1. Geschäftsführerhaftung 2. Globalzession 3. Lange Zeit zwischen Entstehung des Abgabenanspruches und Haftungsbescheid wegen der Dauer des Konkursverfahrens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Eigenthaler, Babenbergerstraße 33 Tür 1, 3180 Lilienfeld, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachfolgende Abgaben im Gesamtbetrag von € 108.309,33 herabgesetzt:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag |
Umsatzsteuer | 02/2014 | 5.292,39 |
Umsatzsteuer | 03/2014 | 17.422,47 |
Umsatzsteuer | 04/2014 | 25.444,29 |
Umsatzsteuer | 05/2014 | 9.531,33 |
Lohnsteuer | 2012 | 1.313,01 |
Lohnsteuer | 2013 | 1.313,01 |
Lohnsteuer | 02/2014 | 5.589,70 |
Lohnsteuer | 03/2014 | 6.200,33 |
Lohnsteuer | 04/2014 | 5.023,23 |
Lohnsteuer | 05/2014 | 6.849,67 |
Lohnsteuer | 06/2014 | 6.227,33 |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 130,74 |
Dienstgeberbeitrag | 2013 | 130,74 |
Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 1.596,99 |
Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 1.969,17 |
Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 2.091,71 |
Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 2.512,67 |
Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 2.541,84 |
Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 2.840,52 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2012 | 11,62 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2013 | 11,62 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 141,96 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 175,04 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 185,92 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 223,35 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 224,42 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 252,50 |
Pfändungsgebühr | 2014 | 1.172,32 |
Barauslagenersatz | 2014 | 9,44 |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 1.100,60 |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 364,15 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 79,88 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 88,38 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 167,11 |
Säumniszuschlag 3 | 2013 | 79,88 |
Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als damaliger Geschäftsführer der G-1 als Komplementärin der G-2 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 120.343,72 zur Haftung herangezogen:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag | Fälligkeit |
Umsatzsteuer | 02/2014 | 5.880,43 | |
Umsatzsteuer | 03/2014 | 19.358,30 | |
Umsatzsteuer | 04/2014 | 28.271,43 | |
Umsatzsteuer | 05/2014 | 10.590,37 | |
Lohnsteuer | 2012 | 1.458,90 | |
Lohnsteuer | 2013 | 1.458,90 | |
Lohnsteuer | 02/2014 | 6.210,78 | |
Lohnsteuer | 03/2014 | 6.889,26 | |
Lohnsteuer | 04/2014 | 5.581,37 | |
Lohnsteuer | 05/2014 | 7.610,74 | |
Lohnsteuer | 06/2014 | 6.919,25 | |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 145,27 | |
Dienstgeberbeitrag | 2013 | 145,27 | |
Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 1.774,43 | |
Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 2.187,97 | |
Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 2.324,12 | |
Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 2.791,86 | |
Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 2.824,27 | |
Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 3.156,13 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2012 | 12,91 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2013 | 12,91 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 157,73 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 194,49 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 206,58 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 248,17 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 249,36 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 280,55 | |
Pfändungsgebühr | 2014 | 1.302,58 | |
Barauslagenersatz | 2014 | 10,49 | |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 1.222,89 | |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 404,61 | |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 88,76 | |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 98,20 | |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 185,68 | |
Säumniszuschlag 3 | 2013 | 88,76 |
Die Geltendmachung der Haftung (§ 224 BAO) gründe sich auf folgende Umstände:
Gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO habe der Bf. als Geschäftsführer dieser Firma insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, ordnungsgemäß entrichtet würden. Da er dies unterlassen habe und der umstehende Rückstand infolge schuldhafter Verletzung seiner Pflicht nicht eingebracht werden könne, sei die Haftung auszusprechen gewesen.
Voraussetzung für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung sei aufgrund des bereits abgeschlossenen Insolvenzverfahrens bei der KG gegeben. Die zu verteilende Quote in Höhe von 10,33% sei bei den bekanntgegebenen Abgabenschuldigkeiten bereits in Abzug gebracht worden.
Nach ständiger Rechtsprechung habe der Vertreter zweifelsfrei darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werde, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen sei (z.B. u.a.).
Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten; es sei denn, er weise nach, dass er die Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschuld daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.
Es sei kein entsprechender Nachweis vorgelegt worden.
Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Haftungsschuldner. Auf diesem, nicht aber auf der Behörde, laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermöge der Haftungsschuldner nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könnten dem Haftungsschuldner die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden (z.B. ).
Aufgrund der übermittelten Unterlagen könne die Finanzbehörde keine Gläubigergleichbehandlung feststellen. Selbst die ergänzende Übermittlung der OP-Liste Kundenkonten per D-1 vermöge am vorliegenden Ergebnis wohl keine Änderung bewirken, da die Gläubigerbenachteiligung bereits aufgrund eines mit der Volksbank NÖ AG abgeschlossenen Mantelzessionsvertrages erfolgt sei, wodurch alle Zahlungen der Schuldner direkt an die Hausbank geleistet und damit in erster Linie die Forderungen der Hausbank befriedigt würden.
Im Abschluss eines globalen Mantelzessionsvertrages liege eine dem Haftungsschuldner vorwerfbare schuldhafte Pflichtverletzung, wenn der Haftungsschuldner damit rechnen müsse, durch die Zession die liquiden Mittel zur Berichtigung anderer Schulden als der Bankschulden, insbesondere der Abgabenschulden des Vertretenen, zu entziehen (vgl. ; ).
Der Haftungsschuldner, der mit einer Bank einen Mantelzessionsvertrag schließe, verstoße damit gegen die Pflicht, eine Benachteiligung von Abgabenforderungen zu vermeiden; mangels einer Vorkehrung im Mantelzessionsvertrag könne er nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass z.B. die Umsatzsteuer bezahlt werde oder die Mittel dafür zur Verfügung gestellt würden (vgl. ).
Die Pflichtverletzung ist schuldhaft, weil dem Haftungsschuldner bereits beim Eingehen des Mantelzessionsvertrages hätte bewusst gewesen sein müssen, dass er durch diesen Vertrag in der Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten gehemmt sein würde.
Bezüglich seinem Vorbringen, dass das Finanzamt laut Prüfungsauftrag vom eine Liquiditätsprüfung bei der Firma durchgeführt habe und wie auch die Geschäftsführung zum Ergebnis gekommen sei, dass es mit der Liquidität zwar eng, aber machbar wäre, müsse entgegengehalten werden, dass das Finanzamt nach Abschluss der Liquiditätsprüfung am aufgrund der negativen Beurteilung des Prüfers mit ein Ersuchen um Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an das Landesgericht LG-1 gesendet habe und infolgedessen mit D-2 das Insolvenzverfahren über die KG eröffnet worden sei.
