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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.11.2024, RV/7103649/2024

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe aufgrund des Amtssitzabkommens mit der IAEO, wenn Antragsteller aus Drittstaat kommt; Unrechtmäßiger Bezug von Familienbeihilfe durch Finanzamt verursacht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Familienbeihilfe 05.2019-05.2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in Folge: BF), kenianische Staatsbürgerin, arbeitet seit dem Jahr 2008 bei der internationalen Atomenergieorganisation (IAEO).

Für Ihren Sohn, ***1*** (SVNr.: ***SV Kind***), bezog Sie ab dessen Geburt im Juli 2016 bis einschließlich Mai 2024 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Am wurde durch das Finanzamt (belangte Behörde) ein Anspruchsüberprüfungsschreiben an die BF versendet. Dieses wurde am beantwortet.

Am wurde ein Bescheid erlassen, mit dem die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Mai 2019 bis Mai 2024 zurückgefordert wurde (Rückforderungsbetrag insgesamt EUR 11.999,30). Die Entscheidung wurde mit Artikel X Abschnitt 26 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation (kurz: Amtssitzabkommen IAEO) begründet, wonach Personen, auf die sich dieses Abkommen bezieht, die weder österreichische Staatsbürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in der Republik Österreich sind, keinen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe und Geburtenbeihilfe ziehen sollen. Weiters wurde in der Begründung auf die objektive Erstattungspflicht bei unrechtmäßigen Familienbeihilfenbezug hingewiesen und diese umfassend erläutert.

Am langte die Beschwerde gegen den Bescheid vom ein. Darin wird vorgebracht, dass die BF nach der Geburt ihres Kindes die Formulare heimgesendet bekommen habe. Vom Finanzamt sei sie bei einer persönlichen Vorsprache im Jahr 2016 informiert worden, dass sie für ihren Sohn, dem Kind eines Steuerzahlers (Vater, Herr ***V***), die Familienbeihilfe zustehe und sie als Mutter das Recht habe, diese - trotz Beschäftigung bei der Interanationalen Atomenergie Behörde - zu beantragen. Mit dem Vater des Kindes habe sie nie zusammengelebt.

Am wurde ein Vorhalt an die BF versendet. Darin wurde ihr die Rechtsansicht der Behörde nochmal zur Äußerung vorgehalten. Die BF ersuchte daraufhin telefonisch um nochmalige und gründliche Überprüfung des Falles. Eine darüberhinausgehende schriftliche Äußerung wurde nicht erstattet.

Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung (BVE). Darin wurde die Beschwerde als unbegründet abgwiesen.

Am langte der gegen die BVE erstatte Vorlageantrag ein. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass ihr das Finanzamt nach der Geburt des Kindes trotz Darlegung des gesamten Sachverhaltes die Auskunft erteilt habe, dass ihr die Familienbeihilfe zustehe. Auch sei das Finanzamt von sich aus tätig geworden und habe den Antrag auf Familienbeihilfe an die BF geschickt; diese habe nicht aktiv darum angesucht. Die Rückforderung sei daher unfair und empfinde die BF als Bestrafung, da das Finanzamt von Anfang an den gesamten Sachverhalt kannte und nunmehr die Beihilfe zurückfordere. Die BF habe sich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF ist Drittstaatsangehörige (Kenia) und arbeitet seit dem Jahr 2008 bei der internationalen Atomenergieorganisation (IAEO).

Im Juli 2016 wurde ihr Sohn ***1*** geboren.

Nach dessen Geburt wurden ihr seitens des Finanzamtes Unterlagen zur Beantragung der Familienbeihilfe zugesandt. Im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt sicherte man ihr zu, dass ihr als Mutter Familienbeihilfe zustehe; dies unabhängig von ihrer Beschäftigung.

Die BF bezog für Ihren Sohn von 07/2016 bis 05/2024 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Rahmen einer Anspruchsüberprüfung im April 2024 wurden seitens der belangten Behörde Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum 05/2019 bis 05/2024 in Gesamthöhe von EUR 11.999,30 zurückgefordert, da gemäß Artikel X Abschnitt 26 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation (kurz: Amtssitzabkommen IAEO) keine Familienbeihilfe zustehe.

2. Beweiswürdigung

Die Beweise ergeben sich zum einen aus den Vorbringen der BF und zum anderen aus den von der belangten Behörde im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das BFG vorgelegten Dokumente. Dem Vorbringen der BF, wonach der Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen ausschließlich aufgrund Tätigwerdens durch das Finanzamt in Gang gesetzt und der BF der Bezug zugesichert wurde, wurde durch die belangte Behörde nicht entgegengetreten und konnte daher als erwiesen angenommen werden. Auch der weitere festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Streitgegenständlich ist der Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Juli 2019 bis Mai 2024 in der Höhe von insgesamt EUR 11.999,30.

