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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2024, RV/2100662/2023

1. Mangel der Begründung des Aufhebungsbescheides ist sanierbar 2. Zur Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Pensionsantritt des Ehemannes (betreffend Abzug von Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, den Richter R2 sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache der Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Michaela Moosbrugger, Himmelreichweg 41, 8044 Graz, über
1) die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 sowie
2) die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung (gemäß § 299 BAO) der Beschwerdevorentscheidung vom hinsichtlich Einkommensteuer 2019,
Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin SF zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist materiellrechtlich die Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung iHv. € 8.917,- sowie für Familienheimfahrten iHv. € 3.672,- als Werbungskosten. Weiters bestreitet die Bf. die Rechtmäßigkeit der gemäß § 299 BAO verfügten Aufhebung der (zunächst) stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom .

Im angefochtenen - gemäß § 295 Abs. 1 BAO ergangenen - Einkommensteuerbescheid2019 vom ließ das Finanzamt die oa. Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Die Begründung ergibt sich aus dem (gemäß § 295 BAO abgeänderten) Bescheid vom : Eine berufliche Veranlassung liege - so das Finanzamt - nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Familienwohnsitz aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wird auszugsweise wie folgt begründet:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) sei seit vielen Jahren für die Steiermärkische Landesregierung tätig. "Ihr Arbeitsort ist Graz. Seit 2012 ist sie mit Herrn MF verheiratet, dieser war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2018 in Wien unselbständig tätig. Der gemeinsame Familienwohnsitz der Eheleute befindet sich in 1140 Wien, K-Straße 68.

Dieser gemeinsame Familienwohnsitz ist dem Finanzamt schon seit Jahren bekannt, nicht zuletzt durch die zahlreichen Ergänzungsersuchen und Beschwerden in den Vorjahren. (…) Auch die Tatsache, dass der Hauptwohnsitz [der Bf.] in Graz liegt und sie am gemeinsamen Familienwohnort vorerst nur nebenwohnsitzlich gemeldet ist, ist seit Jahren bekannt; eine Umänderung dieser Wohnsitzmeldungen ist jederzeit möglich, allerdings nur ein Formalakt und hat wohl keinerlei Einfluss auf die seit Jahren vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten.

Die Ehegatten haben bereits im Jahr 2011 (Eheschließung im Jahr 2012) ihren gemeinsamen Familienwohnsitz in Wien begründet. (…)

[Die Bf.] hat im Jahr 2019 mit ihrem Arbeitgeber Telearbeit im Ausmaß von 20% vereinbart. Als Telearbeitsplatz wurde mit ausdrücklicher Zustimmung und Kenntnisnahme der Situation des Familienwohnsitzes zwischen dem Land Steiermark und unserer Mandantin Wien festgelegt. [Die Bf.] verfügt daher am Familienwohnsitz in Wien über ein eigenes Arbeitszimmer mit umfassender Büroausstattung. (…)

Zur Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist auszuführen:

Das Einfamilienhaus in Wien ist seit 1952 bereits in dritter Generation im Eigentum der Familie des Ehegatten [der Bf.]. Es wurde auch durchgehend für private Zwecke der Familie genutzt und zu keiner Zeit vermietet oder sonst in irgendeiner Form Dritten überlassen. Es handelt sich dabei um einen - im Vergleich zum Wohnsitz in Graz - sowohl in Wohn- als auch Gartenfläche größeren Besitz, welcher kontinuierliche Betreuung und Instandhaltung sowie vor allem nach außen durchgehend erkennbare Anwesenheit erfordert. Nicht selten kommt es - wie in vielen großstädtischen Gartenmilieus - öfters zu Einbrüchen und Diebstählen, so auch im Jahr 2015, wo Schmuckgegenstände im Eigentum unserer Mandantin von größerem Wert, gestohlen wurden.

Das Haus inklusive Einrichtung hat einen erheblichen (materiellen und emotionalen) Wert für den Ehegatten [der Bf.], eine Vermietung oder gar ein Verkauf daher unzumutbar. Überdies geht es hier nur um eine relativ kurze Zeitspanne, da sich [die Bf.] bereits im 60. Lebensjahr befindet und ihre Pensionierung absehbar ist. Eine Vermietung oder ein Verkauf für nur ein paar Jahre würde einen unzumutbaren Eingriff in die Privatsphäre der Ehegatten bedeuten. Zusätzlich wurde sowohl ihr Gatte als auch [die Bf.] testamentarisch verpflichtet, das Haus in entsprechend gutem Zustand zu halten, was unter nicht unerheblichem Investitionseinsatz auch passiert. Ein Verkauf des Hauses ist somit auch aufgrund des seit 2011 bestehenden Testaments unzumutbar.

In diesem Zusammenhang sei auch noch auf das Erkenntnis des zu 95/14/0124 verwiesen, welches einen 60-jährigen Arbeitnehmer betrifft, der seine Berufstätigkeit mit Erreichung des 65. Lebensjahres einstellen werde, und ausgesprochen wurde, dass "die Verlegung des Wohnsitzes dann nicht zumutbar ist, wenn von vorherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf vier bis fünf Jahre befristet ist". Daher kann festgehalten werden, dass eine Zumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes im vorliegenden Fall ebenfalls nicht angenommen werden darf.

Gerade weil sowohl die Finanzverwaltung als auch der Verwaltungsgerichtshof ausführen, dass auch bei Wegfall der dauerhaft angelegten doppelten Haushaltsführung zB. durch Pensionierung eines Ehegatten wie im vorliegenden Fall, eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung zulässig ist, ist ein Auseinandersetzen mit der Thematik der Unzumutbarkeit und der zeitlichen Komponente hier jedenfalls unabdingbar.

(…) Da zahlreiche Beweise vorliegen, dass unsere Mandantin den Mittelpunkt ihrer persönlichen Lebensinteressen in Wien hat sowie ihr Gatte seit vielen Jahrzehnten das in Wien befindliche Haus besitzt und [die Bf.] dort ihren Familienwohnsitz hat, sind die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung nach wie vorgegeben. Eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes in Wien an den Beschäftigungsort in Graz liegt aufgrund von privaten Gründen, denen erhebliches Gewicht zukommt, vor."

Einen Vorhalt des Finanzamtes vom beantwortete die Bf. mit Eingabe vom (per FinanzOnline übermittelt am ). Darin gab sie ua. an, ihre Pensionierung sollte regulär am erfolgen, eine frühere vorzeitige Pensionierung sei jedoch möglich. Ihr Ehegatte habe im Streitjahr - abgesehen von seiner Pension - keine weiteren Einkünfte erzielt.

