Zerlegung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Ilse Rauhofer, die Richterin Mag. Diana Sammer sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und **L2*** auf Grund der Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den an Herrn ***Bf1***, die Gemeinde ***A*** und die Gemeinde ***B*** gerichteten Zerlegungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zerlegung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages auf den zu EWAZ ***xxx-1--xxxx*** am 22. Oktober 20224 in Anwesenheit der Schriftführerin ***S*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO insofern abgeändert, als der Einheitswert und der Grundsteuermessbetrag auf die beteiligten Gemeinden wie folgt zerlegt werden:
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Bezeichnung | Flächenanteil (in ha) | EW-Anteil (in €) | GMB-Anteil (in €) |
***A*** | 1,7981 | 0,00 | 0,00 |
***B*** | 1,4671 | 1.000,00 | 1,60 |
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Bescheide zum zu EWAZ ***xxx-1--xxxx***
Mit Einheitswertbescheid vom zu EWAZ ***xxx-1--xxxx*** stellte das Finanzamt Österreich (kurz FAÖ) für den landwirtschaftlichen Betrieb des Herrn ***Bf1*** (kurz Bf.) zum (Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab ) einen Einheitswert iHv € 1.000,00 fest.
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen haben insgesamt ein Ausmaß von 3,2652 ha und verteilen sind wie folgt auf die Gemeinden ***A*** und ***B***:
[...]
Ebenfalls am nahm das FAÖ eine Hauptveranlagung mit Wirksamkeit ab vor und setzte den Grundsteuermessbetrag für diesen Grundbesitz mit 1,60 Euro fest.
Weiters erließ das FAÖ am einen Bescheid über die Zerlegung des Einheitswertes und Grundsteuermessbetrages auf den , mit dem der Einheitswert (1.000 Euro) und der Grundsteuermessbetrag (1,60 Euro) auf die beteiligten Gemeinden ***B*** und ***A*** wie folgt zerlegt wurde:
[...]
Die Begründung lautet wie folgt:
"Da sich die wirtschaftliche Einheit über mehrere politische Gemeinden erstreckt, war eine Zerlegung unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Bestimmungen des Grundsteuergesetzes durchzuführen.
Die Feststellung erfolgte auf Grund der Aktenlage"
Beschwerde
In der vom Bf. gegen den Zerlegungsbescheid eingebrachten Beschwerde beantragte der Bf. mit folgender Begründung, dass der Einheitswert und der Grundsteuermessbetrag zur Gänze der Gemeinde ***B*** zugewiesen werde.
"In § 14 GrStG wurde der Zerlegungsmaßstab fur land- und forstwirtschaftliche Betriebe festgelegt. Gemäß 14 Abs. 3 GrStG ist, wenn der Einheitswert den Betrag von 2.900 Euro nicht übersteigt, dieser ganz der Gemeinde zuzuweisen, in der sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet.
Bevor die Flächen in der KG ***A*** (EZ ***1***) im Ausmaß von 1,7981 ha dieser wirtschaftlichen Einheit hinzugefügt wurden betrug der zum zu EWAZ ***xxx-1--xxxx*** festgestellte Einheitswert 900 Euro (1,4671 ha nur KG ***B***).
Der zum festgestellte Einheitswert, der die Flächen in ***B*** und ***A*** umfasst, beträgt 1.000 Euro.
Bereits daraus ist ersichtlich, dass sich die wertvollsten Flächen in der KG ***B*** befinden.
Die Grundstücke in ***A*** haben zwar in Summe eine größere Fläche, aber von den 1,7981 ha sind 1,5086 ha Gewässer (Feuchtgebiete) und nur 0,2895 ha tatsächlich noch als landwirtschaftlich nutzbare Flächen anzusehen. Die Flächen in ***A*** weisen daher eine entsprechend niedrige Bonität auf.
Hier die Zerlegung nur auf die Größe der Flächen abzustellen, ohne zu berücksichtigen, wo sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben."
Beschwerdevorentscheidung
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das FAÖ dazu aus, dass der Zerlegungsmaßstab für land- und forstwirtschaftliche Betriebe in § 14 Grundsteuergesetz 1955 (GrStG) festgelegt werde. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2010, veröffentlicht im BGBl. I Nr. 34/2010, sei ab eine Änderung des § 14 Abs. 2 GrStG eingetreten.
