Gebührenpflicht bei Parken in KPZ mit Hinweisschild Parkplatz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/GZ/2024, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am im Beisein des Schriftführers SF, zu Recht:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien (DNr) am um 14:14 Uhr in 1020 Wien, Lusthausstraße nächst Baum 2048 zur Anzeige gebracht, da ein gültiger Parkschein fehlte.
Mangels (fristgerechter) Entrichtung der beim Fahrzeug hinterlassenen Organstrafverfügung (BOM Nr. BOMNr) iHv 36,00 Euro sowie der Anonymverfügung vom , GZ. MA67/GZ/2024, iHv 48,00 Euro erließ die Magistratsabteilung 67 am eine Strafverfügung, GZ. MA67/GZ/2024.
Darin wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) vorgeworfen, am um 14:14 Uhr das in Rede stehende Kraftfahrzeug in 1020 Wien, Lusthausstraße nächst Baum 2048, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für diesen Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Der Bf. habe demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Der Bf. erhob mit Eingabe (E-Mail) vom fristgerecht Einspruch gegen diese Strafverfügung und brachte begründend das Folgende vor: "1) Die Strafverfügung ist unvollständig, da sie nicht erkennen lässt, auf welcher Rechtsgrundlage Sie (fälschlicherweise) zumSchluss kommen, dass sich der Ort der Abstellung des Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befände
2) Die subjektiven Voraussetzungen einer Strafbarkeit sind nicht gegeben, da ein gewöhnlicher Verkehrsteilnehmer zum Schlusskommen muss, dass die ansonsten in grossen Teilen Wiens geltenden Regelungen zur flächendeckenden Kurzparkzone anbesagter Stelle nicht anwendbar sind
Die Strafverfügung ist daher ausser Kraft zu setzen.
Um schriftliche Empfangsbestätigung des Einspruchs wird gebeten."
In der Folge erließ die Magistratsabteilung 67 am das streitgegenständliche Straferkenntnis, GZ. MA67/GZ/2024, womit über den Bf. eine Geldstrafe von 60,00 Euro verhängt bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auferlegt wurde. Ferner wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ein Betrag von 10,00 Euro als (Mindest-)Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Der insgesamt vom Bf. zu zahlende Betrag wurde mit 70,00 Euro bestimmt.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Bezugnahme auf das Einspruchsvorbringen im Wesentlichen aus, unbestritten sei geblieben, dass sich besagtes Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort befunden habe und dort vom Bf. abgestellt worden sei. Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten flächendeckenden Kurzparkzonenbereiches befunden, welcher von Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr gültig sei. Dieser sei ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Anfang' (§ 52 lit. a Z. 13d StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Ende' (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) angebracht seien. Bei der Einfahrt in den gegenständlichen Bereich habe der Bf. bei einem Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Anfang' vorbeikommen müssen. Er hätte daher so lange davon ausgehen müssen, dass er sich im Kurzparkzonenbereich befunden habe, als er nicht ein Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Ende' passiert habe. Das Vorbringen des Bf., dass ein gewöhnlicher Verkehrsteilnehmer annehmen hätte müssen, dass die Regelungen zur flächendeckenden Kurzparkzone an der gegenständlichen Tatörtlichkeit nicht anwendbar seien, sei jedoch nicht geeignet ihn zu entlasten. Die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift entschuldige nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei, also dem Beanstandeten trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben sei. Es sei davon auszugehen, dass sich jeder Lenker eines Fahrzeuges mit den für die Benützung von Straßen bedeutenden Vorschriften vertraut mache und nötigenfalls an kompetenter Stelle Erkundigungen einziehen müsse. Da der Bf. dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sei gem. § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht unverschuldet.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gem. § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.
Der Begriff "Abstellen" umfasse sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen. Daher schließe auch das kurzfristige Abstellen eines Fahrzeuges die Abgabepflicht bzw. Verpflichtung zur Entwertung (Aktivierung) eines (elektronischen) Parkscheines nicht aus.
Für höchstens fünfzehn Minuten dauernde Abstellungen sei ein kostenloser Fünfzehn-Minuten-Parkschein zu entwerten (aktivieren). Dieser Verpflichtung sei der Bf. nicht nachgekommen.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genüge zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außer Acht lasse, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten sei, und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche.
Der Akteninhalt sowie das Vorbringen des Bf. böten keinen Anhaltspunkt dafür, dass er nach seinen persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten, oder den von ihm verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Der Bf. habe daher durch die Verletzung der für ihn bestehenden und ihm auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.
Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutere diese näher und führe die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.
