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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2024, RV/7101931/2022

Werbungskosten/Kosten doppelter Haushaltsführung/Familienheimfahrten bzw. Fahrtkosten in die Slowakei

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** DS ***1*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 bis 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2016 wird gemäß § 279 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung v. teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe entsprechen der Beschwerdevorentscheidung v. (Abgabennachforderung € 16,00).

II. Die Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2017 wird gemäß § 279 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung v. abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe entsprechen der Beschwerdevorentscheidung v. (Abgabengutschrift € 356,00) .

III. Die Beschwerden hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2018 bis 2020 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig sind Fragen der Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der Kosten für doppelte Haushaltsführung bzw. für Fahrtkosten in die Slowakei zum Familienhauptwohnsitz (Werbungskosten).

I. Verfahrensgang

In den am eingereichten Erklärungen betreffend Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2016 bis einschließlich 2020 wurden von der Beschwerdeführerin (Bfin.) Kosten für doppelte Haushaltsführung sowie Kosten für Familienheimfahrten wie folgt beantragt.


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2016
Kennzahl 300 /Kosten für Familienheimfahrten
1.008
Kennzahl 723 /Kosten für doppelte Haushaltsführung
1.100


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2017
Kennzahl 300 /Kosten für Familienheimfahrten
1.008
Kennzahl 723 /Kosten für doppelte Haushaltsführung
1.150


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2018
Kennzahl 300 /Kosten für Familienheimfahrten
1.008
Kennzahl 723 /Kosten für doppelte Haushaltsführung
1.220


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2019
Kennzahl 300 /Kosten für Familienheimfahrten
1.008
Kennzahl 723 /Kosten für doppelte Haushaltsführung
1.200


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2020
Kennzahl 300 /Kosten für Familienheimfahrten
1.008
Kennzahl 723 /Kosten für doppelte Haushaltsführung
1.100

Aus diesen Erklärungen lassen sich folgende persönliche Daten entnehmen:


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Frau ***Bf1***
geboren ***2***
Familien-Wohnsitz
Slowakei ***3***
Bekanntgabe einer Konto Bankverbindung
***4***

Einkommensteuerbescheide (Erstbescheide) v. für die Jahre 2016 bis 2020

Mit den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2016 berücksichtigte die belangte Behörde teilweise die beantragten Werbungskosten (anteilige Fahrtkosten). Für das Jahr 2017 wurden die Kosten für doppelte Haushaltsführung zunächst noch gewährt. In der Beschwerdevorentscheidung v. wurden diese für das Jahr 2017 wiederum gestrichen.

Für den Zeitraum 2018 bis 2020 wurden die geltendgemachten Kosten überhaupt nicht anerkannt. In der diesbezüglichen Begründung: v. wurde wie folgt von der belangten Behörde ausgeführt:

"Kosten der doppelten Haushaltsführung eines Arbeitnehmers sind Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt und hierbei wesentliche Einkünfte (mehr als € 6000,- jährlich) erzielt. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für doppelte Haushaltsführung vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen. Laut Aktenlage haben Sie bereits seit einen Wohnsitz in Österreich. Name und Einkünfte Ihres Ehegatten wurden nicht bekanntgegeben. Die Nichtzusammenführung Ihrer Familie liegt im eigenen Interesse bzw. wird durch eigenes Handeln begründet. Die beantragten Familienheimfahrten stellen daher Kosten der privaten Lebensführung gemäß §20 EStG 1988 dar."

Beschwerde v.

Am wurde über Finanzonline folgender Schriftsatz, der die gegenständliche Beschwerde bildete ("Betreff Widerruf"), hinsichtlich 2016 bis 2020 eingereicht.