Die alte Fassung des § 14 Abs. 2 GrStG habe wie wie folgt gelautet:
"Der Teil des Einheitswertes, der nach Abzug des für die Wohn- und Wirtschaftsgebäude zugewiesenen Betrages verbleibt, ist auf die Gemeinden nach der Ertragsfähigkeit der in den einzelnen Gemeinden gelegenen Flächen zu zerlegen."
Die neue Fassung des § 14 Abs. 2 GrStG laute nun wie folgt:
"Der Teil des Einheitswertes, der nach Abzug des für die Wohn- und Wirtschaftsgebäude zugewiesenen Betrages verbleibt, ist auf die Gemeinden nach dem Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden gelegenen Flächen zu zerlegen."
Diese Änderung habe sich erstmalig im Zuge der Hauptfeststellung 2014 ausgewirkt.
Der für diese wirtschaftliche Einheit zum festgestellte Einheitswert, der Flächen in der KG ***B*** und in der KG ***A*** umfasse, betrage 1.000 Euro.
§ 14 Abs. 3 Satz 1 GrStG sehe vor:
"Übersteigt der Einheitswert nicht den Betrag von 2.900 Euro, so ist er ganz der Gemeinde zuzuweisen, in der sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet."
Im Sinne des novellierten § 14 Abs. 2 GrStG sei der wertvollste Teil nach den Flächen zu ermitteln. Es gelte daher die Aufteilung nach den in den jeweiligen Gemeinden gelegenen Flächen ohne Berücksichtigung des jeweiligen Ertragswertes. Da die Grundstücke in der KG ***A*** flächenmäßig überwiegen, sei sowohl der Einheitswert als auch der Grundsteuermessbetrag zur Gänze dieser Katastralgemeinde zuzuweisen.
Vorlageantrag
Im Vorlageantrag führte der Bf. ergänzend aus:
"1. In § 14 Abs. 2 GrStG wurde festgelegt, dass die Zerlegung nach dem Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden gelegenen Flächen zu erfolgen hat.
2. In § 14. Abs. 3 GrStG wurde bestimmt, dass wenn der Einheitswert nicht den Betrag von 2.900 Euro übersteigt, er ganz der Gemeinde zuzurechnen ist, in der sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet.
3. Aus dem Wortlaut des Gesetzes abzuleiten, dass der wertvollste Teil nach der Fläche zu bestimmen ist und nicht wie sonst üblich nach der Bodenklimazahl bzw. Bonität der landwirtschaftlichen Flächen ist eine sehr spezielle Auslegung dieser Bestimmung.
4. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass § 14 Abs. 3 GrStG so zu verstehen ist, dass bis zum Einheitswert von 2.900 Euro keine Zerlegung vorzunehmen ist.
5. Die Feststellung wo sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet kann sich daher nur wie sonst auch bei der Festlegung des landwirtschaftlichen Einheitswerts nur aufgrund der durch den Bodenschätzer festgestellten Bodenklimazahlen aufgrund der Bonität der Flächen ergeben.
Abschließend beantragte der Bf um Stattgabe seiner Beschwerde und um die Entscheidung durch den gesamten Senat.
Vorlage der Beschwerde ans BFG
Mit Vorlagebericht vom legte das FAÖ die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung mit folgender Stellungnahme ab:
"Eine Rechtsauslegung des Gesetzeswortlautes "wertvollster Teil des Betriebes" wird beantragt.
Beweisaufnahme durch das BFG
Vom BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FAÖ vorgelegten Aktenteile und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.
Weiters wurden Grundbuchsabfragen zu den gegenständlichen Liegenschaften samt Einsicht in die Urkundensammlung vorgenommen sowie Abfragen im GRUIS zu EWAZ ***xxx-1--xxxx***.
Mit verfahrensleitender Beschluss vom forderte das BFG das FAÖ unter Hinweis auf das jüngst ergangene Erkenntnis auf mitzuteilen, welche Zustellverfügungen hinsichtlich des Zerlegungsbescheides und der Beschwerdevorentscheidung getroffen wurden und ob jeweils eine Ausfertigung auch an die beiden beteiligten Gemeinden (***A*** und ***B***) zugestellt wurde.
