Verhängung eines Sicherheitszuschlages im Nachschauzeitraum
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017 und Umsatzsteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Bei der Beschwerdeführerin (Bf) fand für die Jahre 2008 bis 2016 eine Außenprüfung betr. Umsatzsteuer und die Einkommensteuer auf Grundlage des § 147 BAO statt. Für das Jahr 2017 wurde im Zuge der Außenprüfung auch eine Nachschau durchgeführt. Aufgrund der in den Jahren 2012 bis 2016 festgestellten Aufzeichnungsmängel wurde ein Sicherheitszuschlag (5%) verhängt, der auch für den Nachschauzeitraum berücksichtigt wurde, da im Zuge der Außenprüfung für das Jahr 2017 noch keine Umsatzsteuererklärungen vorhanden waren.
Die Aufzeichnungsmängel betrafen lt. Abgabenbehörde vorrangig die Barumsätze. So konnten einzig die unbar überwiesenen Rechnungsbeträge mängelfrei überprüft werden.
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurden die Beschwerden unter Zugrundelegung der Feststellungen und Ergebnisse der Außenprüfung als unbegründet abgewiesen. Im Rahmen dieser Prüfung seien Aufzeichnungsmängel im Rechenwerk der Bf festgestellt worden, weshalb auch für den Nachschauzeitraum 2017 ein Sicherheitszuschlag verhängt wurde. Dieser sei keine Vorverurteilung, sondern ein Element der Schätzung gemäß § 184 BAO. Für das Jahr 2017 beruhe der Zuschlag auf den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA), wobei sich diese Bemessungsgrundlage durch die später durchgeführte Erfassung mittels EDV nicht mehr geändert habe.
Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (BFG). Ergänzend zur Beschwerde wurde darin ausgeführt, dass unklar sei, was negative Erlöse seien, weil monatlich jeweils ein Überschuss in den Umsatzsteuervoranmeldungen erklärt worden sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) erzielte 2017 umsatzsteuerrechtlich relevante Erlöse aus einer Frühstückspension, die einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung waren.
Anlässlich der für die Jahre 2012 bis 2016 durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass das Rechenwerk der Bf bei den Barumsätzen Aufzeichnungsmängel aufweist. Lt. belangter Behörde konnten einzig die unbar überwiesenen Rechnungsbeträge mängelfrei überprüft werden. Die in bar bezahlten Rechnungen für die Übernachtungen wurden monatsweise gesammelt und schließlich in einer Art Kassabuch verbucht. Die monatlichen Summenbildungen hielten einer Überprüfung nicht stand, wurden doch teilweise negative Erlöse erfasst. Bei einem Vergleich anhand der ausgestellten Rechnungen für das Jahr 2016 und den verbuchten Erlösen im identen Zeitraum wurden Differenzen festgestellt, welche durch die Bf nicht aufgeklärt werden konnten. Weiters wurde festgestellt, dass einzelne Rechnungsnummern nicht bzw doppelt oder mehrfach vergeben wurden.
Da zum Zeitpunkt der Prüfung im Jahr 2019 für das Jahr 2017 noch keine Umsatzsteuererklärungen vorhanden waren, wurde von der Abgabenbehörde im Nachschauzeitraum eine Festsetzung eines Sicherheitszuschlages auf Grundlage der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen vorgenommen.
Im Außenprüfungsbericht vom wurden für die Jahre 2008 bis 2016 Feststellungen getroffen, die überwiegend den Bereich Vermietung und Verpachtung betrafen. Der beschwerdegegenständliche Nachschauzeitraum umfasste die Monate Jänner bis Dezember 2017. In der die Erlöse der Frühstückspension betreffenden Tz. 4 dieses Berichtes wurden aufgrund der vorgelegten Grundaufzeichnungen Aufzeichnungsmängel festgestellt, weshalb die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen gemäß § 131 BAO nicht gegeben sei und ein Sicherheitszuschlag in Höhe von fünf Prozent zu den bisher erklärten Erlösen angesetzt wurde. Hinsichtlich der konkreten Feststellungen erfolgte ein Verweis auf die Niederschrift über die Außenprüfung.