"Berichtigung der Einkommensteuererklärung für 2016 bis einschließlich 2020: Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe meine Einkommensteuererklärungen Finanzamt abgegeben. Als ich meine Unterlagen erneut durchsah, stellt ich zu meinem Bedauern fest, dass ich in folgenden Punkten eine unvollständige Erklärung abgegeben habe und zwar fehlerhafte Kilometerangabe für die Fahrt zur Arbeitsstelle, Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung wurden nicht berücksichtigt. Ich bitte um eine Korrektur der oben genannten Punkte in meinen Einkommensteuererklärungen bedanke mich für Ihre Mühe , mit freundlichen Grüßen, die Bfin."

Mit Vorhalt vom (Fristsetzung bis ) wurde die Bfin. ersucht, Unterlagen im Original mit deutscher Übersetzung vorzulegen:


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Familienstandsbescheinigung
Heiratsurkunde
Formular E9 des Ehegatten (ausgefüllt und von der Heimatsbehörde bestätigt);
Mietvertrag inklusive Größe der Wohnung
Zahlungsnachweise der Wohnung in Österreich
Bekanntgabe der Ersätze ( z.B. Arbeitgeber usw.)
Mietvertrag, Kaufvertrag, Grundbuchsbeschluss über den eigenen Wohnraum usw. Familienwohnsitz
Wer wohnt am Familienwohnsitz?
Wie oft im Monat erfolgende Fahrten zum Familienwohnsitz?
Bekanntgabe der Ersätze (z.B. Arbeitgeber)
Aus welchem Grund könne der Familienwohnsitz nicht in die Nähe des Arbeitsortes verlegt werden ?
Aufstellung und Nachweis der beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten (aus den bereits vorgelegten Belegen sei dies nicht ersichtlich )

Sollte diese Schreiben nicht in allen Punkten beantwortet sowie die Nachweise nicht erbracht werden, könne dem Beschwerdebegehren nicht stattgegeben werden. Persönliche/telefonische Vortrag Sprache ist hierzu nicht erforderlich. Die Unterlagen können im Papierform, per Fax oder per Finanzanlagen (nicht per Mail) eingebracht werden, mfG "

Von der Bfin. wurden per Finanzonline am folgende Unterlagen vorgelegt:

1) Mietvertrag, abgeschlossen zwischen der Bfin. als Mieterin bzw. Ihrem Vermieter betreffend der Wohnung in ***5***, ***6*** , 40 m², ein Zimmer, eine Küche, ein Badezimmer ,ein Vorzimmer ,ein WC und ein Abstellraum, Beginn des Mietverhältnisses: ab -befristeter Mietvertrag auf die Dauer von 3 Jahren -Ende daher am ,ohne dass es einer Aufkündigung bedürfe , Mietzins € 350 -auf die weiteren detaillierten Bestimmungen des Mietvertrages vom mit den Unterschriften der Mieterin als Bfin. und des Vermieters wird verwiesen.

2) Mietvertrag vom mit Ergänzung vom -ebenfalls zwischen der Bfin. und dem bisherigen Vermieter; Teilung der Wohnung mit 2 weiteren Mitbewohnern, Mietzins € 380, pro Mieterin daher € 126,68 -Beginn des Mietverhältnisses ab befristet auf 3 Jahre -auf die detaillierten Bestimmungen des Mietvertrages wird verwiesen

3) Weiters vorgelegt wurde auch ein 3.Mietvertrag vom -allerdings betrifft dieser Mietvertrag einen Zeitraum außerhalb des Beschwerdezeitraumes

Weiters vorgelegt wurden Arbeitsaufzeichnungen für die Monate Oktober 2021, November 2021 und Dezember 2021.Diese Zeiträume betrafen wiederum einen Zeitraum außerhalb des Beschwerdezeitraumes.

Trotz Vorhaltes wurden von der Bfin. nicht vorgelegt:

-Familienstandbescheinigung

-Heiratsurkunde

-Formular E 9 zum Partner

-keine Angabe darüber, wie oft Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz erfolgen bzw. warum die Verlegung an den Arbeitsort nicht möglich sei, keine Aufstellung der beantragten Kosten.