Am legte das FAÖ dem BFG folgende Unterlagen elektronisch vor:
An die Gemeinde ***A*** adressierte Bescheidausfertigung vom über die Zerlegung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbescheides auf den .
An die Gemeinde ***B*** adressierte Bescheidausfertigung über die Zerlegung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbescheides auf den
Die (nur) an den Bf. adressierte Beschwerdevorentscheidung vom
Aus den Bescheidausfertigungen ist ersichtlich, dass unter dem Adressfeld als Bescheidadressaten genannt sind:
"***Bf1***, geb …
Gemeinde ***A***
Gemeinde ***B***"
Die vorgelegte Beschwerdevorentscheidung enthält keine solche Aufzählung weiterer Bescheidadressaten, weshalb davon ausgegangen wird, dass die Beschwerdevorentscheidung nur an den Bf. adressiert und nur diesem zugestellt wurde, aber bislang keine Zustellung an die beiden beteiligten Gemeinden erfolgte.
Eine Stellungnahme zu den Ausführungen des wurde vom FAÖ nicht abgegeben.
Vorhalt zur Wahrung des Parteiengehörs
Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde der beschwerdeführenden Partei, den an der Zerlegung beteiligten Gemeinden ***A*** und ***B*** sowie der Amtspartei mit Beschluss vom mitgeteilt, wie sich die Sach- und Rechtslage für die Berichterstatterin zum damaligen Zeitpunkt darstellte und für die Einbringung einer allfälligen Stellungnahme eine Frist bis zum eingeräumt.
Die beschwerdeführende Partei, die Gemeinde ***A*** sowie der Amtspartei brachten keine Stellungnahme ein. Die Gemeinde ***B*** teilte mit Email vom mit, dass sie die vorläufige Beurteilung der Berichterstatterin unterstütze.
Sitzung des Senates vom
Am fand eine nicht öffentliche Sitzung des Senates statt in der die im Spruch ersichtliche Entscheidung getroffen wurde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt samt Beweiswürdigung
Der landwirtschaftliche Betrieb des Bf. bestand ursprünglich aus der mit Schenkungsvertrag vom erworbenen Liegenschaft EZ ***2*** KG ***3*** ***B*** mit einem Ausmaß von 14640 m2. Auf der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft befindet sich kein Wohn- oder Wirtschaftsgebäude. Bei der Hauptfeststellung zum zu EWAZ ***xxx-1--xxxx*** wurde für den landwirtschaftlichen Betrieb ausgehend von einem Hektarsatz von 643,20 ein Einheitswert iHv € 900,00 festgestellt.
Mit Kaufvertrag vom , grundverkehrsbehördlich genehmigt am , erwarb der Bf. in der Gemeinde ***A*** gelegene Grundstücke aus der EZ ***4*** KG ***5*** ***A*** im Ausmaß von insgesamt 17981 m2 um einen Kaufpreis von € 50.000,00 und wurde hierfür die neue EZ ***1*** KG ***5*** ***A*** im Grundbuch eröffnet.
Die Liegenschaft wurde vom FAÖ beim landwirtschaftlichen Betrieb des Bf. zu EWAZ ***xxx-1--xxxx*** einbezogen, eine Wertfortschreibung zum wurde offensichtlich deshalb nicht durchgeführt, weil die hierfür erforderliche Wertgrenze nicht überschritten wurde.
Bei der Hauptfeststellung zum wurde für den landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Ausmaß von nunmehr insgesamt 3,2652 ha ausgehend von einem Hektarsatz von 307,20 ein Einheitswert iHv € 1.000,00 festgestellt.
