TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 21.10.2024, RV/6100236/2019

Schätzung Gastronomiebetrieb

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R1*** als Vorsitzenden, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KRW Dr.Klinger & Rieger Steuerberatung Salzburg OG, Alpenstraße 107, 5020 Salzburg, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ***F*** vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2010, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2011, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2012, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2013, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2014, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2015, Umsatzsteuer 2010, Umsatzsteuer 2011, Umsatzsteuer 2012, Umsatzsteuer 2013, Umsatzsteuer 2014 und Umsatzsteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 teilweise Folge gegeben.

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO betreffend Umsatzsteuer 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 als unbegründet abgewiesen.

Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der ***Bf1*** (BF) erließ das Finanzamt
folgende Bescheide: Mit Umsatzsteuerbescheid 2010 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2010 festgesetzt mit € 85.525,72 (Nachforderung € 25.473,60). Mit Umsatzsteuerbescheid 2011 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 festgesetzt mit € 83.046,68 (Nachforderung € 20.881,45). Mit Umsatzsteuerbescheid 2012 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 festgesetzt mit € 39.357,22 (Nachforderung € 8.828,36). Mit Umsatzsteuerbescheid 2013 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 festgesetzt mit € 40.888,79 (Nachforderung € 7.160,32). Mit Umsatzsteuerbescheid 2014 wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 festgesetzt mit
€ 54.155,61 (Nachforderung € 13.022,62). Mit Umsatzsteuerbescheid 2015 wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2015 festgesetzt mit € 43.215,40 (Nachforderung € 11.599,02). Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2010 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 86.365,73 (Erhöhung € 71.251,58) festgesetzt. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2011 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 66.766,71 (Erhöhung € 58.451,68) festgesetzt. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2012 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 44.735,80 (Erhöhung € 32.869,34) festgesetzt. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2013 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 34.606,04 (Erhöhung € 25.523,07) festgesetzt. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2014 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 53.304,12 (Erhöhung € 42.348,18) festgesetzt. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2015 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 17.288,42 festgesetzt. Mit Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2014 sowie betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2010 bis 2014 jeweils vom wurden die diesbezüglichen Verfahren wieder aufgenommen. Die Festsetzungen des Jahres 2015 erfolgten mit Erstbescheid. Die Umsatzsteuernachforderungen und Erhöhungen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergäben sich im Wesentlichen aus Umsatzzuschätzungen die aufgrund vorliegender Mängel wie Kassenmanipulationen und Inventurdifferenzen durchgeführt worden wären. Weitere Erhöhungen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb würden sich durch eine Neuberechnung der Luxustangenten sowie der Privatanteile der Personenkraftwagen ergeben.

Mit Eingabe vom wurde zeitgerecht, nach Verlängerung der Beschwerdefrist, Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 sowie gegen die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 jeweils vom erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die vorgenommenen Schätzungen nicht anerkannt werden würden, da sie inhaltlich nicht richtig und nicht verfahrensfehlerfrei getroffen worden wären. Ebenso würde die Neuberechnung der Gewinnverteilung nicht anerkannt, da Herr ***Komm*** seit etwa 10 Jahren ein rein kapitalistischer Gesellschafter (Kommanditist) wäre und somit nicht in die Geschäftsgebarung des Unternehmens eingebunden wäre. Die Gewinnveränderungen wären zu 100% Herrn ***Kompl*** zuzurechnen. Die Neuberechnung der Luxustangenten sowie Privatanteile würden anerkannt werden. In der Beschwerde wurde weiters das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 Abs 2 BAO, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 Abs 1 Z 1 BAO, der Ausschluss der Öffentlichkeit gem. § 275 Abs 3 Z 1 BAO sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat gem. § 272 Abs 2 Z 1 BAO beantragt.

Mit Vorlagebericht vom erfolgte zeitgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin beantragt das Finanzamt sowohl hinsichtlich der Zuschätzungen als auch der Gewinnverteilung die Abweisung der Beschwerde.

