behörde, wonach der Entwässerungsgraben ***8*** - als lediglich im mittelbaren Zusammenhang mit der Ortskanalisation stehend -, eine eigenständige, sohin exklusiv den nichtunternehmerischen Hoheitsbereich der Bf. tangierende Hochwasserschutzanlage darstellt, damit der Boden entzogen.
Zusammenfassend ist somit - unter zusätzlicher Berücksichtigung der nach der Judikatur der Höchstgerichte im Rahmen der fiktiven Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 Platz zu greifenden "Einheitsbetrachtung" - die Errichtung des Entwässerungsgraben ***8*** als im unternehmerischen Bereich der Bf. bewirkt zu erachten.
Korrespondierend damit steht der Bf. der Abzug der in den an oberer Stelle angeführten Fakturen im Gesamtausmaß von 13.805,38 Euro ausgewiesenen Umsatzsteuern als Vorsteuern zu.
3.1.4.3. Neufestsetzung der Umsatzsteuer 2015
In Ansehung vorstehender Ausführungen war die Umsatzsteuer 2015 wie folgt festzusetzen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 2015 | Betrag (Euro) |
Gutschrift (bisher laut Bescheid vom ) | 4.107,33 |
Berücksichtigung Vorsteuern Projekt ***8*** | 13.805,38 |
Gutschrift (laut BFG) | 17.912,71 |
3.1.4.4.Endgültige Festsetzung des gemäß § 200 Abs. 1 vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheides 2015
Nach der Bestimmung des § 200 Abs. 1 BAO idF BGBl I 2022/108 kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht noch ungewiß, aber wahrscheinlich ist, oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist. Nach dem zweiten Satz leg. cit. kann die Abgabe auch dann vorläufig festgesetzt werden, wenn die Abgabepflicht oder der Umfang der Abgabepflicht auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung einer Rechtsfrage in einem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren, welches die gleiche Partei (§ 78) betrifft, noch ungewiss ist.
§ 200 Abs. 2 Satz 1 BAO normiert für den Fall, dass die Ungewissheit beseitigt oder das Rechtsmittel rechtskräftig entschieden ist, dass die vorläufige durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzten ist.
Nach der Bestimmung des § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte - abgesehen von den im vorliegenden Fall nicht Platz greifenden, in den lit. a bis c des zweiten Satzes leg. cit. determinierten Ausnahmen - die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.
Darüber hinaus räumt die Bestimmung des § 279 Abs. 1 BAO den Verwaltungsgerichten unter anderem die Befugnis ein im Zuge der Erlassung eines Erkenntnisses den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
In Anbetracht letztangeführter Normen und der Tatsache, dass im vorliegenden Fall kein Grund für eine vorläufige Festsetzung der Umsatzsteuer 2015 verbleibt, war diese im Rahmen der Beschwerdeerledigung endgültig festzusetzen.
Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Qualifikation des in Streit stehenden Projekts einerseits in freier Würdigung der im Erkenntnis zitierten Beweismittel erfolgte anderseits das Verwaltungsgericht auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Demzufolge war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 269 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 200 Abs. 2 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 3 Teilstrich 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | G 9/80 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7106337.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at