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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2024, RV/2100021/2023

Schätzung eines ausländischen Telekom-Unternehmens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Assurance GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2019, 2020 und 2021 zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert:

Die Umsatzsteuer 2019 wird festgesetzt mit 21.753,68Euro

Die Umsatzsteuer 2020 wird festgesetzt mit 53.992,22 Euro

Die Umsatzsteuer 2021 wird festgesetzt mit 2.667,41 Euro.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind auch den Entscheidungsgründen zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden: Bf) ist ein in einem Drittland (Drittland) ansässiger Mobilfunkbetreiber, der in Österreich über keinen Sitz und keine Betriebsstätte verfügt. Die Bf. beantragte für die Zeiträume 2019 (am ) und 2021 (am ) die Erstattung von Vorsteuern. Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetz-Betreiber (Provider) und betreffen die Verrechnung bzw. Abrechnung von Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers zur Nutzung durch die Kunden der Bf.

Mit Bescheiden vom wurde die Bf. im Rahmen einer Schätzung zur Umsatzsteuer 2019, 2020 und 2021 veranlagt. Bei der Schätzung wurden die Umsätze anhand der Vorleistungen geschätzt. In der Bescheidbegründung vom heißt es dazu:

"Als Grundlage für die Schätzung der in Österreich ausgeführten Umsätze werden die Eingangsrechnungen von den österreichischen Telekomanbietern ohne Berücksichtigung nachträglich gewährter Gutschriften bzw. Rabatte herangezogen. Dadurch erhält man die Umsätze auf der "Vorleistungsebene", also die Preise, die sich die Netzbetreiber untereinander in Rechnung stellen. Den Grundsätzen eines ökonomisch denkenden Kaufmanns folgend, ist darüber hinaus noch ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen, der den Mobilfunknetz-Teilnehmern (weiter)verrechnet wird. Dies auch deswegen, da jeder Unternehmer bzw. jeder gesellschaftsrechtliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft nach Gewinnen streben muss, um das "Überleben" des Betriebes zu gewährleisten."

Von der Umsatzsteuer wurden die beantragten Vorsteuern abgezogen und um Berichtigungen aufgrund von Rabatten gekürzt. Dazu heißt es:

"Gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 und lösen eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (vgl. ). Grundlage für die Berichtigung des Entgelts ist jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde. Die Berichtigung hat jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; d.h. Nachträgliche Rabattierungen/ "rückwirkende Mengenrabatte"/"Discounts" stellen eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 dar und sind (immer) in UVAs ex nunc (Kz 067) zu erfassen/ entrichten (Fälligkeit)."

Die Beschwerde vom , in der u.a. die Steuerpflicht der Bf. in Österreich bestritten wurde, wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. November hinsichtlich der Jahre 2019 und 2020 ab. Für das Jahr 2021 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer in veränderter (geringfügig erhöhter) Weise fest.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das BFG.

Im Zuge der Beantwortung eines Vorhaltes betr. die Jahre 2012 - 2017 gab die Bf. mit Schreiben vom bzw. für die Streitjahre 2019 - 2021 Daten aus dem Rechenwerk bekannt und zwar:

  • erzielte Umsätze in Österreich (höher als vom Finanzamt geschätzt)

  • Vorsteuern (samt Scan der Eingangsrechnungen)

  • Rechnungsberichtigungen der Lieferanten (wie 2019 und 2020 vom Finanzamt festgestellt; 2021 zusätzlich, da vom Finanzamt nichts angesetzt wurde).

Mit weiterer Eingabe vom gab die Bf. zusammengefasst folgende Umsätze, Vorsteuerberichtigungen und Vorsteuern laut Rechenwerk bekannt:


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2019
2020
2021
Umsätze
489.952,07
83.843,41
180.432,10
Vorsteuern
-78.947,13
-3.527,92
-34.506,46
Vorsteuerberichtigung
2.710,40
40.751,46
1.087,45

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden: Bf) ist ein in einem Drittland (Drittland) ansässiger Mobilfunkbetreiber, der in Österreich über keinen Sitz und keine Betriebsstätte verfügt. Die Bf. beantragte für die Zeiträume 2019 (am ) und 2021 (am ) die Erstattung von Vorsteuern. Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetz-Betreiber (Provider) und betreffen die Verrechnung bzw. Abrechnung von Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers zur Nutzung durch die Kunden der Bf.

Nach einer Schätzung der Streitjahre 2019 - 2021 gab die Bf. mit Schreiben vom bzw. die laut ihrem Rechenwerk in Österreich erzielten Umsätze, Vorsteuern (samt Scan der Eingangsrechnungen) und Rechnungsberichtigungen der Lieferanten bekannt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Berechnung der Umsatzsteuer

Der , "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass in Sachverhaltskonstellationen wie sie im Beschwerdefall gegeben sind, die Leistung im Inland erbracht wird. Genaueres kann dem Erkenntnis RV/2100835/2022 betr. die Jahre 2012 - 2017 entnommen werden.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 184 Abs 1 BAO).

Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln ().

Die Bf. hat in den Streitjahren zunächst keine Umsätze bekannt gegeben, weil sie - wie der Beschwerde zu entnehmen - die Rechtsauffassung vertrat, dass sie keine Umsätze in Österreich erzielt habe. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat sie ihre in Österreich ausgeführten Ausgangsumsätze bekannt gegeben. Diese Umsätze liegen über den vom Finanzamt geschätzten Umsätzen. Auch der Einbruch der Umsätze im Jahr 2020 fällt mit den COVID-bedingten Reisebeschränkungen zusammen und ist somit plausibel. Es ist also anzunehmen, dass die bekannt gegebenen Zahlen den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen.

Die Vorsteuern sind aufgrund der Erstattungsanträge vom und vom bekannt. Die aktenkundigen Vorsteuerberichtigungen laut Bescheidbegründung vom (2.710,40 Euro ***TK1***-Gutschrift im Jahr 2019 bzw. 40.751,46 Euro ***TK2***-Gutschrift im Jahr 2020) werden auch von der Bf. als richtig anerkannt und im Schreiben vom wurden von der Bf. Vorsteuerberichtigungen im Ausmaß von 1.087,45 Euro bekannt gegeben.

Damit ist es nicht mehr unmöglich, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln.

An Stelle der Schätzung in den angefochtenen Bescheiden berechnet sich die Umsatzsteuer anhand der Angaben der Bf.

Umsatzsteuerberechnung

[...]

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist die rechtliche Beurteilung höchstgerichtlich geklärt, weshalb die Revision nicht zulässig ist, weil eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100021.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at