Am wurde Anklage gegen den Komplementär der BF, ***Kompl***, wegen der Finanzvergehen Abgabenhinterziehung und der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 38 Abs 1 FinStrG erhoben. Mit Urteil vom vom Landesgericht ***G*** wurde ***Kompl*** schuldig gesprochen.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***G*** vom wurde der belangte Verband ***Bf1*** vom Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 Abs 1 FinStrG freigesprochen. Grund des Freispruchs war, dass sich der strafbestimmende Wertbetrag auf unter € 100.000,00 belief.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wurde das angefochtene Urteil vom vom OGH aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht ***G*** verwiesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***G*** vom wurde ***Kompl*** erneut wegen §§ 33 Abs 1 und 38 Abs 1 FinStrG verurteilt. Die Höhe der zu niedrig angesetzten Umsatzsteuer und den zu niedrig angesetzten Einkünften aus Gewerbebetrieb entspricht dem Urteil vom .

Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (anberaumt am , 13.00 Uhr) zurückgezogen. Ergänzend zur Beschwerde wurde angeführt, dass durch den Gutachter des Kassensystems keine Veränderung der Daten im Kassensystem durch Herrn ***Kompl*** noch durch einen Mitarbeiter festgestellt worden wären. Lediglich die Möglichkeit welche bei allen Systemen bestünde. An bestimmten Verdachtstagen, an denen eine Manipulation unterstellt wurde, wäre Herr ***Kompl*** gar nicht zugegen gewesen. Die Datenbanknummer wäre von der Abgabenbehörde als unternehmensrechtliche laufende Nummer falsch interpretiert worden und wäre hierzu eine vollzogene Verkürzung unterstellt worden, wobei die Datenbanknummer lediglich eine systeminterne Prozessnummer darstelle (welche mit den vergebenen Nummern in keiner Relation stünden). Der zuständige Kassenhersteller wäre zu den Verhandlungen als Zeuge geladen worden, um darzulegen warum Lücken entstehen konnten. Dieser wäre lediglich nur punktuell zu bestimmten Prozessen oder Systemabschnitten befragt worden, wobei eine nähere Erläuterung nicht zugelassen worden wäre, um diese Abbrüche, die im Wesentlichen durch Bestellungsabbrüche hervorgerufen worden wären, zu erklären. Im Zuge der Gutachtenerstellung wäre der Gutachter zu keiner Zeit befragt worden, um potentielle Fehlerquellen in dem zu erstellenden Gutachten zu thematisieren oder um die Arbeitsweise der damaligen verwendeten Programme zu hinterfragen, was die Kernfrage (der direkte Eingriff durch Herrn ***Kompl***) im Wesentlichen beantworten hätte können. Verprobungen des Warenbestandes wären nicht sachgerecht vorgenommen worden bzw. wesentliche Warenverwendungen (zB Mischgetränke mit Cola oder Red Bull) oder Wareneinsatzverbrauch beim ***S*** keiner Beachtung geschenkt worden, sodass sich bei Berücksichtigung ein Minderstand errechnen würde, welcher jedoch einen branchenüblichen Schwund von rund 3% ergeben würde. Diese Höhe wäre nicht als Verkürzung sondern als Schwund wahrzunehmen. In Summe wäre von der Behörde zwar versucht worden formelle und materielle Mängel aufzuzeigen, jedoch gäbe es keinen einzigen Anhaltspunkt, dass die sachliche Richtigkeit der Buchführung der BF angezweifelt werden könne. Eine potentielle Schätzungsbefugnis wäre jedoch dahingehend zu prüfen, ob die zugrunde gelegten Maßstäbe gegeben wären und die Schätzung nicht massiv über eine plausible Bandbreite hinausschießen würde. Herr ***Komm*** wäre ein rein kapitalistischer Gesellschafter (Kommanditist) und seit mehr als 15 Jahren in Pension. Er habe aufgrund der Gesellschafterstellung mit der Geschäftsgebarung der BF nichts zu tun und wäre auch im Unternehmen nie aktiv tätig gewesen. Die im Gerichtsverfahren festgestellten Punkte wie KFZ-Privatnutzungen sowie aus dem Unternehmen entzogene Beträge wären Herrn ***Komm*** nicht zugekommen respektive zugeflossen und wären ihm im Zuge des Feststellungsverfahrens nicht direkt zuzurechnen. Aus diesem Grunde wäre auch das finanzstrafrechtliche Verfahren gegen Herrn ***Komm*** eingestellt worden.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF betrieb im Beschwerdezeitraum das Gastronomielokal "***L1***" sowie in den Jahren 2010 und 2011 auch das Gastronomielokal "***L2***". Einzig unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) der Bf war Herr ***Kompl***. Einziger Kommanditist war ***Komm***.