In der Folge erließ das Finanzamt am eine stattgebende Beschwerdevorentscheidung. Die strittigen Kosten wurden mit folgender Begründung zum Abzug zugelassen:

"In Anlehnung an die Rz 346 der LStR liegen die Voraussetzungen für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung vor, da durch die Pensionierung des Ehepartners ab Jänner 2018 die Gründe für eine dauerhafte doppelte Haushaltsführung weggefallen sind. Als angemessene Frist wird eine Dauer von 2 Jahren berücksichtigt, somit sind im Veranlagungsjahr 2019 die Kosten letztmalig zu gewähren."

Per erließ das Finanzamt den nunmehr beschwerdegegenständlichen Aufhebungsbescheidgemäß § 299 BAO. Mit diesem wurde die (stattgebende) Beschwerdevorentscheidung vom aufgehoben. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, das Bundesfinanzgericht habe im - ebenfalls die Bf. betreffenden - Erkenntnis vom , RV/2100165/2023, zu Recht erkannt, dass (bei der Bf.) hinsichtlich der Jahre 2020 und 2021 keine steuerlich anerkannte doppelte Haushaltsführung vorliege. Der Spruch der aufgehobenen Beschwerdevorentscheidung hätte sohin lauten müssen, dass die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen werde. Hinsichtlich der Ermessensübung verweist das Finanzamt darauf, dass dem Prinzip der Rechtmäßigkeit grundsätzlich der Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit zukomme, und ein Absehen von der Aufhebung nur dann in Betracht komme, wenn die Auswirkungen der Rechtswidrigkeit nur geringfügig seien. Die steuerlichen Auswirkungen (Gutschrift iHv. € 5.427,-) seien im Beschwerdefall jedoch nicht als geringfügig anzusehen gewesen.

Unter Einem erging bezüglich der Einkommensteuer 2019 eine neueBeschwerdevorentscheidung, mit welcher die Beschwerde vom - im Wesentlichen unter Hinweis auf das BFG-Erkenntnis vom , RV/2100165/2023 - nunmehr abgewiesen wurde.

Mit Eingabe vom erhob die Bf. Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid vom . Die Aufhebung werde vom Finanzamt mit der Entscheidung des begründet. Dagegen habe die Bf. Revision erhoben. Das BFG stütze sich in seinem Erkenntnis auf veraltete Judikatur des VwGH und lasse neuere Entscheidungen unberücksichtigt. Erst die "falsche Entscheidung des BFG" habe beim Finanzamt zu einer Änderung der Rechtsansicht (und somit zur Aufhebung) geführt. Eine Aufhebung nach § 299 BAO setze die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus. Diese Gewissheit sei aber erst mit der Erledigung durch den Verwaltungsgerichtshof (also mit der Rechtskraft der Entscheidung des ) gegeben. Im Weiteren rügt die Bf. die Ermessensübung des Finanzamtes.

Mit weiterer Eingabe vom brachte die Bf. bezüglich der Einkommensteuer 2019 den Vorlageantrag ein. Diesem waren verschiedene Schriftsätze (teils die Einkommensteuerverfahren 2020 und 2021 betreffend) beigefügt und wurde auf die darin getätigten Ausführungen verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Beschwerde ab. Darin wird (auf den S. 4f.) auch die behördliche Ermessensübung nochmals umfassend begründet.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung (betreffend die Aufhebung nach § 299 BAO) wurde am fristgerecht der Vorlageantrag eingebracht.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2023/15/0087, hob der VwGH das die Bf. und deren Veranlagungsjahre 2020 sowie 2021 betreffende BFG-Erkenntnis vom , RV/2100165/2023, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Auszugsweise wörtlich wieder gegeben begründete der VwGH seine Entscheidung wie folgt:

"Das Bundesfinanzgericht hat die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung verneint, weil die Revisionswerberin nach ihrer Eheschließung 2012 ihren Familienwohnsitz in Wien begründet habe und die Wohnsitzverlegung deshalb privat veranlasst gewesen sei, was eine Anerkennung der Aufwendungen auch zukünftig ausschließe. Damit hat es aber die Rechtslage verkannt, weil es für die Beurteilung der Anerkennung der doppelten Haushaltsführung die den Streitjahren vorangehenden Jahre für wesentlich erachtet hat (vgl. ). Das Bundesfinanzgericht hätte sich vielmehr mit den Umständen in den revisionsgegenständlichen Jahren 2020 und 2021 auseinandersetzen müssen und die Zumutbarkeit einer Verlegung des Familienwohnsitzes in den Nahbereich der Arbeitsstätte nach den Umständen des Einzelfalles des jeweiligen Streitjahres beurteilen müssen.

Ungeachtet dessen vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aber auch der Beurteilung des Bundesfinanzgerichts nicht anzuschließen, dass im Jahr 2012 keine anzuerkennende doppelte Haushaltsführung vorgelegen habe. Das Bundesfinanzgericht hat den Umstand, dass bis 2012 kein gemeinsamer Familienwohnsitz bestand, nicht ausreichend gewürdigt.

Im Revisionsfall übten im Jahr 2012 sowohl die Revisionswerberin als auch ihr Ehemann eine Erwerbstätigkeit aus. Die Entfernung zwischen den beiden Wohnsitzen in Wien und Graz machte eine tägliche Rückkehr unzumutbar. Dass es in einem solchen Fall nahelag, dass einer der beiden Ehepartner seinen bisherigen als Familienwohnsitz geeigneten Wohnsitz am Beschäftigungsort beibehalten werde, liegt auf der Hand, woraus sich in der Folge eine Unzumutbarkeit der Aufgabe des Wohnsitzes am Beschäftigungsort ergab. Die Verlegung des Wohnsitzes nach Wien durch die erstmalige Begründung eines Familienwohnsitzes im Jahr 2012 erfolgte zwar privat, die Beibehaltung des Wohnsitzes am Beschäftigungsort war im Revisionsfall allerdings beruflich veranlasst (vgl. , mwN). Dass (auch) private Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes am Beschäftigungsort ausschlaggebend gewesen wären, wurde vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt.

