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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2024, RV/6100363/2024

Alleinverdienerabsetzbetrag und außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung der Ehegattin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Am reichte der Beschwerdeführer (Bf.) über FinanzOnline seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 ein. Darin machte er den Alleinverdienerabsetzbetrag, außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von 1.150,00 € (Kennzahl 730, Krankheitskosten) sowie außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von 1.417,07 € (Kennzahl 418, tatsächliche Kosten aufgrund einer Behinderung - Partnerin/Partner) geltend.

Die Veranlagung erfolgte mit Bescheid vom . Dabei gewährte die belangte Behörde dem Bf. den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht und behandelte außerdem sämtliche geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen als solche mit Selbstbehalt, welche aber letztlich nicht zu berücksichtigen seien, da diese den Selbstbehalt nicht übersteigen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die steuerpflichtigen Einkünfte seiner Ehepartnerin (zuzüglich einem allfälligen Wochengeld) würden den maßgeblichen Grenzbetrag von 6.312,00 € übersteigen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. am über FinanzOnline rechtzeitig Beschwerde, in der er sich gegen die Nichtberücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und der behinderungsbedingten Kosten für seine Ehegattin wendet. Begründend führte er darin zusammengefasst aus, die steuerpflichtigen Einkünfte seiner Gattin hätten im Jahr 2023 Null betragen, weshalb ihm der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehe. Ferner sei § 34 Abs. 6 EStG 1988 (die Bestimmung über außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt) analog auf den Bf. anzuwenden, da er und seine Gattin ansonsten keine Möglichkeit hätten, die hohen gesundheitsbedingten Mehraufwendungen für ihre Familie geltend zu machen, zumal seine Gattin mangels steuerpflichtiger Einkünfte keine Arbeitnehmerveranlagung durchführen könne. Außerdem sei die Bescheidbegründung insgesamt mangelhaft, da teilweise nicht klar sei, ob sich die Ausführungen auf den Bf. oder seine Gattin bezögen und außerdem unklar sei, auf welchen Rechtsgrundlagen sie basiere. Er beantragte die erklärungsgemäße Veranlagung, in eventu die Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 35 EStG 1988.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie dabei zusammengefasst aus, der Alleinverdienerabsetzbetrag stehe nur dann zu, wenn die steuerpflichtigen Einkünfte des Ehepartners inklusive Wochengeld den maßgeblichen Grenzbetrag von 6.312 € nicht überschreiten; diese Voraussetzung sei aber nicht erfüllt. Infolgedessen würden beim Bf. auch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen vorliegen. Die gesamten geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen seien daher um den Selbstbehalt und somit auf Null zu kürzen; auch bei Berücksichtigung des Freibetrages im Sinne des Eventualbegehrens würde es zu keiner Änderung des Spruchbetrages kommen.

Am brachte der Bf. über FinanzOnline rechtzeitig einen Vorlageantrag ein. Begründend wiederholte er im Wesentlichen seine Beschwerdeausführungen und führte ergänzend aus, die Beschwerdevorentscheidung habe nicht schlüssig dargelegt, warum die außergewöhnlichen Belastungen nicht voll berücksichtigt wurden.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei sie die Abweisung der Beschwerde im Wesentlichen aus den bereits zuvor von ihr vorgebrachten Gründen beantragte.

2. Sachverhalt

Der Bf. war im Jahr 2023 ganzjährig als Rechtsreferent bei der ***Arbeitgeberin*** angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit im Jahr 2023 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von brutto 43.052,45 €. Er wohnte im Jahr 2023 ganzjährig zusammen mit seiner (nunmehrigen) Ehegattin ***Ehegattin*** in ihrer gemeinsamen Wohnung in ***Wohnort***. Am xx.xx.2023 wurde ihr gemeinsamer Sohn ***Sohn*** geboren.

Die Gattin des Bf. bezog im Jahr 2023 folgende Einkünfte (Bruttobezüge):


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ( ***Arbeitgeberin Gattin***)
2.922,55 €
Wochengeld
( ***gesetzliche Sozialversicherung***)
9.671,13 €
Auszahlung aus der ***Pensionskasse***
1.238,70 €

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen (Lohnzettel des Bf. und seiner Gattin für das Jahr 2023, angefochtener Bescheid) sowie den amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister über den Bf. und seine Gattin, die mit dem Vorbringen des Bf. übereinstimmen. Zudem war der Sachverhalt zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt strittig. Insgesamt konnte das Gericht den festgestellten Sachverhalt daher bedenkenlos seiner Entscheidung zugrunde legen.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zum Alleinverdienerabsetzbetrag

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 lautete in der für den Veranlagungszeitraum 2023 geltenden Fassung auszugsweise:

"Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. […] Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. […] Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6312 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a […] steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. […]"

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 in der für den Veranlagungszeitraum 2023 geltenden Fassung sind "das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen" von der Einkommensteuer befreit.

