Beschwerde gegen eine Verwarnung nach § 25 Abs 1 FinStrG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Richter1*** in der Finanzstrafsache gegen ***Beschuldigter1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Mag. Günther Billes, Bäckerstraße 1, 1010 Wien, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den am zu Geschäftszahl ***GZ-Beschuldigter1*** ergangenen Bescheid gem. § 25 Abs 1 FinStrG des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde (Nachfolger des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde) zur Geschäftszahl ***GZ-Beschuldigter1*** geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG gemäß §§ 157 iVm 136 und 82 Abs 3 lit c FinStrG eingestellt.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Verständigungen vom hat das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde (nunmehr Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde, belangte Behörde) den Beschuldigten ***Beschuldigter1*** und den belangten Verband ***Verband1*** (nunmehr ***Verband-Neu1***) darüber informiert, dass gegen die genannten ein Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG bzw. wegen Verbandsverantwortlichkeit eingeleitet wurde und diese dazu aufgefordert, sich bis zum schriftlich zu rechtfertigen.
Am erstattete der Beschuldigte und der belangte Verband eine im wesentliche gleichlautende schriftliche Stellungnahme, in der die Vorwürfe, insbesondere die subjektive Tatseite, bestritten wurden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom , ergangen zu Geschäftszahl ***GZ-Beschuldigter1***, wurde der Beschuldigte als Geschäftsführer des belangten Verbandes nach § 25 Abs 1 FinStrG verwarnt, da er als Geschäftsführer der ***Verband1*** die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG begangen habe, indem er vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen Verkürzungen an Lohnsteuer (LSt), Dienstgeberbeiträgen (DB) und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen (DZ) in folgender Höhe bewirkt habe und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe, nämlich
Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom , ergangen zu Geschäftszahl ***GZ-Verband1***, wurde auch der belangte Verband gem. § 25 Abs 1 FinStrG verwarnt, da der Beschuldigte die obgenannten Taten des § 33 Abs 2 lit b FinStrG als dessen Entscheidungsträger zu Gunsten des belangten Verbandes bzw. unter Verletzung den belangten Verband treffender Verpflichtungen begangen habe und daher die Verantwortlichkeit des belangten Verbandes nach § 3 Abs 2 VbVG iVm § 28a FinStrG gegeben sei.
Begründet wurde dies jeweils damit, dass das Finanzvergehen aufgrund des Ergebnisses des Untersuchungsverfahrens hinsichtlich eines Pendlerpauschales von Fr. ***Mitarbeiterin1***, der falschen Sachbezugswerteverordnung von Fr. ***Mitarbeiterin2*** und Fr. ***Mitarbeiterin3*** und der falschen Sachbezugswerteverordnung von Fr. ***Mitarbeiterin4*** sowie festgestellter Abfuhrdifferenzen erwiesen sei. Da das Verschulden des Täters geringfügig sei und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen habe, sei von der Verhängung einer Strafe abzusehen, die Erteilung einer Verwarnung jedoch geboten, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
In den dagegen fristgerecht am eingebrachten, im Wesentlichen gleichlautenden, Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes (Hinweis: behandelt zu GZ RV/7300049/2020) wird zusammengefasst ausgeführt, die Finanzstrafbehörde habe die von der Verteidigung angeführten, entlastenden Beweismittel in keiner Weise gewürdigt. Offensichtlich seien überhaupt keine Beweise aufgenommen worden. Auch ein maßgeblicher Sachverhalt sei weder ermittelt, noch festgestellt worden. Weder ein Vorsatz, noch die Notwendigkeit einer Verwarnung ließe sich aus dem Bescheid ableiten.
Zudem sei kein Vorsatz des Beschuldigten gegeben. Er hätte nichts davon gehabt, die Steuerbelastung des belangten Verbandes zu reduzieren, zumal er nicht Gesellschafter des belangten Verbandes gewesen sei und sein Geschäftsführergehalt ein Fixgehalt gewesen sei.