Die Ansicht des Bundesfinanzgerichts würde dazu führen, dass Steuerpflichtige, die nach einer Eheschließung bzw. Begründung einer Lebensgemeinschaft einen gemeinsamen Familienwohnsitz am bisherigen Hauptwohnsitz eines der Partner erst dann begründen, wenn schon beide berufstätig sind, und beide bis zu diesem Zeitpunkt in weit voneinander entfernten Orten ihren Wohnsitz am Beschäftigungsort hatten, niemals Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend machen könnten, weil immer aus der jeweiligen Sicht des einen Steuerpflichtigen die Begründung des Familienwohnsitzes in Entfernung zum Beschäftigungsort als privat veranlasst anzusehen ist. Dieses Ausblenden der Auswirkungen des Eingehens einer Lebensgemeinschaft oder Ehe entspricht nicht der Rechtslage (vgl. ).

(…) Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Bundesfinanzgericht damit auseinanderzusetzen haben, ob in den Revisionsjahren 2020 und 2021 nach der Pensionierung des Ehemannes der Revisionswerberin noch eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz vorlag, oder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in der privaten Lebensführung der Eheleute begründet ist."

In ihrer ergänzenden Eingabe an das führt die Bf. unter Verweis auf den VwGH (Ra 2023/15/0087) aus, es sei hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes auf die Umstände des jeweiligen Jahres einzugehen. Diese Prüfung habe das Finanzamt für das Streitjahr sehr genau und gewissenhaft mittels detailliertem Ergänzungsersuchen durchgeführt. Folglich sei das Finanzamt in der ursprünglichen Beschwerdevorentscheidung vom zur Ansicht gelangt, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz im Streitjahr unzumutbar gewesen sei. Im angefochtenen Aufhebungsbescheid halte das Finanzamt unter Verweis auf die (nunmehr aufgehobene) BFG-Entscheidung lediglich fest, dass eine Prüfung der Unzumutbarkeit gar nicht anzustellen sei, da die Wohnsitzverlegung 2012 privat veranlasst gewesen sei. Eine weitere bzw. nochmalige Prüfung der Unzumutbarkeit sei daher weder nötig noch zulässig. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz sei für 2019 festgestellt und anerkannt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1.Zur Aufhebung gemäß § 299 BAO:

Mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 299 BAO vom hob das Finanzamt jene Beschwerdevorentscheidung vom auf, mit welcher die hier ebenfalls gegenständliche Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 (s. dazu unten Punkt 2.) zunächst stattgebend erledigt wurde. Unter Einem wurde eine die genannte Beschwerde abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen.

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren gemäß § 299 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (etwa bei einer unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, oä.), ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 nicht ausschlaggebend (Ritz/Koran, BAO 7. Auflage, § 299 Rz 10).

Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden der Abgabenbehörde noch ein Verschulden (bzw. ein Nichtverschulden) des Bescheidadressaten voraus. Lediglich bei der Ermessensübung könnte ausnahmsweise dem Verschulden der Behörde bzw. der Partei Bedeutung zukommen (Ritz/Koran, aaO, § 299 Rz 11).

Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (zB ). Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzt daher grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (zB ; ; ).

Die Bf. rügt, die Gewissheit der Rechtswidrigkeit sei im vorliegenden Fall erst mit der Entscheidung des VwGH im die Bf. betreffenden Revisionsverfahren für die Jahre 2020 und 2021 gegeben (gewesen) und im Zeitpunkt der Aufhebung daher noch nicht vorgelegen.

Die Bf. verweist selbst auf jene Rechtsprechung des VwGH, wonach die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen ist. Daher konnte allein schon aus diesem Grund das (zwischenzeitig ergangene) VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2023/15/0087, welches die Veranlagungsjahre 2020 und 2021 betraf, für das Streitjahr 2019 nicht zwingend die erforderliche Gewissheit in Bezug auf die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung bringen.

Dazu kommt, dass dem Finanzamt bei Verfügung der Aufhebung am der Umstand, dass gegen die BFG-Entscheidung vom Revision erhoben wird, noch gar nicht bekannt war. Die Revision der Bf. wurde nämlich erst am eingebracht.

Überdies hat der VwGH in diesem Erkenntnis nicht abschließend ausgesprochen, dass der Bf. (in den Jahren 2020 und 2021) eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz jedenfalls unzumutbar (gewesen) wäre, wenngleich das vorangegangene BFG-Erkenntnis im Ergebnis zwar aufgehoben wurde, da sich das BFG laut VwGH nicht mit den Umständen des Einzelfalles der revisionsgegenständlichen Jahre auseinandergesetzt habe. Der VwGH sprach vielmehr aus, dass das BFG im fortgesetzten - die Jahre 2020 und 2021 betreffenden - Verfahren zu prüfen habe, ob nach der Pensionierung des Ehemannes noch eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes vorlag (s. letzter Absatz des zitierten VwGH-Erkenntnisses). Ein endgültiger Abspruch in Bezug auf die Frage der (Un-)Zumutbarkeit ist durch den VwGH sohin bislang nicht erfolgt.

Unter dem nachfolgenden Punkt 2. legt das BFG im vorliegenden Erkenntnis umfassend dar, aus welchen Gründen es im Zuge seiner rechtlichen Beurteilung zu der Auffassung gelangt ist, dass der Bf. im Streitjahr eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz jedenfalls (bereits) zumutbar gewesen wäre. Dabei konnte sich das BFG auf die zitierte Judikatur des VwGH stützen, welcher zufolge zum Einen bloße Momente der persönlichen Vorliebe oder Befindlichkeit keine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung zu begründen vermögen, und zum Anderen Aufwendungen der Lebensführung, wenngleich diese dem Beruf durchaus förderlich sein können, nicht steuerlich abzugsfähig sind. In Anbetracht dieser (nachfolgenden) Ausführungen kann dem Finanzamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es im bekämpften Aufhebungsbescheid im Ergebnis davon ausging, dass es mit der aufgehobenen (stattgebenden) Beschwerdevorentscheidung in Verkennung der Rechtslage die beantragen Kosten der doppelten Haushaltsführung sowie der Familienheimfahrten (zunächst) zum Abzug zugelassen hat. Die Gewissheit der Rechtswidrigkeit war sohin gegeben, zumal es in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zu keinen Änderungen oder Ergänzungen gekommen ist, sondern sowohl der aufgehobenen Beschwerdevorentscheidung vom als auch der nunmehrigen ("neuen") abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom ein und derselbe Sachverhalt zugrunde gelegen ist. Lediglich die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes erfuhr in der Beschwerdevorentscheidung vom eine Änderung.