Durch den gewerblichen Verkauf von Getränken und Speisen im Rahmen der von der BF betriebenen Gastronomielokale erzielte diese steuerpflichtige Umsätze (§ 1 Abs 1 UStG), die, als gemäß § 188 BAO festgestellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Berücksichtigung des daraus resultierenden steuerlichen Gewinns der BF beim Komplementär und beim Kommanditisten als steuerliche Mitunternehmer, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 23 Z 2 EStG führten.

Im Lokal "***L1***" wurde im Prüfungszeitraum das Registrierkassensystem "***" verwendet. Für die "***L2***" wurden keine Grundaufzeichnungen vorgelegt.

Bei einer Hausdurchsuchung wurde das Datenerfassungsprotokoll der "***L1***" beschlagnahmt. Das Datenerfassungsprotokoll erfasste sämtliche Vorgänge, die in die Registrierkassa eingegeben wurden. Das Datenerfassungsprotokoll enthielt die Spalten JournalarchivID (laufende Nummerierung), Datum und Zeit (Tag und Uhrzeit der jeweiligen Eingabe), KellnerID (jeder Kellner bekommt zur Bonierung einen eigenen Schlüssel oder muss sich mit einer eigenen Nummer im System anmelden), KassaID (sind in einem Lokal mehrere Kassen im Einsatz, bekommt jede Kassa eine eigene Nummer), Menge (Anzahl der bestellten Artikel), Betrag (Preis des Artikels), Artikel ID (jedes Produkt bekommt im Vorfeld eine Nummer zugewiesen), TischID (jeder Tisch bekommt eine Tischnummer zugewiesen), Journaltyp
(1 = Bonierung, 2 = Abrechnung usw), Text (wird ein Bon ausgedruckt, wird unabhängig von der RechnungsID eine fortlaufende Bonnummer erstellt) und RechnungsID (bei jeder Abrechnung wird vom System automatisch eine Nummer vergeben).

Die Spalte "JournalarchivID" enthält die laufende Nummerierung. Jeder Geschäftsfall bekommt vom System automatisch eine Nummer zugewiesen. Nach dem Abschluss vom trat eine Lücke von 767 Nummern in der Spalte JournalarchivID auf.

Bei jeder Abrechnung (Bezahlung durch den Kunden) wird vom Kassensystem automatisch eine Nummer vergeben. Diese ist im Datenerfassungsprotokoll in der Spalte "RechnungsID" ersichtlich. In den Jahren 2010 bis 2015 wurden in den fortlaufenden RechnungsID´s folgende Lücken festgestellt: 2010 - 9.552 Lücken, 2011 - 8.152 Lücken, 2012 - 3.913 Lücken, 2013 - 1.956 Lücken, 2014 - 17 Lücken, 2015 - 18 Lücken.

Wird bei einer Abrechnung (Bezahlung durch den Kunden) auch ein Beleg ausgedruckt, so erfolgt, neben der Vergabe einer Nummer in der Spalte RechnungsID, auch eine zusätzliche automatische Nummernvergabe in der Spalte "Text". Diese "Text"-Nummer muss ebenfalls chronologisch fortlaufend und lückenlos sein, da das System automatisch eine Nummerierung vornimmt. In den einzelnen Jahren ergaben sich folgende Lücken bei den "Text" Nummern: 2010 - 12.196 Lücken, 2011 - 807 Lücken, 2012 - 77 Lücken, 2013 - 2 Lücken. Die in dieser Spalte vergebene Rechnungsnummer wird auf den ausgedruckten Belegen als Rechnungsnummer angedruckt.

In den von der BF vorgelegten (nicht bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten) Datenerfassungsprotokollen war die Spalte Text nicht enthalten.

