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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.10.2024, RV/6200011/2018

Nacherhebung von Abgaben; unrichtige Einreihung von Glasfasergewebebändern der Unterposition 7019 4000 50

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Wolfgang Gappmayer, Margaretenstraße 22 Tür 12, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***600000/00000/2/2017***, betreffend Einfuhrabgaben (Antidumpingzoll) und Verzugszinsen zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zahl: ***600000/00000/2/2017***, hat das Zollamt der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) als Anmelder mitgeteilt, dass der Einfuhrabgabenbetrag zu Zollanmeldung ***MRN*** vom wegen Angabe einer unrichtigen Warennummer mit einem geringeren Betrag als dem zu entrichtenden Betrag festgesetzt und buchmäßig erfasst wurde, weshalb ein Abgabenbetrag (Zoll) von EUR 9.508,06 nachzuerheben sei. Als Folge der Nacherhebung seien weiters Verzugszinsen in Höhe von EUR 203,90 zu entrichten.
Eine nachträgliche Kontrolle habe ergeben, dass die Einfuhrware, selbstklebende Gitterstreifen der Materialnummern 5403 und 5404 mit Ursprungsland China, nicht in die angegebene Warennummer 7019 4000 99, sondern in die Warennummer 7019 4000 50 einzureihen seien. Dies sei der Bf bereits bei der Zwischenerledigung zur Betriebsprüfung (Vorprüfung) am mitgeteilt worden. Es komme im Hinblick auf die nachgereichte Handelsrechnung ein unternehmensspezifischer Zollsatz in Höhe von 57,7 % zur Anwendung (TARIC Zusatzcode B008).

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter Beschwerde gegen den Abgabenbescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erhoben.
Sie sei Inhaberin der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) ***AT2013*** und habe in ihrem Antrag vom die Einreihung der verfahrensgegenständlichen Gitterstreifen in den Nomenklatur-Code 7019 4000 90 vorgeschlagen. Laut ETOS-Untersuchungsbefund ***0000/2013*** vom liege ein Gewebe aus Glasseidensträngen der Position 7019 4000 90 vor. Die Zustellung der vZTA habe sich wegen EDV-Problemen verzögert, es sei der Bf jedoch auf Nachfrage mit E-Mail vom mitgeteilt worden, dass die Einreihung antragsgemäß erfolge. Bei der Mengen- und Lieferantenplanung durfte die Bf somit davon ausgehen, dass dem Einreihungsvorschlag im Antrag entsprochen wird.
Noch mit Mitteilung des Zollamtes Salzburg vom sei nach Probenentnahme und entsprechender Untersuchung in der ETOS-Erledigung ***0000/2016*** ausdrücklich festgestellt worden, dass die betreffende Ware in die TARIC-Position 7019 4000 99 einzureihen sei. Erst mit Schreiben vom habe das Zollamt Wien überraschend festgehalten, die Ware sei in die Position 7019 4000 50 einzureihen.
Zur Rechtswidrigkeit des Inhalts wird in der Beschwerde ausgeführt:

"A.

Die vZTA ***AT2013*** ist gültig bis , weshalb sie für die Zollbehörden verbindlich ist. Im Hinblick darauf, auf die E-Mail der für die Erteilung von vZTA zuständigen Zentralstelle für Verbindliche Zolltarifauskünfte vom sowie die Mitteilung des Zollamtes Salzburg vom , ***600000/00000/2016***, ist die verfahrensgegenständliche "Ware in die TARIC-Position 7019 4000 99 einzureihen". Diese Tatsache ergibt sich auch in Zusammenschau mit den Ausführungen in der Durchführungsverordnung Nr. 976/2014 der Kommission vom , insbesondere im Hinblick auf die warenspezifischen Beschreibungen und die in Erwägungsgrund 17 enthaltene Tatsache, dass "der korrekte Code" letztlich "nur anhand von Laboruntersuchungen ermittelt werden" kann.

Schon aufgrund der Tatsache, dass die verfahrensgegenständliche Ware in die TARIC-Position 7019 4000 99 einzureihen ist, hat die belangte Behörde den gegenständlich angefochtenen Bescheid in Verkennung der Rechtslage mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Der gegenständlichen Beschwerde ist sohin schon aus diesem Grund Folge zu geben.

