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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.11.2024, RV/3100303/2024

Personal Training als agB?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Zangerl-Reiter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wirtschaftstreuhand Tirol Steuerberatungsgesellschaft m.b.H & Co KG, Rennweg 18, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden insoweit einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. In der Einkommensteuererklärung 2021 machte die Beschwerdeführerin u.a. außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung bei einem Grad der Behinderung vom 70 v.H. i.H.v. € 18.043,81 geltend.

2. Nach einem Ermittlungsverfahren erkannte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2021 vom € 2.499,32 an nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen an und führte dazu aus, die Aufwendungen für die Anschaffung des Plasma One-Gerätes sei auf eine Nutzungsdauer vom 5 Jahren verteilt und die Halbjahres-AfA i.H.v. € 571,55 anerkannt worden. Die Aufwendungen für das Personaltraining würden nicht anerkannt, eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit ergebe, liege nicht vor. Die Notwendigkeit einer ärztlichen Verschreibung sei aber schon deshalb geboten, weil derartige Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern auch von Gesunden vorgenommen würden, die ihre Gesundheit erhalten, ihr Wohlbefinden steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt gestalten wollen.

3. In der Beschwerde vom brachte der steuerliche Vertreter hinsichtlich des Osteoporosetrainings vor, die angefallenen Kosten seien keine für Personaltraining, es sei ein sich speziell an Osteoporose-Patienten richtender Trainingsplan gewesen. Die Beschwerdeführerin müsse in Folge ihrer schweren Erkrankung und nach mehrfachen Operationen lebenslang starke Medikamente einnehmen, dauerhaft dicke und auch im Sommer wärmende Strümpfe tragen sowie auf ärztliche Verordnung hin regelmäßig Trainingseinheiten wegen festgestellter Osteoporose absolvieren. Die dazu konsultierte Ärztin habe ihr regelmäßig Osteoporosetrainings ärztlich verordnet. Im Verordnungsbeleg aus dem Jahr 2022 sei die höfliche Formulierung "Osteoporosetraining erbeten" verwendet worden, im weiteren Verordnungsbeleg vom werde die Formulierung "Osteoporosetraining dauerhaft erforderlich" als Grund der Überweisung ärztlich bestätigt. Hinsichtlich des Plasma One-Gerätes sei § 7 EStG nicht anwendbar und eine Verteilung der Anschaffungskosten im Wege der AfA nicht vorzunehmen.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2021 dahingehend geändert, dass die Kosten des Plasma One-Gerätes zur Gänze anerkannt wurden. Betreffend die Kosten für das Training führte das Finanzamt in der gesonderten Bescheidbegründung an, die ausgestellten Wahlarzt-Anträge seien nicht auf einen Arzt, sondern auf den namentlich genannten Trainer ausgestellt. Die von ihm übermittelten Rechnungen hätten als Bezeichnung der Leistung "Personaltraining" und einen Zeitraum genannt. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde, dass es sich nicht um ein Personaltraining handle, könne daher nicht gefolgt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass das Training ärztlich überwacht worden sei, der Trainer sei kein Arzt. Es fehle das Element der Zwangsläufigkeit.

5. Mit Schreiben vom brachte der steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag ein.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin erzielte im Streitzeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Pensionseinkünfte, ausländische Einkünfte mit Progressionsvorbehalt und ausländische Kapitaleinkünfte (siehe übermittelte Lohnzettel und Ertragsaufstellung Österreich für das Steuerjahr 2021 der ***3***).

Der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 70 v.H. (siehe Bescheid über die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten des Sozialministeriumservice vom ). Eines ihrer vier Leiden ist eine radiologisch nachgewiesene und symptomatische generalisierte Osteoporose (siehe Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom ).

2. Der Wahlarzt-Antrag der die Beschwerdeführerin behandelnde Allgemeinmedizinerin vom enthält folgende Angaben:

"An Frau Dr./Herrn Dr. [am Wahlarzt-Antrag vorgegeben, Anm. BFG] ***1*** in ***2***
Grund der Überweisung: [am Wahlarzt-Antrag vorgegeben, Anm. BFG] DG: Osteoporose, Osteoporosetraining dauerhaft erforderlich".

3. Der Trainer ***1*** rechnete an die Beschwerdeführerin jeweils Personal Training für ein bestimmtes, in der Rechnung genanntes Monat ab, die Rechnungsbeträge sind unterschiedlich hoch (siehe Rechnungen des ***1*** vom , , , , . , , , , und ). Insgesamt wendete die Beschwerdeführerin im Kalenderjahr 2021 dafür € 10.400,54 auf.

