Familienbonus Plus für die Kinder der Gattin aus erster Ehe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist im anhängigen Verfahren die Berücksichtigung des Familienbonus Plus (nachfolgend Fabo+) für die beiden minderjährigen Töchter der Gattin des Beschwerdeführers (Bf) aus deren erster Ehe bei der Arbeitnehmerveranlagung (ANV) des Bf für 2022.
Der Bf begehrt den ganzjährigen Abzug des vollen Fabo+ für beide Töchter seiner Gattin.
Das Finanzamt Österreich (FA) ging im angefochtenen Änderungsbescheid nach § 295a BAO davon aus, dass dem Bf wegen vollständiger Leistung des gesetzlichen Unterhalts durch den leiblichen Vater der Kinder kein Fabo+ zusteht. Aufgrund einer nach Einbringung des Vorlageantrages durchgeführten Prüfung der Unterlagen vertritt es im Vorlagebericht an das BFG den Standpunkt, dass dem Bf der Fabo+ für sechs Monate zur Gänze zu gewähren sei.
Am erließ das FA von Amts wegen auf Basis des § 295a BAO den nunmehr angefochtenen Einkommensteuer (ESt)-Bescheid 2022, in welchem es den bis dahin erklärungsgemäß berücksichtigen Fabo+ zur Gänze ausschied. Aufgrund der laut vorliegender Unterlagen ganzjährig vollständigen Leistung des gesetzlichen Unterhalts (Alimente) seien für den Fabo+ neben dem Unterhaltszahler lediglich die Kindesmutter als Familienbeihilfen (FB)-Bezieherin anspruchsberechtigt.
Am brachte der - steuerlich nicht vertretene - Bf via FON ein mit "Änderung gem. § 295a BAO" betiteltes Anbringen ein, in welchem er unter Verweis auf angeschlossene Unterlagen eine Änderung des ESt-Bescheides vom begehrte. Die Anlagen enthielten u.a. einen als "Beschwerde gegen Bescheidänderung gem. § 295a BAO (Einkommensteuerbescheid für 2022 vom )" bezeichneten Schriftsatz, in welchem der Bf vorbrachte, dass der Kindesvater im Jahr 2022 für seine Töchter in keinem Monat den Unterhalt im vollen Umfang geleistet habe. Aufgrund der Nichtmeldung einer neuen Arbeitsstelle durch den Unterhaltspflichtigen sei die Unterhaltshöhe mit Beschluss des BG X vom für beide Töchter rückwirkend ab 1.Jän.2022 angehoben worden. Dem unterhaltspflichtigen Kindesvater stehe kein Unterhaltsabsetzbetrag (UAB) zu, da er dem gerichtlichen Auftrag nicht nachgekommen, sondern neben dem nachzuzahlenden Differenzbetrag auch in zwei Monaten (Sept/Dez) den laufenden Unterhalt zur Gänze schuldig geblieben sei bzw. in den übrigen Monaten nur Teilbeträge geleistet habe.
Mit Bescheid vom 12.Jän.2024 wies das FA den "Antrag gemäß § 295a BAO vom auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2022 vom " mit der Begründung ab, dass für Kinder, für welche kein UAB zusteht, nur der/die FB-Berechtigte einen Fabo+ beantragen könne. Dem Bf stehe für die Töchter seiner Gattin kein Fabo+ zu, da bzw. solange die Kindesmutter die FB-Bezieherin sei.
Mit FON-Eingabe vom 13.Jän.2014 brachte der Bf "Beschwerde gem. § 243 BAO" gegen den "Einkommensteuerbescheid 2022 Änderung gem. § 295a BAO (vom) " ein. Unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens betonte er darin neuerlich seine Befugnis zur Beantragung des Fabo+ wegen des fehlenden Anspruchs auf einen UAB beim Kindesvater.
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 20.Febr.2024 wies das FA die Beschwerde des Bf vom 13.Jän.2024 "gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom " gemäß § 260 BAO als verspätet zurück, "weil der Antrag nicht fristgerecht eingebracht wurde."
Ergänzend wiederholte das FA, der Bf könne den Fabo+ erst beantragen, wenn die Kindesmutter zu seinen Gunsten auf den FB-Bezug verzichtet habe.
Mittels FON-Anbringen betreffend "Änderung gem. § 295a BAO" vom 26.Febr 2024 teilte der Bf dem FA sein "völliges Unverständnis" über den Inhalt des "Einkommensteuerbescheid(es) 2022 Änderung gem. § 295a BAO (vom) " mit und kündigte an, die Angelegenheit seinem Anwalt zu übergeben.