Bei der Ermittlung des Hekatarsatzes ging das FA für die einzelnen Grundstücke von folgenden Daten hinsichtlich der Bodenklimazahl aus:
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GrundstücksNr/EZ/KG | Ausmaß (ha) | Bodenklimazahl |
***6***, EZ ***2*** KG ***3*** ***B*** | 0,6665 | 50,1 |
***7***, EZ ***2*** KG ***3*** ***B*** | 0,1759 | 46,4 |
***6***, EZ ***2*** KG ***3*** ***B*** | 0,6247 | 45,6 |
Gesamt in Gemeinde ***B*** | ||
***8*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,1288 | 1,9 |
***9*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,3714 | 5,4 |
***9*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,0593 | 8,9 |
***10*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,1177 | 2,0 |
***11*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,0655 | 9,0 |
***11*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,2177 | 6,4 |
***12*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,1384 | 2,0 |
***13*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,2180 | 5,5 |
***13*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,0838 | 9,1 |
***14*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,0809 | 7,8 |
***14*** EZ ***1*** ***5*** ***A*** | 0,3166 | 2,0 |
Gesamt in ***A*** |
Daraus ist deutlich ersichtlich, dass bei Betrachtung der Ertragswerte die Grundstücke in ***B*** einen höheren Wert haben als jene in ***A***.
Für einen exakten Vergleich der Verkehrswerte der Grundstücke in ***B*** mit jenen in ***A*** liegen dem BFG bis dato keine Daten für die Grundstücke in ***B*** vor. Die Liegenschaften in ***A*** wurden erst im Jahr 2020 durch einen Kaufvertrag unter Fremden erworben und kann daher für einen Vergleich der Verkehrswerte annäherungsweise vom Kaufpreis iHv € 50.000,00 ausgegangen werden. Die Ausführungen des Bf. in seiner Beschwerde sprechen dafür, dass auch der Verkehrswert der Grundstücke in ***B*** höher als jener der Grundstücke in ***A***, da bei den Grundstücken in ***A*** mit insgesamt 1,7981 ha eine Fläche von 1,5086 ha auf Gewässer (Feuchtgebiete) entfällt und nur 0,2895 ha als landwirtschaftlich nutzbare Fläche anzusehen sind.
Das FAÖ ist diesem Vorbringen des Bf. hinsichtlich des Wertes nicht entgegen getreten und geht offensichtlich nach seinen Ausführungen im Vorlagebericht auch davon aus, dass sich der wertvollere Teil des Betriebes in ***B*** befindet.
Trotz Vorhalt vom hat auch die Gemeinde ***A*** keine entgegenstehenden Wertangaben zu den in ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke getätigt und wird bei der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass nicht nur der Ertragswert, sondern auch der Verkehrswert der Grundtücke in ***B*** höher ist als jene der Grundstücke in ***A***.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Zu den verfahrensrechtlichen Fragen
Gemäß § 196 Abs. 1 BAO sind Einheitswerte zu zerlegen, soweit die Abgabenvorschriften dies anordnen.
Über die Zerlegung erlässt das Finanzamt gemäß § 196 Abs. 2 BAO einen Zerlegungsbescheid, wobei auf die Zerlegung die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung finden. Der Zerlegungsbescheid muss dabei die Höhe des zerlegten Einheitswertes; die Bestimmung darüber, welche Anteile am zerlegten Betrag den beteiligten Körperschaften zugeteilt werden; sowie die Angabe der Zerlegungsgrundlagen enthalten (§ 196 Abs. 3 BAO).
§ 196 Abs. 4 BAO regelt sodann: "Der Zerlegungsbescheid hat an den Abgabepflichtigen und an die beteiligten Körperschaften (§ 78 Abs. 2 lit. b) zu ergehen".
Demgemäß hat der Zerlegungsbescheid an den Abgabepflichtigen sowie an "die Körperschaften, denen ein Zerlegungsanteil zugeteilt worden ist oder die [nämlich: im Zeitpunkt der Zerlegung gegenüber dem Finanzamt] auf eine Zuteilung Anspruch erheben" (§ 78 Abs. 2 lit. b BAO), zu ergehen; sie bilden eine Verfahrensgemeinschaft (zu nachträglichen Zerlegungsanträgen vgl. hingegen § 297 Abs. 2 BAO).
Daher liegt kein der Rechtslage entsprechender (sondern ein rechtswidriger, aber nicht unwirksamer) Zerlegungsbescheid vor, wenn dieser nicht an alle beteiligten Körperschaften iSd § 78 Abs. 2 lit. b BAO ergangen ist. Gleiches gilt für das Beschwerdeverfahren und die Beschwerdevorentscheidung. Nach § 281 Abs. 1 BAO können im Beschwerdeverfahren nur einheitliche Entscheidungen getroffen werden. Sie wirken für und gegen die gleichen Personen wie der angefochtene Bescheid. Wird dieser Grundsatz verletzt, erweist sich die Erledigung als rechtswidrig. Für eine Zurückweisung der Beschwerde und des Vorlageantrags bleibt jedenfalls kein Raum (vgl ).
