Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache in einem Familienbeihilfenverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ab Oktober 2022, St.-Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Österreich den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für seinen am ***nn.xxx*** 2018 geborenen Sohn für den Zeitraum "ab Okt. 2022" ab.
Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdefüher neuerlich die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für seinen Sohn ab Oktober 2022.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom mit der Begründung, dass über den Anspruch bereits mit Bescheid vom auf der Grundlage des Gutachtens des Sozialministeriumservice vom entschieden worden sei und ein neuerlicher Antrag über denselben Zeitraum unzulässig sei, als unzulässig zurück.
Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde und brachte begründend vor, dass keine neue Begutachtung stattgefunden habe. Aus dem neuen Arztbrief sei ersichtlich, dass nun leider eine 3 Gen-Mutation festgestellt worden sei, die die Krankheit des Sohnes auslöse.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Voraussetzung für den Bezug des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe sei das Vorliegen einer Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, womit bestätigt werde, dass der Grad der Behinderung zumindest 50 % erreiche. Die Behörde sei nach der Rechtsprechung an diese Bescheinigung gebunden. Laut den vorliegenden Gutachten liege eine derartige Beeinträchtigung nicht vor. Es sei lediglich ein Behinderungsgrad von 20 % bzw. 30 % festgestellt worden.
Ein Anbringen, welches auf die Abänderung oder Aufhebung eines nicht mehr einer Beschwerde unterliegenden Bescheides gerichtet sei, sei wegen entschiedener Sache, zurückzuweisen.
Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer den Vorlageantrag und ersuchte die Begutachtung durch einen anderen Arzt durchführen zu lassen. Das aktuelle Gutachten von ***1*** sei persönlicher Natur und unsachlich. Wie im aktuellen Arztbrief beschreiben, sei sein Sohn nach der Einschätzungsverordnung unter Punkt einzustufen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für Sohn ***2***, geboren am ***3***, für den Zeitraum "ab Okt. 2022" abgewiesen, weil der Grad der Behinderung nicht mit mindestens 50 Prozent festgestellt worden war.
Der neuerliche Antrag vom , mit dem wiederum die Gewährung des Erhöhungsbetrages ab Oktober 2022 beantragt wurde, wurde mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Zurückweisung liegt nicht vor. Der Grad der Behinderung erreicht nicht das Ausmaß von mindestens 50 %.
Beweiswürdigung
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Aus der im Zuge der Bescheidbeschwerde eingeholten weiteren Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) vom ergibt sich zwar eine Erhöhung des GdB von 20 auf 30 % aufgrund der schwierigen Initialeinstellung, erreicht jedoch nicht die für die Zuerkennung des Erhöhungsbetrages erforderlichen 50 %. Eine Änderung der Sachlage, die Grundlage für den Abweisungsbescheid vom war, liegt nicht vor.
Mit der unsubstantiierten Behauptung, dass das der Bescheinigung zugrundeliegenden ärztliche Gutachten der vom Sozialministeriumservice beauftragten Ärztin persönlicher Natur und unsachlich sei, vermag der Beschwerdeführer die Unschlüssigkeit des Gutachtens nicht aufzuzeigen. Das gleiche gilt in Bezug auf die vom behandelnden Arzt im Arztbrief vom geäußerten Ansicht, dass die Erkrankung in die Position (mittelschwere Formen mit seltenen bis mäßig gehäuften Anfällen) einzustufen sei und eine Anfallswahrscheinlichkeit zwischen 50 % - 80 % vorliege, zumal die Art und tatsächliche Häufigkeit der Anfälle in diesem Ausmaß offensichtlich nicht festgestellt wurden.
Soweit der Beschwerdeführer weiters vorbringt, dass als Auslöser der Krankheit nunmehr leider eine 3 Gen-Mutation festgestellt worden sei, ist anzumerken, dass es nicht auf die Ursache einer Erkrankung ankommt, sondern auf den Grad der Einschränkung durch die Erkrankung.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.
Die Höhe der Familienbeihilfe bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 und 3 FLAG 1967.
Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe um näher angeführte Beträge monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist. § 8 Abs. 5 leg.cit. normiert, wann ein Kind als erheblich behindert gilt.
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe - von hier nicht interessierenden Fällen abgesehen - nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 leg.cit.) besonders zu beantragen.
Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit dem Ablauf des Monats, in dem eine der Anspruchsvoraussetzungen wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.
Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogender Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides.
Das gleiche gilt für die Entscheidung über den gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 gesondert zu beantragenden Erhöhungsbetrag.
Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- und Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert.
Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zum einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid eine entschiedene Sache vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine Entscheidung in der Sache über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach- und Rechtslage seit der Erlassung des Bescheides über den seinerzeitigen Antrag geändert hat (siehe hierzu das Erkenntnis und der darin zitierten Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall bedeutet das, dass über den Zeitraum 10/2022 bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Abweisungsbescheides vom jedenfalls eine entschiedene Sache vorliegt und diesbezüglich der neuerliche Antrag vom zu Recht zurückgewiesen wurde. Wie aus dem anlässlich der Beschwerde gegen die Zurückweisung des neuerlichen Antrages eingeholten Bescheinigung vom Sozialministeriumservice hervorgeht, haben sich die Verhältnisse auch danach nicht geändert. Es liegt weiterhin ein Gesamtgrad der Behinderung unter 50% vor.
Die Zurückweisung des neuerlichen Antrages vom durch das Finanzamt erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde war deshalb spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Es ergeben sich auch sonst keine Hinweise auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100415.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
RAAAF-40087