Eine ärztliche Überwachung des Trainings wurde nicht nachgewiesen; ein Therapie- bzw. Behandlungsplan liegt nicht vor.

Der Trainer betreibt ein Fitness- und Massagestudio (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/***1***, abgefragt am ), er ist Masseur und Personal Trainer und hat folgende staatlich geprüfte Ausbildungen absolviert: Lehrwart für allgemeine Körperausbildung, Trainer für allgemeine Körperausbildung, Alpin C-Trainer, Heilmasseur und Heilbademeister, Fussreflexzonenmassage, manuell assistierte Lymphdrainage, Sportmasseur sowie manuelle Akupunkt-Therapie (siehe http://www.***1***.tv/www.***1***.tv/Willkommen.html, abgefragt am ).

Die Berufsberechtigung für den physiotherapeutischen Dienst und somit für die Durchführung von Bewegungstherapien iSd § 2 Abs. 1 MTD-G besitzt der Trainer ***1*** nicht.

4. Die Beschwerdeführerin hat sich im Juli 2021 ein Plasma One Gerät i.H.v. € 6.485,50 angeschafft (siehe Rechnung der Plasma Medical Systems GmbH vom ), wovon ihr € 770,00 an Kosten ersetzt wurden (siehe Aufstellung des steuerlichen Vertreters).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Unterlagen und aufgrund folgender Überlegungen:

Gemäß § 80 Abs. 1 MMHmG sind Personen, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes eine Berufsberechtigung als "Heilbademeister und Heilmasseur" gemäß dem MTF-SHD-G, BGBl. Nr. 102/1961, besitzen, zur Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs und zur Führung der Berufsbezeichnung "Medizinischer Masseur"/"Medizinische Masseurin" berechtigt.

Nach § 5 Abs. 1 iVm § 80 Abs. 2 MMHmG umfasst der Beruf des medizinischen Masseurs die Durchführung von klassischer Massage, Packungsanwendungen, Thermotherapie, Ultraschalltherapie und Spezialmassagen (insbesondere Lymphdrainage, Reflexzonenmassagen und Akupunktmassage) zu Heilzwecken nach ärztlicher Anordnung unter Anleitung und Aufsicht eines Arztes oder eines Angehörigen des physiotherapeutischen Dienstes sowie zur Ausübung der Spezialqualifikation der Hydro- und Balneotherapie.

Alle Arten von Bewegungstherapien (vgl. § 2 Abs. 1 MTD-Gesetz) darf ein medizinischer Masseur bzw. Heilbademeister und Heilmasseur nicht anwenden.

Die Ausbildung zum "Trainer für allgemeine Körperausbildung" wurde von der Bundessportakademie angeboten. Dieser Lehrgang hatte zur Aufgabe, Absolventen des 1. und 2. Semesters mit den erzieherischen und fachlichen Aufgaben eines Trainers für Allgemeine Körperausbildung vertraut zu machen. Trainer im Sinne der Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst ist eine nach den vorliegenden Bestimmungen ausgebildete Person, die befähigt ist, im Grundlagen- und Aufbautraining der Allgemeinen Körperausbildung zu unterweisen. Man fasst allgemeine Körperausbildung nicht nur als Ausbildung in sog. Fitnesscenters auf, sondern will auch Grundausbildung in den Trendsportarten vermitteln (siehe https://bildungswegweiser.tibs.at/news/bundessportakademie, abgefragt am in der Beilage). Die aufgrund dieser Ausbildung angebotenen Trainings werden somit auch von Gesunden getätigt, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.

Aufgrund der vom Trainer der Beschwerdeführerin absolvierten Ausbildungen ist auszuschließen, dass dieser eine medizinische Therapie in Form eines Osteoporosetrainings im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches und der gesetzlich definierten Berufsbilder anbieten darf und bei der Beschwerdeführerin im Kalenderjahr 2021 durchgeführt hat.

Sowohl die Bezeichnung der Leistung in den Rechnungen des Trainers als Personal Training als auch die Besteuerung dieser Leistung mit 20 % Umsatzsteuer (und nicht als steuerfreie Heilbehandlung iSd § 6 Abs. 1 Z 19 UStG) deuten zudem darauf hin, dass selbst der Trainer der Beschwerdeführerin nicht von einer Heilbehandlung ausgegangen ist.

Diese Ermittlungsergebnisse wurden der Beschwerdeführerin vorgehalten. Sie hat dazu in ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des VwGH hingewiesen; zudem hat sie ein ärztliches Attest eines Arztes vorgelegt.

Generell sind dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, an die Nachweisführung strenge Anforderungen zu stellen.