Im gegenständlichen Fall wurden Ausfertigungen des Zerlegungsbescheides vom , in dem als Bescheidadressaten neben dem Bf. auch ausdrücklich die beiden beteiligten Gemeinden ***A*** und ***B*** genannt werden, an alle Personen der Verfahrensgemeinschaft zugestellt. Der einheitliche Bescheid wurde damit auch gegenüber den beiden Gemeinden wirksam.
Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand wurde hingegen den beteiligten Gemeinden ***B*** und ***A*** keine Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung zugestellt. Da auch die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 196 Abs. 4 BAO iVm § § 281 Abs. 1 BAO einheitlich an den Steuerschuldner und alle beteiligten Gemeinden zu ergehen hat, ist diese zwar inhaltlich rechtswidrig, aber nicht unwirksam.
Da gegenüber dem Bf. eine wirksame Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung ergangen ist, war dieser gemäß § 264 Abs. 1 BAO legitimiert einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht zu stellen. Für eine Zurückweisung seines Vorlageantrags bleibt daher kein Raum (vgl. dazu abermals ).
Durch das Vorliegen einer - wenn auch rechtswidrigen - Beschwerdevorentscheidung ist nach Ansicht der Berichterstatterin auch keine Verständigung nach § 281a BAO vorzunehmen.
Durch die rechtzeitige Einbringung des - zulässigen - Vorlageantrages durch den Bf. gilt die Bescheidbeschwerde gemäß § 264 Abs. 3 BAO als unerledigt und ging mit der am erfolgte Vorlage der Bescheidbeschwerde die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Bundesfinanzgericht über.
Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO [Formalentscheidungen] immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Auf Grund der umfassenden Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes können Verstöße gegen Verfahrensvorschriften - wie hier die Rechtswidrigkeit der BVE wegen Nichtbeachtung der Bestimmung des § 281 BAO - grundsätzlich im Rechtsmittelverfahren geheilt werden.
Es ist daher- trotz bisher fehlender Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die beiden beteiligten Gemeinden - eine inhaltliche Entscheidung über die Beschwerde des Bf. zu treffen und diese Entscheidung sodann unter Beachtung der Bestimmung des 281 Abs. 1 BAO als einheitliche Entscheidung dem Bf und auch den Gemeinden ***B*** und ***A*** zuzustellen, damit diese auch gegenüber den Gemeinden eine Wirksamkeit entfaltet.
Erwägungen in der Sache
§ 13 GrStG 1955 über die Zerlegung der Einheitswerte lautet idgF wie folgt:
"(1) Erstreckt sich der Steuergegenstand über mehrere Gemeinden, so ist der auf die einzelne Gemeinde entfallende Teilbetrag des Einheitswertes durch Zerlegung zu ermitteln (Zerlegungsanteil). In den Fällen, in denen der Steuergegenstand in der Gemeinde der Steuer nur mit einem Teil unterliegt, gilt als Zerlegungsanteil dieser Gemeinde nur der Teilbetrag des Einheitswertes, der sich für den in der Gemeinde gelegenen nicht befreiten Teil des Steuergegenstandes ergibt.
(2) Für die Zerlegung sind die Verhältnisse in dem Feststellungszeitpunkt maßgebend, auf den der Einheitswert festgestellt ist.
§ 14 GrStG 1955 idgF bestimmt den Zerlegungsmaßstab für land- und forstwirtschaftliche Betriebe wie folgt.
(1) Bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist der fünfte Teil des Einheitswertes der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude befinden (Sitzgemeinde). Liegen die Gebäude in mehreren Gemeinden, so ist der fünfte Teil der Gemeinde zuzuweisen, in der sich der wertvollste Teil des Gebäudebestandes befindet. Ist die Zuweisung des fünften Teiles offenbar unbillig, so ist nach billigem Ermessen ein geringerer oder höherer Betrag für die Gebäude zuzuweisen.