Am 27.Febr.2024 wies das FA den "Antrag gemäß § 295a BAO vom auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2022 vom " unter Wiederholung der Begründung aus dem Bescheid vom ab.
Nachdem der Bf am im Wege eines Rechtsanwaltes eine "Bescheidbeschwerde" gegen den Bescheid des FA vom 27.Febr 2024 eingebracht und zugleich eine Entscheidung des BFG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. in eventu eine Bescheidaufhebung und Zurückverweisung an die Erstbehörde beantragt hatte, legte das FA das Rechtmittel dem BFG zur Entscheidung vor.
Im Vorlagebericht vom verwies das FAÖ/Dienststelle XY (FA 999) zunächst auf eine irrtümliche Zurückweisung der Beschwerde vom 13.Jän.2024 als verspätet. Nach Prüfung der Unterlagen komme die Abgabenbehörde nun zum Ergebnis, dass der gesetzliche Unterhalt rechnerisch jeweils für 6 Monate geleistet worden und dem Bf der ganze Fabo+ "nur für 6 Monate" zu gewähren sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
I. Als Ergebnis der finanzgerichtlichen Ermittlungen (Auswertung der als unbedenklich erachteten Vorlageunterlagen und abgabenbehördlichen Datenbankrecherchen) legt das BFG der gegenständlichen Entscheidung den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen zugrunde.
Zunächst wird der eingangs dargestellte, durch die Vorlageunterlagen dokumentierte Verfahrensgang zur Sachverhaltsfeststellung erhoben und der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
In der Sache ergibt sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Die Gattin des Bf ist nach der Scheidung vom Vater ihrer beiden 2010 bzw. 2012 geborenen Töchter seit 2021 mit dem Bf verheiratet.
Im Jahr 2022 war sie durchgehend FB-Bezieherin für die beiden Kinder.
In ihrer ANV-Erklärung 2022 vom 5.Jän.2023 begehrte die - ebenfalls unvertretene - Gattin keinen Fabo+, sondern gab als Berechtigte für den Fabo+ beider Töchter einerseits die SV-Nummer des Bf (ganzer Fabo+) und zugleich jene des Ex-Gatten und Kindesvaters (halber Fabo+) an.
Der Bf beantragte in seiner zugleich mit der Gattin eingebrachten ANV-Erklärung 2022 den vollen Fabo+ für deren Töchter.
Die ESt-Bescheide 2022 an die Gattin bzw. den Bf vom 15.Febr.2023 bzw. ergingen erklärungsgemäß und erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.
Der Ex-Gatte/ Kindesvater brachte am beim FA eine ANV-Erklärung für 2022 ein, in welcher er für seine beiden Töchter jeweils den UAB zur Gänze und den halben Fabo+ geltend machte. Am erging auch an ihn ein erklärungsgemäßer ESt-Bescheid 2022, der ebenfalls rechtskräftig wurde.
Aus den der Beschwerde des Bf vom angeschlossenen, aus Sicht des BFG unbedenklichen Unterlagen (Verhandlungsprotokoll und Beschlussausfertigung des BG X v. , Gz 999ABC888/19, Bankkonto der Gattin mit eingegangen Unterhaltszahlungen für Jän - Nov. 2022; bewilligte Gehaltsexekution des BG Y ab , Gz 888DEF777/22) ergibt sich folgendes Bild:
Der Kindesvater war aufgrund eines Beschlusses des BG X vom 17.Febr 2021, GZ 999ABC888/19 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von insgesamt 475,- € für beide Töchter verpflichtet. Durch den gerichtlichen Unterhaltsvergleich vom wurde der zu leistende Geldunterhalt ab auf 920,- € pro Monat erhöht (500,- € für die ältere Tochter bzw. 420,- € für die jüngere Tochter). Die Nachzahlung der Differenzbeträge aufgrund der rückwirkenden Erhöhung hatte vereinbarungsgemäß in zwei Raten bis bzw. zu erfolgen.
Nach den vorliegenden Bankkontoauszügen der Gattin leistete der Kindesvater im Jänner/Februar 2022 Unterhaltszahlungen von je 475,- € bzw. von März - Juni von je 675,- €. Im Juli/August verringerten sich die Geldeingänge auf 550,- € bzw. 300,- € (Überweisungen jeweils in einer Gesamtsumme als "Alimente" für beide Kinder).
Aufgrund einer Lohnpfändung überwies der Dienstgeber des Unterhaltspflichtigen für beide Kinder im Oktober 493,61 € bzw. im November 858,19 €. Im Dezember 2022 sind keine Zahlungseingänge dokumentiert. Unterlagen über Zahlungen zur Abstattung des Differenzbetrages aus der rückwirkenden Anhebung betreffend den Zeitraum Jänner - Juli 2022 liegen nicht vor.