Dass der Sozialversicherungsträger oder die Krankenzusatzversicherung Kosten des Trainings übernommen hätte, wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Auch dies deutet darauf hin, dass es sich bei dem strittigen Training nicht um eine Heilbehandlung gehandelt hat.

Der Trainer der Beschwerdeführerin durfte medizinische Trainingstherapien nicht durchführen. Somit steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass die Beschwerdeführerin ein Personal Training absolviert hat und kein Osteoporosetraining, wie im Wahlarzt-Antrag angeführt.

Trotz entsprechender Vorhalte (durch das Finanzamt und das Bundesfinanzgericht) wurde eine ärztliche Überwachung des (Personal)Trainings von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und wurden auch keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher als jene ist, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).

Nicht zu vergleichen sind dabei Abgabepflichtige, die die gleiche Belastung tragen (daher ist der Kranke nicht mit einem anderen Kranken, sondern mit einem Gesunden zu vergleichen).

Aufwendungen, die bei der Mehrzahl der Abgabepflichtigen auftreten, die also im täglichen Leben üblich sind, stellen keine außergewöhnliche Belastung dar.

Dem Steuerpflichtigen erwächst die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

Die Belastung darf zudem weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können bestimmte dort näher bezeichnete Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes (Abs. 4) abgezogen werden.

Nach § 34 Abs. 6 letzter Satz EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl 1996/303 idF BGBl II 430/2010) enthält nachstehende, für den vorliegenden Fall wesentliche Bestimmung:
§ 4: Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Bei durch Krankheit verursachten Aufwendungen ist es zu deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung erforderlich, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, nur dann als zwangsläufig erwachsen zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (; ; ).

Die Zwangsläufigkeit des Aufwandes ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen. Bei Kosten, die lediglich der Förderung des individuellen Wohlbefindens der Steuerpflichtigen dienen oder die aus bloßen Wünschen, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen resultieren, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Zwangsläufigkeit zu verneinen (). Triftige medizinische Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (). Die Beweislast hierfür trägt stets der Steuerpflichtige (vgl. , und Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Anhang II - ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Rz 35).

2. Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen sind nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie entweder der Heilung dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglicher zu machen. Somit führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer - im Falle einer Behinderung auch ohne Abzug eines Selbstbehaltes - außergewöhnlichen Belastung ().

Als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete (und unter ärztlicher Leitung absolvierte) Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn EStG20 § 35 Rz 17)

Der Begriff "Therapie" erfordert nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren (vgl. ).

Therapie beruht (nach der Definition auf http://de.wikipedia.org) auf einer direkten oder indirekten Einwirkung des Therapeuten auf den Patienten.

Nach der Judikatur des Bundesfinanzgerichtshofes (BFH) umfasst der Begriff der Heilbehandlung alle Eingriffe und anderen Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern (BFH , III R 84/96).

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0136, in Zusammenhang mit Kosten für ein Fitnessstudio ausgesprochen: "Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung bestimmter Übungen würde freilich nicht jeder Besuch eines Fitnessstudios zu einer außergewöhnlichen Belastung führen. Wesentlich wäre die Einbettung des Fitnessstudiobesuchs und der dabei absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung. So könnte sich ein physiotherapeutisch begleiteter Besuch eines Fitnessstudios beispielsweise dann und insoweit als zwangsläufig erweisen, wenn im Rahmen einer ärztlich verordneten physikalischen Therapie nach einem festen Trainingsplan laufend auch konkrete selbstständige Trainingseinheiten in einem Fitnessstudio zu absolvieren sind und eine regelmäßige Überwachung dieser Selbstübungseinheiten im Rahmen der physikalischen Therapie gewährleistet ist." Ein Nachweis einer unmittelbaren und ausreichend konkretisierten ärztlichen Einzelverschreibung (der Einbettung in eine ärztlich überwachte Behandlung) ist somit für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung notwendig (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 34 Rz 78 "Fitnesstudio").

Generell sind jedoch dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, an die Nachweisführung strenge Anforderungen zu stellen. So hat der Bundesfinanzhof zur insofern vergleichbaren deutschen Rechtslage in einem Urteil vom , III R 67/96, betreffend Aufwendungen für eine "medizinische Trainingstherapie" in einem ärztlich betreuten Sportstudio die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens hervorgestrichen, weil derartige Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.

Der Entscheidungslinie des VwGH lässt sich jedenfalls verallgemeinernd eindeutig entnehmen, dass Heilbehandlungen (iSd §§ 34 und 35 EStG 1988) bereits vorfeldweise von Ärzten verordnet werden müssen, um aus steuerlicher Sicht eine Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988 zu indizieren.