In seiner Stellungnahme habe sich der Bf. auf Unrichtigkeiten der Grundlagen - Bericht vom über die Prüfung von Lohnabgaben von bis D-2 - gestützt. Aus § 248 BAO ergebe sich, dass der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung mit Haftungsbescheid (§ 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch bzw. dessen Höhe Beschwerde einbringen könne.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei im Haftungsverfahren die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung nicht zu erörtern. Für die Erlassung des Haftungsbescheides sei einzig und allein die Frage ausschlaggebend, ob der Geschäftsführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen werde oder nicht, nicht jedoch, ob die der Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestünden oder nicht.
Hinsichtlich der mit Umsatzsteuerbescheid vom erfolgten Gutschrift in Höhe von € 58.044,19 werde mitgeteilt, dass diese Gutschrift mit offenen Umsatzsteuerzahllasten aus dem Jahr 2014 gegengerechnet worden sei.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer wäre festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hätte. Es wäre daher seine Pflicht als Geschäftsführer gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen würden, verpflichtet wäre, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung wäre jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.
Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen zu halten habe (§ 20 BAO). Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Geltendmachung der Haftung stelle die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, wobei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles ein wesentliches Ermessenskriterium darstelle. Der Bf. sei im Zeitpunkt der Fälligkeit der aushaftenden Abgabenschulden der handelsrechtliche Geschäftsführer der Gesellschaft und somit der in Betracht kommende Haftende im Sinn des § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff BAO gewesen. Die Abgabenschulden könnten bei der Firma nicht mehr eingebracht werden. Im Zuge des vorgelegten Vermögensverzeichnisses habe der Bf. angegeben, dass er eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von ca. € 2.500,00/Monat beziehe. Ansonsten seien keine Vermögenswerte vorhanden, jedoch bestünden auch keine sonstigen Verbindlichkeiten. Von einer gänzlichen Uneinbringlichkeit der Haftungsschuld könne daher nicht ausgegangen werden. Die Geltendmachung der Haftung sei daher zweckmäßig, da geeignet, zumindest einen Teil der bei der Abgabenschuldnerin uneinbringlichen Abgaben im Haftungsweg doch noch einzubringen.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes müsse vom Vorliegen einer Schuldhaftigkeit seinerseits ausgegangen werden und die Haftung sei in Höhe von € 120.343,74 auszusprechen gewesen.
Beilagen:
- Umsatzsteuerbescheide 2014
- Bericht über die Lohnsteuerprüfung vom inkl. Abgabenbescheide
- Pfändungsgebührenbescheide vom
- Säumniszuschlagsbescheide vom , , , ,
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte der Vertreter des Bf. vor, dass der Haftungsbescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten werde. Vorauszuschicken sei, dass im Parallelverfahren zur Steuernummer N-2 das Verfahren noch offen sei und dieselben Haftungsgrundlagen hier gegeben seien. Aus diesem Grunde werde beantragt, bis zur rechtskräftigen Erledigung des Parallelverfahrens, das vorliegende Verfahren auszusetzen.
Zeitgleich werde aber inhaltlich im vorliegenden Verfahren bereits im Rahmen der Beschwerde Stellung genommen wie folgt:
Der Bf. habe keinesfalls eine fahrlässige Haftung zu verantworten, er habe vielmehr vorsorglich und pflichtgemäß sämtliche Verbindlichkeiten bedient, die im Rahmen der Geschäftsgebarung mit der Hausbank der Baufirma G-2 (Volksbank NÖ) mit Zessionslisten jahrelang reibungslos funktioniert hätten.
Die Umstände für die Insolvenz seien ausschließlich darin gelegen, dass kurz vor Insolvenzeröffnung eine größere Anzahl an Kunden die Zahlungen eingestellt hätten und dadurch eine nicht vorhersehbare Liquiditätsklemme vorgelegen habe, die den Zahlungsfluss unterbrochen habe, sodass sofort die Insolvenz habe angewendet werden müssen.
Ab Eintritt der Insolvenz sei dem Geschäftsführer jegliche Einflussnahme auf den Fortgang der Geschäfte, die auch noch zur Bedienung von Verbindlichkeiten hätten geführt werden können, völlig entzogen gewesen.
Zusammengefasst lege der Bf. eine von ihm selbst verfasste Stellungnahme mit einem detaillierten Sachverhaltssubstrat vor, die im amtswegigen Verfahren zu berücksichtigen sein werde.
Ausdrücklich werde beantragt, die Konkursakten N-3 sowie N-4 des Landesgerichtes LG-1 beizuschaffen. Daraus sei zu entnehmen, dass der Masseverwalter auch nach Konkurseröffnung noch Verbindlichkeiten bedient habe, auf die der Geschäftsführer überhaupt keinen Einfluss mehr gehabt habe.
Zusammengefasst stellt der seinerzeitige Geschäftsführer mangels Verschuldens seinerseits den Antrag, den vorliegenden Haftungsbescheid über EUR 120.343,72 ersatzlos aufzuheben.
Im Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wurde abschließend vorgebracht, dass dieser erhebliche Betrag für den Bf. wirtschaftlich ruinös und vernichtend sei, da er außer einer relativ bescheidenen Eigenpension über keinerlei Barmittel verfüge.
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Im beiliegenden Schreiben vom führte der Bf. aus:
Er schicke voraus, dass sich die Buchhaltung der Firma G-2 beim Masseverwalter befinde, der diese ab D-3, dem Konkurseintrittsdatum, fortgeführt habe.
Die Ausgangsrechnungen für erbrachte Bauleistungen seien laufend schon seit vor dem Jahr 2005, als Herr Baumeister P-1 Geschäftsführer gewesen sei, an die Volksbank zediert gewesen, also schon länger als 9 Jahre vor dem Konkurseintritt.
Nachdem Herr Baumeister P-1 schwer herzkrank geworden sei, habe der Bf. im Jahr 2012 die Geschäftsführung übernommen, da er aufgrund seiner abgeschlossenen Hochschulausbildung zum Diplomingenieur für das gesamte Bauwesen, seiner erfolgreich abgelegten Ziviltechniker- und Baumeisterprüfung als einziger in der Firma G-2 den Befähigungsnachweis für die Geschäftsführerübernahme habe erbringen können.