Des Weiteren bringt die Bf. vor, bei der Aufhebung sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich. Das Finanzamt habe sich für die Aufhebung allein auf das erst nachträglich ergangene BFG-Erkenntnis vom gestützt. Dem vom BFG darin herangezogenen Aufhebungsgrund habe "der VwGH jetzt eine Absage erteilt."

Dem ist zunächst zu erwidern, dass weder das BFG mit seinem (für die Jahre 2020 und 2021) ergangenen Erkenntnis vom noch der VwGH in seinem diese BFG-Entscheidung aufhebendem Erkenntnis Ra 2023/15/0087 vom eine neue Sach- und Rechtslage geschaffen haben. Beiden Erledigungen lag derselbe Sachverhalt zugrunde, beide würdigten diesen an Hand der geltenden Gesetzeslage.

Dass nun der VwGH zwischenzeitig das BFG-Erkenntnis vom , RV/2100165/2023, auf welches sich das Finanzamt bei der gegenständlichen Aufhebung maßgeblich gestützt hat, mit oa. Entscheidung aufgehoben hat, steht der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides aber im Ergebnis aus folgenden Gründen nicht entgegen:

Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die in der Beschwerde gegen einen Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, bei der amtswegigen Aufhebung durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird (vgl. ; ).

In der Begründung des Aufhebungsbescheides nach § 299 Abs. 1 BAO vom wird allgemein die Voraussetzung für die Aufhebung angeführt, nämlich dass sich der Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom als nicht richtig erweist. In der Bescheidbegründung wird ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sich der bisherige Einkommensteuerbescheid nach Ansicht des Finanzamtes als unrichtig erweist. Damit war objektiv erkennbar dargetan, dass das Finanzamt bei der gleichzeitigen Erlassung des Aufhebungsbescheides die "Unrichtigkeit" der stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom (hinsichtlich der Einkommensteuer2019) darin erblickt hat, dass die von der Bf. geltend gemachten Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten zum Abzug zugelassen wurden. Damit ist der Aufhebungsgrund ausreichend klar umschrieben und festgelegt (vgl. ).

Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (zB ; , 0282; ); daher kann zB die Begründung einer Beschwerdevorentscheidung (oder eines BFG-Erkenntnisses) einen Begründungsmangel sanieren (vgl. ).Im Beschwerdeverfahren kann ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid ergänzt bzw. richtiggestellt werden, es darf bloß kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden (vgl. ).

Bei Überprüfung eines Aufhebungsbescheides kommt es lediglich darauf an, ob das Finanzamt überhaupt berechtigt war, einen solchen zu erlassen. Ein subjektiv-öffentliches Recht der Bf. wird dadurch, dass die Aufhebung (zunächst) auf eine unzutreffende Rechtsansicht anstatt richtig auf eine andere (der Judikatur der Höchstgerichte entsprechende) Auffassung gestützt wurde, nicht verletzt (s. dazu zB , mwN).

Aufhebungsgrund war im angefochtenen Aufhebungsbescheid eindeutig und objektiv erkennbar der zu Unrecht gewährte Abzug der strittigen Kosten der doppelten Haushaltsführung bzw. der Familienheimfahrten. Dass das Finanzamt - dem BFG-Erkenntnis für die Veranlagungsjahre 2020 und 2021 folgend - dieser Aufhebung eine fehlerhafte rechtliche Würdigung zugrunde gelegt hat, indem es sich nicht mit den Verhältnissen des hier maßgeblichen Streitjahres auseinandergesetzt hat, ist letztendlich für die nunmehrige Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung durch das BFG nicht schädlich, da - wie oben dargelegt - ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid im Rechtsmittelverfahren ergänzt bzw. richtig gestellt (und somit die - vom VwGH für die Folgejahre gerügte - unterlassene Auseinandersetzung mit den Umständen des Streitjahres vom BFG nachgeholt) werden kann. Der oa. Aufhebungsgrund wird dadurch nicht ausgetauscht. Die näheren Ausführungen, aus welchen konkreten Gründen sich die stattgebende Beschwerdevorentscheidung vom als rechtswidrig erweist, ergibt sich aus dem nachfolgenden Punkt 2.

Schließlich rügt die Bf. auch die Ermessensübung des Finanzamtes.

Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu (zB ; ; ). Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu (; ; ; ).

Eine Aufhebung wird dann zu unterlassen sein, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist (zB ; , 0029; ; ) bzw. wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat (zB ; Stoll, JBl 1985, 11; ; ), etwa weil Fehler sich inner- oder überperiodisch im Wesentlichen ausgleichen (Stoll, BAO, 2893; Stoll, Ermessen2, 270; Tanzer/Unger in Althuber/Toifl, Rückforderung, 128).

Im vorliegenden Fall enthalten sowohl der angefochtene Aufhebungsbescheid als auch die bezügliche Beschwerdevorentscheidung (Letztere sogar umfangreiche) Ausführungen zur Ermessensübung. Das Finanzamt betont dabei insbesondere den Vorrang des Prinzipes der Rechtsrichtigkeit.

Der VwGH sieht im Regelfall die Ermessensübung mit dem Hinweis auf den Vorrang der Rechtsrichtigkeit im Hinblick auf die nicht bloß geringfügigen steuerlichen Folgen als ausreichend begründet an (zB ). Genau damit hat auch das Finanzamt im Beschwerdefall seine Ermessensübung begründet. Die steuerlichen Auswirkungen sind bei einer Veränderung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage von rund € 12.600,- keineswegs als geringfügig anzusehen. Ein im Vorlageantrag vage angedeutetes Missverhältnis zwischen Aufhebungsgrund und den Wirkungen der Aufhebung liegt nicht vor.

Demgegenüber treten andere Kriterien, wie insbesondere der Umstand, dass die Bf. mit der Abgabenbehörde "kooperiert und alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt" hat ("Kausalität" des Verhaltens der Bf.), deutlich in den Hintergrund.

Es ist für die Ermessensübung auch grundsätzlich bedeutungslos, ob die Rechtswidrigkeit auf ein "Verschulden" der Abgabenbehörde zurückzuführen ist (Ritz/Koran, aaO, § 299 Rz 59, mwN). Es spielt daher keine Rolle, dass das Finanzamt den maßgeblichen Sachverhalt in der aufgehobenen Beschwerdevorentscheidung zunächst rechtlich unrichtig (und folglich stattgebend) beurteilt hat.