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Weiters normiert das FLAG 1967 für nicht österreichische Staatsbürger Folgendes:

§ 3 Abs 1 FLAG: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

§ 3 Abs 2 FLAG: Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie nach §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

§ 2 Abs 8 FLAG: Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs 3 EStG 1988 lautet:

(3) 1. Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 67,80 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

2. Der Kinderabsetzbetrag ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG zu vervielfachen. Der Vervielfachung ist der im vorangegangenen Kalenderjahr geltende Betrag zugrunde zu legen. Der vervielfachte Betrag ist kaufmännisch auf eine Dezimalstelle zu runden. Der Bundesminister für Finanzen hat den für das folgende Kalenderjahr geltenden Betrag bis spätestens 15. November jeden Jahres zu ermitteln und mit Verordnung kundzumachen.

Aus dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation vom über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation BGBl. Nr. 82/1958 i.d.g.F. (Amtssitz - Internationale Atomenergie-Organisation):

ARTIKEL I

Begriffsbestimmungen

Abschnitt 1

In diesem Abkommen sind zu verstehen:

...

o) unter dem Begriff "Angestellte der IAEO", der Generaldirektor und alle Angehörigen des Personals der IAEO mit Ausnahme des an Ort und Stelle aufgenommenen und nach Stundenlohn bezahlten Personals;

...

ARTIKEL X

Sozialversicherung und Pensionsfonds

...

Abschnitt 25

Die IAEO ist von jeder Beitragspflicht an eine Sozialversicherungseinrichtung der Republik Österreich befreit, und die Angestellten der IAEO werden von der Regierung nicht verhalten, solchen Einrichtungen anzugehören.

Abschnitt 26

Die Regierung trifft die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen, um es jedem Angestellten der IAEO, der an Sozialversicherungseinrichtungen der IAEO nicht teil hat, über Ersuchen der IAEO zu ermöglichen, einer Sozialversicherungseinrichtung der Republik Österreich beizutreten. Die IAEO hat unter zu vereinbarenden Bedingungen, soweit als möglich, Vorsorge dafür zu treffen, daß die an Ort und Stelle aufgenommenen Angehörigen ihres Personals, denen sie nicht einen Sozialversicherungsschutz zuteil werden läßt, der dem nach österreichischem Recht gewährten zumindest gleichwertig ist, Mitglieder einer österreichischen Sozialversicherungseinrichtung werden können. Personen, auf die sich dieses Abkommen bezieht, die jedoch weder österreichische Staatsbürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in der Republik Österreich sind, werden keinen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe und Geburtenbeihilfe ziehen.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes und der Mittelpunkt der Lebensinteressen der BF und ihres Kindes in Österreich stehen außer Frage und wurden auch von der Abgabenbehörde niemals bezweifelt. Insofern erfüllet die BF und Ihr Kind grundsätzlich die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe bzw. des Kinderabsetzbetrages.

Anstellung bei der Internationalen Atomenergie Organisation

Die BF war im Rückforderungszeitraum unstrittig Angestellte der International Atomic Energy Agency (IAEA) / Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO). Sie ist nicht österreichische Staatsbürgerin, sondern verfügt über die kenianische Staatsbürgerschaft.

Gemäß Artikel X Abschnitt 26 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation, BGBl. Nr. 82/1958 i.d.g.F. (Amtssitz - Internationale Atomenergie-Organisation) sind Personen, auf die sich dieses Abkommen bezieht und die weder österreichische Staatsbürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in der Republik Österreich sind, vom Bezug der Familienbeihilfe ausdrücklich ausgeschlossen. Als Angestellte fällt die BF gemäß Artikel I Abschnitt 1 lit. o des Amtssitzabkommens darunter (vgl. ).

Somit sind Personen, welche weder österreichische Staatsbürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich sind, vom Bezug der Familienbeihilfe ausgeschlossen. Der Grund für den Ausschluss von den angesprochenen Sozialleistungen bzw. der Grund für die Ausnahme von den Familienleistungen liegt vor allem darin, dass der vom Abkommen erfassten Personengruppe diverse Privilegien zukommen wie insbesondere Freistellung von jeglicher Besteuerung in Österreich. so u.a. die Befreiung von der Besteuerung der Gehälter, Bezüge, Vergütungen und Ruhegenüsse, die sie von der IAEO oder einem der in Abschnitt 24 genannten Pensions- oder Fürsorgefonds für gegenwärtige oder frühere Dienste oder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei der IAEO erhalten.