Unmittelbar nach der Bestellung zum Geschäftsführer habe der Bf. die Volksbank gebeten, von den zedierten Rechnungen abzugehen. Bei diesem Gespräch habe die Volksbank von ihm eine unbelastete Liegenschaft als Pfand verlangt, die er ihr nicht habe geben können, da er nicht Eigentümer einer solchen Liegenschaft gewesen sei.
Der Bf. habe somit keine Möglichkeit gehabt, die Zedierung der Ausgangsrechnungen zu beenden, da anderenfalls die Volksbank die restlichen Kredite fällig gestellt hätte. Bei dieser Gelegenheit führe er an, dass die Bank die Firma G-2 zu den zedierten Rechnungen regelrecht gezwungen habe.
Der Bf. sei über diese Situation nicht erfreut gewesen, denn zedierte Rechnungen bedeuteten für das Unternehmen enormen Druck und Stress, weil man auch zu baubetrieblichen Hochzeiten gezwungen sei, die Techniker laufend zum Abrechnen anzuhalten, da nur bei Legung von Rechnungen mit einem Abrechnungswerk als Beilage von der Bank Geld zur Verfügung gestellt werde. Dennoch habe dieses Procedere jahrelang unproblematisch funktioniert.
Eine Ungleichbehandlung der Gläubiger durch den Bf. aufgrund der an die Volksbank zedierten Ausgangsrechnungen liege nicht vor, da einerseits das Zedieren der Ausgangsrechnungen für die zu damaligen Zeiten in finanzielle Nöte geratene Volksbank schon vor dem Jahr 2005 verlangt und durchgeführt worden sei, also lange bevor er die Geschäftsführung innegehabt habe, und andererseits sowieso immer die ältesten Verbindlichkeiten bezahlt worden seien.
Da sich die Banken unter einander gut vertrügen und verabredeten, sei sein Versuch, mit einer anderen Bank Geschäftsbeziehungen aufzunehmen, die das Zedieren der Ausgangsrechnungen nicht verlange, gescheitert.
Außerdem führe der Bf. an, dass die Firma G-2 bei der Kalkulation aller Bauvorhaben natürlich sämtliche Kosten, wie Lohnkosten, Abgaben, usw. eingerechnet habe, was natürlich bedeutet habe, dass in den Ausgangsrechnungen alle Kosten, wie Lohnkosten, Abgaben, usw. anteilig auch enthalten gewesen seien.
Bei Vorlage der Zessionsliste mit den Ausgangsrechnungen habe die Volksbank umgehend die Summe der zedierten Forderungen auf das G-2-Konto überwiesen, also bevor die Kunden den offenen Rechnungsbetrag auf das Konto bei der Volksbank eingezahlt gehabt hätten. Die Zahlungsziele der Kunden seien lange gewesen und hätten oft 120 Tage gedauert, wie z.B. It. Vertragsbedingungen für Baustellen des Amtes der NÖ Landesregierung.
Durch die zedierten Rechnungen hätten so die langen Zahlungsziele überbrückt und alle offenen Verbindlichkeiten, auch die Finanzamtsschulden, rascher bedient werden können. In die Zessionslisten hätten immer nur Ausgangsrechnungen aufgrund beigelegter, vollständiger und von der jeweiligen ÖBA (örtliche Bauaufsicht) freigegebener Abrechnungswerke eingetragen werden können. Nach Vorlage der auf der Zessionsliste angeführten und von der ÖBA geprüften Forderungen bei der Volksbank seien die Leistungszuwächse der Ausgangsrechnungen von der Bank auf das G-2-Konto überwiesen worden. Daraufhin seien die Verbindlichkeiten beginnend bei der ältesten Eingangsrechnung, bezahlt worden, so auch die Abgabenschulden beim Finanzamt.
Wo liege da eine Ungleichbehandlung der Gläubiger vor?
Diese Vorgangsweise mit den an die Volksbank zedierten Rechnungen sei auf Verlangen der Bank über 9 Jahre lang praktiziert worden und habe somit viele Jahre vor seiner Geschäftsführerübernahme begonnen.
Da aber, wie dies in seinem Fall eingetreten sei, einige maßgebende Kunden hohe Forderungen nicht bezahlt hätten, seien die G-2-Konten rasch leer gewesen und ihm sei nichts Anderes übriggeblieben, als Insolvenz anzumelden. Dies sei einzig und allein die Ursache für den bestehenden Rückstand an Abgaben gewesen, die auch sonst im Falle der Bezahlung der offenen Rechnungen selbstverständlich hätten bezahlt werden können.
Nach Insolvenzeintritt habe der seinerzeitige Abrechnungstechniker der Firma G-2 im Auftrag des Masseverwalters ca. 2 Monate lang noch nicht schlussgerechnete Baustellen mit erheblichen Schlussrechnungszuwächsen in Höhe von einigen hunderttausend Euro abgerechnet. Die Rechnungen seien daraufhin vom Masseverwalter an die Kunden verschickt worden, ohne dass vom Bf. eine Zessionsliste unterschrieben worden sei. Dieser Tatsache könne doch entnommen werden, dass die Gläubiger vom Bf. nicht ungleich behandelt worden seien.
Mit dem Schreiben vom im Parallelverfahren der Finanz zu N-2 habe er die von der Buchhaltung erstellten offenen Postenliste der Ausgangsrechnungen und die Liste der Verbindlichkeiten jeweils vom D-1 übermittelt. Wie könnte er dem Finanzamt besser beweisen, dass er alle Gläubiger gleichbehandelt habe, wenn 2 Tage vor dem Konkurseintritt, dem D-2, die Summe der offenen Postenliste der Ausgangsrechnungen und die Summe der Liste der Verbindlichkeiten annähernd gleich sei, was bedeute, dass die Firma G-2 alle Gläubiger auszahlen hätte können.
Ab dem Konkurseintritt, dem D-2, habe der Masseverwalter für die Firma G-2 alle Entscheidungen getroffen und der Bf. habe gar nichts mehr zu reden gehabt. Somit habe der Masseverwalter auch mit den Kunden wegen erheblicher offener Rechnungsbeträge verhandelt, und mit diesen - ohne die Bezahlung der berechtigen offenen Forderungen gerichtlich einzuklagen - Vergleiche getroffen.