Vorgelegt wurden von der Bfin:

-Mietverträge

-1 Stromrechnung in der Slowakei

-teilweise Mietzahlungen

-Scheidungsurkunde

-Dienstpläne für den Zeitraum Oktober bis Dezember/2021

-Grundbuchsauszug SK für Fam-WS in der Slowakei

Beschwerdevorentscheidung v.

Für die Jahre 2016 bis 2020 wurde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung v. wie folgt entschieden:

- für 2016: Die beantragten Kosten wurden im Ausmaß von € 1.054,00 gewährt (teilweise Stattgabe);

- für 2017: Abänderung -Nichtanerkennung der doppelten Haushaltsführung, weil diese im Erstbescheid berücksichtigt wurde;

- für 2018 bis 2020: Abweisung des Beschwerdebegehrens, da auch die doppelte Haushaltsführung bereits im Erstbescheid abgewiesen wurde;

In der gesonderten Bescheidbegründung zur Beschwerdevorentscheidung vom wurde Folgendes ausgeführt:

"Da trotz des Ersuchens des Finanzamtes ein Teil der erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt worden sei und auch die im Schreiben des Finanzamtes gestellten Fragen nicht beantwortet wurden, musste die Behörde aufgrund der eingereichten Unterlagen davon ausgehen, dass die Wohnsitzverlegung in die Nähe des Arbeitsplatzes zugemutet werden könne. Bei alleinstehenden Steuerpflichtigen stehenden Kosten für Familienheimfahrten bzw. doppelte Haushaltsführung für 6 Monate zu. Die Verlegung des Familienwohnsitzesan den Beschäftigungsort sei beispielsweise in folgenden Fällen unzumutbar:

-bei ständig wechselnder Arbeitsstätte

- wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit 4-5 Jahren befristet ist

- bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen, die am Familienwohnsitz wohnen

- wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist;

Da Sie keine Gründe nachgewiesen haben, die eine Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar machen würden, hätten die beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten nicht gewährt werden können. Folgende Gründe seien dafür ausschlaggebend gewesen:Eine Wohnsitzverlegung könne zugemutet werden. Bei Alleinverdienern oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen gelte eine zeitliche Begrenzung von 2 Jahren für die Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung."

Für die restlichen Jahre des Beschwerdezeitraumes wurde die gleiche Begründung von der belangten Behörde gewählt.

Vorlageantrag v.

Im Vorlageantrag per Finanzonline wurde von der Bfin. Folgendes ausgeführt:

"Ihr sei die doppelte Haushaltsführung verweigert worden, sie habe alle ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen eingereicht. Am Familienwohnsitz wohne sie mit ihr ihre Mutter ***7***, Tochter ***8***, Enkelin ***9***.Der Familienwohnsitz könne in die Nähe des Arbeitsortes nicht verlegt werden und zwar aus folgendem Grunde: Ihre ganze Familie wohne in der Slowakei und es gebe keine Möglichkeit, dass die Familie nach Österreich übersiedeln könne. Ihre Mutter sei pflegebedürftig."

Zahlungsnachweis der Wohnungen Österreich:

"Ich wohne während meiner Arbeit in der Wohnung ab 2016-2019 mit einer Kollegin, seit 2019 mit 2 Kolleginnen (Beweis Mietvertrag (es sei mit dem Vermieter ausgemacht worden, dass wir, ich und die 2.Mibewohnerin, die Kostenanteile an die weitere Mitbewohnerin Frau ***10***. überweisen würden und diese bezahlte an den Vermieter. Wenn ich weniger schicke, dann deswegen, weil ich noch die Rundfunkgebühren für alle 3 Mieter (Beweis: GIS-Gebühr)"

Zu den Fahrtkosten:

"Ich habe meistens Blockdienste. Während meiner freien Tage fahre ich immer nach Hause in die Slowakei. Es ist verschieden, im Durchschnittfahre ich 4 bis 5-malim Monat. Ich bekomme vom Arbeitgeber keine Ersätze für die Fahrtkosten und für die Wohnung."