Im Übrigen wird festgehalten, dass gemäß Art. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 976/2014 Zoll unter anderem bloß für jene Waren erhoben wird, die zollamtlich erfasste Einfuhren betreffen und unter TARIC-Codes 7019 40 00 11, 7019 40 00 21 und 7019 40 00 50 eingereiht wurden. Ungeachtet der Tatsache, dass die Einfuhren zollamtlich nicht erfasst waren, waren die gegenständlichen Waren nicht zuletzt auch gemäß Mitteilung des Zollamtes Salzburg vom , ***600000/00000/2016*** entsprechend der ETOS-Erledigung ***0000/2016*** ausdrücklich nicht unter diese Positionen einzureihen.

Auch aufgrund dieser Tatsache ist der gegenständlich angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb dieser auch aus diesem Grund aufzuheben sein wird.

B.

Die nachträgliche buchmäßige Erfassung hat nach anzuwendender Rechtslage gemäß § 105 UZK zu erfolgen. Die Vereitelung bzw. Unterlassung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung hat nunmehr amtswegig zu erfolgen, oder aber nach entsprechendem Antrag gemäß Art. 119 UZK (vgl. Witte/Henke/Kammerzell, Der Unionszollkodex2 129).

Die nachträgliche buchmäßige Erfassung hat nicht zu erfolgen bzw. ist der Einfuhrabgabenbetrag gemäß Art. 119 Abs. 1 UZK zu erlassen, sofern der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag "aufgrund eines Irrtums der zuständigen Behörden einem niedrigeren als dem zu entrichtenden Betrag entsprach" sowie dieser Irrtum "vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte" und der Zollschuldner "gutgläubig gehandelt" hat. Festzuhalten ist, dass hinsichtlich der Grundsätze zum Vertrauensschutz diesbezüglich auch auf die bisherige Rechtslage zu Art. 220 Abs. 2 ZK verwiesen werden kann (vgl. Witte/Henke/Kammerzell, Der Unionszollkodex2 129; Teibinger/Gellert, Praxiskommentar - Der neue Unionszollkodex VIII-22). Wesentlich für die Beurteilung und Entscheidung des gegenständlichen Sachverhalts ist der Umstand, dass die nachträgliche Vorschreibung der Einfuhrabgaben im Hinblick auf die konkrete Konstellation des gegenständlichen Einzelfalles "aus Gründen der Rechtssicherheit beschränkt ist und das "berechtigte Vertrauen" der Beschwerdeführerin "in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte [...], die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden" müssen (Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 8).

Ginge man davon aus, dass die verfahrensgegenständlichen Waren nicht in die TARIC-Position 7019 4000 99 einzureihen wären, gründe die seinerzeitige Einfuhrabgabenerhebung auf einem irrtümlichen Fehlverhalten der zuständigen Zollbehörde. In diesem Fall hätte sie die anzuwendenden Bestimmungen unrichtig ausgelegt bzw. angewendet. Insofern ist das berechtigte Vertrauen der Beschwerdeführerin auf das Verwaltungshandeln der Zollbehörde gegenständlich jedenfalls geschützt. Die Beschwerdeführerin konnte als verständige Abgabenschuldnerin diesen Irrtum der Zollbehörde nicht erkennen. Der sich zunächst in der erteilten vZTA und den davor schriftlich erteilten Informationen seitens der Zollbehörde manifestierte Irrtum gründete auch nicht auf unrichtigen Erklärungen der Beschwerdeführerin. Würde man in den erfolgten Tarifierungen eine unrichtige Erklärung der Beschwerdeführerin erkennen, so wäre diese unschädlich, als diese "nur die Folge unrichtiger Auskünfte, die von zuständigen Behörden erteilt wurden und diese binden" ( C-348/89). Bloß der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle festgehalten, dass selbstverständlich nicht nur verbindliche, sondern freilich auch unverbindliche Auskünfte der Zollbehörden - etwa auch im Sinne des (nunmehrigen) Art. 14 UZK - einen Irrtum im Sinne des Art. 119 UZK bewirken ( C-371/90). Jedenfalls steht fest, dass die seinerzeitige Abgabenerhebung "auf ein Handeln der zuständigen Behörden" und nicht etwa auf eines, das "in der Sphäre" der Beschwerdeführerin liegen würde, zurückzuführen ist {Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 11).

