zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 25.10.2024, RV/7400020/2016

Gegenstandsloserklärung - Verfahren nach § 300 BAO

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht beschließt durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch Erwachsenenvertreterin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik, Thimiggasse 35, 1180 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom betreffend die Haftung als Geschäftsführerin der ***S Ltd, Zweigniederlassung Österreich1*** für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen, Zeitraum Jänner 2009 bis Dezember 2011 (Haftungsbetrag gesamt: € 15.695,62):

I. Die Beschwerde wird gemäß § 261 Abs 1 lit a BAO als gegenstandslos erklärt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Am richtete der Magistrat der Stadt Wien ein Schreiben betreffend die von der ***S Ltd, Zweigniederlassung Österreich1*** (nachfolgend auch "Primärschuldnerin") geschuldete Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die Zeiträume 01-12/2009, 01-12/2010 sowie 01-12/2011 und Säumniszuschläge hierzu an die Beschwerdeführerin (nachfolgend "Bf"). Die Bf sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführerin der ***S Ltd, Zweigniederlassung Österreich1*** eingetragen gewesen (Anmerkung: Über die Primärschuldnerin war mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum*** zur Zahl ***GZ*** ein Konkursverfahren eröffnet worden). Im gegenständlichen Fall seien die Abgaben in Höhe eines Gesamtbetrages von € 15.695,62 nicht entrichtet worden und lägen die (in § 80 Abs 1 BAO sowie § 6a Abs 1 Dienstgeberabgabegesetz bzw § 6a Abs 1 Kommunalsteuergesetz vorgesehenen) gesetzlichen Voraussetzungen für die Haft- und Zahlungspflicht der Bf vor, woraufhin sich die Bf wie folgt äußerte: Die behauptete Haft- und Zahlungspflicht der Bf bestehe nicht. Ein schuldhaftes Verletzen von Verpflichtungen der Bf sei ausgeschlossen.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien einen Haftungsbescheid an die Bf. Die in Haftung gezogenen Abgabenbeträge beruhten auf Rückstände, die im Zuge einer Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durch das Finanzamt Wien 1/23 hervorgetreten und dem Magistrat der Stadt Wien vor der Prüfung nicht bekannt gewesen seien. Die hervorgetretenen Rückstände seien vom Masseverwalter für richtig befunden worden, wonach somit kein Bemessungsbescheid zu erlassen gewesen sei.

Der Haftungsbetrag wurde im Bescheid wie folgt gegliedert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart/Nebenanspruch
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
01-12/2009
€ 592,31
Säumniszuschlag
01-12/2009
€ 11,85
Kommunalsteuer
01-12/2010
€ 13.093,64
Säumniszuschlag
01-12/2010
€ 261,87
Kommunalsteuer
01-12/2011
€ 1.574,15
Säumniszuschlag
01-12/2011
€ 31,48
Dienstgeberabgabe
01-12/2010
€ 55,44
Dienstgeberabgabe
01-12/2011
€ 74,88
Summe
15.695,62