Die Bf. bringt weiters eine Verletzung von Treu und Glauben ins Spiel, welche nicht näher begründet, aber offenbar in dem Umstand erblickt wird, dass das Finanzamt der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 mit Beschwerdevorentscheidung vom zunächst stattgegeben hat (so könnte uU. das Vorbringen im Vorlageantrag vom , vorletzte Seite, Mitte, gedeutet werden).

Diesbezüglich ist auf die zutreffenden Ausführungen der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom zu verweisen:

"Wie der VwGH im Erkenntnis vom , 90/13/0156, zum Ausdruck gebracht hat, hindert der Grundsatz von Treu und Glauben die Behörde nicht, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später abzugehen. Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen ließen, wie dies z.B. der Fall sein könne, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert werde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstelle. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen (vgl. C- 181/04 bis 183/04, Elmeka) Abgabenbehörde zu berücksichtigen.

Das Abgehen von der bisherigen Verwaltungsübung bedeutet keinen Verstoß gegen Treu und Glauben, vielmehr ist die Behörde nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, von einer gesetzwidrigen Verwaltungsübung, einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung oder einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt ( 96/13/0090; mit Hinweis auf E , 90/15/0007). (…)"

Dass die Bf. bei der Abgabenbehörde zur Streitfrage eine Rechtsauskunft eingeholt hätte oder sie von dieser zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert worden wäre bzw. sie ihr steuerliches Verhalten nach einer bestimmten behördlichen Auskunft ausgerichtet hätte, geht aus der Aktenlage nicht hervor und wird selbst von der Bf. nicht behauptet. Ein Verstoß des Grundsatzes von Treu und Glauben liegt daher nicht vor.

Schließlich argumentiert die Bf., dass seitens des Finanzamtes die Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht berücksichtigt worden wären, da die Aufhebung "ohne Abwarten der Entscheidung des VwGH (…) zu enormen weiteren Verfahren" führe.

Hier genügt der nochmalige Hinweis darauf, dass im Zeitpunkt der Aufhebung am eine Revision noch nicht eingebracht war. Ein Abwarten auf eine Entscheidung des VwGH war daher zu diesem Zeitpunkt in Ermangelung eines anhängigen Revisionsverfahren gar nicht möglich.

Nach § 302 Abs. 1 BAO sind Aufhebungen gemäß § 299 BAO grundsätzlich bis zum Ablauf eines Jahres ab Bekanntgabe (idR. Zustellung) des aufzuhebenden Bescheides zulässig.

Im Zeitpunkt der Aufhebung durch das Finanzamt stand der Ablauf dieser einjährigen Frist unmittelbar bevor. Daher kann es auch weder als unzweckmäßig noch als unwirtschaftlich angesehen werden, wenn das Finanzamt zwecks Wahrung dieser gesetzlichen Frist die Aufhebung verfügt hat, nachdem es die Rechtswidrigkeit seiner Beschwerdevorentscheidung vom erkannt hatte. Unzweckmäßig wäre vielmehr ein Zuwarten auf ein allfälliges Revisionsverfahren (dessen Einleitung noch nicht einmal absehbar, geschweige denn bekannt war) gewesen, da diesfalls die Frist von einem Jahr jedenfalls abgelaufen und eine Aufhebung nach § 299 BAO rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre.

Die Grundsätze der Verfahrensökonomie waren daher im Beschwerdefall nicht verletzt.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet abzuweisen.

2. Zur doppelten Haushaltsführung und den Familienheimfahrten:

In materiellrechtlicher Hinsicht steht folgender Sachverhalt zur Beurteilung:

Die Bf. hat (zumindest) seit September 1997 ihren Hauptwohnsitz in der Steiermark. Die von ihr bewohnte Liegenschaft in H steht in ihrem Eigentum. Seit 2007 war sie als Beamtin in der Steiermark im Kulturbereich beschäftigt (Arbeitsort: Graz) und erzielte aus dieser Tätigkeit nichtselbständige Einkünfte. Im Jahr 2012 verehelichte sich die Bf. Seit Juni 2012 hat sie in Wien (im Haus ihres nunmehrigen Ehegatten) einen Nebenwohnsitz gemeldet. Das mit ihrem Ehemann bewohnte Einfamilienhaus in Wien dient bereits seit 2011 als gemeinsame Familienwohnung. Der Ehemann der Bf. trat im Jänner 2018 in den Ruhestand. Bis zu seiner Pensionierung erzielte der Ehegatte aus einer Tätigkeit im Bundesdienst (in Wien) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem Vorbringen der Bf., insbesondere aus ihrer Beschwerdeschrift, ihrer Vorhaltsbeantwortung vom und den dem Vorlageantrag beigefügten Schriftsätzen. Des Weiteren stützen sich die angeführten Umstände auf eine Melderegisterabfrage sowie die den Sachverhalt betreffenden Ausführungen des VwGH im (die Bf. betreffenden) Erkenntnis Ra 2023/15/0087. Die oa. Sachverhaltselemente stehen zwischen den Parteien überdies nicht in Streit (s. zB Verhandlungsprotokoll vom , S. 2).

Rechtlich gilt Folgendes:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dieses Abzugsverbot gilt gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2a EStG 1988 auch für Aufwendungen für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für "Familienheimfahrten" bzw. "doppelte Haushaltsführung", wie zB für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung oder Beibehaltung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist (zB ; ).

Die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten haben (zB ; ; ).

Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (s. zB ; ). Unterhält ein Steuerpflichtiger einen vom Beschäftigungsort entfernten (Familien)Wohnsitz, und ist in einem Streitjahr die Verlegung des Familienwohnsitzes - etwa im Hinblick auf den dort wohnhaften, berufstätigen Ehepartner - unzumutbar, sind die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen für Familienheimfahrten gegeben (zB ).

Steuerlich relevante Erwerbseinkünfte des anderen Ehepartners am Familienwohnsitz, die bei dessen Verlegung verloren gingen, können also für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechen (; ).

Sind hingegen bloße Momente der persönlichen Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ausschlaggebend, vermögen diese nicht zur Abzugsfähigkeit von Kosten der doppelten Haushaltsführung zu führen (s. zB ; sowie die weitere bei Jakom/Ebner EStG, 2024, § 16 Rz 56 angeführte Judikatur).

In diesem Sinne ist etwa eine Beeinträchtigung der "persönlichen Befindlichkeit" oder der Verlust des "sozialen Umfeldes" des Partners steuerlich unbeachtlich (). Ebenso wenig es ist für die Abzugsfähigkeit beachtlich, wenn es sich beim Familienwohnsitz um ein Eigenheim handelt ().