Es liege doch in der Natur der Sache, dass bei Vergleichsgesprächen mit den Kunden der Zahlbetrag für die Firma G-2 geringer werde, wenn über berechtigte offene Ausgangsrechnungen samt beiliegenden von den ÖBA geprüften Abrechnungswerken mit zahlungsunwilligen Kunden verhandelt und daraufhin zu Lasten der wehrlosen Firma G-2 ein Kompromiss geschlossen werde. Die Kunden, vertreten durch ihre Anwälte, hätten diese Verhandlungsgespräche intensiv genutzt gehabt, um möglichst wenig zu bezahlen, und bei außergerichtlicher Nichteinigung auf teure Gerichtsverfahren hingewiesen.
Tatsache sei, dass durch diese Vergleichsgespräche mit den Kundenvertretern mehrere hunderttausend Euro für die Firma G-2 nicht mehr eingetrieben worden seien, also Geld, das jetzt fehle, um z.B. die Schulden beim Finanzamt zu bezahlen.
Wo treffe den Bf. da die Schuld bezüglich der Ungleichbehandlung von Gläubigern, wenn er doch gar keine Möglichkeit gehabt habe, sich einzumischen oder in die Vergleichsgespräche einzugreifen?
Damit möglichst viel Geld für die Firma G-2 hereinkomme, habe er jedenfalls mit langen Schriftsätzen an den Masseverwalter zu jeder offenen Forderung die Beweise geliefert, warum der Firma G-2 die gelegten Schlussrechnungssummen ohne Abstriche zur Gänze zustünden, und habe sich somit jahrelang bemüht, dass die Gläubiger zu ihrem Geld kämen. Die Schriftsätze lägen alle bei ihm auf und könnten dem Finanzamt jederzeit auf Wunsch übermittelt werden.
Beweis:
- Konkursakt N-3 LG LG-1
- Konkursakt N-4 LG LG-1
Zusammenfassend führe der Bf. nochmals an wie folgt:
Der Vorgang der Zedierung der Ausgangsrechnungen habe alle 3-6 Wochen stattgefunden, also immer dann, wenn genügend Rechnungen mit von der ÖBA geprüften Abrechnungsunterlagen als Rechnungsbeilage fertiggestellt gewesen seien. Danach seien die Ausgangsrechnungen in eine Zessionsliste (Vordruck der Bank) eingetragen worden. Nach Unterfertigung der Zessionsliste durch die Geschäftsführung sei diese der Bank übermittelt worden, die dann umgehend die Summe der auf der Zessionsliste stehenden Rechnungszuwächse auf das G-2-Konto überwiesen habe.
Die Zedierungsvorgänge seien also immer zeitlich hintereinander stattfindende Einzelereignisse gewesen, die sich alle 3-6 Wochen wiederholt hätten, wenn wieder genügend Ausgangsrechnungen abgerechnet gewesen seien.
Der Vorteil - mit an die Bank zedierten Rechnungen zu arbeiten - sei darin gelegen gewesen, dass die Firma G-2 jedes Mal nach Vorlage einer Zessionsliste umgehend nach Rechnungslegung das Geld für die Leistungszuwächse zur Verfügung gehabt habe, und so die oft bis zu 120 Tage dauernden Zahlungsziele der Kunden überbrücken und somit jedes Mal die Eingangsrechungen, beginnend mit der ältesten offenen Verbindlichkeit, viel rascher bezahlen habe können.
Natürlich seien dann die zu der Zessionsliste gehörenden Rechnungsbeträge/-zuwächse, die ihm die Bank bei vorhergehender Übermittlung der Zessionsliste dieser Rechnungsbeträge prompt ausbezahlt habe, an die Bank zurückgeflossen, wenn eben die Kunden endlich bezahlt gehabt hätten, da ja die Bank genau diese Rechnungsbeträge vorgestreckt habe.
Bei diesem Procedere sei jedoch kein Gläubiger ungleich behandelt worden.
Dieser Zahlungslauf habe über 9 Jahre reibungslos funktioniert, bis die G-2-Konten wegen zahlungsunwilliger Kunden leer gewesen seien, das Geld der letzten Zessionsliste aufgebraucht gewesen sei und aus diesem Grund am D-2 Insolvenz habe angemeldet werden müssen.
Nach Insolvenzeintritt seien durch den Masseverwalter noch Schlussrechnungen mit erheblichen Leistungszuwächsen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro abgerechnet und an die Kunden verschickt worden. Für diese Schlussrechnungen habe der Bf. keine Zessionslisten mehr unterschrieben, weil er ab Konkurseintritt, dem D-2, in der Firma G-2 nichts mehr zu reden gehabt habe. Ab D-2 hätte in der Firma G-2 nur mehr der Masseverwalter das Sagen gehabt, der sicherlich keine Zessionsliste unterschrieben habe.
Auch aus diesem Procedere sei doch zu entnehmen, dass der Bf. wegen der an die Volksbank zedierten Rechnungen keine Ungleichbehandlung der Gläubiger vorgenommen habe. Es sei sehr leicht, den Vorwurf der Ungleichbehandlung von Gläubigern in den Raum zu stellen, jedoch für den Beschuldigten sei wegen der komplexen Materie sehr arbeitsaufwändig zu beweisen, dass dem nicht so sei.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.
§ 224 Abs. 1 BAO bestimme, dass die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht würden. In diesen sei der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründe, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er hafte, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Voraussetzung für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
Auf dem Abgabenkonto der G-2 hafte ein Rückstand von € 120.343,72 aus. Laut Firmenbuch sei der Bf. ab D-4 als Geschäftsführer eingetragen gewesen. Die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft sei aufgrund des bereits abgeschlossenen Insolvenzverfahrens einwandfrei gegeben.
Zum Antrag des Bf., das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Parallelverfahrens auszusetzen, werde festgehalten, dass bei der G-1 zwar ebenfalls eine Geschäftsführerhaftung gemäß § 9 BAO ausgesprochen worden sei. In diesem Fall jedoch nur für ausständige Lohnsteuern, für die der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung irrelevant sei. Der Ausgang des dort noch offenen Verfahrens sei somit für dieses Verfahren nicht von Bedeutung.