Mit Vorlagebericht des FAÖ DS ***28*** v. wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die 1967 geborene Bfin. ist slowakische Staatsbürgerin, die in Österreich im Beschwerdezeitraum einer unselbständigen Beschäftigung nachgeht (Arbeitgeber: ***11*** GmbH, ***12*** ,***5***, St.Nr. ***13***, - siehe Lohnzettel für 2016 bis 2020).

Der Familienwohnsitz der Bfin. befindet sich in der Slowakei, ***Bf1-Adr***.

Die Bfin. ist seit dem Jahre 2008 geschieden. Aus einem internen Aktenvermerk im Vorfeld der Erlassung der BVE v. war Folgendes ersichtlich: "Scheidungsvergleich vom tt.mm.2009, Scheidung von ***15***, geb.***16***, die Bfin. war bereits im November 2008 aus dem ehemaligen gemeinsamen Wohnsitz in ***17***, ***18***, ausgezogen, neuer Wohnsitz war dann in ***19***;

Name und Einkünfte eines nunmehrigen Partners wurden nicht bekanntgegeben.

Laut Aktenlage hatte die Bfin. bereits seit einen Nebenwohnsitz in Österreich (siehe auch die Bescheidbegründung des Erstbescheides v. zB. für das Jahr 2018.

Am Familienwohnsitz in der Slowakei leben nach der Aktenlage ihre Mutter, die Bfin. , ihre Tochter sowie die Urenkelin.

Hinsichtlich ihrer Mutter wurde im Verfahren (im Vorlageantrag v.) vorgebracht, diese sei pflegebedürftig, ohne allerdings dafür Unterlagen (ärztliche Atteste, Alter der Mutter, Art der Erkrankung der Mutter, dazugehörige Gutachten über die Pflegebedürftigkeit) vorzulegen, obwohl sie dazu im Vorhalt der belangten Behörde v. aufgefordert wurde.

Aus der Abfrage des Gerichtes v. ging hervor, dass die Wegstrecke Arbeitsort ***20*** zum Familienwohnsitz in die Slowakei ca. 212 Kilometer betrug (Fahrzeit ca. 1 Sunde 58 Minuten mit dem PKW).

Nach den Angaben der Bfin. fuhr sie in ihrer freien Zeit ca. 4- 5-mal im Monat nach Hause in die Slowakei.

An der Adresse ***21*** war sie im Beschwerdezeitraum mit einem Nebenwohnsitz gemeldet. Der Arbeitsplatz war in der unmittelbaren Nähe ihrer angemieteten Wohnung in der ***14*** (Gehzeit 5 Minuten lt. Abfrage des Gerichtes v. ) gelegen. Die angemietete Wohnung war 40 m² groß. Im Zeitraum von 2016 bis wurde diese Wohnung alleine von der Bfin. bewohnt. Der Mietzins betrug € 350 monatlich. Im Zeitraum - wohnte auch ihre Mitbewohnerin, Frau ***22***, SV 6***23***, Mietzins je Person € 190 (= gesamt € 380 pro Monat) dort. Danach bewohnte auch weiters Frau ***24***, SV 6***25***, diese Wohnung (Mietzins € 126,66 pro Mieterin (in Summe gesamt € 380 pro Monat). Sämtliche Mieterinnen waren beim gleichen Arbeitgeber, dem ***26*** GmbH beschäftigt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere den ANV-Erklärungen 2016 bis 2020, dem Beschwerdevorbringen, den vorgelegten Mietverträgen, den Adressenabfragen im Auskunftssystem 4.0. durch das BFG.

Die Familienstandbescheinigung am Familienwohnsitz in der Slowakei wurde -trotz Vorhalt der belangten Behörde v. - nicht vorgelegt.

Im Vorhalt der Abgabenbehörde vom wurde die Frage gestellt, welcher Grund gegen eine Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort im Inland in der Nähe ihres Arbeitsplatzes in ***27*** bestünde.