Insofern liegt gegenständlich jedenfalls der geforderte aktive Irrtum im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vor, wobei auch die Tatsache, dass die Anmeldungen seitens der Zollbehörden über einen längeren Zeitraum unbeanstandet angenommen wurden und im Übrigen sogar offensichtlich "Kontrollen wie exemplarisch die Dokumentenkontrolle vom " durchgeführt wurden (Seite 7 des angefochtenen Bescheides) einen Irrtum im Sinne des (nunmehr) Art. 119 UZK begründet {Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 14).

Der Irrtum der Zollbehörde war für die Beschwerdeführerin nicht erkennbar. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass hinsichtlich der gegenständlichen Rechtsproblematik von einer schwierigen und komplexen Rechtslage auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin ist gegenständlich sohin jedenfalls schutzwürdig und handelte gutgläubig. Zur komplexen Rechtslage wird bloß festgehalten, dass in Europa mehrere unterschiedliche vZTAs erlassen wurden (vgl. Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 27). Auch der Inhalt der Mitteilung des Zollamtes Salzburg vom , ***600000/00000/2016*** im Sinne der ETOS-Erledigung ***0000/2016*** bestätigt die Frage der Komplexität der gegenständlich zu beurteilenden Problemfelder. Wiewohl "keine allgemeine Pflicht zur Einholung einer vZTA" existiert {Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 35) hat die Beschwerdeführerin - um Rechtssicherheit zu erhalten - eine vZTA eingeholt und wurde ihr in diesem Zusammenhang mehrmals bestätigt, dass diese antragsgemäß erlassen wird (allgemein dazu C-64/89). In Zusammenschau mit der ETOS-Erledigung vom wird augenscheinlich, dass die zuständige Zentralstelle für Verbindliche Zolltarifauskünfte sowohl 2016, als auch selbstverständlich zum Zeitpunkt der Erteilung der vZTA davon ausging, dass die Ware unter (aktuell) 7019 4000 99 - andere zu tarifieren ist.

Als weiteres Zwischenergebnis ist sohin festzuhalten, dass es die belangte Behörde unterlassen hat, von Art. 119 UZK von Amts wegen Gebrauch zu machen. Die belangte Behörde hat nicht erkannt, dass gegenständlich Vertrauensschutz der Beschwerdeführerin dahingehend besteht, als es "auf Grund einer ursprünglich zu nieder mitgeteilten Zollschuld" dann nicht zu einer Nachforderung kommt, wenn - wie gegenständlich - die Ursache der zu nieder mitgeteilten Zollschuld "auf einen Irrtum der Zollbehörden zurückzuführen ist" (Teibinger/Gellert, Praxiskommentar - Der neue Unionszollkodex VIII-24). Auch deswegen hat die belangte Behörde den gegenständlich angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb dieser - auch aus diesem Grund - aufzuheben sein wird.

C.

Bloß der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass gegenständlich auch die Voraussetzungen des Art. 120 UZK vorliegen. Die Zollschuld ist gegenständlich unter besonderen Umständen entstanden, die nicht auf eine Täuschung oder offensichtliche Fahrlässigkeit der Beschwerdeführerin zurückzuführen ist.

Auch diese Bestimmung ist "von Amts wegen" zur Anwendung zu bringen (Teibinger/Gellert, Praxiskommentar - Der neue Unionszollkodex VIII-24) und können die Grundsätze zur bisherigen Bestimmung des Art. 239 ZK auch auf die Auslegung des Art. 120 UZK herangezogen werden (Teibinger/Gellert, Praxiskommentar - Der neue Unionszollkodex VIII-23).

Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbeteiligten im gleichen Geschäftsfeld stellt der gegenständliche Sachverhalt einen besonderen Fall im Sinne des Billigkeitsrechts dar. Dies aus nachstehenden Gründen:

  • Gegenständlich hätte die Beschwerdeführerin einen Schaden zu tragen, den sie bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte, weil sie - hätte der Irrtum der Zollbehörden gegenständlich nicht existiert - verfahrensgegenständliche Einfuhren nicht durchgeführt hätte. Ein Irrtum der Zollbehörden stellt einen besonderen Umstand dar (vgl. Witte/Alexander, Zollkodex Art 239 Rz 71)

  • Die Beschwerdeführerin war gutgläubig, vertraute auf Auskünfte von zuständigen Zollbehörden - wobei in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass selbst Auskünfte von Zollbehörden anderer Mitgliedsstaaten einen besonderen Umstand im Sinne der gegenständlich zu prüfenden Rechtsfrage sein können ( C-250/91).

Betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit liegt bei der Beschwerdeführerin bzw. den sie vertretenden bzw. für sie agierenden Personen augenscheinlich nicht vor.

Da die belangte Behörde auch diesen entscheidungsrelevanten Umstand in ihrer gegenständlichen Entscheidung nicht mitberücksichtigte, hat sie den angefochtenen Bescheid auch deswegen mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb dieser auch aus diesem Grund aufzuheben sein wird.

D.

Der gegenständlich dargelegte Irrtum der Zollbehörden wird auch aus nachstehenden Erwägungen augenscheinlich:

Die Beschwerdeführerin hat im Zusammenhang mit der vZTA ein Muster an die Zollverwaltung übermittelt. Kosten wurden der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang offensichtlich vorgeschrieben.

Das Zollamt Wien teilte der Beschwerdeführerin mit, dass die Einreihung antragsgemäß erfolge. Die Beschwerdeführerin bezog diese Information selbstverständlich auf den von Ihr angedachten bzw. angeführten Einreihungsvorschlag.

Außerdem erfolgten gegenständlich Dokumentenkontrollen und kam es im Rahmen dieser Kontrollen zu keinerlei Beanstandungen und Anmerkungen.

Zuguter letzt wird auch an dieser Stelle neuerlich ganz wesentlich der Umstand hervorgehoben, dass nicht nur diese Dokumentenkontrollen erfolgten. Auch eine Entnahme von Warenmustern erfolgte und kam das Zollamt Wien, Zentralstelle für Verbindliche Zolltarifauskünfte, zu dem Ergebnis, dass die Waren in die Tarifposition 7019400099 einzureihen sei [sic]. Aus dieser Entscheidung (ETOS Erledigung ***0000/2016***) zeigt sich unmissverständlich, dass das Zollamt Wien auch im Zusammenhang mit der Erteilung der vZTA diese Tarifposition vor Augen hatte. Damals wie bei der Entnahme der Warenmuster im Jahr 2016 untersuchte das Zollamt Wien die Ware und kam zu ebendemselben Ergebnis.

Hier ist auch der Umstand zu würdigen, dass das Ergebnis hinsichtlich der vZTA auch im Jahr 2015 noch per E-Mail mitgeteilt wurde."

Zum Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Begründung der Beschwerde ausgeführt:

"Hinsichtlich der Feststellungen der belangten Behörde zur erteilten vZTA und den mit dieser Erteilung einhergegangenen Umständen hätte die belangte Behörde weiters feststellen müssen, dass die Beschwerdeführerin in dem dieser vZTA zugrundeliegenden Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft begehrte, die Ware in die Position "andere" einzureihen und der Beschwerdeführerin mit E-Mail der Zentralstelle vom mitgeteilt wurde, dass die Erledigung der vZTA bzw. die Einreihung "antragsgemäß" erfolge.

Hätte die belangte Behörde diesen entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführerin auf diese Auskunft der zuständigen Zollbehörde bzw. Zentralstelle vertrauen durfte. Die konsequente Fortsetzung der Kette an Auskünften, die der Beschwerdeführerin bzw. deren Vertreter seitens zuständiger Zollbehörden erteilt wurden, gipfelte dann in dem Ergebnis der Entnahme von Warenmustern seitens der Zollbehörden anlässlich der Zollabfertigung mit der Anmeldung ***CRN***. Auch diese Prüfung kam zu dem Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen Gitterstreifen in die TARIC-Position 7019 4000 99 einzureihen ist [sic].

Entgegen dem Hinweis der belangten Behörde in der Begründung des gegenständlich angefochtenen Bescheides ging es bei dem Ergebnis dieser Prüfung nicht bloß um den "damaligen Zeitpunkt" (wie oben festgehalten, stellte die belangte Behörde fest, dass sich das Material nicht verändert habe). Auch aus der Feststellung der belangte Behörde auf Seite 8 des gegenständlich angefochtenen Bescheides, wonach eine "neuerliche Untersuchung der Gitterstreifen im Jänner 2017" erfolgte und sich im Rahmen dieser Untersuchung "eine Änderung der TARIC Position" ergab, macht evident, dass die Änderung der Taric-Position auch aus Sicht der belangten Behörde zwischen der ersten genannten Prüfung am und der zweiten genannten Prüfung im Jänner 2017 gekommen war."