In Anbetracht des Umstandes, dass der Ehegatte der Bf. bis einschließlich Jänner 2018 am Ort des Familienwohnsitzes nichtselbständige Einkünfte (in wirtschaftlich relevanter Höhe) erzielt hat, war eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort der Bf. (in Graz) bis zu diesem Zeitpunkt auf Grund der dargestellten Rechtslage jedenfalls unzumutbar.

Es ist daher nunmehr für das Streitjahr zu prüfen, ob nach der Pensionierung des Ehemannes der Bf. noch eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz vorlag, oder ob die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in der privaten Lebensführung der Eheleute begründet ist (in diesem Sinne auch der VwGH in seinem die Bf. sowie die Jahre 2020 und 2021 betreffenden Erkenntnis Ra 2023/15/0087).

Für den Abzug als Werbungskosten müssen Umstände vorliegen, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen - wie oben dargelegt - nicht aus (s. nochmals zB )

Die Bf. führt als Gründe für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Graz insbesondere ins Treffen (Beschwerdeschriftsatz vom ):

"Das Einfamilienhaus in Wien ist seit 1952 bereits in dritter Generation im Eigentum der Familie des Ehegatten [der Bf.]. Es wurde auch durchgehend für private Zwecke der Familie genutzt (…). Es handelt sich dabei um einen - im Vergleich zum Wohnsitz in Graz - sowohl in Wohn- als auch Gartenfläche größeren Besitz, welcher kontinuierliche Betreuung und Instandhaltung sowie vor allem nach außen durchgehend erkennbare Anwesenheit erfordert. Nicht selten kommt es (…) öfters zu Einbrüchen und Diebstählen, so auch im Jahr 2015, wo Schmuckgegenstände im Eigentum unserer Mandantin von größerem Wert, gestohlen wurden.

Das Haus inklusive Einrichtung hat einen erheblichen (materiellen und emotionalen) Wert für den Ehegatten [der Bf.], eine Vermietung oder gar ein Verkauf daher unzumutbar. Überdies geht es hier nur um eine relativ kurze Zeitspanne, da sich [die Bf.] bereits im 60. Lebensjahr befindet und ihre Pensionierung absehbar ist. (…) Zusätzlich wurde sowohl ihr Gatte als auch [die Bf.] testamentarisch verpflichtet, das Haus in entsprechend gutem Zustand zu halten, was unter nicht unerheblichem Investitionseinsatz auch passiert."

Im Vorlageantrag vom (die Jahre 2020 und 2021 betreffend) führt die Bf. dazu ergänzend aus:

"Der Ehegatte (…) hat sich seinen Kindern gegenüber nicht nur verpflichtet das Einfamilienhaus in gutem Zustand zu erhalten, sondern sich auch vertraglich verpflichtet, dieses nicht zu verkaufen und in weiterer Folge an sie zu vererben. Gleichzeitig gibt es die testamentarische Verpflichtung zwischen allen Beteiligten, dass [der Bf.] ein lebenslanges Wohnrecht am Familienwohnsitz eingeräumt werden soll. Es geht hier also nicht um persönliche Vorlieben oder nur um die Tatsache, dass ihr Ehegatte ein Eigenheim am Familienwohnsitz besitzt, sondern um konkrete rechtliche Verpflichtungen, die damit verbunden sind und eingehalten werden müssen. (…)

Hervorgehoben sei hier auch noch einmal die Tatsache, dass [die Bf.] durch ihre häufige Anwesenheit am Familienwohnsitz in Wien enorme berufliche Vorteile zieht.

Sie ist laut Stellenbeschreibung unter anderem auch für Studien und vergleichende strategische Arbeiten zuständig, ihre guten Verbindungen zur Politik, den leitenden Beamtinnen in den Ministerien sowie zu den zahlreichen Museums- und Theaterdirektorinnen fördern daher auch ihre berufliche Tätigkeit und werden von ihrem Arbeitgeber mehr als geschätzt. (…)

Zur zeitlichen Komponente ist anzumerken, dass [die Bf.] im Jahr 2020 bzw. 2021 zwar das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, allerdings trotzdem von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die steuerliche doppelte Haushaltsführung mit der Pensionierung [der Bf.] beendet sein wird. Selbst wenn hier der Zeitrahmen (maximal) sieben Jahre beträgt (2020 bis 2026) und nicht nur vier bis fünf wie in zahlreichen Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes angeführt, kann wohl nicht starr auf diese Jahresgrenzen abgestellt werden, sondern wohl nur auf die Tatsache, dass der Zeitrahmen absehbar ist und sich in dieser Zeit auch keine großen beruflichen Veränderungen mehr ergeben werden. Dann wird sie den Wohnsitz in Graz - außerhalb des Familienwohnsitzes in Wien - nicht mehr benötigen.

Dieser zeitliche Horizont kann sich hier nur noch verkürzen, man denke nur an die Möglichkeit einer früheren Pensionierung (welche aufgrund der gesundheitlichen Vorgeschichte [der Bf.] nicht unwahrscheinlich erscheint), dann liegt der zeitliche Rahmen ohnehin nur mehr bei den bisher judizierten vier bis fünf Jahren. (…)"

In der mündlichen Verhandlung vor dem BFG konkretisierte bzw. ergänzte die Bf. - unter Verweis auf eine die Jahre 2020 und 2021 betreffende Stellungnahme vom - ihre Ausführungen bezüglich der behaupteten Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung. Die Bf. sei seit 2012 in einer neuen Position tätig, dafür sei eine völlig neue Ausrichtung ihres Arbeitsfeldes nötig gewesen. Die Projekte würden nach internationalen Netzwerkpartnern verlangen, die vorwiegend über Wiener Kontakte geknüpft werden könnten. Ein wesentlicher Punkt der Ausschreibung ihrer (neuen) Position sei die "Netzwerkarbeit" (im Bereich der Kulturförderung) gewesen. Ihre guten Verbindungen zu Politik, leitenden Beamten und Museums- und Theaterdirektoren seien auf ihre häufige Anwesenheit in Wien zurückzuführen und würden ihr erst die Durchführung ihrer 2012 übernommenen Tätigkeit ermöglichen. Ihrem Ehegatten sei ein Umzug nach Graz aus Altersgründen nicht (mehr) zumutbar. Die gesundheitlichen und psychischen Folgen eines Umzuges - wo der Ehegatte doch die überwiegende Zeit seines Lebens in Wien verbracht habe und er in Graz über keinerlei Kontakte oder Netzwerk verfüge - seien nicht zu vernachlässigen. Zudem sei der Wohnsitz in Wien viel größer als jener in Graz; bei einem Umzug würden sich "Platzprobleme" ergeben, zumal beide Ehegatten "über zwei komplett (über)ausgestattete Haushalte verfügen" würden. Der Ehegatte verfüge über Vermögensgegenstände von beträchtlichem Wert (Oldtimer, Kunstsammlung, Bücher), die im kleineren Haus der Bf. keinen Platz hätten. Diese könnten aber auch nicht allein in Wien zurückgelassen werden, da sie kontinuierliche Pflege und Aufsicht benötigen würden (Luftfeuchtigkeit, Temperatur).