Zum Vorbringen des Bf., dass die Vorgangsweise der Bezahlung der Gläubiger mittels Zession jahrelang reibungslos funktioniert habe, aber kurz vor Insolvenzeröffnung eine größere Anzahl an Kunden die Zahlungen eingestellt hätten und er ab Eintritt der Insolvenz auf die Hereinbringung der Forderungen keinen Einfluss habe nehmen können, werde festgehalten:
Der Umstand, dass die Bank über die Verwendung der liquiden Mittel der Gesellschaft, insbesondere der Zahlungen der Kunden der Gesellschaft, rechtlich zu bestimmen in der Lage sei, ohne dass die Entrichtung der Abgaben aus diesen Mitteln sichergestellt sei, schließe ein Verschulden des Vertreters nicht aus. Das Verschulden des Geschäftsführers liege diesfalls entweder im Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit der Bank, oder, falls eine solche Vereinbarung ohne sein Zutun zustande gekommen sein sollte, darin, dass er unter diesen Umständen seine Geschäftsführertätigkeit fortsetze ().
Sei dem Geschäftsführer schon im Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion klar gewesen, dass er infolge einer zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Zession der gesamten Einkünfte der GmbH an die Bank vom Anfang seiner Tätigkeit an nicht in der Lage sei, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß wahrzunehmen, so müsse er entweder sofort diese Behinderung abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden. Habe er dies nicht getan und sei als Geschäftsführer tätig geblieben, obwohl er sich seiner Pflichterfüllung gehindert gesehen habe, habe er auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GmbH treffenden Abgaben verletzt ().
Seinem Vorbringen in der Beschwerde könne somit kein Erfolg beschieden werden.
Zu den Ausführungen des Bf., dass die Einbringung des Haftungsbetrages für ihn wirtschaftlich ruinös und vernichtend sei, da er außer einer relativ bescheidenen Eigenpension über keinerlei Barmittel verfüge, werde abschließend festgehalten, dass die Geltendmachung der Haftung im Ermessen der Abgabenbehörde liege, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.
Im Zuge des Vermögensverzeichnisses vom sei angegeben worden, dass eine Pension in Höhe von ca. € 2.500,00 bezogen werde. Ansonsten seien keine Vermögenswerte vorhanden, es bestünden keine Verbindlichkeiten. Gemäß § 53 AbgEO iVm § 291a EO sei der Bf. in seiner Existenz geschützt, da bei einer allfälligen Exekutionsführung auf das Existenzminimum Rücksicht zu nehmen sein werde und insoweit ein der Exekution entzogener unpfändbarer Freibetrag bestehe (§ 291a EO). Aufgrund der angegebenen Pensionshöhe von ca. € 2.500,00/Monat und da keine weiteren Verbindlichkeiten bestünden, sei somit davon auszugehen, dass die Geltendmachung der Haftung zweckmäßig sei, da geeignet, zumindest einen Teil der bei der GmbH uneinbringlichen Abgaben im Haftungsweg doch noch einzubringen.
Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO sei somit die Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger für die laut Haftungsbescheid vom aushaftenden Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von € 120.343,72 zu Recht erfolgt.
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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, ohne weiteres Vorbringen zu erstatten oder zur Beschwerdevorentscheidung Stellung zu nehmen.
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In Beantwortung des Ersuchens des Bundesfinanzgerichtes vom übermittelte der Bf. mit Schreiben vom den zwischen der Hausbank und dem Vorgänger des Bf., P-1, für die KG abgeschlossenen Generalabtretungsvertrag sämtlicher Kundenforderungen.
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Mit Schreiben vom erging seitens des Bundesfinanzgerichtes an den Bf. folgender Vorhalt:
"I. Globalzession
Haben Sie (vertragliche) Vorkehrungen für eine Erfüllung der Abgabenverbindlichkeiten iSd Gleichbehandlungsgrundsatzes trotz Bestehens des Generalzessionsvertrages vom getroffen?
Welche Gegenmaßnahmen haben Sie gegen die Vorgangsweise der Volksbank Niederösterreich-Mitte getroffen?
Um Vorlage entsprechender Nachweise wird ersucht.
Auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/14/0252, und vom , 94/14/0147, wird verwiesen.
II. Gleichbehandlung
Weiters werden Sie ersucht, einen ordnungsgemäßen Gleichbehandlungsnachweis für den Zeitraum ab den im angefochtenen Haftungsbescheid ausgewiesenen Fälligkeiten der jeweiligen Abgaben (ausgenommen Lohnsteuern) bis D-2 (Eröffnung des Konkursverfahrens) mit Berechnung der Ungleichbehandlungsquote für die aushaftenden Abgaben gesondert zu erbringen sowie die Höhe der liquiden Mittel durch Vorlage der der Hausbank übermittelten Listen betreffend die zedierten Kundenforderungen nachzuweisen.
Die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ), womit dieser klarstellte, dass eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen hatte, wurde mit dem Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0067, aufgegeben:
"Dabei kommt es für den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht nur auf die liquiden Mittel zum Fälligkeitstag an, die den an diesem einen Tag jeweilig fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, weil eine derartige Betrachtung für nur einen einzigen Tag im Monat ohne Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel für die Zeiträume nach der Fälligkeit der Abgaben keinen Nachweis über eine Gläubigergleichbehandlung geben kann."
Deshalb ist der Gleichbehandlungsnachweis nicht mehr nur zum jeweiligen Fälligkeitstag zu erbringen (und auch nicht monatsweise), sondern - für jede Abgabe gesondert - ab dem jeweiligen Fälligkeitstag bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens, wobei sämtliche liquide Mittel den fälligen Verbindlichkeiten (wobei auch die Zug-um-Zug-Geschäfte zu berücksichtigen sind) in den entsprechenden Zeiträumen gegenüber zu stellen sind."
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Mit Schreiben vom übermittelte der Vertreter des Bf. die Stellungnahme seines Klienten an die Kanzlei sowie das Schreiben der Volksbank NÖ vom und führte aus:
Der Bf. habe nach Konkurseröffnung keinen Einfluss mehr darauf gehabt, welche Zahlungen der Masseverwalter (der den Zessionsvertrag nicht unterschrieben habe) leiste. Der bis zur Insolvenzeröffnung gehandhabten Praxis (mit der Volksbank so abgesprochen) hätte er leicht die Forderungen der Finanz erfüllen können (siehe Offene-Posten-Liste).
Nur der Vollständigkeit halber sei seitens des Bf. darauf hingewiesen worden, dass der Masseverwalter auf namhafte Forderungen Abschläge getätigt habe, die nach Meinung des Bf. nicht notwendig gewesen wären, offenbar aus der Überlegung heraus, die Insolvenz rascher zu einem Abschluss zu bringen. Auf die Offene-Posten-Liste per D-1 von € 1.152.810,55 dürfe noch hingewiesen werden. Dieser seien damals Passiva von € 1.068.003,54 gegenübergestanden, sodass die Finanzamtsverbindlichkeiten jedenfalls hätten bedient werden können.