Die Feststellungen der Betriebsprüfung führten dazu, dass der Umsatz- sowie der Einkommensteuerbescheid 2017 gem. § 299 BAO aufgehoben und mit neue Sachbescheide betr. Umsatz- und Einkommensteuer 2017 erlassen wurden. Darin erfolgte bei den erklärten Umsätzen bzw. Einnahmen die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages von € 2.847,70. Gegen die Zuschätzung wurde mit Beschwerde erhoben. Die mit 13 Prozent besteuerten Erlöse wurden um einen Betrag in Höhe von € 2.847,70 erhöht, woraus eine Abgabennachforderung für die Umsatzsteuer 2017 in Höhe von € 370,21 resultierte. Die höheren Einnahmen betr. die Vermietung der Fremdenpension "***Adr***" wirkten sich in derselben Höhe auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus, weshalb einkommensteuerrechtlich eine Abgabennachforderung für das Jahr 2017 in Höhe von 1.424,00 Euro festzusetzen sei.
Die Stellungnahme des Betriebsprüfers zur Feststellung lt. o.a. Niederschrift lautet:
"Der Sicherheitszuschlag wurde für den Prüfungszeitraum (2012-2016) sowie für den Nachschauzeitraum (2017) verhängt. Für das Jahr 2017 war noch keine USt-Erklärung vorhanden, Grundlage für die Festsetzung des Sicherheitszuschlages waren die eingereichten USt.-Voranmeldungen. Für das Jahr 2017 wurde eine ,vorläufige Veranlagung' durchgeführt.
Die USt-Voranmeldungen wurden durch Herrn ***1*** (Bruder von ***Bf***), aufgrund der händischen Aufzeichnungen von ***Bf***, erstellt. Die buchhalterische Erfassung der Umsätze mittels EDV erfolgt ebenfalls aufgrund dieser händischen Aufzeichnungen.
Die Aufzeichnungsmängel wurden im Zuge der Schlussbesprechungen besprochen, ***Bf*** sowie Herr ***2*** (StB) waren mit der Hinzurechnung des Sicherheitszuschlages einverstanden. Der Sicherheitszuschlag wurde aufgrund der mangelhaften händischen Aufzeichnungen hinsichtlich der Barerlöse verhängt, welche auch Grundlage für die Verbuchung mittels EDV sind. Die in der Beschwerde vorgebrachte Begründung entkräftet daher nicht die im Zuge der Außenprüfung festgestellten Aufzeichnungsmängel.
Zu bemerken ist auch, dass die Umsätze lt. den USt-Voranmeldung ident sind mit den Umsätzen lt. der USt-Erklärung. Die Erfassung der Erlöse mittels EDV, nach Abschluss der Außenprüfung, hat daher keine Änderung der Umsätze ergeben."
Mit den Beschwerden vom beantragte die Bf die Abgabennachforderungen in Höhe von € 370,21 (Umsatzsteuer) und € 1.424,00 (Einkommensteuer) zu stornieren und die Erstbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer vom wiedereinzusetzen.Bezüglich des Umsatzsteuerbescheides führte die Bf aus, die Daten zur Umsatzsteuererklärung 2017 ergäben sich aus der buchhalterischen Erfassung der Umsätze für die Fremdenpension auf EDV im Nachhinein zur Außenprüfung, wobei angenommen werde, die freiwillig gewählte Form der doppelten Buchhaltung sei richtig. Sowohl in Bezug auf den Umsatz- als auch den Einkommensteuerbescheid führte die Bf aus, dass bei der Außenprüfung noch keine EDV-Buchhaltung vorgelegen sei und der Betriebsprüfungsbericht nicht von vornherein einen Sicherheitszuschlag für die Folgejahre vorsehe. Der erfolgte Sicherheitszuschlag käme einer Vorverurteilung gleich und unterstelle eine nicht ordnungsgemäße Verbuchung.
Die Stellungnahme des Prüfers zu den Beschwerden vom zur Feststellung "Erlöse Frühstückspension ***Adr***"/ Tz 4 lautet:
"Hinsichtlich der Erlöse aus der Frühstückspension werden ,händische' Rechnungen ausgestellt. Die Bezahlung der Rechnungen erfolgt in ,bar' bzw. durch Banküberweisung. Die ausgestellten Rechnungen werden auch fortlaufend nummeriert. Die per Banküberweisung bezahlten Rechnungen werden für den jeweiligen Monat gesammelt verbucht. Diese monatlichen Summenbildungen lassen sich jedoch nicht nachvollziehen, teilweise wurden sogar negative Erlöse erfasst. Grundlage für diese Summenbildungen sind die händischen Aufzeichnungen von ***Bf***, welche eine Art ,Kassabuch' darstellen sollten.
Es wurde versucht, an Hand der ausgestellten Rechnungen für das Jahr 2016 die verbuchten Erlöse nachzuvollziehen. Bei der Ermittlung der Erlöse für 2016 wurden jedoch Differenzen festgestellt, welche nicht aufgeklärt werden konnten.