Im Ergebnis leistete der unterhaltspflichtige Kindesvater im Jahr 2022 5.851,80 €, wobei er seinen Zahlungsverpflichtungen rechnerisch bis September 2022 zur Gänze nachkam (für die Nachzahlung aus der rückwirkenden Erhöhung war eine Zahlungsfrist bis vereinbart). Für Okt 2022 deckten die Zahlungen des Kindesvaters nur die Zahlungspflichten gegenüber der älteren Tochter zur Gänze ab, bezüglich der zweiten Tochter nur zu 44,5%. Für November und Dezember 2022 wurden rechnerisch keine Zahlungen geleistet.
Das BFG geht aufgrund der vorliegenden Gerichtsunterlagen zur Unterhaltserhöhung bzw. -einbringung davon aus, dass mit dem Unterhaltsvergleich vom keine über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgehenden Leistungen vereinbart wurden.
II. Nach § 33 Abs 3a Z 1 EStG 1988 beträgt der Familienbonus Plus für Kinder bis zum vollendeten 18.Lebensjahr monatlich 166,68 €.
§ 33 Abs 3a Z 3 EStG 1988 idF 2022 lautet, soweit verfahrensrelevant:
"Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 (…) zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 (…) zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 (…) zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 (…) zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 (…) zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 (…) zustehenden Betrag beantragen."
§ 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 normierte den Unterhaltsabsetzbetrag bis wie folgt:
"Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro (…) monatlich zu."(…)
Mit Wirkung ab wurde § 33 (4) Z 3 EStG neu gegliedert und um folgende Bestimmungen ergänzt:
"d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird.
e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen." (BGBl I Nr 108/2022 bzw. Nr 135/2022)
Nach der VwGH-Judikatur kommt bei der Zuordnung von Unterhaltszahlungen auch für Zeiträume vor In-Kraft-Treten des BGBl I Nr 108/2022 bereits die ab gesetzlich normierte Vorgangsweise zum Tragen (; ).
Nach § 262 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, über eine Bescheidbeschwerde nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten (§ 264 Abs 1 BAO).
In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages hinzuweisen (§ 263 Abs 2 BAO).
Bei der Beurteilung von Anbringen kommt es nach Lehre und Rechtsprechung regelmäßig nicht auf deren Bezeichnung an, sondern auf den Inhalt bzw. das erkennbare Ziel der Parteienschritte. Auch Prozesserklärungen, für welche grundsätzlich das Erklärte und nicht das Gewollte maßgeblich ist, sind der Auslegung zugänglich. Der objektive Erklärungswert von Parteienerklärungen ist unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der vorliegenden Aktenlage auszulegen. Bei undeutlichem Inhalt ist die Absicht der Partei zu erforschen (§ 115 BAO). Im Zweifel ist einem Anbringen zur Wahrung von Parteienrechten kein Inhalt beizumessen, welcher dem Einschreiter die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. Ritz BAO Kommentar7 § 85 Rz 1 mit Judikaturverweisen).
III. Für das anhängige Verfahren ist aus dem Blickwinkel des Verfahrensrechts festzustellen, dass die Eingabe des Bf vom bei verständiger Würdigung im Sinne der dargestellten Rechtsgrundsätze unzweifelhaft eine form- und fristgerechte Beschwerde gegen den ESt-Bescheid 2022 vom enthielt.
Es erscheint dem BFG unverhältnismäßig, dem steuerlich unvertretenen Bf die Verwendung eines unzutreffenden Online-Formulars bei der Übermittlung seines ordnungsgemäß iSd § 250 Abs 1 BAO ausgeführten Beschwerdeschriftsatzes anzulasten.
Die zur Beschwerdeeingabe vom ergangene Bescheiderledigung des FA vom bildete die zugehörige BVE. Dass sie nicht ausdrücklich als solche bezeichnet war, nimmt ihr in der vorliegenden Verfahrenssituation (offene Beschwerde) nicht die Wirkung einer abgabenbehördlichen Rechtsmittelerledigung, zumal die in §§ 93/96 BAO normierten Bescheidmerkmale vorliegen und auch der Inhalt keinen Zweifel an der Absicht des FA zulässt, über die Beschwerde des Bf vom abzusprechen.