Die Gattin des Bf. hat nach den Feststellungen im Jahr 2023 Wochengeld in Höhe von 9.671,13 € bezogen. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 ist das Wochengeld - obwohl es von der Einkommensteuer befreit ist - in die für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgebliche Grenze mit einzubeziehen.

Das von der Gattin des Bf. bezogene Wochengeld überschreitet schon für sich genommen die maßgebliche Grenze von 6.312 €. Da somit eine der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Alleinverdienerabsetzbetrages nicht erfüllt ist, hat die belangte Behörde dem Bf. den Absetzbetrag zu Recht versagt.

4.2. Zu den außergewöhnlichen Belastungen

Außergewöhnliche Belastungen liegen nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 vor, wenn eine Belastung außergewöhnlich ist, zwangsläufig erwachsen ist und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigt. Aufgrund des letztgenannten Kriteriums sind außergewöhnliche Belastungen in der Regel nur abzugsfähig, wenn sie den Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 übersteigen.

Als Ausnahme von diesem Grundsatz können bestimmte in § 34 Abs. 6 EStG 1988 aufgezählte Aufwendungen auch ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden, insbesondere Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung nach Maßgabe des § 35 EStG 1988 ("Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden [§ 35 Abs. 5]" und "Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen [Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage] übersteigen.")

Der Abzug von behinderungsbedingten Aufwendungen setzt demnach voraus, dass die Kriterien des § 35 Abs. 1 EStG 1988 erfüllt sind. Diese Bestimmung normierte in der für den Veranlagungszeitraum 2023 geltenden Fassung:

"Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

  • durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

  • bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3),

  • ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 312 Euro jährlich erzielt,

  • durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu."

Gemäß § 35 Abs. 5 EStG 1988 kann ein Steuerpflichtiger anstelle dieses Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend machen. Der Bf. hat derartige außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Behinderung seiner Gattin in Höhe von 1.417,07 € geltend gemacht.

Da der Bf. allerdings - wie zuvor in Abschnitt 4.1. dieses Erkenntnisses ausgeführt - keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat, könnte er außergewöhnliche Belastungen aus dem Grund einer Behinderung seiner Gattin gemäß § 35 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 nur dann geltend machen, wenn die Einkünfte der Gattin im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 den Betrag von 6.312 € nicht übersteigen. Nach dieser Bestimmung ist jedoch - wie ebenfalls zuvor ausgeführt wurde - das Wochengeld trotz seiner Steuerfreiheit in die Einkünfte einzurechnen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt durch den Bf. sind folglich nicht erfüllt. Auch die vom Bf. eventualiter begehrte Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 scheitert an der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988.

Für die vom Bf. begehrte analoge Anwendung des § 34 Abs. 6 EStG 1988 besteht ebenfalls kein Raum, da das Gesetz in § 35 Abs. 1 EStG 1988 explizit festlegt, dass nur außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene Behinderung des Steuerpflichtigen ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen abzugsfähig sind, während für Belastungen infolge einer Behinderung des Partners die genannten - aber im vorliegenden Fall eben nicht erfüllten - gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen müssen. Es liegt daher keine Gesetzeslücke vor, die im Wege der Analogie zu schließen wäre.

Ob die vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen für seine Gattin stattdessen - wie von der belangten Behörde zugestanden wurde - außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt darstellen, kann dahingestellt bleiben, da selbst bei deren Berücksichtigung der Selbstbehalt des Bf. in Höhe von 5.542,84 € nicht überschritten würde und die Beantwortung dieser Frage folglich keine Auswirkung auf den Spruch des angefochtenen Bescheides haben kann.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden. Da die Entscheidung des erkennenden Gerichts schon allein aufgrund des Überschreitens der maßgeblichen Einkunftsgrenze durch die Gattin des Bf. spruchgemäß ergehen musste, erübrigten sich Ermittlungen und Feststellungen zur Art ihrer Behinderung sowie zu Art und Umfang der vom Bf. in diesem Zusammenhang getätigten Aufwendungen.

4.3. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Rechtslage nach Ansicht des erkennenden Gerichts derart klar ist, dass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl. ; , Ra 2018/08/0188), war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100363.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at