Die Produkte Kleiner Feigling, Jägermeister, Coca-Cola, Red Bull, Weißwein, Vodka und Bier stellten die Hauptumsatzträger des Unternehmens dar. Es wurden die Mengenangaben herangezogen, die Herr ***Kompl*** im Rahmen der Betriebsbesichtigung zur Protokoll gegeben hat bzw. im Laufe des Aussenprüfungsverfahrens angegeben hat. Ausgehend vom Anfangsbestand (Inventur zum 31.12. des Vorjahres lt. Inventuraufzeichnungen) wurden die Zukäufe (laut Eingangsrechnungen sowie Lieferscheine) mengenmäßig hinzugerechnet und die Verkäufe (laut Datenerfassungsprotokoll) mengenmäßig abgezogen. Daraus ergab sich der jeweilige Endbestand laut Aussenprüfung. Verglichen mit den Inventurlisten des Unternehmens (Endbestand lt. Inventurlisten) wurden im Ergebnis sowohl positive (Endbestand lt. Aussenprüfung ist höher als Endbestand lt. Inventurlisten) als auch negative (Endbestand lt. Aussenprüfung ist niedriger als Endbestand lt. Inventurlisten) Inventurdifferenzen festgestellt.

Bei den Lieferanten ***E1*** und ***E2*** wurden Erhebungen bzw. Außenprüfungen vorgenommen. Bestimmte Daten aus diesen Verfahren wurden mit den Daten im Rechnungswesen der BF abgeglichen. Laut Erhebungen bei der Firma ***E1*** wurde die Rechnung Nr. 30125382 von der BF nicht im Rechnungswesen verbucht. Betreffend Lieferungen der Firma ***E2*** wurden Ausgangsrechnungen mit den Eingangsrechnungen der BF verglichen. Die bei der Firma ***E2*** vorhandenen elektronischen Lieferscheine waren nicht ident mit den erstellten Ausgangsrechnungen. Produkte die in den Lieferscheinen enthalten waren, wurden in der entsprechenden Ausgangsrechnung mit mehr angeführt oder es wurden reduzierte Mengen angegeben.

Die Betriebsprüfung wendete als Schätzungsmethode die Hochrechnung der RechnungsID Lücken für die Jahre 2010 bis 2013 an. In einem ersten Schritt wurde das Verhältnis zwischen RechnungsID Lücken zu den gesamten RechnungsID´s berechnet. Anhand dieses Prozentsatzes wurden dann in einem zweiten Schritt die 10%igen und 20%igen Umsätze der einzelnen Jahre hochgerechnet. Für die Schätzung betreffend der Jahre 2014 und 2015 wurden die durchschnittlichen prozentuellen Zuschätzungen der Jahre 2010 bis 2013 herangezogen. Dies deshalb, weil in den Jahren 2014 und 2015 keine RechnungsID´s gelöscht wurden, sondern einzelne Produkte bzw. Mengen. Betreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurde von den ermittelten Umsatzzuschätzungen (Nettobetrag) ein durchschnittlicher Wareneinsatz in Abzug gebracht.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergaben sich ausgehend von der Gewinnverteilung des steuerlichen Vertreters eine Neuberechnung der Gewinnanteile der beteiligten Personen. Nach dem Vorwegbezug für den Komplementär wurde das verbleibende Ergebnis im Verhältnis 50% zu 50% aufgeteilt.