Hätte die belangte Behörde all diese Umstände entsprechend gewürdigt, wäre sie zu einem für die Bf günstigeren Ergebnis gelangt und hätte festgestellt, dass keine Einfuhrabgaben nachzuerheben sind. Auch aus diesen Gründen habe die belangte Behörde den Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb dieser aufzuheben bzw. abzuändern sein werde.

Abschließend beantragt die Bf die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***600000/00000/4/2017***, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom hat die Bf beantragt, das Bundesfinanzgericht möge durch den Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über ihre Beschwerde entscheiden.
Ergänzend wird vorgebracht, innerhalb der Europäischen Union würden offensichtlich unterschiedliche Zolltarifauskünfte für die verfahrensgegenständliche Ware existieren.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2023/16/0088, ist die Revision der Bf gegen das ho Erkenntnis vom , RV/2200003/2022, betreffend Erlass von Einfuhrabgaben als unbegründet abgewiesen worden.
Mit Beschluss vom selben Tag, Ra 2023/16/0089, hat der Verwaltungsgerichthof die Revision der Bf gegen das ho Erkenntnis vom , RV/2200004/2022, betreffend Erlass von Einfuhrabgaben zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom hat die Bf durch ihren Vertreter bekannt gegeben, dass sie auf die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung verzichtet. Auch der Antrag auf Entscheidung in Senatsbesetzung wurde zurückgezogen.
Im Schreiben bringt die Bf neuerlich zusammenfassend vor, sie sei gutgläubig gewesen. Es habe Warenbeschauen und technische Untersuchungen der Ware durch die Zollbehörden gegeben, die die für die Tarifierung relevanten Sachverhaltselemente jedenfalls gekannt hätten. Die Bf habe den Irrtum der Behörden nicht erkennen können.
Zum Beweis möge das Bundesfinanzgericht Einsicht in die ho Akten RV/2200019/2019 und RV/2200004/2022 nehmen, insbesondere in die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom sowie das Tonbandprotokoll der mündlichen Verhandlung vom .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Bf bringt im Wesentlichen vor, die Nacherhebung des Antidumpingzolles zu ***MRN*** vom sei rechtswidrig, weil die Bf bei der Einreihung der verfahrensgegenständlichen Ware auf Auskünfte der Zollbehörden vertraut habe. Eine allfällige unrichtige Einreihung sei somit auf einen Irrtum der Zollbehörden zurückzuführen.

Artikel 119 UZK normiert für einen Erlass oder eine Erstattung Tatbestände, bei denen den zuständigen Behörden ein Irrtum unterlaufen ist, und enthält insoweit den Regelungsinhalt des Artikels 220 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, der dazu diente, das berechtigte Vertrauen des Zollschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte zu schützen, die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden.
Diese Prüfung findet nun aber nicht mehr bei der Nacherhebung, sondern nur im Rahmen eines meist vom Zollschuldner geltend gemachten Erlass- oder Erstattungsanspruchs statt ().
Zwar sind die Zollbehörden nicht gehindert, den Vertrauensschutz des Zollschuldners in die Richtigkeit der früheren Abgabenfestsetzung auch von Amts wegen zu berücksichtigen (Witte/Alexander, UZK7 Art. 119 Rz. 1, mwN), nach Ansicht des Zollamtes liegt im gegenständlichen Fall jedoch kein schutzwürdiges Vertrauen bzw kein entsprechender Irrtum der Zollbehörden vor. Auf Artikel 116 und Artikel 119 UZK gestützte Anträge der Bf auf Erstattung näher bezeichneter, mit Bescheid vom festgesetzter Eingangsabgaben betreffend Warenanmeldungen im Zeitraum bis hat das Zollamt daher abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg, Die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2200003/2022, wurde als unbegründet abgewiesen ().
Die Revision gegen das ho Erkenntnis vom , RV/2200004/2022, betreffend Erlass von Einfuhrabgaben, auf das von der Bf verwiesen wird, ist vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2023/16/0089, zurückgewiesen worden.