Ein Verschulden des Bf. könne er bei der gegebenen Sachlage nicht erkennen. Eine Berechnung ex-post sei äußerst schwierig und zeitaufwändig. Der Bf. könne nicht garantieren, dies nach über 10 Jahren noch bewerkstelligen zu können (Masseverwalter bzw. seinerzeitige Buchhalterin) Auf die Bestimmung des § 132 BAO dürfe hingewiesen werden. Sollten die bisherigen Unterlagen nicht genügen, so ersuche der Bf. um weitere Fristerstreckung im Hinblick auf die Sommermonate bis .
- Stellungnahme des Bf. vom :
1) Zum Generalzessionsvertrag vom :
Dieser sei 2005 von Herrn P-1, seinem Schwiegervater, dem damaligen Geschäftsführer der Firma G-2, unterschrieben worden. Weil sein Schwiegervater im 78. Lebensjahr, als schwer herzkranker Mann, die Geschäftsführung habe zurücklegen müssen und es in seiner Familie niemand anderen außer dem Bf. mit der entsprechenden Ausbildung gegeben habe, habe er im Jahr 2012 die Geschäftsführung übernommen.
An Vorgabe für die Erfüllung der Abgabenverbindlichkeiten nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz habe der Bf. der Buchhaltung angeordnet, dass immer die älteste Rechnung zuerst zu bezahlen sei.
Bei Übernahme der Geschäftsführung im Jahr 2012 habe er den Direktor der Volksbank NÖ Mitte bei einem langen Gespräch ersucht, er möge doch auf den Generalzessionsvertrag verzichten. Ca. zwei Wochen danach habe ihm dieser mitgeteilt, dass er gerne vom Generalzessionsvertrag Abstand nehmen werde, wenn der Bf. an die Volksbank eine weitere entsprechende Liegenschaft verpfände. Da er selbst keine weitere unbelastete Liegenschaft gehabt und ihm auch niemand eine solche zur Verfügung gestellt habe, sei es für ihn nicht möglich gewesen, dem Generalzessionsvertrag zu entkommen. Die Volksbank habe ihm jedoch zugesagt, dass die Finanzamtsverbindlichkeiten auch im Falle eines finanziellen Engpasses bei der KG durch eine kurzfristige Kreditrahmenerhöhung bedient würden.
Er werde die Volksbank ersuchen, die damals mündlich getroffene Vereinbarung schriftlich zu bestätigen, damit dieses Schriftstück dem BFG vorgelegt werden könne.
2) Zur Gleichbehandlung:
Da der Bf. Techniker und nicht Buchhalter sei, sei es für ihn fast unmöglich, den ordnungsgemäßen Gleichbehandlungsnachweis, wie dies im Schreiben des BFG gefordert werde, zu erstellen. Aus diesem Grund habe er seine ehemalige Buchhalterin bereits gebeten, ihm ein Angebot für die Erstellung des ordnungsgemäßen Gleichbehandlungsnachweises zu übermitteln. Er gebe lediglich zu bedenken, dass in der vom BFG vorgegebenen 4-Wochen-Frist dieser Nachweis nicht zu erbringen sein werde. Außerdem müsse er die dazu erforderlichen Unterlagen erst vom Masseverwalter besorgen.
Der Bf. weise darauf hin, dass 2 Tage vor dem Konkurseintritt die Summe der Offenen-Posten-Liste der Ausgangsrechnungen an die Kunden und die Summe der Liste der Verbindlichkeiten der Gesellschaft annähernd gleich gewesen sei, was bedeute, dass die KG alle Gläubiger hätte auszahlen können. Da aber maßgebende Kunden zeitgleich die Zahlungen von hohen Beträgen hinausgezogen hätten, habe die Insolvenz angemeldet werden müssen. Das sei der eigentliche Insolvenzgrund gewesen. Hätten die Kunden die der Firma zustehenden offenen Forderungen bezahlt, wären auch die Forderungen des Finanzamtes bezahlt worden.
An dieser Stelle halte der Bf. fest, dass die Schulden der Gesellschaft bei der Volksbank im Zeitraum seiner Geschäftsführung, also von 2012 bis 2014, nicht gestiegen seien.
Der Masseverwalter habe sich jedenfalls im Laufe des Insolvenzverfahrens mit den Kunden der KG außergerichtlich geeinigt und auf erhebliche Forderungen verzichtet, sodass unter anderem auch die Finanzamtsverbindlichkeiten nicht mehr hätten beglichen werden können.
Nach Konkursantritt, also nach dem D-2, habe ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma noch erhebliche Leistungszuwächse für die Schlussrechnungen der Gesellschaft im Auftrag des Masseverwalters abgerechnet, für die der Bf. keine Zessionslisten unterschrieben habe, da diese nach dem Konkurseintritt abgerechnet worden seien. Warum habe der Masseverwalter das Geld für die Schlussrechnungsleistungszuwächse an die Volksbank überwiesen, wenn er doch keinen Zessionsvertrag unterschrieben habe? Diese Rechnungszuwächse hätte der Masseverwalter genauso an das Finanzamt überweisen können.
Zum besseren Verständnis merke der Bf. nochmals an, dass die Volksbank der Firma aufgrund der Zessionsliste, die alle drei bis sechs Wochen neu erstellt worden sei, die abgerechneten Leistungszuwächse vorgestreckt habe, damit er die offenen Rechnungen prompt habe bezahlen können. Es sei also doch klar, dass dieser Betrag auf der Zessionsliste wieder direkt an die Bank habe zurückfließen müssen, wenn die Kunden gezahlt hätten. Die letzten Abrechnungen seien nach dem Konkurseintritt mit Leistungszuwächsen erstellt worden, die nicht einer Zession unterlegen gewesen seien. Diese Leistungszuwächse hätten einem mittleren Leistungszuwachs entsprochen, wie dieser bei früheren Zessionslisten üblich gewesen sei. Der Vorwurf einer Nichtgleichbehandlung durch ihn gehe somit ins Leere.
Nicht unerwähnt lasse der Bf., dass das System mit den an die Bank zedierten Rechnungen vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2014 auch zur Zufriedenheit des Finanzamtes gelaufen sei, sonst hätte sich dieses schon früher gemeldet.