(2) Der Teil des Einheitswertes, der nach Abzug des für die Wohn- und Wirtschaftsgebäude zugewiesenen Betrages verbleibt, ist auf die Gemeinden nach dem Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden gelegenen Flächen zu zerlegen. Dabei sind die bereits nach Abs. 1 berücksichtigten Gebäude einschließlich ihrer Grundfläche und die zugehörigen Hofräume und Hausgärten nicht zu berücksichtigen.
(3) Übersteigt der Einheitswert nicht den Betrag von 2 900 Euro, so ist er ganz der Gemeinde zuzuweisen, in der sich der wertvollste Teil des Betriebes befindet. Übersteigt der Einheitswert zwar den Betrag von 2 900 Euro, würde aber nach den Abs. 1 und 2 einer Gemeinde ein Teilbetrag zuzuweisen sein, der nicht mehr als 1 450 Euro beträgt, so ist dieser Teilbetrag der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude befinden oder, wenn diese in mehreren Gemeinden gelegen sind, jener Gemeinde, in der sich der wertvollste Teil des Gebäudebestandes befindet."
Nach Ansicht der Berichterstatterin spricht eine Wortinterpretation der Bestimmung des § 14 Abs. 3 GrStG 1955 gegen die vom FAÖ im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Zerlegung rein nach der Größe der Grundstücke, ohne den Wert der Grundstücke nur irgendwie zu berücksichtigen.
Unstrittig ist, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Bf. kein Wohn- und Wirtschaftsgebäude umfasst und daher § 14 Abs. 1 GrStG 1955 über die vorrangige Zuweisung eines Teiles des Einheitswertes an die "Sitzgemeinde" nicht zu Anwendung kommt. Die in § 14 Abs. 2 GrStG 1955 vorgesehene Aufteilung des Einheitswertes nach dem Flächenausmaß steht in Zusammenhang mit der Bestimmung des § 14 Abs. 1 GrStG 1955, wird doch dabei auf den nach Anwendung des § 14 Abs. 1 GrStG 1955 verbleibenden Teil des Einheitswertes abgestellt.
Ist der festgestellte Einheitswert -wie hier - niedriger als € 2.900,00 und gibt es keine "Sitzgemeinde" ist der Einheitswert zur Gänze der Gemeinde mit den in Summe wertvollsten Grundstück zuzuweisen. Im Regelfall mag es zutreffen, dass die über mehrere Gemeinden verteilten landwirtschaftlichen Grundstücke eine annähernd gleiche Bonität haben und daher ein Vergleich des Flächenausmaßes ausreicht, um den wertvolleren Teil der wirtschaftlichen Einheit zu bestimmen und wurde offensichtlich diesem Gedankengang folgend die EDV-technische Zerlegung im GRUIS nach dem Flächenverhältnis vorgenommen. Liegt aber ein Ausnahmefall vor ist die Zuteilung unabhängig vom Flächenausmaß zur Gänze an die Gemeinde mit den wertvolleren Grundstücken - hier ***B*** - vorzunehmen.
Es ist daher der Beschwerde des Bf. Folge zu geben und der an Herrn ***Bf1***, die Gemeinde ***A*** und die Gemeinde ***B*** gerichtete Zerlegungsbescheid gemäß § 279 BAO insofern abzuändern, als der Einheitswert und der Grundsteuermessbetrag auf die beteiligten Gemeinden wie folgt zerlegt werden:
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Bezeichnung | Flächenanteil (in ha) | EW-Anteil (in €) | GMB-Anteil (in €) |
***A*** | 1,7981 | 0,00 | 0,00 |
***B*** | 1,4671 | 1.000,00 | 1,60 |
Durch die Zustellung je einer Ausfertigung der einheitlich getroffenen Entscheidung an den Bf. und die beiden beteiligten Gemeinden entfaltet das gegenständliche Erkenntnis ebenso wie der angefochtene Bescheid Wirksamkeit für den Bf. und die Gemeinden ***A*** und ***B***.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit überblickbar liegt bislang keine Rechtsprechung des VwGH zur Auslegung der Bestimmung des § 14 Abs. 3 GrStG 1955 idF BGBl. I Nr. 34/2010 vor und ist daher die Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 § 196 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 196 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 196 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 196 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101316.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at