Die BF hat daher im Rückforderungszeitraum zufolge ihrer Beschäftigung bei der IAEA in Zusammenhalt mit den oben zitierten Bestimmungen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. ). Ob der Sohn (bzw. sein Vater) österreichische(r) Staatsbürger ist/sind, ist in Bezug auf einen Anspruch der BF ohne Bedeutung.

Einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Auf Grund dieser Bestimmung im § 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG 1988 besteht auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge eine Rückzahlungsverpflichtung iSd § 26 FLAG.

Objektive Rückzahlungsverpflichtung

Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 und § 33 Abs 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Lenneis/Wanke, FLAG2, § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).

Da es sich bei der Bestimmung des § 26 Abs 1 FLAG 1967 um keine Ermessensbestimmung handelt und auch sonst kein Vollzugsspielraum gegeben ist, wie etwa bei Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe, steht der Grundsatz von Treu und Glauben schon deshalb der zwingend vorzunehmenden Rückforderung nicht entgegen.

Dem Hinweis der BF auf den Grundsatz von Treu und Glauben ist entgegenzuhalten, dass § 26 Abs 1 FLAG, wonach derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat, eine objektive Erstattungspflicht ohne Rücksicht darauf normiert, ob die Beträge gutgläubig empfangen worden sind oder nicht und ob die Rückgabe eine Härte bedeutet (, s. auch Burkert-Hackl-Wohlmann-Reinold, Kommentar zum Familienlastenausgleich, Kommentierung zu § 26 S. 1).

Nach der Judikatur des VwGH kommt es nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das bloße Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (vgl. etwa , , , ). Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Nach ständiger Judikatur des VwGH (vgl zB ) besteht die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe auch für irrtümlich durch das FA erfolgte Auszahlungen (mit Hinweis auf und ).

Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher/in die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Der , führt diesbezüglich aus:

"Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2008/15/0323). Nach der ständigen Rechtsprechung steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. das hg Erkenntnis vom , 2006/13/0174)." In diesem Sinne auch: ; , 2008/15/0329; , 2007/15/0162; , 2008/15/0002; , 2006/13/0174; , 2001/13/0048; , 2001/13/0160; , 2002/13/0079; , 2000/15/0183; , 97/15/0013).

Darüber hinaus stehen auch Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag einer Rückforderung (§ 26 FLAG 1967) nicht entgegen (vgl. ; ).

Es ist auch nicht erforderlich, dass die Tatsachen, auf die sich ein Rückforderungsbescheid stützt, der Behörde bei der Auszahlung der Familienbeihilfe und der Ausstellung einer Mitteilung hierüber nicht bekannt gewesen sind (vgl. ).

Das Vorbringen der BF, wonach sie nicht selbst um Familienbeihilfe angesucht habe, sondern das Finanzamt auf sie zugekommen sei, ist daher unerheblich.

Gemäß § 207 Abs 4 BAO verjährt das Recht, die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, in fünf Jahren. § 10 Abs 2 FLAG ist zu entnehmen, dass die Familienbeihilfe monateweise zu betrachten ist. Der Rückforderungszeitraum beträgt im vorliegenden Fall rückwirkend fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Rückforderungsbescheids.

Nachsicht

In Hinblick auf das Vorbringen zur persönlichen und sachlichen Unbilligkeit sowie der wirtschaftlichen Situation der BF wird auf die in § 236 BAO eingeräumte Möglichkeit hingewiesen, einen Antrag auf Nachsicht zu stellen. Voraussetzung für diese Antragstellung ist, dass die Einhebung einer fälligen Abgabenschuldigkeit nach der Lage des Falles unbillig wäre. Dieser Antrag ist an das zuständige Finanzamt zu richten, das in der Folge zu prüfen hat, ob etwa die Unbilligkeit dadurch begründet ist, dass der Grundsatz von Treu und Glauben dadurch verletzt wurde, dass sie aufgrund eines (unrichtigen) Verhaltens der Behörde, auf das sie vertraute, das eindeutig und unzweifelhaft für sie zum Ausdruck kam, sodass sie ihre Dispositionen danach einrichtete und sie nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitt (z.B. ).

Der BF steht es frei, allenfalls beim FA einen derartigen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO einzubringen. Ein Nachsichtsverfahren ist ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des FA (vgl. Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26, Rz 78).

Insgesamt gesehen erweist sich der angefochtene Rückforderungsbescheid aus den angeführten Gründen als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Über ein allfälliges Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO hat das Finanzamt zu entscheiden.

3.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, da sich die Rechtsfolge zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen unmittelbar aus der gesetzlichen Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG ergibt. Die Voraussetzungen, unter denen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge gewährt werden bzw. bei zu Unrecht erfolgtem Bezug zurückzufordern sind, waren zudem bereits Gegenstand der in der Entscheidung angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Wien, am

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