Am brachte die Bf fristgerecht Beschwerde gegen den Haftungsbescheid ein. Es entspreche nicht einem fairen Verfahren, dass der Magistrat der Stadt Wien den Ergebnissen der durch das Finanzamt vorgenommenen Prüfung gefolgt ist. Der Magistrat der Stadt Wien habe die Abgabepflicht selbst zu prüfen. Die Bf sei bei der betreffenden Betriebsprüfung fehlerhaft nicht hinzugezogen worden; ihr und der Gesellschaft sei somit das rechtliche Gehör verwehrt worden. Die BP-Feststellungen (für Pkw, Pkw-Abstellplatz und Firmenwohnung angesetzte Sachbezüge, Sachbezug aus Verbuchung von Anlagenerlös aus Gesellschafterverrechnungskonto) seien inhaltlich verfehlt. Die Abgabenerklärungen für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe seien richtig und vollständig gewesen. Im Übrigen treffe die Bf aber an einer möglichen Forderung der Stadt Wien kein Verschulden. Für die Nachverrechnung, die erst im Zuge des Insolvenzverfahrens hervorgekommen sei, sei dann letztlich der Masseverwalter zuständig. Es seien auch die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel anteilig verwendet worden bzw habe die Gesellschaft letztlich keine liquiden Mittel gehabt. Eine Ungleichbehandlung von Gläubigern habe nicht stattgefunden und eine Haftung der Bf käme nicht Betracht. Als mögliche Beweismittel wurde von der Bf der Konkursakt und eine Einvernahme des Masseverwalters Dr. ***M*** genannt. Es werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und beantragt, den Haftungsbescheid aufzuheben bzw hilfsweise die Haftungsbeträge auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Mit Schreiben vom wurde die Bf von der belangten Behörde darüber informiert, dass am um 11 Uhr in der Magistratsabteilung 6 - Dezernat II, Referat 1 eine Überprüfung ihres Beschwerdevorbringens betreffend die im Zuge der GPLA nachverrechneten PKW-Sachbezüge erfolgte. Die Bf werde ersucht zu veranlassen, dass die betreffenden Geschäftsunterlagen (3 grüne Ordner), die die Bf bereits vom Masseverwalter (Rechtsanwalt Dr. ***M***) zurückerhalten habe, zu diesem Termin zur Verfügung stehen. Anlässlich des Termines brachte die Bf keine Unterlagen bei. Sie gab niederschriftlich nur folgendes an: Die 3 grünen Ordner würden nur Unterlagen der Jahre 2012 und 2013 beinhalten, die Buchhaltungsunterlagen für 2009-2011 seien "eingelagert" und umfassten ca 100 Ordner. Die Bf biete an, die 3 grünen Ordner nachzubringen. Die Abrechnungen der Sachbezüge seien ordnungsgemäß erfolgt. Sie bestreite, dass die Erlöse aus dem Verkauf der beiden Volvos auf ihr Konto und das des ständigen Vertreters ***X*** verbucht worden sind. Es gäbe außerdem keinen KFZ-Parkplatz. Die Firmenwohnung sei ihre eigene Wohnung.

Die Beschwerde wurde am mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.

Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall mit Wirkung der Gerichtsabteilung 1029 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1090 neu zugeteilt.

Nach Einsichtnahme in den Insolvenzakt betreffend die Primärschuldnerin erging seitens des Bundesfinanzgerichtes ein Vorhalt an den Magistrat der Stadt Wien, in dem wie folgt ausgeführt wurde: Im Bericht über die GPLA habe die Prüferin des Finanzamtes Wien 1/23 damals angeführt, dass eine Aufteilung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage mangels Unterlagen nicht erfolgt sei. In einem Bericht des Masseverwalters Dr. ***M***, der im Insolvenzakt aufliege, werde ausgeführt, dass die Geschäftsanschrift der ***S Ltd, Zweigniederlassung Österreich1*** in ***Adresse in Wien*** (= von der Firma ***U*** angemietetes Gemeinschaftsbüro, bereits aufgekündigt) gewesen sei. Die Geschäftsführerin habe damals gegenüber dem Masseverwalter angegeben, dass der Gewerbestandort der Zweigniederlassung bis ins Jahr 2011 in der ***Adresse*** in ***PLZ Ort nicht Wien*** gewesen sei; die Zweigniederlassung habe ausschließlich den Großhandel der Produkte der deutschen Firma ***N*** betrieben (also Betonprodukte, Pflastersteine, Einfriedungen, Terrassenplatten und Ähnliches). Der Insolvenzverwalter habe überprüft, dass zur Gewerberegister Nr ***XXX*** der Bezirkshauptmannschaft ***P*** das Handelsgewerbe an der vorstehend genannten Betriebsstätte bis zur Beendigung mit Wirkung vom ***Datum*** angemeldet war. Eine telefonische Abstimmung mit der Gemeinde ***P*** habe ergeben, dass in den Jahren 2010 und 2011 in ***P*** Kommunalsteuer entrichtet worden sei, was auch aus einer von der Gemeinde ***P*** übermittelten Unterlage abgeleitet werden könne. Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer sei gemäß § 5 Abs 1 Kommunalsteuergesetz die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen. Der Magistrat der Stadt Wien wurde aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, wie die angeführten Ermittlungsergebnisse seitens des Magistrates der Stadt Wien gewürdigt werden und welche Auswirkungen sich aus Sicht des Magistrates der Stadt Wien auf die angenommene Abgabepflicht in Wien ergeben. Falls es sich als nötig erweist, seien weitere Ermittlungen anzustellen. Es wurde auch eine von der Sozialversicherung zur Verfügung gestellte Aufstellung über die bei der WGKK bzw bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse im streitgegenständlichen Raum angemeldeten Dienstnehmer übermittelt.