Der Nachweis über die Gleichbehandlung der Gläubiger, wie dies vom BFG verlangt werde, sei so schwierig zu führen und könne 10 Jahre nach dem Konkurseintritt fast gar nicht mehr erbracht werden, weil die für den Nachweis maßgebenden Personen sich verlaufen hätten, kein Interesse mehr hätten oder gestorben seien, sodass ihm lediglich der Weg in den Privatkonkurs bleiben werde.
Abschließend verweise er noch auf sein Schreiben vom .
- Schreiben der Volksbank vom :
Die Volksbank bestätige hiermit, dass die Geschäftsbeziehung mit der genannten Firma ordnungsgemäß durch Abdeckung aller Verbindlichkeiten beendet worden sei.
Aufträge zur Durchführung von Überweisungen seien im Rahmen der Betriebsmittelfinanzierung seitens des Institutes ausgeführt worden.
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Mit Beschluss vom gab das Bundesfinanzgericht dem Antrag auf Fristverlängerung zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises und Vorlage des Kassabuches sowie sämtlicher Bankkonten bis statt.
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Mit Schriftsatz vom übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter ein Schreiben des Bf. vom selben Tag samt sieben Ordner (Bankkonten und Kassabücher):
Unmittelbar nach dem D-2, dem Konkurseintrittsdatum der Gesellschaft, hätten sowohl das Finanzamt als auch die Gebietskrankenkasse und die BUAK die gesamten Buchhaltungsunterlagen der Firma G-2 überprüft. Am jeweiligen Prüfungsende habe die Buchhalterin der KG auf Nachfrage bei den Prüfungsorganen erfahren, dass alles in Ordnung sei.
Des Weiteren sei festgehalten, dass nach dem D-2 im Auftrag des Masseverwalters an einigen Baustellen weitergearbeitet worden sei, um diese abschnittsweise fertigzustellen, um so größeren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, da fertiggestellte Bauabschnitte eine nicht anzuzweifelnde Abrechnungsgrenze darstellten.
An folgenden Orten und Stellen seien nach dem D-2 von der KG folgende Leistungen erbracht worden:
- Baustelle B-1:
Schalungs- Bewehrungs- und Betonierarbeiten bis zur Fertigstellung des Bauabschnittes
- Baustelle B-2 in A-2:
Abbau eines Turmdrehkranes, der danach vom Masseverwalter versteigert worden sei
- Räumen von Containern und Bauzäunen auf allen Baustellen, um diese der Geräteversteigerung zuzuführen
- Büro der Firma G-2 in A-2:
Herstellen der Abrechnung für alle Baustellen der KG im Auftrag des Masseverwalters bis November 2014
Erstellen der Lohnverrechnung und Buchhaltung im Auftrag des Masseverwalters bis November 2014
Des Weiteren halte der Bf. fest, dass er die Ordner für die Firmenkonten (Kassa- und Bankkonten) bis einschließlich August 2014 habe und weiterleite. Die restlichen Ordner für die Firmenkonten nach dem lägen beim Masseverwalter auf. Er habe diese noch nicht bekommen und werde sie weiterleiten, sowie er sie erhalten habe. Da die Buchhalterin im Auftrag des Masseverwalters bis Ende November für die Gesellschaft noch gearbeitet habe, lägen gegenständliche Ordner ab dem beim Masseverwalter auf.
Der Bf. weise nochmals darauf hin, dass er als Geschäftsführer alle drei bis sechs Wochen für abgerechnete und geprüfte Ausgangsrechnungen die Zessionslisten unterschrieben habe, damit das Geld prompt fließe.
Das letzte Abrechnen aller Baustellen nach Konkurseintritt habe eine ganz erhebliche Abrechnungssumme ergeben, für die keine Zessionsliste unterschrieben worden sei, da der Masseverwalter dazu nicht verpflichtet gewesen sei. Warum habe der Masseverwalter mit diesem Geld nicht die verpflichtend zu zahlenden offenen Forderungen wie zB die Lohnsteuer bezahlt?
Abschließend verweise der Bf. auf die Inhalte seines Schreibens vom und das Antwortschreiben seines Vertreters an das BFG wegen des am eingegangenen Vorhaltes.
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Trotz telefonischer Fristverlängerung vom zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises bis wurde ein solcher bis dato nicht eingebracht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO
- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben (Kausalität)
Abgabenforderungen
Die haftungsgegenständlichen Abgaben wurden dem Finanzamt gemeldet bzw. wurden bescheidmäßig festgesetzt (die Bescheide sowie der Lohnsteuerprüfungsbericht wurden dem Bf. mit dem Haftungsbescheid zur Kenntnis gebracht) und sind bis dato in der gemeldeten/ festgesetzten Höhe aushaftend.
Die Höhe der dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgaben wurde nicht bestritten.
Uneinbringlichkeit
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-5 der über das Vermögen der G-2 am D-2 eröffnete Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben wurde.
Die Konkursquote von 10,33% wurde bereits im Haftungsbescheid bei allen Abgaben zum Abzug gebracht.
Stellung als Vertreter
Der Bf. war im Zeitraum vom D-4 bis zur Konkurseröffnung im Firmenbuch als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft G-1 eingetragen und war daher als deren Vertreter zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der G-2 verpflichtet.
Schuldhafte Pflichtverletzung
Unbestritten ist auch, dass dem Bf. als Geschäftsführer der G-1 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der G-2 oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
Aus der Begründung des Bf., weshalb es zur Insolvenz gekommen sei, lässt sich nichts gewinnen, da es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().
Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, dass die Ausgangsrechnungen der Gesellschaft bereits vor seiner Bestellung als Geschäftsführer durch den seinerzeitigen Geschäftsführer P-1 an die Hausbank zediert gewesen seien und er versucht habe, die Zession wieder rückgängig zu machen, was ihm aber nicht gelungen sei.
Zur Frage der Zession hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes judiziert (; ):
"In seiner umfangreichen Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 ff BAO hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, dass ein Geschäftsführer, der an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehindert ist, entweder sofort die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden muss, andernfalls er für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft haftet (vgl. 91/14/0117). Nichts Anderes gilt im Falle der Behinderung durch die Hausbank der Gesellschaft im Zuge der Abwicklung einer mit ihr abgeschlossenen Globalzessionsvereinbarung (vgl. 85/13/0214; 89/14/0113). Dass die Vereinbarung schon vor der Bestellung des Beschwerdeführers zum Geschäftsführer abgeschlossen wurde, führt zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung, weil ein für die Haftung gemäß den §§ 9 und 80 ff BAO relevantes Verschulden auch dann vorliegt, wenn ein Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion eine Beschränkung seiner Befugnisse in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung insbesondere auch den Abgabenbehörden gegenüber unmöglich macht (vgl. 91/13/0137).