Die festgestellten Unrichtigkeiten seien auf einen großen Arbeitsaufwand aufgrund einer Umgründung und Expansion, sowie erhaltener Großaufträge im Jahr 2016 zurückzuführen, der die Geschäftsführung belastet habe, sodass der Geschäftsführer weder über Interesse, noch Zeit oder Arbeitskraft für derartige "Steueroptimierungen" verfügt hätte.
Die ihm vorgeworfenen Sachverhalte seien auf damit in Zusammenhang stehende Unachtsamkeiten zurückzuführen.
Ein Vorsatz sei ihm nicht vorzuwerfen. Selbst bei Annahme eines Vorsatzes gäbe es keinen Grund für eine Verwarnung, da der Beschuldigte über Jahrzehnte unternehmerisch tätig gewesen sei, ohne sich etwas zu Schulden kommen zu lassen.
Im Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde zur inneren Tatseite aus, dem Beschuldigten seien aufgrund seiner langjährigen unternehmerischen Tätigkeit seine steuerlichen Pflichten, insbesondere die Pflicht zur Führung von Lohnkonten bekannt. Die von der Verteidigung behauptete Vielzahl von Irrtümern sei hingegen lediglich als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Durch sein schlichtes Vergessen habe der BF die ihm vorgeworfenen Abgabenverkürzungen mit zumindest bedingtem Vorsatz begangen. Aufgrund der Vielzahl an Feststellungen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 sei ihm eine Verwarnung zu erteilen gewesen, um ihn von künftigen Finanzvergehen abzuhalten.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Festgestellter Sachverhalt:
Der belangte Verband, ***Verband-Neu1*** (vormals ***Verband1***), wurde am ***Datum1*** gegründet und betreibt ein Transport und Logistikunternehmen (Firmenbuchauszug; Stellungnahme vom ).
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum waren drei Geschäftsführer zur Vertretung des belangten Verbandes bestellt, von denen der Beschuldigte für die ordnungsgemäße Abfuhr und Entrichtung der Lohnabgaben verantwortlich war (Firmenbuchauszug; Stellungnahme vom ).
Der Beschuldigte war kein Gesellschafter des belangten Verbandes und bezog ein fixes Gehalt, welches nicht vom Gewinn oder anderen Kennzahlen abhängig war (Firmenbuchauszug; Stellungnahme in Beschwerde vom ).
In den gegenständlichen Jahren beschäftigte der belangte Verband durchschnittlich ca. 170 - 200 Arbeitnehmer (Dienstnehmerauskunft vom ).
In den gegenständlichen Jahren hat der belangte Verband Lohnabgaben in folgender Höhe abgeführt bzw. entrichtet (Haftungsbescheid vom ; Abgabenkonto des belangten Verbandes):
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1 - 12/2016 | 1 - 12/2017 | 1 - 12/2018 | |
Lohnsteuer | € 160.234,43 | € 284.048,75 | € 324.125,20 |
Dienstgeberbeiträge | € 87.185,93 | € 147.310,42 | € 145.356,94 |
Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen | € 7.752,22 | € 14.382,04 | € 14.908,40 |
Folgende, im gegenständlichen Finanzstrafverfahren relevanten, Lohnabgaben wurden durch den belangten Verband nicht ordnungsgemäß entrichtet bzw. abgeführt (Bericht über die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben vom ):
Der Dienstnehmerin ***Mitarbeiterin1*** wurde im Zeitraum - das Pendlerpauschale in Abzug gebracht, obwohl ein Firmen-PKW zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt wurde. Hieraus ergeben sich folgende Verkürzungen:
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Abgabe | Zeitraum | Verkürzung |
Lohnsteuer | - | € 170,52 |
Lohnsteuer | - | € 292,32 |
Lohnsteuer | - | € 292,32 |
Der Dienstnehmerin ***Mitarbeiterin2*** wurde im Zeitraum - ein zu geringer Sachbezug verrechnet, da der Sachbezugswert beim Wechsel des Firmen-PKW nicht erhöht wurde. Hieraus ergeben sich folgende Verkürzungen:
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Abgabe | Zeitraum | Verkürzung |
Lohnsteuer | - | € 132,92 |
Lohnsteuer | - | € 332,28 |
Lohnsteuer | - | € 332,28 |
Der Dienstnehmerin ***Mitarbeiterin3*** wurde im Zeitraum - ein zu geringer Sachbezug verrechnet, da der Sachbezugswert beim Wechsel des Firmen-PKW nicht erhöht wurde. Hieraus ergeben sich folgende Verkürzungen:
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Abgabe | Zeitraum | Verkürzung |
Lohnsteuer | - | € 222,25 |
Dienstgeberbeitrag | - | € 21,70 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | - | € 2,12 |
Lohnsteuer | - | € 533,40 |
Dienstgeberbeitrag | - | € 49,53 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | - | € 5,08 |
Der Dienstnehmerin ***Mitarbeiterin4*** wurde im Zeitraum - ein zu geringer Sachbezugswert verrechnet, da für das ihr zur Verfügung gestellte Gebrauchsfahrzeug nicht der Listenpreis im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Fahrzeuges herangezogen worden sei. Hieraus ergeben sich folgende Nachforderungen:
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Abgabe | Zeitraum | Verkürzung |
Lohnsteuer | - | € 59,64 |
Dienstgeberbeitrag | - | € 10,73 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | - | € 0,95 |
Lohnsteuer | - | € 71,52 |
Dienstgeberbeitrag | - | € 8,38 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | - | € 0,82 |
Lohnsteuer | - | € 71,52 |
Dienstgeberbeitrag | - | € 7,97 |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | - | € 0,82 |
Anm.: Die Nachforderung an Lohnsteuer für - iHv € 71,52 dürfte von der belangten Behörde im Zuge der Erstellung des angefochtenen Bescheides übersehen worden sein.
Zudem ergeben sich Abfuhrdifferenzen in folgender Höhe, da nicht sämtliche auf dem Lohnkonto ersichtlichen Lohnabgaben abgeführt wurden:
Dem Beschuldigten ist es im Rahmen der Abfuhr bzw. Entrichtung der Lohnabgaben nicht aufgefallen, dass diese unvollständig bzw. fehlerhaft sind, da er aufgrund von Arbeitsüberlastung nicht über die zeitlichen Kapazitäten verfügte, um sich detailliert mit Einzelfragen auseinanderzusetzen (Stellungnahme des Beschuldigten vom bzw. Vorbringen in der Beschwerde vom ).
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen, insbesondere den in Klammer genannten Beweismitteln.
Das Bundesfinanzgericht geht aufgrund des Vorbringens des Beschuldigten, welches aus folgenden Gründen als schlüssig angesehen wird, davon aus, dass die im Rahmen der GPLA festgestellten, verfahrensgegenständlichen Unrichtigkeiten versehentlich passiert sind:
Aufgrund seines Fixgehaltes und des Umstandes, dass er nicht am belangten Verband beteiligt war, hatte der Beschuldigte keine persönlichen Motive, Lohnabgaben falsch abzuführen.
Die Höhe der Verkürzungen, die im gegenständlichen Zeitraum unter 0,3 % der tatsächlich abgeführten Lohnabgaben von insgesamt € 1,185 Mio. ausmacht, deutet darauf hin, dass auch aufseiten des Verbandes durch die Nichtabfuhr der betreffenden Lohnabgaben kein nennenswerter wirtschaftlicher Vorteil eingetreten ist, was gegen ein planmäßiges Vorgehen spricht.
Die Auslastung eines Geschäftsführers ist bei einem derartig großen Unternehmen naturgemäß sehr hoch, sodass er typischerweise nicht viel Zeit für Einzelfallentscheidungen aufwenden kann, weshalb vereinzelte Fehler als nicht ungewöhnlich erscheinen. Dafür, dass es sich - wie vom Beschuldigten behauptet - um einzelne Versehen handelt, spricht zudem, dass Abfuhrdifferenzen auch zu Lasten des belangten Verbandes festgestellt wurden.