Aus der Rechtsprechung des , ist zudem abzuleiten, dass ein ohne Aufsicht oder Anleitung durch einen Arzt erfolgtes Training etwa in einem Sporttherapieinstitut nicht als Teil eines ärztlichen Behandlungsplans und auch nicht als eine mit Unterstützung einer Hilfsperson vorgenommene ärztliche Hilfe anzusehen ist. Werden von einem Arzt im Rahmen der Krankenbehandlung andere Leistungserbringer herangezogen, liegt ärztliche Hilfe dann vor, wenn die aufgrund ärztlicher Verschreibung vorgenommene physiotherapeutische, logopädisch-phoniatrische-audiologische oder ergotherapeutische Behandlung durch nach berufsrechtlichen Vorschriften (zB dem MTD-Gesetz) dazu berechtigte Personen erfolgt.

Im Erkenntnis vom , 2012/15/0136, hat der VwGH diese Rechtsansicht in Bezug auf den Besuch eines Fitnessstudios ausdrücklich bestätigt und die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens betont.

3. Die Beschwerdeführerin hat für das Kalenderjahr 2021 einen Wahlarzt-Antrag der behandelnden Ärztin für ein dauerhaftes Osteoporosetraining vorgelegt. Der Trainer der Beschwerdeführerin hat jedoch eindeutig ein Personal Training durchgeführt und abgerechnet.

Auch wenn die Abgrenzung zwischen einem Osteoporosetraining und einem Personal Training mitunter schwierig sein mag und es zahlreiche Überschneidungen bei den Trainings geben wird, ist im vorliegenden Fall auch wesentlich, dass die Beschwerdeführerin nicht nachweisen konnte, dass sie ihre Trainingseinheiten unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt hat. Sie hat zwar den Wahlarzt-Antrag ihrer behandelnden Ärztin an ihren (Personal)Trainer vorgelegt, wonach "Osteoporosetraining dauerhaft erforderlich" war, dabei handelt es sich aber nicht um eine ärztlich verordnete physikalische Therapie bei einem Physiotherapeuten. Dass die Trainingseinheiten regelmäßig ärztlich überwacht worden wären, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Zudem wurde der Beschwerdeführerin ein Osteoporosetraining verschrieben, sie begehrt im vorliegenden Beschwerdeverfahren jedoch eindeutig die Anerkennung der Aufwendungen für ein Personal Training.

Personal Trainings werden regelmäßig aber auch von Gesunden getätigt, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten. Sie sind auf die jeweilige Person zugeschnitten und werden vom Trainer entsprechend den Trainingsfortschritten angepasst. Generell sind jedoch dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, an die Nachweisführung strenge Anforderungen zu stellen.

In der Stellungnahme des steuerlichen Vertreters vom führt dieser an, dass für die Anerkennung der Kosten die Einbettung der Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung notwendig sei und sich dann auch ein physiotherapeutisch begleiteter Fitnessstudiobesuch als zwangsläufig erweisen könnte. Dies entspricht der genannten Rechtsprechung des VwGH. Umgelegt auf den streitgegenständlichen Fall übersieht der steuerliche Vertreter jedoch, dass es sich bei dem durchgeführten Training - entgegen dem Wahlarzt-Antrag der Allgemeinmedizinerin der Beschwerdeführerin - nicht um ein Osteoporosetraining, sondern um ein Personal Training im Fitnessstudio ihres Trainer gehandelt hat, also nicht um eine physikalische Therapie, die im Übrigen der Trainer nicht durchführen darf (vgl. auch § 11 Abs. 3 MTD-G). Insofern liegt dem hier streitgegenständlichen Fall aber ein anderer Sachverhalt zugrunde als dem vom VwGH zu entscheidenden.

Das genannte Judikat des VwGH vom September 2014 ist jedoch dahingehend wesentlich für das vorliegende Beschwerdeverfahren, als Trainingseinheiten in einem Fitnessstudio dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen wären, wenn sie in eine ärztliche Behandlung eingebettet sind.

Ärztliche Verordnungen müssen generell neben der Diagnose und den gewünschten Leistungen auch den Leistungsumfang (z.B. die Anzahl der Behandlungen) enthalten. Pro ärztlichen Verordnungsschein sind maximal zehn Behandlungen möglich. Mit besonderer Begründung eines intensiven Behandlungsbedarfes sind bis zu 20 Einheiten möglich (vgl. für physiotherapeutische Leistungen https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.879218; abgefragt am ). Zudem haben Physiotherapeuten auf Grundlage der ärztlichen Verordnung einen Behandlungsplan zu erstellen, der auch die notwendigen Befundungsinstrumente enthält. Der Behandlungsplan enthält die Anzahl der notwendigen Sitzungen und den voraussichtlichen Behandlungszeitraum. Am Ende der Behandlung wird der Behandlungsplan mit einer strukturierten Rückmeldung an den zuweisenden Arzt übermittelt (siehe nochmals https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.879218; abgefragt am ).