Das Landesgericht ***G*** erkannte in seiner Entscheidung vom in der Strafsache ***GZ***/21s zu Recht: "***Kompl*** ist schuldig; er hat vorsätzlich als einzig unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***Bf1***, die im Tatzeitraum das Gastronomielokal "***L1***" und 2010 und 2011 auch das Gastronomielokal "***L2***" betrieb und somit Unternehmer war, wodurch er und der einzige Kommanditist, ***Komm***, festgestellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer erzielten und deren und seine eigenen abgabenrechtlichen Belange auch tatsächlich Wahrnehmender zu nachgenannten Zeiten für nachgenannte Veranlagungszeiträume im Zuständigkeitsbereich des damaligen Finanzamt ***F*** unter Verletzung nachgenannter abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten, nämlich der Abgabe vollständiger und wahrheitsgemäßer Jahresumsatzsteuererklärungen, Einkommensteuererklärungen und Feststellungserklärungen von Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 188 BAO, durch Abgabe unrichtiger solcher Abgabenerklärungen eine Verkürzung von Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, bewirkt, weil er entgegen den tatsächlichen Verhältnissen steuerpflichtige Umsatzerlöse aus Erbringung von Restaurantdienstleistungen (§ 3a UStG) in den Gastronomielokalen und dadurch erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer (§ 23 Z 2 EStG) in den Jahresumsatzsteuererklärungen und Feststellungserklärungen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die das Finanzamt ***F*** erklärungsgemäß mit nachgenannten Bescheiden festgestellt hat, in einem Ausmaß nicht deklarierte und diese zu niedrig deklarierten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowohl von ihm als auch von ***Komm*** in den Einkommensteuererklärungen übernommen wurde, dass das Finanzamt ***F*** mit nachgenannten bekanntgegebenen rechtskräftigen Bescheiden die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer in nachgenannter Höhe zu niedrig festgesetzt hat, wobei es ihm für die Jahre 2010 bis 2014 in Bezug auf die Umsatzsteuer und seine Einkommensteuer auch darauf ankam, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßige Begehung), nämlich

1. für das Jahr 2010

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 25.473,60 am mit Bescheid vom

b) Einkommensteuer ***Kompl*** in Höhe von € 14.497,00 am mit Bescheid vom

c) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 15.164,63 am mit Bescheid vom , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom festgestellten Einkünften

2. für das Jahr 2011

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 20.881,45 am mit Bescheid vom

b) Einkommensteuer ***Kompl*** in Höhe von € 11.404,00 am mit Bescheid vom

c) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 12.328,00 am mit Bescheid vom , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom festgestellten Einkünften

3. für das Jahr 2012

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 8.828,36 am mit Bescheid vom

b) Einkommensteuer ***Kompl*** in Höhe von € 6.009,00 am mit Bescheid vom

c) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 6.857,00 am mit Bescheid vom , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom festgestellten Einkünften

4. für das Jahr 2013

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 7.160,32 am mit Bescheid vom

b) Einkommensteuer ***Kompl*** in Höhe von € 4.159,00 am mit Bescheid vom

c) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 5.239,00 am mit Bescheid vom , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom festgestellten Einkünften

5. für das Jahr 2014

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 13.022,62 am mit Bescheid vom

b) Einkommensteuer ***Kompl*** in Höhe von € 8.069,00 am mit Bescheid vom

c) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 9.069,00 am mit Bescheid vom , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom festgestellten Einkünften

6. für das Jahr 2015

a) Umsatzsteuer in Höhe von € 11.599,02 am

b) Einkommensteuer ***Komm*** in Höhe von € 2.831,00 am , bei am eingebrachter Feststellungserklärung und mit Bescheid vom in richtiger Höhe festgestellten Einkünften und es in Folge Festsetzung der Umsatzsteuer und Einkommensteuer in richtiger Höhe mit Bescheiden vom und durch das Finanzamt ***F*** jeweils beim Versuch blieb."

Der erkennende Senat legt diese Zurechnungen an Umsatzsteuer und Erträgen seiner Entscheidung zugrunde.

Kommanditist ***Komm***

In der Niederschrift über die Vernehmung des verdächtigen Kommanditisten ***Komm*** vom gab dieser an, im Prüfungszeitraum keinerlei betriebliche oder private Zahlungen von der Firma ***Bf1*** bzw. Herrn ***Kompl*** erhalten zu haben. Mit Benachrichtigung vom hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen § 33 Abs 1 FinStrG gegen den Kommanditisten ***Komm*** eingestellt. Begründend wurde angeführt, dass der Kommanditist der ***Bf1*** nie operativ tätig und im inkriminierten Tatzeitraum weder Machthaber noch für die steuerlichen Belange der Gesellschaft verantwortlich war. Die als erwiesen angenommenen zusätzlichen Einkünfte aufgrund der Zurechnungen der Betriebsprüfung sind ausschließlich dem Komplementär zugeflossen.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Senat würdigte nochmals die Feststellungen des Strafverfahrens des Landesgerichtes ***G***.