Der Beschwerdeführer bezeichnet es zwar als bloße Vermutung der Behörde, dass er von dieser Vereinbarung bei Übernahme seiner Funktion gewusst habe, behauptet aber auch in seiner Beschwerde nicht das Gegenteil. Entgegen seiner Ansicht hätte er jedenfalls schon vor Beginn des Haftungszeitraumes die Tragweite der Globalzessionsvereinbarung erkennen können und Vorkehrungen für eine Erfüllung der Abgabenverbindlichkeiten treffen müssen. Dass solche (vertraglichen) Vorkehrungen getroffen wurden, vermag er nicht darzutun. Wenn ihm die Konsequenzen der Vereinbarung erst anlässlich der Nichterfüllung von Abgabenschuldigkeiten bewusstgeworden sein sollten, so könnte ihn auch das mangels zureichender vorheriger Informationsaufnahme nicht entschuldigen. Zu diesem Zeitpunkt hat er im Übrigen weder das Hindernis beseitigt noch seine Funktion zurückgelegt. Auf die Frage der belangten Behörde, welche Gegenmaßnahmen er gegen die Vorgangsweise der Hausbank getroffen habe, konnte er nichts Konkretes erwidern. Dass er sich allenfalls von der Hausbank vertrösten ließ, würde sein Verschulden nicht ausschließen, weshalb die belangte Behörde zu diesem Umstand keine Feststellungen treffen musste. Dass rechtliche Schritte allenfalls nicht sofort Wirkung zeigen, rechtfertigt ihre Unterlassung nicht. Die Sorge für einen Nachfolger im Falle einer notwendigen Rücklegung der Geschäftsführung war nicht Sache des Beschwerdeführers, sondern der Generalversammlung der GmbH."
Allerdings kann dem Bf. im gegenständlichen Fall nach der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes der Generalzessionsvertrag vom nicht vorgeworfen werden, da die Gesellschaft aufgrund der besonderen Vertragsgestaltung sogar bessergestellt war als ohne Zession, weil sie von der Bank das Geld aus den Kundenforderungen bereits im Zeitpunkt der jeweiligen sukzessiven Zedierung nach Rechnungslegung erhalten hat und nicht erst im Zeitpunkt der oftmals viel späteren Zahlungsziele und darüber hinaus selbst entscheiden konnte, welchen Gläubigern wann und wieviel bezahlt wird.
Letzteres war jedoch im Rahmen der Prüfung der Gläubigergleichbehandlung zu untersuchen, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().
Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), bei Selbstbemessungsabgaben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben ist grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend ().
Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().
Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten ab dem jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Insolvenzeröffnung, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht aufgestellt.
Daran ändert auch die alleinige Übermittlung der Geschäftsunterlagen nichts, da es am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, gelegen gewesen wäre, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), weil nicht die Abgabenbehörde (bzw. das Bundesfinanzgericht) das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen (und die Quote zu errechnen) hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. ).
Ebenso lässt sich aus dem Vorbringen des Bf., dass im Zeitpunkt der Konkurseröffnung die Summe der offenen Kundenforderungen annähernd gleich hoch gewesen sei wie die Summe der Verbindlichkeiten der Gesellschaft, nichts gewinnen, weil die Kundenforderungen keine liquiden Mittel darstellen und die Berechnung auch nicht zu diesem Zeitpunkt, sondern für den Zeitraum ab den jeweiligen Fälligkeiten bis zur Konkurseröffnung durchzuführen gewesen wäre.
Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().
Kausalität
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Ermessen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf ().
Dazu ist festzustellen, dass im gegenständlichen Fall ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld (01/2012 bis 06/2014) einerseits und dem Haftungsbescheid () andererseits vorliegt, nicht jedoch zwischen dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin (D-5, Konkursaufhebung) einerseits und dem Haftungsbescheid () andererseits, weshalb ein Abschlag von 10% angemessen erscheint.
Vom Bf. wurden darüber hinaus keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
Ergebnis
Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der G-2 im Ausmaß von nunmehr € 108.309,33 zu Recht:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe | Zeitraum | Betrag | abzüglich 10% |
Umsatzsteuer | 02/2014 | 5.880,43 | 5.292,39 |
Umsatzsteuer | 03/2014 | 19.358,30 | 17.422,47 |
Umsatzsteuer | 04/2014 | 28.271,43 | 25.444,29 |
Umsatzsteuer | 05/2014 | 10.590,37 | 9.531,33 |
Lohnsteuer | 2012 | 1.458,90 | 1.313,01 |
Lohnsteuer | 2013 | 1.458,90 | 1.313,01 |
Lohnsteuer | 02/2014 | 6.210,78 | 5.589,70 |
Lohnsteuer | 03/2014 | 6.889,26 | 6.200,33 |
Lohnsteuer | 04/2014 | 5.581,37 | 5.023,23 |
Lohnsteuer | 05/2014 | 7.610,74 | 6.849,67 |
Lohnsteuer | 06/2014 | 6.919,25 | 6.227,33 |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 145,27 | 130,74 |
Dienstgeberbeitrag | 2013 | 145,27 | 130,74 |
Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 1.774,43 | 1.596,99 |
Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 2.187,97 | 1.969,17 |
Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 2.324,12 | 2.091,71 |
Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 2.791,86 | 2.512,67 |
Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 2.824,27 | 2.541,84 |
Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 3.156,13 | 2.840,52 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2012 | 12,91 | 11,62 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2013 | 12,91 | 11,62 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 01/2014 | 157,73 | 141,96 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 02/2014 | 194,49 | 175,04 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2014 | 206,58 | 185,92 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 04/2014 | 248,17 | 223,35 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 05/2014 | 249,36 | 224,42 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 06/2014 | 280,55 | 252,50 |
Pfändungsgebühr | 2014 | 1.302,58 | 1.172,32 |
Barauslagenersatz | 2014 | 10,49 | 9,44 |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 1.222,89 | 1.100,60 |
Säumniszuschlag 1 | 2013 | 404,61 | 364,15 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 88,76 | 79,88 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 98,20 | 88,38 |
Säumniszuschlag 2 | 2013 | 185,68 | 167,11 |
Säumniszuschlag 3 | 2013 | 88,76 | 79,88 |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag gegenständlich nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101322.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at