Diese Ausführungen gelten für Verordnungen für physiotherapeutische Leistungen, die mit der Gesundheitskasse abgerechnet werden. Auch wenn die hier streitgegenständliche Verordnung durch einen Wahlarzt gemacht wurde, sind die von der Gesundheitskasse angeführten Angaben nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes dennoch als Vergleichsvorgaben heranzuziehen, insbesondere hinsichtlich der ärztlichen Überwachung des festen Trainingsplanes bzw. Behandlungsplanes. Die Beschwerdeführerin hat aber weder einen Trainings- noch einen Behandlungsplan vorgelegt und auch keine Überwachung (irgend)eines ihrer behandelnden Ärzte belegt. Auch entspricht der vorgelegte Wahlarzt-Antrag nicht den von der Rechtsprechung genannten Kriterien einer unmittelbaren und ausreichend konkretisierten ärztlichen Einzelvorschreibung; der der Beschwerde beigelegte Wahlarzt-Antrag vom hält lediglich fest, dass ein Osteoporosetraining dauerhaft erforderlich sei, dabei handelt es sich aber nicht um eine unmittelbare und ausreichend konkretisierte ärztliche Einzelvorschreibung. Vielmehr ist diese allgemein gehalten, insbesondere der Leistungsumfang wurde im Antrag nicht beschrieben. Auch ist der Wahlarzt-Antrag vom Jänner 2021 der einzige, den die Beschwerdeführerin für das gesamte Jahr 2021 vorgelegt hat.

Das in der Stellungnahme vom durch den steuerlichen Vertreter vorgelegte ärztliche Attest eines Arztes wurde am verfasst; darin bestätigt der Arzt, bei dem es sich im Übrigen nicht um die das Osteoporosetraining verordnende Wahlärztin handelt, dass bei der Beschwerdeführerin aufgrund der genannten Diagnosen die medizinische Notwendigkeit eines dauerhaften Personal Trainings im Sinne eines ausgewogenen Kraft-/Ausdauertrainings mit spezieller Beübung der Muskulatur bestehe. Bei diesem Attest handelt es sich um ein im Nachhinein erstelltes Schreiben, dem für das streitgegenständliche Jahr keinerlei Bedeutung beigemessen werden kann. Zum einen nimmt das Attest nicht auf das Kalenderjahr 2021 Bezug, sondern enthält keine zeitlichen Angaben. Zum anderen wird in diesem Attest erstmals von der Notwendigkeit eines Personal Trainings gesprochen und nicht von einer Osteoporosetherapie. Nach der Judikatur des VwGH ist die Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Aufwendungen aber durch ein vor Beginn des Besuches des Fitnessstudios - und um ein solches handelt es sich im vorliegenden Fall - ausgestelltes ärztliches Zeugnis nachzuweisen. Im Beschwerdefall liegt hinsichtlich des Personal Trainings kein vorfeldweises ärztliches Gutachten vor, eine ärztliche Empfehlung besteht lediglich für eine Osteoporosetherapie.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass durch diese Entscheidung vom Bundesfinanzgericht nicht in Abrede gestellt wird, dass das Personal Training dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin grundsätzlich zuträglich war. Allerdings reicht der Umstand, dass das Personal Training der Gesundheit förderlich war, für die Anerkennung als Heilbehandlung im oben dargestellten Sinn nicht aus.

Auf Grund dieser Erwägungen gelangt das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die strengen Anforderungen, die an den Nachweis der Zwangsläufigkeit einer medizinischen Bewegungstherapie zu stellen sind, zur Ansicht, dass die Zwangsläufigkeit im streitgegenständlichen Fall nicht als erwiesen angenommen werden kann, und daher die Kosten für das Personal Training nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.

4. Die Kosten für Hilfsmittel sind in voller Höhe im Jahr der Belastung absetzbar, nicht bloß im Wege einer Absetzung für Abnutzung (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 35 Rz 17).

Der Beschwerdeführerin sind im Jahr 2021 für das Plasma One Gerät Kosten i.H.v. € 5.715,50 entstanden. Diese sind in voller Höhe absetzbar.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100303.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at