Weiters wurde auch festgestellt, dass einerseits Rechnungsnummern nicht vergeben wurden und andererseits Rechnungsnummern mehrfach vergeben wurden. Diese Aufzeichnungsmängel konnten auch nicht aufgeklärt werden. Dazu ist zu bemerken, dass die Aufzeichnungen von Fr. ***Bf1*** persönlich durchgeführt wurden und auch noch werden. Frau ***Bf1***ist bereits seit längerem in einem schlechten gesundheitlichen Zustand (Pflegestufe 4).
Die Aufzeichnungen für den restlichen Prüfungszeitraum wurden analog dem Jahr 2016 durchgeführt, es wird daher davon ausgegangen, dass auch in diesen Jahren Aufzeichnungsmängel vorhanden sind."
Für die Jahre 2008 - 2016 wurde gegen die nach der Außenprüfung ergangenen Bescheide keine Beschwerde eingebracht.
Die beschwerdegegenständlichen Steuerbeträge iHv € 1.794,21 wurden bereits entrichtet.
Gegen die abweisende BVE vom wurde von der Bf am fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Dabei brachte sie ergänzend zur Beschwerde vor, dass "unklar und auch nicht nachvollziehbar sei, was negative Erlöse sein sollen. Bei der Schlussbesprechung hätten die Vertreter des Finanzamts zu diesem Begriff keine verständliche Erklärung abgeben können". Zudem habe die Schätzung den Charakter einer verbotenen Strafbesteuerung und stehe der Sicherheitszuschlag für 2017 im Widerspruch zur BAO.
Im Vorlagebericht vom beantragte die belangte Behörde unter Verweis auf die in der Beschwerdevorentscheidung (BVE) enthaltene Begründung, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt, der sich aus dem elektronisch vorgelegten Akt, den Feststellungen der Außenprüfung, dem Beschwerdevorbringen sowie den erteilten Auskünften und Stellungnahmen samt den eingereichten Unterlagen ergibt, kann gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
Von der belangten Behörde wurde am verhängten Sicherheitszuschlag festgehalten, weil die im Prüfungszeitraum festgestellten Mängel auch im Nachschauzeitraum weiterhin gegeben wären. Die Bf geht hingegen von der Richtigkeit ihrer im Anschluss an die Außenprüfung in der EDV erfassten Umsätze sowie der Steuererklärungen für 2017 aus.
Bezüglich weiterer Erwägungen zur Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.1.2. dieses Erkenntnisses, die verständnishalber im Kontext mit der rechtlichen Beurteilung behandelt wird, verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
(1) Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 131 und 131b entsprechen, haben die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.
(2) Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, liegen insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.
(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Sind Bücher bzw. Aufzeichnungen formell mangelhaft, so besteht zwar keine Vermutung ihrer inhaltlichen Richtigkeit, aber auch keine Vermutung ihrer sachlichen Fehlerhaftigkeit. Die Partei trifft daher auch keine Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit. Eine Schätzungsberechtigung als Folge formeller Mängel besteht nur dann, wenn die Mängel geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen (§ 184 Abs. 3 BAO). Weiters setzt die Schätzungsberechtigung nach § 184 Abs. 1 BAO voraus, dass die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt oder berechnet werden können.
Aus § 163 ergeben sich keine Schätzungsbefugnisse. Daran hat sich auch nach dessen Neufassung durch das Betrugsbekämpfungsgesetz 2006 nichts geändert (Ritz BAO7, § 163, Tz 3).
3.1.2. Erwägungen
Ist eine Schätzung grundsätzlich zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei abgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein, und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen. Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hiebei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substanziert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen. Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden, dient. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen. Auch Schätzungsergebnisse unterliegen der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Auch die Höhe von Sicherheitszuschlägen ist zu begründen (vgl. , mwN).
In der Beschwerde wurde zur gegenständlichen Feststellung (lt. BP-Bericht, Tz 4) vorgebracht, dass die in den UVA verbuchten Erlöse 13% - durch eine nach der Aussenprüfung erfolgte EDV-mäßige Erfassung - richtig gewesen seien. Es habe diesbzgl. in der USt-Jahreserklärung keine Änderungen mehr gegeben. Von der Bf wurde aber nicht dargelegt, warum die aus der EDV stammenden Erlösbuchungen richtig sein sollen, zumal weiterhin händisch erstellte und bar bezahlte Rechnungen für die Verbuchung herangezogen wurden.
Im Vorlageantrag wurde ergänzend zur Beschwerde vorgebracht, dass "unklar und auch nicht nachvollziehbar sei, was negative Erlöse sein sollen und dass dieser Begriff von den Vertretern der belangten Behörde nicht verständlich erklärt werden konnte.