Der Bf. erhob mit E-Mail vom fristgerecht Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom und begründete diese wie folgt:
"1) Die Sachverhaltsdarstellung ist mangelhaft, da unvollständig. Die Behörde stützt sich in Unkenntnis der tatsächlichen örtlichenGegebenheiten einzig auf den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt und übersieht dabei wesentliche Elemente wie die baulichenGegebenheiten und die lokal angebrachte Beschilderung. Darüber fehlt die vollständige Angabe der Rechtsgrundlage zur tatsächlichenGültigkeit der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am angegebenen Ort.
2) Beweiswürdigung ist mangelhaft, da die im Einspruch zur Strafverfügung vom vorgebrachte Rechtfertigung wederausreichend geprüft noch widerlegt wurde sowie das mit den entsprechenden Ausführungen einhergehende mangelnde subjektive Verschuldennicht gewürdigt wurde. Die vorgebrachte Begründung des Straferkenntnis ist zwar quantitativ umfangreich, inhaltlich jedoch in großen Teilen fürden vorliegenden Fall unerheblich.
Weitere Erläuterungen
• Es ist unbestritten, dass das Fahrzeug an besagtem Ort zur angegebenen Zeit abgestellt war. Darüber hinaus wird auch dieordnungsgemäße Beschilderung einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone an den Einfahrten nicht in Zweifel gezogen.
• Die einschlägige Beschilderung gilt grundsätzlich für alle Strassen/Fahrbahnen innerhalb des besagten Gebietes. Das Fahrzeugwurde jedoch - wie auf den beigefügten Fotos des Verwaltungsstrafaktes sicher ersichtlich sein sollte - auf einemangrenzenden Parkplatz abgestellt. Mangels Vorbringung einer detaillierteren Rechtsgrundlage, die die Gültigkeit derKurzparkzone auf weitere Verkehrsflächen ausdehnt, ist das Abstellen von Fahrzeugen außerhalb der jeweiligenFahrbahnbegrenzung daher nicht von der Gebührenpflicht erfasst.
Zur rechtlichen Unterscheidung von Fahrbahnen und Parkplätzen (und ggf. Parkstreifen) wird u.a. auf § 22 BoMaVOverwiesen.
• Hinzu kommt, dass entsprechender Parkplatz an besagtem Ort auch durch lokale Beschilderung (Hinweiszeichen nach § 53 1aStVO) kundgemacht wurde. Ungeachtet der Frage, ob die gebührenpflichtige Kurzparkzone auf Parkplätzen zur Anwendungkommt (oder nicht) wurde dadurch jedenfalls eine Ausnahme (,lex specialis') geschaffen.
Analog begründet z.B. das Anbringen des Vorschriftszeichens nach § 52 a 13 b. StVO für den bezeichneten Ort auch einallgemeines Halt- und Parkverbot, selbst wenn dieser in einer ausgewiesenen Kurzparkzone liegt.
• Auf Basis der oben dargestellten Punkte kann daher eine Verwaltungsübertretung objektiv nicht nachgewiesen werden.
• Darüber hinaus ist auch die in der Begründung dargelegte Interpretation der Behörde zur subjektiven Strafbarkeit falsch. Dieim Einspruch vorgebrachte Rechtfertigung bezieht sich auf die lokale Beschilderung, die de facto ein Verschulden des Lenkersausschließt.Ein gewöhnlicher Verkehrsteilnehmer darf darauf vertrauen, dass bei Anbringung des Verkehrszeichens ,Parkplatz' durch dieBehörde willentlich eine Ausnahme zur gebührenpflichtigen Kurzparkzone geschaffen wurde. Wäre dem nicht so, hätte diebesagte Verkehrsfläche nach § 52 a 13 d. StVO beschildert werden müssen oder diese zumindest - um eine Irreführung zuVermeiden - nicht weiter beschildert werden dürfen.
Anträge (Begehren)
Aus den obengenannten Gründen beantrage ich wie folgt:
1) Ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.
2) In eventu, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung."
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am sind weder der Bf. noch der Magistrat der Stadt Wien (als belangte Behörde) erschienen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am Montag, dem um 14:14 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1020 Wien, Lusthausstraße nächst Baum 2048, abgestellt.
Der Bf. war der Lenker des auf ihn zugelassenen tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges.
Zum Beanstandungszeitpunkt (14:14 Uhr) befand sich im Fahrzeug kein gültiger Parkschein und es war auch kein elektronischer Parkschein aktiviert.
Für diesen Bereich galt eine ordnungsgemäß kundgemachte flächendeckende Kurzparkzone für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr.