Mit dem Anbringen vom , das sich explizit gegen den zur ESt 2022 ergangenen Bescheid des FA vom richtete und damit die bekämpfte BVE iSd § 264 (1) BAO bezeichnete, brachte der Bf fristgerecht zum Ausdruck, dass er eine neuerliche Entscheidung über sein Rechtsmittel begehrt.
Dass der steuerlich unvertretene Bf nicht ausdrücklich eine Entscheidung durch das BFG beantragte, führt das BFG auf die unter Verletzung des § 263 (2) BAO erteilte Rechtmittelbelehrung im FA-Bescheid vom zurück.
Die klare Bezugnahme auf den Bescheid des FA vom Vortag und das Fehlen eines inhaltlich neuen Vorbringens sprechen deutlich gegen einen neuen Antrag des Bf auf Änderung nach § 295a BAO. Dazu kommt, dass der inhaltlichen Erledigung eines solchen Antrages unter den festgestellten Umständen das Hindernis der entschiedenen Sache ("ne bis in idem") entgegenstand.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Interpretation der Eingabe des Bf vom als (neuerlichen) Antrag auf Bescheidänderung nach § 295a BAO als unverständlich bzw. unvertretbar, zumal § 264 (1) BAO keine ausdrückliche Bezeichnung als Vorlageantrag verlangt.
Das BFG folgt der abgabenbehördlichen Beurteilung nicht, sondern geht von einem gültigen Vorlageantrag iSd § 264 BAO aus, dem durch den FA-Vorlagebericht vom entsprochen wurde.
Zum inhaltlichen Begehren des Bf steht fest, dass die Gattin des Bf in der ANV-Erklärung 2022 keinen Fabo+ für ihre beiden Töchter beantragt hat, sondern für Zeiträume, in denen beim unterhaltspflichtigen Kindesvater kein Anspruch auf einen UAB bestand, zu Gunsten des Bf auf ihren Fabo+-Anspruch verzichtete.
Da § 33 (3a) Z 3 lit b EStG für Monate, in denen ein UAB-Anspruch des Kindesvaters bestand, nur eine Aufteilung zwischen der Gattin als FB-Bezieherin und deren Ex-Gatten zulässt, konnte sie ihren Fabo+-Anspruch insoweit nicht auf den Bf übertragen.
Aus der dargestellten Rechtslage resultiert, dass dem Bf ein Antragsrecht bezüglich eines Fabo+ für die Töchter seiner Gattin nur für Monate zustehen konnte, für welche dem unterhaltspflichtigen Kindesvater kein UAB zustand.
Wie festgestellt, kam Letzterer im Jänner und Februar 2022 seinen Unterhaltsverpflichtungen zur Gänze nach bzw leistete vom März - Juni 2022 sogar mehr als im Gerichtsbeschluss vom 17.Febr 2021 festgelegt.
Die Erhöhung aufgrund des Gerichtsbeschlusses vom galt ab August 2022.
Für diese erhöhten Unterhaltsverpflichtungen des Kindesvaters kommen die ab geltenden Bestimmungen des § 33 (4) Z 3 lit d und lit e EStG zum Tragen.
Die Nachzahlung der Differenzbeträge aufgrund der rückwirkenden Erhöhung waren erst im Jahr 2023 zu bezahlen. Wenn der Kindesvater diese Zahlungen nicht bereits im Jahr 2022 leistete, verletzte er damit seine Unterhaltspflicht nicht.
Wie festgestellt, ergibt die rechnerische Aufrollung nach § 33 (4) Z 3 lit d EStG für beide Töchter eine volle Leistung der Unterhaltspflicht bis Sept 2022 bzw. für die ältere Tochter zusätzlich für Okt. 2022. Für diese Monate war der Anspruch des Kindesvaters auf den UAB aufrecht und die Abtretung des (halben) Fabo+-Anspruchs der Gattin auf den Bf daher unwirksam.
Der Fabo+-Anspruch des Bf beschränkte sich somit auf die restlichen Monate des Jahres 2022 und umfasste den Fabo+ für ein Kind von Okt - Dez 2022 sowie für ein zweites Kind im Nov/Dez 2022, d.s. fünf Monatsbeträge a`166,68 € bzw. insgesamt 833,40 €.
Die Beschwerde des Bf vom war in diesem Umfang berechtigt.
Die Entscheidung ergeht ohne Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, da eine solche weder in der Beschwerde vom , noch im Vorlageantrag vom 13.Jän 2024 beantragt wurde (§ 274 (1) Z 1 BAO).
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im anhängigen Verfahren lagen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung den verwendeten gesetzlichen Bestimmungen sowie der zugrunde gelegten VwGH-Judikatur.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 3a Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 263 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 3a Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100502.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at