Aufgrund der bei der Außenprüfung getroffenen Feststellungen ist es für das BFG vorstellbar, dass bei Mehrfach- bzw. Nichterfassung von Rechnungen bei der Bildung von Monatssummen negative "Erlöse" entstehen können, wenn etwa Ausgaben ohne die entsprechenden Erlöse bzw. die Erlöse im falschen Monat gebucht wurden.
Vom Prüfer wurde schlüssig dargelegt, dass die im Prüfungszeitraum (2008 - 2016) vorhandenen Aufzeichnungsmängel auch im Nachschauzeitraum - als Teil des Prüfungszeitraumes - noch gegeben waren. Es ist für das BFG nicht nachvollziehbar, wenn es bei fehlerhaften "Monatslisten", worin teilweise negative Erlöse ausgewiesen sind, in der USt-Jahreserklärung 2017 bei den Erlösen 13% keine Änderungen mehr gegenüber den Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) gegeben haben soll.
Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Der Sicherheitszuschlag hat ebenso wie andere Schätzungskomponenten nicht Strafcharakter (kein "Straf-Zuschlag"). Seine Höhe hat sich daher nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen, zu richten (vgl. , sowie Stoll, BAO § 184, 1941).
Es ist für das BFG nicht ersichtlich, dass der im Nachschauzeitraum verhängte Sicherheitszuschlag einen Strafcharakter habe bzw. einer Vorverurteilung gleichkäme. Es sollte dadurch lediglich verhindert werden, dass die im Prüfungszeitraum festgestellten Mängel bei der Erlösverbuchung im Nachschauzeitraum fortgeführt werden.
Die Höhe des Sicherheitszuschlages von € 2.847,70 betr. die Erlöse 13% (€ 56.953,98) - bei einem Gesamtumsatz von € 118.954,86 - ist für den erkennenden Richter im Hinblick auf einen nicht unerheblichen Anteil der Barzahlungen bei diesen Erlösen angemessen. Überdies wurde diesem Zuschlag bereits für den Prüfungszeitraum in der Niederschrift vom zugestimmt.
Berechnung Sicherheitszuschlag:
56.953,98 Erlöse (lt. USt-Erkl./KZ 006) 2.847,70 davon 5% 59.801,68 Erlöse (lt.BP)
Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (Stoll/ BAO, 1912; vgl. u.a. ;, 2008/15/0027; , Schätzung als ultimatio ratio), nicht aber auf bloßen "Schwierigkeiten" sachlicher oder rechtlicher Natur. Deren Überwindung mag Mühe kosten, die aber aufzuwenden ist ().
Formelle Mängel von Büchern oder Aufzeichnungen berechtigen nur dann zu einer Schätzung, wenn sie derart schwerwiegend sind, dass das Ergebnis der Bücher bzw. Aufzeichnungen nicht glaubwürdig erscheint. Der Umstand, dass eine Buchhaltung formell nicht abgeschlossen ist, begründet allein noch keine Schätzungsberechtigung.
Für das BFG ist als erwiesen anzusehen, dass im Beschwerdezeitraum die Schätzungsberechtigung gem. § 184 Abs. 1 BAO gegeben ist. Die im Prüfungszeitraum festgestellten Aufzeichnungsmängel, die insbesondere bei bar bezahlten Rechnungen aufgetreten sind, waren auch im Nachschauzeitraum weiterhin vorhanden. Nicht plausibel ist diesbezüglich die Verantwortung der Bf, dass durch eine EDV-mäßige Nacherfassung der händisch aufgezeichneten UVA-Erlöse diese vollständig und in korrekter Höhe berücksichtigt worden wären. Wenn im Nachschauzeitraum weiterhin teils mit Aufzeichnungsmängeln behaftete, händische erstellte und bar bezahlte Rechnungen für die Verbuchung herangezogen wurden, kann nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass solcherart ermittelte und erklärte Erlöse den Tatsachen entsprechen. Nicht nachvollziehbar ist auch die Aussage der Bf, wonach mit "der freiwillig gewählten Form der doppelten Buchhaltung" die Richtigkeit derselben garantiert sein soll.
Die Entrichtung der nachgeforderten Steuerbeträge iHv € 1.794,21 deutet ebenfalls darauf hin, dass die Bf. - nach dem bereits für den Prüfungszeitraum erklärten Einverständnis zur Hinzurechnung des Sicherheitszuschlages - diesen auch für den Nachschauzeitraum nicht gänzlich in Zweifel zieht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100418.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at