Diese von der Bf. ins Treffen geführten Gründe sind nicht geeignet, in steuerlicher Hinsicht eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz zu begründen, da sie überwiegend bloße Momente der persönlichen Vorliebe darstellen:

Das Vorliegen eines Eigenheims in Wien ist - siehe oa. Judikatur - steuerlich kein Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort, selbst wenn dieses für den Ehegatten von hohem materiellen sowie emotionalen Wert sein mag. Die Gefahr von potenziellen Einbrüchen trifft nahezu jeden Eigenheimbesitzer und ist - wie schon das Finanzamt zutreffend anmerkt - auch durch die ständige Anwesenheit in Wien nicht zu verhindern (gewesen), wie der im Jahr 2015 erfolgte Einbruch im Haus des Ehegatten zeigt.

Wenn auf rechtliche Verpflichtungen (gegenüber den Kindern des Ehegatten) verwiesen wird, so wurden diese rechtsgeschäftlich begründet und somit freiwillig eingegangen. Überdies steht es im Interesse eines jeden Immobilieneigentümers, sein Objekt für sich und seine Angehörigen in möglichst gutem Zustand zu erhalten. Auch die "testamentarische Verpflichtung" ist der Ehegatte der Bf. freiwillig eingegangen. Diese kann als einseitiger Willensakt zudem jederzeit widerrufen werden. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vermögen diese Umstände nicht zu begründen.

Der Ehegatte der Bf. hat im Streitjahr (im Dezember) das 67. Lebensjahr vollendet. Dass ihm ein Umzug nach Graz (in ein laut Bf. voll ausgestattetes Haus) aus Altersgründen nicht zumutbar sein soll, ist für das BFG nicht nachvollziehbar. Wenn auf die mangelnden Kontakte des Ehemannes in Graz sowie dessen Vermögensgegenstände von beträchtlichem Wert (die einer ständigen Pflege bedürfen würden) verwiesen wird, so sind auch diese Umstände - in steuerlicher Hinsicht - lediglich als Momente der persönlichen Vorliebe zu qualifizieren. Die Beeinträchtigung der persönlichen Befindlichkeit oder der Verlust des sozialen Umfeldes rechtfertigen laut VwGH (s. oben) nicht die Berücksichtigung von Kosten der doppelten Haushaltsführung. Dasselbe gilt auch für die angeführten "Platzprobleme", da - so die Bf. - die Gegenstände des Ehegatten in ihrem Haus in Graz nicht untergebracht werden könnten

Aber auch das Alter der Bf. ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort zu begründen. Die Bf. hat im Streitjahr das 57. Lebensjahr vollendet. Dass in diesem Alter eine Verlegung des Wohnsitzes nicht mehr zumutbar sein soll, erschließt sich dem BFG nicht. Die Beschwerde verweist auf das Erkenntnis des . In dieser Entscheidung sprach der VwGH unter Hinweis auf seine Vorjudikatur aus, eine Verlegung des Wohnsitzes sei dann nicht zumutbar, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf vier bis fünf Jahre befristet ist. Daher sei einem Arbeitnehmer nach Erreichen des 60. Lebensjahres die Wohnsitzverlegung nicht zumutbar, wenn davon auszugehen ist, dass er die Berufstätigkeit - wie dies der allgemeinen Übung entspricht - spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres einstellen wird. Im hier gegenständlichen Beschwerdefall ist die Bf. weder eine befristete Tätigkeit eingegangen (sie ist seit 2007 - und somit schon langjährig als Beamtin in der Steiermark im Kulturbereich beschäftigt) - noch hat sie im Streitjahr das 60. Lebensjahr erreicht. Selbst wenn der Rechtsprechung keine starren Altersgrenzen für die (Un-)Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung zu entnehmen sind, ist eine Verlegung des Wohnsitzes allein auf Grund ihres Alters von 57 Jahren keinesfalls als unzumutbar anzusehen.

Konkrete Anhaltspunkte für eine vorzeitige Pensionierung der Bf. liegen nicht vor und war die Bf. im Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung am auch noch aktiv erwerbstätig (s. Aussage der Bf. im Verhandlungsprotokoll).

Dass die Bf. mit ihrem Dienstgeber eine Vereinbarung betreffend Telearbeit getroffen hat, steht der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Graz ebenso wenig entgegen. Abgesehen davon, dass der vorgelegten Vereinbarung mit dem Land Steiermark vom eine explizite Festlegung des Telearbeitsplatzes in Wien (entgegen dem Beschwerdevorbringen) nicht zu entnehmen ist, wurde auch diese Vereinbarung, welche wohl als Entgegenkommen seitens des Dienstgebers zu werten ist, von der Bf. freiwillig abgeschlossen. Dass die der Bf. eingeräumte Möglichkeit zur Telearbeit eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Graz nach sich ziehen soll, erscheint absolut lebensfremd. Für den Dienstgeber spielt es überdies keine Rolle, von welchem Ort (Graz oder Wien) aus die Telearbeit geleistet wird.

Die Bf. führt schließlich ins Treffen, der Familienwohnsitz in Wien biete bessere Möglichkeiten, ihre dortigen Kontakte, ebenso wie jene ihres Ehegatten, zur Wiener Kulturszene für ihre berufliche Tätigkeit zu nutzen. Ihre guten Verbindungen, die aus ihrer häufigen Anwesenheit in Wien resultierten, würden ihre berufliche Tätigkeit fördern. Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Graz darzutun. Abgesehen davon, dass eine Anwesenheit in Wien wohl für eine Vielzahl verschiedener Berufstätigkeiten gute und förderliche Kontaktmöglichkeiten bietet, ist auf die oa. Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und 2a EStG 1988 zu verweisen:

Demnach dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Angehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den Einkünften nicht abgezogen werden. Die organisatorische Gestaltung der Privatsphäre gehört selbst dann zur (steuerlich unbeachtlichen) Einkommensverwendung, wenn eine Erwerbstätigkeit dadurch erst ermöglicht oder erleichtert wird (, mwN).