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Irrtum der Zollbehörde auch in einer von der Zollbehörde erteilten unrichtigen Auskunft bestehen, welche die Zollbehörde nicht wie verbindliche Zolltarifauskünfte bindet (vgl , mwN).
Voraussetzung für den Erlass der Einfuhrabgaben gemäß Artikel 119 Absatz 1 Buchstabe a UZK bzw für Berücksichtigung des Vertrauensschutzes ist jedoch, dass dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte.

Abgesehen davon, dass die Zollanmeldungen nicht alle für die Einreihung relevanten Angaben (Zelllänge und -breite sowie Quadratmetergewicht) enthalten haben, hat das Zollamt der Bf laut Aktenlage einen Tag vor Abgabe der Zollanmeldung ***MRN*** anlässlich der Betriebsprüfung mitgeteilt, dass die verfahrensgegenständlichen Glasfasergewebebänder in die Unterposition 7019 4000 50 des TARIC einzureihen sind. Das "data sheet", das alle jene Angaben enthält, die zur Einordnung in die korrekte Unterposition 7019 4000 50 des TARIC erforderlich sind, stand der Bf bereits vorher zur Verfügung.
Laut VwGH ist nicht zu erkennen, dass die Einordnung der verfahrensgegenständlichen Waren bei Kenntnis der Zelllänge und -breite sowie des Quadratmetergewichtes hinsichtlich dieser Eigenschaften komplex wäre. Die Bf hätte diese nur vom "data sheet" ablesen und mit den in der Unterposition 7019 4000 50 des TARIC genannten Angaben abgleichen müssen.

Die Unrichtigkeit der Unterposition 7019 4000 99 des TARIC war für die Bf aus den genannten Gründen im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung erkennbar; auf anderslautende (unrichtige) Auskünfte, die ihr früher erteilt worden sind, kann sie sich nicht erfolgreich berufen. Dass die verbindliche Zolltarifauskunft, auf die sie verweist, mittlerweile ungültig geworden ist, hätte die Bf erkennen müssen ().
Die richtige Warennummer war der Bf am jedenfalls bekannt und sie hätte die Zollanmeldung daher entsprechend ausfüllen müssen.

Bis zur Änderung des TARIC mit waren die Glasfasergewebebänder in die Unterposition 7019 4000 90 des TARIC einzureihen. Durch die Änderung der Kombinierten Nomenklatur ist die Position 7019 4000 in die Codes 7019 4000 50 (offenmaschige Gewebe aus Glasfasern, mit einer Zelllänge und -breite von mehr als 1,8 mm und einem Quadratmetergewicht von mehr als 35 g, ausgenommen Glasfaserscheiben) und 7019 4000 99 (andere) aufgegliedert worden. Aufgrund ihrer Eigenschaften sind die gegenständlichen Glasfasergewebebänder in die Unterposition 7019 4000 50 des TARIC einzureihen.
Ab dem Inkrafttreten der Änderung war eine Einreihung in die Unterposition 7019 4000 90 des TARIC nicht mehr möglich.

Ein Abgabenschuldner, der sichergehen möchte, keine Zölle nachzahlen zu müssen, hat die einschlägigen Vorschriften und Bekanntmachungen zu studieren. Die betreffenden Gemeinschaftsvorschriften sind von ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt an das einschlägige positive Recht, auf dessen Unkenntnis sich niemand berufen kann (vgl , mwN). Ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer, der von einer im Amtsblatt veröffentlichten Einreihungsverordnung Kenntnis genommen hat, kann sich nicht darauf beschränken, seine Ware weiter unter einem Code der Kombinierten Nomenklatur einzuführen, nur weil diese Einreihung von der Verwaltung akzeptiert worden ist. Eine solche Fahrlässigkeit zuzulassen, liefe darauf hinaus, die Wirtschaftsteilnehmer zu ermutigen, die Irrtümer ihrer Zollbehörden auszunutzen (vgl P, Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading BV, Rn. 64).

Im angefochtenen Bescheid wird nicht über einen Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgabenbeträge aus Billigkeitsgründen abgesprochen. Besondere Umstände gemäß Artikel 120 Absatz 1 UZK liegen laut Aktenlage auch nicht vor.

Aus den oa Gründen erweist sich der angefochtene Nachforderungsbescheid als nicht rechtswidrig und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Judikatur des EuGH und VwGH - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 120 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 119 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Verweise
P










ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6200011.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at