Der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges befand sich somit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in der zum Beanstandungszeitpunkt am Montag, dem um 14:14 Uhr, Gebührenpflicht bestand.
Der Abstellort, der Beanstandungszeitpunkt und die Tatsache, dass die gebührenpflichtige Kurzparkzone am Abstellort (Tatort) ordnungsgemäß beschildert war, wurden vom Bf. nicht bestritten.
Beweiswürdigung:
Die Beanstandung durch den Meldungsleger, das Datum und die Uhrzeit sowie der Ort der Beanstandung sind aktenkundig.
Dass der Abstellort und der Beanstandungszeitpunkt nicht bestritten werden, ergibt sich insbesondere aus dem Vorbringen des Bf.s in der gegenständlichen Beschwerde "es ist unbestritten, dass das Fahrzeug an besagtem Ort zur angegebenen Zeit abgestellt war".
Auch dass an den Einfahrten zum Abstellort (Tatort) unstrittig eine ordnungsgemäße Beschilderung (gebührenpflichtige Kurzparkzone) angebracht war, ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf.s in der gegenständlichen Beschwerde "darüber hinaus wird auch die ordnungsgemäße Beschilderung einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone an den Einfahrten nicht in Zweifel gezogen".
Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen annehmen.
Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.
Gemäß § 1 Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
In Ansehung der obigen Sachverhaltsfeststellungen ist die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung zweifelsfrei gegeben.
Der Bf. geht in seinem Beschwerdevorbringen davon aus, dass hinsichtlich der gegenständlichen Abstellfläche keine flächendeckende Kurzparkzone vorliege und er vermeint, dass sich die Kundmachung der flächendeckenden Kurzpakzone nur auf "alle Strassen/Fahrbahnen innerhalb des besagten Gebietes" bezöge. Das Fahrzeug sei jedoch auf einem angrenzenden Parkplatz abgestellt worden.
Gemäß § 25 Abs. 1 StVO 1960 kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone), wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wird die Gemeinde Wien ermächtigt, durch Verordnung für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen gemäß § 25 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) die Entrichtung einer Abgabe vorzuschreiben.
Gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße dann im Sinne der genannten Bestimmung von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht (vgl. ).
Unter Benützung für jedermann unter den gleichen Bedingungen ist zu verstehen, dass irgendeine denkbare Benützung im Rahmen des Fußgänger- und Fahrzeugverkehres jedermann offenstehen muss. Der Begriff der Benützung unter den gleichen Bedingungen kann nicht so ausgelegt werden, dass die Einschränkung der Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis allein der Straße den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche entzöge (vgl. ). Es kann nämlich aus dem einzigen Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. nur von Anrainern (oder wie hier: nur von Parkplatzbenützern), nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, etwa die Erkenntnisse , , , jeweils mit weiteren Nachweisen).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist daher die gegenständliche Verkehrsfläche sehr wohl als dem öffentlichen Verkehr gewidmet anzusehen.
Auch eine im Privateigentum stehende Straße ist nur dann nicht als dem öffentlichen Verkehr gewidmet anzusehen, wenn sie abgeschrankt ist oder ihre Benutzung unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Privatstraße der Allgemeinheit ersichtlich verboten wird (zB ).
Gegebenheiten an der Örtlichkeit 1020 Wien, Lusthausstraße nächst Baum 2048:
Quelle: Akt S 5.
An der hier in Rede stehenden Örtlichkeit gibt es weder eine Abschrankung noch einen Anhaltspunkt dafür, dass diese Fläche nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Somit kann die Fläche von jedermann befahren (begangen) werden.
Da es bei einer Straße mit öffentlichem Verkehr nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund ankommt und der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges unbestritten nicht abgeschrankt war, sowie im Rahmen des Verkehrs (Fußgänger, Fahrrad, Kfz) jedermann offen steht, muss davon ausgegangen werden, dass diese Verkehrsfläche als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der StVO 1960 und somit als Bestandteil der flächendeckenden Kurzparkzone des zweiten Wiener Gemeindebezirks zu betrachten war und ist.
Zum Beschwerdevorbringen "analog begründet z.B. das Anbringen des Vorschriftszeichens nach § 52 a 13 b StVO für den bezeichneten Ort auch ein allgemeines Halt- und Parkverbot, selbst wenn dieser in einer ausgewiesenen Kurzparkzone liegt" ist festzuhalten:
Ein gebührenpflichtiges Abstellen liegt auch dann vor, wenn innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein Kraftfahrzeug an einer Stelle abgestellt wird, an welcher nach anderen Bestimmungen das Parken oder das Halten und Parken verboten ist (vgl. , ).
Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1a StVO handelt es sich bei dem Verkehrszeichen "Parken" um ein Hinweiszeichen, welches einen Parkplatz oder einen Parkstreifen kennzeichnet. Im unteren Teil des Zeichens oder auf einer Zusatztafel kann eine besondere Art des Aufstellens der Fahrzeuge für das Parken (Schräg- oder Querparken) angegeben werden. Dieses Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs. 1 Z 1a StVO "Parken" bringt kein Gebot oder Verbot zum Ausdruck, sondern weist auf verkehrswichtige Umstände hin. Es trifft keine Aussage über die zulässige Parkdauer. Ihm ist lediglich zu entnehmen, dass und gegebenenfalls wie an der durch ein solches Verkehrszeichen gekennzeichneten Stelle ein Fahrzeug abgestellt werden darf. Aufschluss darüber, ob der Parkplatz bzw. Parkstreifen innerhalb oder außerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone liegt, geben ausschließlich die Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13d und 13e StVO, nicht jedoch Hinweiszeichen nach § 53 Abs. 1 Z 1a StVO (vgl. VwGH, 2006/17/0022, vom ).
Folglich hätte der Bf. einen Parkschein auszufüllen (oder elektronisch zu buchen) gehabt, was er zweifellos verabsäumt hatte.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Im vorliegenden Fall hat der Bf. die Ereignisse, die zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Verkürzung der Parkometerabgabe geführt haben, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.
Anstatt die Einstellung zu verfügen kann die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG dem Beschuldigten im Falle des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
In den Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG 1991 insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG 1991 enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG1991 und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs. 1 VStG 1991 (alte Fassung).
Zu der zuletzt genannten Bestimmung besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf (vgl. ).
Voraussetzung für die Anwendung des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG ist das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden im Sinne des § 21
VStG ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. , und die dort angeführte Judikatur und Literatur).
Obwohl dem Bf. ein Irrglaube unterlaufen ist hat er sich offenkundig bemüht, sich rechtskonform zu verhalten. Zwar hat er die ihm von der belangten Behörde zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv begangen. Es ist im konkreten Fall jedoch zu berücksichtigen, dass der Bf. bestrebt war, das Fahrzeug (explizit) auf einem mit dem Verkehrszeichen "Parken" gekennzeichneten Parkplatz abzustellen. Er hat das Fahrzeug in dem glaubhaften Rechtsirrtum abgestellt, dass die flächendeckende Kurzparkzone durch dieses Hinweisschild unterbrochen würde und als Dauerparkplatz zur Verfügung gestellt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall.
In der Regel weist das Hinweisschild "Parkplatz" gemäß § 53 Z. 1a StVO 1960 auf erlaubtes Dauerparken hin. Im Ausflugsgebieten, wie beispielsweise im Prater hat eine derartige Anordnung auch einen Sinn. Aus diesem Grunde dürfte bis 2022 die gegenständliche Verkehrsfläche auch von der gebührenpflichtigen, flächendeckenden Kurzparkzone im zweiten Wiener Gemeindebezirk ausgenommen gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund ist das Verschulden des Bf.s, dass er einem Rechtsirrtum unterlegen ist und die zeitliche Beschränkung sowie Gebührenpflicht des Parkens (durch die geltende Kurzparkzonenverordnung), nicht erkannt hat als äußerst geringfügig zu werten. Zudem sind keine einschlägigen Vormerkungen für den Bf. aktenkundig.
Bei dem vorliegenden Sachverhalt können somit sowohl der objektive Unrechtsgehalt als auch die Folgen der Tat als gering bzw. vergleichsweise unbedeutend bezeichnet werden. Dem Bf. ist im gegenständlichen Fall daher keine gravierende Übertretung des Parkometergesetzes vorzuwerfen.
Da somit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG gegeben waren, war von einer Bestrafung des Bf.s abzusehen. Aus spezialpräventiven Gründen, insbesondere um dem Bf. die Rechtswidrigkeit des (auch nur kurzfristigen) Abstellen eines Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne ordnungsgemäßes Aktivieren des hiefür vorgesehen Parkscheines vor Augen zu führen und ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, war eine Ermahnung auszusprechen.
Es war daher gemäß § 45 Abs. 1 VStG letzter Satz von einer Strafe abzusehen und dem Bf. eine Ermahnung zu erteilen.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Infolge des Entfalles der Bestrafung ist der nur für Straferkenntnisse geltende Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens nicht mehr einschlägig, sodass dieser Kostenbeitrag entfällt.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn - wie hier - der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes unzulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten ausgeschlossen ist.
Eine ordentliche Revision der belangten Behörde ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500412.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at