Die Spalte JournalArchivID wurde auf Lücken und Doppelnummern untersucht. Grundsätzlich durfte diese Spalte keine Lücken enthalten und die Nummern durften auch nicht doppelt vorkommen. Da im Jahr 2013 eine Lücke von 767 Nummern vorkam, war das der Nachweis, dass der Unternehmer in das System eingreifen konnte. Betreffend dieser Lücken in der Spalte JournalArchivID wurde angemerkt, dass keine Datenbank der Welt lückenlos sei. Diese Lücken seien am ehesten auf ein Datenbank- oder Hardwareproblem (zB Stromausfall) zurückzuführen.

Die Spalte RechnungsID wurde auf Lücken und Doppelnummern untersucht. Die Spalte RechnungsID musste chronologisch fortlaufend und lückenlos sein, da das System automatisch eine fortlaufende Nummerierung vornimmt. Wurden nachträglich Änderungen vorgenommen, musste das im Datenerfassungsprotokoll ebenfalls ersichtlich sein. Das Vorkommen von Lücken war der Nachweis, dass der BF nachträglich Löschungen im Kassensystem vornahm und durch Neunummerierung der Spalte JournalArchivID, die sonst ebenfalls Lücken aufweisen müsste, diesen Vorgang verschleierte. Im Hinblick auf die Lücken in der Spalte RechnungsID wurde angeführt, dass diese Lücken beispielsweise dadurch entstanden, dass der Kellner eine Zwischenrechnung im System aufrief (RechnungsID wurde im System erstellt) anschließend jedoch keine Rechnung druckte bzw keine Abrechnung machte, sondern der Vorgang abgebrochen wurde (RechnungsID wird wieder verworfen). Dasselbe geschah auch, wenn eine Bestellung von einem Tisch gesplittet wurde.

Die Text-Nummer musste ebenfalls chronologisch fortlaufend und lückenlos sein, da das System automatisch diese Nummerierung vornahm. Wurde vom Kellner der Tisch ohne Bonausdruck abgerechnet, kam es im Datenerfassungsprotokoll zur Erstellung einer Nummer in der Spalte RechnungsID. In der Text-Spalte wurde der Vermerk "RechNr: 0" angeführt. Wurde vom Kellner der Tisch mit Bonausdruck abgerechnet, kam es im Datenerfassungsprotokoll zur Erstellung einer Nummer in der Spalte RechnungsID und in der Spalte Text (Rechnungsnummer). Wurden vom BF Abrechnungen storniert, bei denen kein Bon ausgedruckt wurde, konnte sich nur eine Lücke in der Spalte RechnungsID ergeben. Die Lücken bei den Rechnungsnummern (Text) konnte nur durch Löschungen im Kassensystem entstanden sein.

Die wesentliche Grundlage für die Erstellung der Abgabenerklärungen der BF bildeten die Aufzeichnungen der Umsatzerlöse mittels EDV-Kassensystem. Aus den Auswertungen der Datenerfassungsprotokolle, die nach Anforderung der Betriebsprüfung zunächst unvollständig vorgelegt wurden, ergaben sich Lücken und chronologische Fehler von Datensätzen, die nicht überzeugend aufgeklärt werden konnten. Als wesentlich stellen sich die Lücke von 767 Nummern im JournalArchivID als auch die Lücken bei den Rechnungsnummern dar. Eine systembedingte Ursache derartiger Lücken konnte nicht nachgewiesen werden. Angesichts der Anzahl und zeitlichen Verteilung dieser Rechnungsnummernlücken ist auch nicht davon auszugehen, dass ein Datenbankfehler oder Hardwareprobleme diese zu einem wesentlichen Teil verursacht haben.