Der Wohnsitz der Bf. in Wien mag für ihre berufliche Tätigkeit auf Grund der dadurch erleichterten Herstellung und Erhaltung von Kontakten durchaus förderlich sein. Eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes nach Graz wird damit jedoch nicht begründet.

Würde man die Wohnsitznahme der Bf. in Wien tatsächlich als für ihre Berufsausübung dermaßen bedeutsam bzw. absolut notwendig und unabdingbar ansehen wollen, so hätte dies zur Folge, dass ihr Arbeitsort letztlich de facto in Wien (und nicht in Graz) anzusiedeln wäre, wodurch sich aber aus steuerlicher Sicht eine Beibehaltung des Wohnsitzes in Graz ohnehin zur Gänze erübrigen würde.

Es liegen daher mit dem Pensionsantritt des Ehegatten der Bf. im Jänner 2018 keine hinreichend gewichtigen Gründe mehr vor, die steuerlich eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Graz rechtfertigen würden.

Wenn die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung weggefallen sind, etwa wenn der (Ehe)Partner seine berufliche Tätigkeit beendet, kann jedoch eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung vorliegen (Jakom/Ebner, aaO, § 16 Rz 56).

Nach einer gewissen Zeit, die nicht schematisch, sondern stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen. ().

Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich ua. nach den Möglichkeiten der Beschaffung eines Familienwohnsitzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Im Falle der grundsätzlichen Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wird dem Pflichtigen, weil es Zeit in Anspruch nimmt, die Wohnsituation am Beschäftigungsort zu gestalten, eine gewisse Übergangsfrist (ab Eintritt der Zumutbarkeit) zur Wohnsitzverlegung eingeräumt ().

Die LStR nennen bei verheirateten Paaren einen Zeitraum von zwei Jahren. Im Fall der Bf. erscheint ein Zeitraum von zwei Jahren jedoch nicht erforderlich, da die Pensionierung des Gatten der Bf. (Jänner 2018) vorhersehbar war und die Bf. am Beschäftigungsort ohnedies schon seit langem eine geeignete Wohnmöglichkeit inne hat. Das Haus der Bf. in (bei) Graz hat eine Wohnfläche von 105m² und verfügt über einen komplett ausgestatteten Haushalt (s. das Vorbringen der Bf. in ihrer die Jahre 2020 und 2021 betreffenden Stellungnahme vom , die sie dem BFG im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegt hat). Das BFG erachtet daher im Fall der Bf. einen Übersiedlungszeitrahmen von rund einem Jahr mehr als angemessen (Jänner 2018 bis Dezember 2018). Eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung im steuerlichen Sinn lag sohin zumindest seit Anfang Jänner 2019 nicht mehr vor.

In ihrem Vorlageantrag vom verweist die Bf. ua. auf ihren die Jahre 2020 bzw. 2021 betreffenden Vorlageantrag vom . Darin werden wiederholt ganz allgemein "Beweise" angeboten, in concreto etwa die Vorlage eines Testamentes (mutmaßlich jenes des Ehegatten der Bf.) sowie der Ehegatte als Zeuge. Auch in der dem BFG im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten - ebenfalls die Einkommensteuer 2020 und 2021 betreffenden - Stellungnahme vom werden Beweise (Einvernahme der Bf., Ehegatte und eine weitere namentlich genannte Person als Zeugen, vorzulegendes Testament) genannt.

Beweisanträge haben neben dem Beweismittel das Beweisthema, somit die Tatsachen und Punkte, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen, anzugeben (zB ; ; uva.).

Die Beweisanbote der Bf. werden diesen Anforderungen nicht gerecht. In den genannten Schriftsätzen wird jeweils mehrere Absätze lang diverses Vorbringen erstattet (im Wesentlichen dazu, dass näher bestimmte Tatsachen die Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort unzumutbar machen würden) und zwischendurch werden ganz allgemein gehalten verschiedene Beweise angeführt. Welche konkreten Punkte oder Umstände diese Beweise belegen sollen, geht jedoch nicht hervor.

Zudem ist nach § 183 Abs. 3 zweiter Satz BAO von der Aufnahme beantragter Beweise ua. dann abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind.

Im Beschwerdefall besteht hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhaltes kein Streit (s. oben bzw. das Verhandlungsprotokoll des ). Strittig ist lediglich, ob die von der Bf. relevierten Umstände, deren Vorliegen dem Grunde nach weder vom Finanzamt noch vom BFG in Zweifel gezogen wird, eine steuerlich beachtliche Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Graz begründen. Eine derartige Beurteilung kann von Zeugen, die nur über ihre Tatsachenwahrnehmungen Auskunft geben können, jedoch nicht vorgenommen werden. Diese Beurteilung obliegt dem Finanzamt bzw. dem BFG.

Das BFG hat zudem ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen die von der Bf. ins Treffen geführten Umstände im Streitjahr nicht zu einer Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung führen. Es ist - siehe oben - nicht von Relevanz, ob sich zB der Ehegatte (testamentarisch oder rechtsgeschäftlich) zur Erhaltung seines Hauses in Wien verpflichtet oder ob er dort Wertgegenstände gelagert hat; ebenso wenig, ob die Bf. und deren Ehegatte in Wien gute und der beruflichen Tätigkeit der Bf. förderliche Verbindungen pflegen. Die Richtigkeit dieser Tatsachen war letztlich für die rechtliche Beurteilung des BFG unerheblich, da sie der Beschwerde ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen konnten.

Die allgemein angeführten Beweise waren daher nicht aufzunehmen: Formal und inhaltlich korrekt gestellte Beweisanträge liegen nicht vor, die mutmaßlich damit zu beweisenden Tatsachen waren unerheblich und wurden vom BFG ohnehin als richtig anerkannt.

Aus den dargestellten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3. Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG konnte sich auf die in der oa. Begründung (umfangreich) zitierte Rechtsprechung stützen. Eine Rechtsfrage im oa. Sinne lag daher nicht vor und war die Revision folglich nicht zuzulassen.

Graz, am

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