Es wurde die Bfin. im Vorhalt v. gebeten, mögliche Gründe für die Unzumutbarkeit einer Verlegung des Familienwohnsitzes bekanntzugeben - so auch beispielsweise die Mitübersiedelung im Falle einer Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen. Obwohl die Abgabenbehörde im Vorhalt v. gefragt hat, wurden keine Unterlagen von der Bfin. hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit der Mutter der Bfin. vorgelegt.

Mehr als eine Behauptung der Bfin. (im Vorlageantrag v. per Finanzonline) hinsichtlich der Erkrankung/Pflegebedürftigkeit der Mutter lag nicht vor. Es wäre an der Bfin. gewesen, Nachweise hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit der Mutter der Bfin. vorzulegen. Es liegt ein EU-Auslandssachverhalt vor. Die amtswegige Ermittlung ist bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eingeschränkt. Die Mitwirkung der Bfin. ist daher als mangelhaft zu bezeichnen.

Es ist auch nicht die Aufgabe des Gerichtes, Fragen, die bereits von der Abgabenbehörde gestellt wurden, nochmals zu wiederholen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe bzw. Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg. cit. dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-) ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird dann gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz).

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort ist dann beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann. Diese Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist nach der Verwaltungspraxis jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 120 km entfernt ist.

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde. Nach einer gewissen Zeit ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist dabei aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (; , 2005/14/0039; , 2006/15/0047), weshalb es entgegen der von der belBeh vertretenen Rechtsansicht ohne Belang ist, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes bereits früher zumutbar gewesen ist oder nicht. Vielmehr sind die Gründe für die Beibehaltung jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen (vgl hiezu Jakom/Lenneis EStG, 2024, § 16 Rz 56).

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten sind nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. etwa ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.

Pflegebedürftigkeit der Mutter der Bfin.?

Als für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechende Gründe werden in der Judikatur beispielsweise angeführt:

Eine besonders gelagerte Pflegenotwendigkeit naher Angehöriger (; , 2006/13/0087), deren Mitübersiedlung unzumutbar ist ().

Die Bfin. hätte die Möglichkeit gehabt, zur konkreten Frage v. betreffend des Vorbringens der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung Beweise vorzulegen bzw. eine Pflegebedürftigkeit zumindest glaubhaft zu machen. Zur Art der Erkrankung führte die Bfin. auch nichts aus. Auch wann diese Erkrankung der Mutter eingetreten sei, findet sich kein Hinweis. Ärztliche Gutachten bzw. Belege von der Hausärztin der Slowakei am Familienwohnsitz wurden ebenso nicht vorgelegt. Die Abgabenbehörde hat dazu aber im Vorhalt vom dezidiert nachgefragt.

Die Bfin. legte -trotz Vorhalt v. - keine Familienstandsbescheinigung vor, woraus auch zB. das Alter ihrer Mutter, der Tochter der Bfin. bzw. des/der Enkerls/Enkelin ersichtlich gewesen wäre. Eine diesbezügliche Abfrage des Gerichtes hinsichtlich ihrer Familienangehörigen im A.4.0.System blieb erfolglos.

Es war daher im Sinne die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Jahre 2016 bis 2020 vom zu entscheiden. Eine Verschlechterung für die Bfin. für das Jahr 2016 wurde vom Gericht nicht vorgenommen.

Die jeweiligen Bemessungsgrundlagen ergeben sich aus den BVE v. .

Aus den angeführten Gründen war daher - wie im Erkenntnisspruch ersichtlich - zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach stRSp des Verwaltungsgerichtshofs wäre grundsätzlich die Pflegenotwendigkeit eines nahen Angehörigen am Familienwohnsitz ein anerkennungswürdiger Grund im Rahmen einer vorübergehenden oder dauerhaften doppelten Haushaltsführung (; , 2006/13/0087, ).

Da aber der diesbezügliche Vorhalt der Abgabenbehörde v. betreffend Pflegebedürftigkeit der Mutter der Bfin. in der Slowakei nicht beantwortet wurde, war aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Kosten doppelter Haushaltsführung
Fahrtkosten
Mietkosten
Familienheimfahrten
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101931.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at