Aus dem vom Sachverständigen ***V*** erstellten gerichtlichen Gutachten, welches im Zusammenhang mit der Strafsache eines anderen Gastronomen verfasst wurde, geht ebenso unmissverständliche hervor, dass die im gegenständlichen Fall verwendete Kassensoftware *** manipulierbar ist. Da es sich bei dem verwendeten Softwareprodukt um ein hochwertiges System gehandelt hat, bei dem keine systembedingten Mängel bislang aufgetreten waren, bleiben keine vernünftigen Zweifel dafür, dass die dokumentierten Lücken bei den Rechnungsnummern und Fehler der Datensätze durch Löschung von tatsächlich aufgezeichneten Daten über Umsätze herrühren.

Der Einwand, dass ***Kompl*** möglicherweise nicht über die technischen Fähigkeiten für die Löschung von Datensätzen verfügte, geht für den erkennenden Senat ins Leere, da derartige Programme allgemein verfügbar waren und neben der technischen Ausstattung auch die personellen Ressourcen beschafft werden konnten. Ebenso ist unerheblich, zu welchem Zeitpunkt ***Kompl*** in ***G*** zugegen war oder nicht, da es nicht auf die zeitliche Komponente ankommt, an denen die Manipulationen stattgefunden haben.

Der erkennende Senat geht daher davon aus, dass tatsächlich Löschungen von Umsatzdaten vorgenommen wurden und auf Basis dieser somit unrichtigen Aufzeichnungen auch die Umsatzerlöse und Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu niedrig in den Abgabenerklärungen ausgewiesen wurden. Die ab dem Jahr 2011 abnehmenden Lücken der Rechnungsnummern und RechnungsID´s stehen einer Löschung von steuerpflichtigen Umsatzerlösen auch in diesen Jahren in der angenommenen Höhe grundsätzlich nicht entgegen, zumal auch in diesen Jahren auch chronologische Fehler von Datensätzen ersichtlich waren. Die Überlegungen zur Löschung von Daten aus dem Kassensystem korrespondieren auch mit den Ergebnissen der bei der Außenprüfung vorgenommenen Verprobung der Waren und den dabei ermittelten Inventurdifferenzen.

Der erkennende Senat sieht es somit als erwiesen an, dass die BF durch Manipulationen des Datenerfassungsprotokolls der "***L1***" sowie durch Wareneinkäufe die teilweise "ohne Rechnung" durchgeführt wurden, Erlöse verkürzte. Der erkennende Senat folgt somit in der Beweiswürdigung dem Strafurteil vom des Landesgerichtes ***G***.

Kommanditist ***Komm***

Der erkennende Senat sieht es als erwiesen an, dass die Mehreinnahmen ausschließlich dem Komplementär ***Kompl*** zugeflossen sind, da der Kommanditist ***Komm*** laut Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft nie operativ tätig und im Beschwerdezeitraum weder Machthaber noch für die steuerlichen Belange der Gesellschaft verantwortlich war, und dass dieser im Prüfungszeitraum keinerlei betriebliche oder private Zahlungen von der Firma ***Bf1*** bzw. Herrn ***Kompl** erhalten hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

§ 116 BAO lautet:

(1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (; ; ). Diese Bindung besteht allerdings nur hinsichtlich jener Personen, denen gegenüber das Strafurteil ergangen ist, nicht aber gegenüber Dritten (VwGH Ro 2014/15/0023 vom ). Mangels Bindung an die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichtes ist der Sachverhalt vom Bundesfinanzgericht selbst festzustellen.

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet ist und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Die Urteile des Strafgerichtes stellen ein solches Beweismittel dar. Die vom Strafgericht festgestellten Tatsachen wurden vom erkennenden Senat erörtert.

Im vorliegenden Fall wurden die Tatsachenfeststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Landesgerichtes ***G*** (***GZ***/21s) diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.

Gem. § 131 Abs 3 BAO können zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist; die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden. Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muß, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

Gem. § 163 Abs 1 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 131 und 131b entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

§ 184 BAO lautet:

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Das Datenerfassungsprotokoll der "***L1***" war aufgrund durchgeführter Löschungen unvollständig. Diese Umstände stellen derart grobe Mängel der Aufzeichnungsverpflichtungen dar, dass das erklärte Ergebnis in den Aufzeichnungen als nicht glaubwürdig erscheint. Aufgrund dieser Mängel, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen, war die Abgabenbehörde berechtigt bzw. verpflichtet zu schätzen.