Von der belangten Behörde wurden keine Argumente oder Beweismittel vorgebracht, die Zweifel an den Angaben des Beschuldigten aufkommen lassen würden, sondern hat sie diese lediglich pauschal als Beschwichtigungen und Schutzbehauptungen abgetan.
Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass der Beschuldigte seine Pflichten derart gröblich vernachlässigt hätte, dass er mit dem Eintritt von Abgabenverkürzungen rechnen hätte müssen.
Rechtslage:
Gemäß § 33 Abs 2 lit b FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen oder Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.
Gemäß § 33 Abs 3 lit b FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs 2 ua. bewirkt, wenn Abga ben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden.
Gemäß § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Gemäß § 25 Abs 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
Gemäß § 98 Abs 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.
Gemäß § 157 FinStrG sind die für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren geltenden Bestimmungen für das Beschwerdeverfahren sinngemäß anzuwenden, soweit keine besonderen Regelungen getroffen werden. Das Bundesfinanzgericht hat insoweit dieselben Befugnisse wie die Finanzstrafbehörden.
Gemäß § 160 Abs 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.
Gemäß § 161 Abs 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung:
Die objektive Tatseite wurde vom Beschuldigten bzw. dem belangten Verband nicht bestritten. Dadurch, dass der Beschuldigte nicht dafür gesorgt hat, dass die richtigen Bemessungsgrundlagen in die Lohnkonten eingetragen wurden, hat er die Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten iSd § 76 EStG verletzt. Er hat Abgabenverkürzungen iSd § 33 Abs 3 lit b FinStrG bewirkt, da er nicht dafür gesorgt hat, dass die gegenständlichen, selbst zu berechnenden, Lohnabgaben vom belangten Verband spätestens am Fälligkeitstag vollständig entrichtet wurden.
Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen (vgl. etwa mwN).
Die subjektive Tatseite des § 33 Abs 2 lit b FinStrG verlangt Wissentlichkeit in Bezug auf die Bewirkung von Abgabenverkürzungen und einen zumindest bedingten Vorsatz in Bezug auf die Verletzung der Verpflichtung zur Führung der Lohnkonten. Da aufgrund der vorhandenen Beweismittel davon auszugehen ist, dass dem Beschwerdeführer lediglich aus Unachtsamkeit Fehler passiert sind, war ihm der Eintritt von Abgabenverkürzungen weder bewusst, noch hat er einen solchen für möglich gehalten, womit ihm weder eine Wissentlichkeit, noch ein bedingter Vorsatz vorzuwerfen ist. Bemerkenswert ist, dass von der belangten Behörde eine Wissentlichkeit des Beschuldigten in Bezug auf den Eintritt von Abgabenverkürzungen nicht einmal behauptet wird. Die belangte Behörde führt zwar aus, der Beschuldigte hätte den Eintritt von Abgabenverkürzungen ernstlich für möglich gehalten und in Kauf genommen, jedoch mit der Begründung, dass dies aus dem schlichten Vergessen des Beschuldigten geschlossen werde, was alleine begrifflich schon keinen bedingten Vorsatz, sondern bestenfalls Fahrlässigkeit darstellen kann.
Ein fahrlässiges Gegenstück zu den Delikten des § 33 Abs 2 lit b FinStrG oder allenfalls § 49 Abs 1 lit a FinStrG ist dem Finanzstrafgesetz jedoch unbekannt, weshalb eine Prüfung, ob der Beschwerdeführer allenfalls fahrlässig gehandelt hat, unterbleiben kann.
Voraussetzung der Erteilung einer Verwarnung nach § 25 Abs 1 FinStrG ist, dass dem Beschuldigten eine Tat vorzuwerfen ist. Da, wie oben ausgeführt, der Beschuldigte keine Tat iSd Finanzstrafgesetzes begangen hat, bleibt somit auch für die Erteilung einer Verwarnung kein Raum.
Da bereits aufgrund der Aktenlage der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen war, war nach § 160 Abs 1 FinStrG keine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall lediglich eine Sachverhaltsfrage zu lösen war, war eine Revision für unzulässig zu erklären.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 25 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300048.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at