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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2024, RV/6100118/2024

Zurückziehung eines Antrags auf COVID-19-Ratenzahlungsmodell

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Abweisung des Antrags vom auf Bewilligung des COVID-19-Ratenzahlungsmodells zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Am brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter einen Antrag auf Covid-19 Ratenzahlung gem. § 323e Abs 2 BAO ein. Für die Entrichtung der verbleibenden Abgabenschuldigkeiten iHv 13.633,22 Euro, die einen überwiegend Covid-19 bedingten Zahlungsrückstand haben entstehen lassen, wurde eine Zahlungserleichterung in drei Raten beantragt.

Gleichzeitig beantragte er hinsichtlich der sich in späterer Folge auflösenden Abgabenschuldigkeiten iHv 30.127,41 Euro eine Stundung gem. § 212 Abs 1 BAO vorerst bis zum .

In demselben Schreiben stellte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter den Antrag, mit Bescheid festzustellen, dass die Buchungen vom betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 1999 iHv 12.555,40 Euro und für das Jahr 2000 iHv 11.565,15 Euro wegen beschränkter Steuerpflicht rechtswidrig waren und folglich beide Beträge auf dem Abgabenkonto wieder gutzuschreiben sind.

Zudem wurde mit Schreiben vom Beschwerde gegen den Bescheid vom , in dem Aussetzungszinsen iHv 1.445,73 Euro festgesetzt wurden, eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt Österreich der Beschwerde vom gegen den Bescheid vom hinsichtlich der Aussetzungszinsen iHv 1.445,73 Euro teilweise statt. Es wurden Aussetzungszinsen iHv 360,87 Euro festgesetzt. Die Beschwerdevorentscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit erging ein Bescheid des Finanzamtes Österreich, in dem festgestellt wurde, dass die Buchungen vom iHv 12.555,40 Euro und 11.565,15 Euro rechtsrichtig erfolgten. Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass am Abgabenkonto des Antragstellers bereits am Buchungen in derselben Höhe vorgenommen wurden, denen weder ein Bescheid noch ein Erkenntnis zugrunde gelegen ist. Die Buchungen vom stellen die Stornobuchungen zu den am titellos vorgenommenen Buchungen dar. Der Beschwerdeführer wurde somit weder zu Unrecht belastet noch zu Unrecht begünstigt.

Mit Bescheid vom erfolgte eine Abweisung bezüglich des Antrages auf Covid-19 Ratenzahlung. Als Begründung wurde angegeben, dass ein Ansuchen nach § 323e Abs 2 BAO nur für den gesamten aushaftenden Rückstand beantragt werden kann.

Mit Bescheid vom erfolgte eine Abweisung des Antrages auf Stundung der Abgabenschuldigkeiten iHv 30.127,41 Euro gem. § 212 Abs 1 BAO mit der Begründung, dass das dem Ansuchen zugrundeliegende Anbringen inzwischen erledigt wurde.

Am brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter eine Beschwerde gegen die Bescheide vom und vom ein. Er führte aus, dass eine getrennte Antragstellung nicht schade und beantrage die Covid-19 Ratenzahlung nach dem Modell der Phase I zu bewilligen. Zudem beantragte er gem. § 272 Abs 2 Z 1 BAO den gesamten Senat mit der Entscheidung zu befassen und gem. § 274 Abs 1 Z 1 BAO eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wobei der Berichterstatter auf die in § 269 Abs 3 BAO vorgesehene Erörterungsmöglichkeit hingewiesen wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt Österreich dem Antrag auf Covid-19 Ratenzahlung gem § 323e Abs 2 BAO statt. Indem das Ersuchen um Ergänzung vom , in dem um Vorlage eines Tilgungsplanes ersucht wurde, unbeantwortet geblieben ist, wurden die im Schreiben vom beantragten Raten genehmigt.

Am wies das Finanzamt Österreich in einer getrennten Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom hinsichtlich der Stundung der Abgabenschuldigkeiten iHv 30.127,41 Euro gem § 212 Abs 1 BAO ab. Als Begründung führte das Finanzamt Österreich aus, dass die Covid-19 Ratenzahlung mit Beschwerdevorentscheidung vom bewilligt worden ist und eine gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gem § 212 BAO ausgeschlossen ist.

Der Beschwerdeführer beantragte am durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und beantragte die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom gegen den Bescheid vom über die Abweisung eines Covid-19-Ratenzahlungsersuchens vom . Es wurde vorgebracht, dass die Beschwerdevorentscheidung insoweit vom Antrag und der Beschwerde abweicht, als in die Zahlungserleichterung auch Abgaben einbezogen worden sind, hinsichtlich derer dem Beschwerdeführer gegenüber keine Einbringungsmaßnahmen iSd § 212a Abs 1 BAO in Betracht kommen. Es wird folglich beantragt, die Covid-19-Ratenzahlung nach dem Modell der Phase I unter Nichtberücksichtigung der titellosen Buchungen des Abgabenkontos zu bewilligen. Zudem werden die Anträge auf Senatszuständigkeit und mündliche Verhandlung wiederholt.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom nahm der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter den Antrag auf Ratenzahlung für die Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten gem. § 323e Abs 2 BAO sowie die in der Beschwerde vom gestellten und im Vorlageantrag vom wiederholten Anträge auf Senatszuständigkeit und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergaben sich unmittelbar aus dem Inhalt der im festgestellten Sachverhalt genannten Anträge des Beschwerdeführers sowie Bescheide des Finanzamt Österreichs, die dem Bundesfinanzgericht vorgelegt bzw. übermittelt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 323e Abs. 2 BAO lautet:

"(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem bis zum einzubringen.

3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am .

4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige zweimal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden."

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Zahlungserleichterungsbescheide sind antragsgebundene Verwaltungsakte. Werden Zahlungserleichterungen ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrags bewilligt, so nimmt die Behörde eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch. Ebendiese der Behörde nicht zukommende Zuständigkeit hat sodann zur Auswirkung, dass antragslos ergangene Zahlungserleichterungsbescheide im Beschwerdeverfahren wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufzuheben sind (). Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist ebenso auf das COVID-19-Ratenzahlungsmodell gem. § 323e BAO anzuwenden, handelt es sich doch bei dem COVID-19-Ratenzahlungsmodell um eine Zahlungserleichterung, deren Gewährung unter anderem die Einbringung eines entsprechenden Antrags voraussetzt, und sieht zudem der letzte Satz des Abs. 2 die Anwendung des § 212 BAO abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung vor.

Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter seinen Antrag vom auf Ratenzahlung für die Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 323e Abs 2 BAO zurückgezogen. Dies hat zur Auswirkung, dass das Finanzamt Österreich den beschwerdegegenständlichen Bescheid vom über die Abweisung des Antrags vom auf Gewährung des COVID-19-Ratenzahlungsmodells ohne Vorliegen eines Antrags erließ und nahm es hierdurch eine Zuständigkeit an sich, die dem Finanzamt Österreich nicht zukam. Der beschwerdegegenständliche Bescheid vom erweist sich daher als rechtswidrig und war er gem. § 279 Abs 1 BAO ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis ist nicht zulässig, da der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits erkannt hat, dass antragslos erlassene Zahlungserleichterungsbescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufzuheben sind, und ist das Bundesfinanzgericht von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 323e Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100118.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at