Die Verpflichtung zur Schätzung ergibt sich allein aus der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Abgabenbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. Im gegenständlichen Fall wurde gegen eine Reihe der oben angeführten Ordnungsvorschriften des § 131 Abs 3 BAO verstoßen.

Im Hinblick auf die offensichtliche Unvollständigkeit und Unrichtigkeit der Geschäftsaufzeichnungen, die über bloße Formalverstöße hinausgehen, war die Abgabenbehörde berechtigt bzw. verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege gem. § 184 BAO zu ermitteln.

Ist eine Schätzung grundsätzlich zulässig, so steht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei angeführt, die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge müssen schlüssig und folgerichtig sein und das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, muss mit den Lebenserfahrungen im Einklang stehen. Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hierbei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (; ; ).

Die Wahlfreiheit bei der Anwendung der Schätzungsmethode dient dem Ziel, ohne Bindung an starre Regeln dem tatsächlichen Betriebsergebnis möglichst nahe kommen zu können. Letztlich ist jene Schätzungsmethode die richtige, deren mögliches Ergebnis nach den Gegebenheiten, nach der Lebenserfahrung, nach dem Maßstab des wirtschaftlich Möglichen und Vernünftigen beurteilt die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich zu haben scheint. Die Bemühungen der Behörde müssen erkennbar dahingehen, schon durch die Wahl der Methode der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen. Wenn die Judikatur immer wieder zum Ausdruck bringt, der Abgabepflichtige habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Schätzungsmethode, so ist diese Aussage mit der Einschränkung zu verstehen, dass die Behörde der Wahrheit so nahe wie möglich kommen soll (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 1931).

Im vorliegenden Fall wurden die Lücken der RechnungsID hochgerechnet. Das BFG geht davon aus, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung geeignet ist, die tatsächlichen Betriebsergebnisse zutreffend abzubilden.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass derjenige, der zu einer Schätzung begründet Anlass gibt, die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen muss, da es im Wesen einer Schätzung liegt, dass die auf diese Weise ermittelten Größen die tatsächlich ermittelten Ergebnisse nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen (vgl ).

Kommanditist ***Komm***

Mehrgewinne aus Schwarzgeschäften sind den Mitunternehmern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilung zuzurechnen, wenn der tatsächliche Nutznießer nicht feststeht. Ist jedoch erwiesen, dass der Mehrgewinn nur einem Gesellschafter zugeflossen ist, so ist er nur diesem zuzurechnen (; ). In der Niederschrift über die Vernehmung des verdächtigen Kommanditisten ***Komm*** vom gab dieser an, im Prüfungszeitraum keinerlei betriebliche oder private Zahlungen von der Firma ***Bf1*** bzw. von ***Kompl*** erhalten zu haben. Mit Benachrichtigung vom hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen § 33 Abs 1 FinStrG gegen den Kommanditisten ***Komm*** eingestellt. Begründend wurde angeführt, dass der Kommanditist der ***Bf1*** nie operativ tätig und im inkriminierten Tatzeitraum weder Machthaber noch für die steuerlichen Belange der Gesellschaft verantwortlich war. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass der Nutznießer der Mehreinnahmen ***Kompl*** war. Die Gewinnerhöhungen betreffend Umsatzverkürzungen sind dem Komplementär daher zu 100% zuzurechnen. Ebenso sind ***Kompl*** die Gewinnerhöhungen betreffend PKW-Luxustangente und PKW-Privanteil zu 100% zuzurechnen, da die PKW´s Teil der operativen Sphäre des Komplementärs waren.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage der Bindungswirkung folgte der Senat der oben zitierten einschlägigen Judikatur des VwGH. In der Frage ob eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach vorlag und ob die Schätzung der Höhe nach rechtskonform durchgeführt wurde, folgt der Senat den in der Begründung angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der dazu zitierten Rechtsprechung. Zur Frage der Zurechnung der Mehrgewinne folgt der Senat der einschlägigen Judikatur des VwGH. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 116 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100236.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at