Der Vorhalt wurde vom Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom beantwortet. Für den Magistrat der Stadt Wien sei anhand der übermittelten Unterlagen plausibel, dass ab März 2010 alle Dienstnehmer der Primärschuldnerin in einer in ***P*** gelegenen Betriebsstätte beschäftigt worden seien.

Mit Schreiben vom erteilte die Erwachsenenvertreterin der Bf ihre Zustimmung zur Aufhebung und Abänderung des streitgegenständlichen Bescheides gemäß § 300 BAO entsprechend dem mit dem Magistrat der Stadt Wien mittlerweile erzielten Einvernehmen (Aufhebung des Haftungsbescheides und neuer Haftungsbescheid unter Festsetzung eines auf € 500 reduzierten Haftungsbetrages, was in etwa einem für das Jahr 2009 und die Monate Jänner und Februar 2010 geschätzten Abgabenbetrag entspricht).

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde gemäß § 300 Abs 1 lit b BAO die Zustimmungserklärung (§ 300 Abs 1 lit a BAO) zur Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Bescheides weitergeleitet. Der Abgabenbehörde wurde hierfür eine Frist von vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt und ihr aufgetragen, gemäß § 300 Abs 3 BAO mit dem aufhebenden Bescheid den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid zu verbinden und gemäß § 300 Abs 5 Satz 2 BAO das Bundesfinanzgericht unverzüglich von der Aufhebung zu verständigen.

Die Abgabenbehörde hat innerhalb der gesetzten Frist am einen den bekämpften Bescheid aufhebenden Bescheid sowie einen neuen Haftungsbescheid erlassen (Zustellung an die Erwachsenenvertreterin erfolgte am ) und das Bundesfinanzgericht sogleich darüber informiert.

Sachverhalt

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden Aktenbestandteile.

Erwägungen

Zu Spruchpunkt I (Gegenstandsloserklärung)

Gemäß § 261 Abs 1 lit a BAO sind Bescheidbeschwerden mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid Rechnung getragen wird.

Gemäß § 300 Abs 1 BAO können Abgabenbehörden beim Bundesfinanzgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide, wenn sich ihr Spruch als nicht richtig erweist, aufheben. Dies kann gemäß § 300 Abs 1 lit a BAO unter der Voraussetzung erfolgen, dass die beschwerdeführende Partei einer solchen Aufhebung gegenüber dem Verwaltungsgericht ausdrücklich zugestimmt hat und wenn in der Folge das Verwaltungsgericht gemäß § 300 Abs 1 lit b BAO der Abgabenbehörde unter Weiterleitung der Zustimmungserklärung mit Beschluss eine Frist zur Aufhebung setzt.

Die beschwerdeführende Partei hat einer Aufhebung und Abänderung nach § 300 Abs 1 BAO zugestimmt. Das Bundesfinanzgericht hat mit Beschluss vom eine entsprechende Frist zur Aufhebung und Abänderung gesetzt. Die Aufhebung und Abänderung erfolgte am und somit innerhalb der gesetzten Frist. Die Festsetzung des Haftungsbetrages erfolgte entsprechend dem zwischen den Parteien erzielten Einvernehmen.

Damit wurde dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen.

Die Beschwerde war daher als gegenstandslos zu erklären.

Die mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 274 Abs 5 BAO in Verbindung mit § 274 Abs 3 Z 2 BAO.

Zu Spruchpunkt II (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 261 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400020.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at