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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.10.2024, RV/2100408/2023

Kein Familienbonus Plus mangels Einkommensteuerschuld und kein Kindermehrbetrag wegen ganzjährigen Bezuges von Notstandshilfe im Einkommensteuerbescheid 2020

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Rechtsmittelverfahren die Zuerkennung des Familienbonus Plus und des Kindermehrbetrages für die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf) bei der Arbeitnehmerveranlagung (ANV) 2020.

Die Bf begehrt den vollen Abzug beider Beträge im angefochtenen Einkommensteuer (ESt)-Bescheid 2020 mit Verweis auf die rückwirkend ab April 2020 bezogene Familienbeihilfe (FB) für ihre Tochter.

Das Finanzamt Österreich (FA) verweist darauf, dass der Familienbonus Plus (Fabo+) mangels Einkommensteuerschuld nicht zum Tragen kommt und der Kindermehrbetrag im Verfahrenszeitraum nicht zusteht, wenn mindestens an 330 Tagen des Kalenderjahres steuerfreie Transferleistungen (z.B. Arbeitslosengeld) bezogen wurden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Als Ergebnis der finanzgerichtlichen Ermittlungen (Auswertung der als unbedenklich erachteten Vorlageunterlagen und abgabenbehördlichen Datenbankrecherchen) legt das BFG der gegenständlichen Entscheidung den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen zugrunde:

Die 1975 geborene Bf ist seit 2012 vom Vater ihrer 2005 geborenen Tochter geschieden.
Im Jahr 2020 beschränkten sich ihre Einkünfte ganzjährig (366 Tage) auf steuerfreie Leistungen des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) in Form von Notstandshilfe.
Zudem bezog sie ab April 2020, somit in neun Monaten des Verfahrenszeitraumes, Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag für ihre Tochter.

Das dem angefochtenen ESt-Bescheid 2020 vom zugrundeliegende Einkommen nach § 2 Abs 2 EStG der Bf beträgt - 60,- € und resultiert aus dem Ansatz des Pauschbetrages für Sonderausgaben (§ 18 Abs 3 EStG). Absetzbeträge kamen nicht in Abzug.
In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde jedoch der Alleinerzieherabsetzbetrag (AEAB) berücksichtigt und der Bf im vollen Betrag von 494,- € erstattet.

II. Die verfahrensrelevanten Bestimmungen des § 33 EStG 1988 idF 2022 lauten:
"(1) Die Einkommensteuer beträgt jährlich für die ersten 11 000 Euro ….0%" (...)
(2) Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:
1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.
2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.
(…)
Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro
(§ 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988)
(…)
(7) Ergibt sich nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 250 Euro und steht der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:
1. Die Differenz zwischen 250 Euro und der Steuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten.
(….)
3. Ein Kindermehrbetrag steht nicht zu, wenn für mindestens 330 Tage im Kalenderjahr steuerfreie Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a, lit. c oder Leistungen aus der Grundversorgung oder Mindestsicherung bezogen wurden.
(8) 1. Ergibt sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten."
(…)

§ 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG 1988 normiert die Einkommensteuerfreiheit für "das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen".

III. Auf Basis der festgestellten Sach- und der dargestellten Rechtslage erweist sich das Ergebnis der BVE vom somit als rechtskonform.
Da das Einkommen der Bf im Jahr 2022 ausschließlich aus dem ganzjährigen Bezug von steuerfreien AMS-Leistungen nach § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG resultierte, fiel keine Einkommensteuer an. Entsprechend konnte weder ein Fabo+ berücksichtigt werden (§ 33 Abs 2 Z 1 EStG 1988), noch hatte die Bf Anspruch auf einen Kindermehrbetrag (§ 33 Abs 7 Z 3 EStG 1988).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut der verwendeten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu klären.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at